Eigentlich sollte ich mal etwas abschalten können, Abstand bekommen. Doch die Frage „Warum ich Frauen nicht entscheiden lasse“ geisterte zu sehr im Kopf herum. Brachte mir eine neue Schlussfolgerung.
Als junger Mann hatte ich nicht so die Möglichkeiten mich den Mädels zu präsentieren. Damals kam das mit der Discoszene groß in Mode. Aufgrund meines stark funktionsgestörten Trommelfells war die Lautstärke einfach zu schmerzhaft. Natürlich habe ich mich als Sonderling gefühlt, weil ich nie richtig mitreden konnte. Ich verstand vieles akustisch falsch, fühlte, dass ich mich lächerlich mache. Das Gehör wird wohl höchstens durch ein Wunder besser. Operabel ist es nicht, ein Hörgerät verträgt das Ohr nicht. Unter Menschen sein, und sich dennoch einsam fühlen, das kann verdammt weh tun. Die Mädels sahen in mir wohl auch den Außenseiter.
Einer Frau die Entscheidung abzunehmen, das bedeutet auch, dass Mann keinen Korb bekommt. Da können Frauen schon auch sehr verletzend sein. Warum also fragen, wenn Mann davon ausgehen kann, dass eine Frau - trotz aller Zuneigung die Mann empfindet -, sich gegen mich entscheiden wird? Durch mein Gehörproblem habe ich mir eine abwartende, beobachtende Verhaltensweise angewöhnt. Ich denke, ich sehe da einiges, was anderen entgeht. Ich bin nicht der Papst, ich kann mich natürlich auch mal getäuscht haben. Doch, was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
Aber, es ist da nicht nur die Angst vor Ablehnung da, sondern oft vielmehr die Angst eine Enttäuschung zu sein! Letzteres wird in den vergangenen Jahren eher verstärkt. Die Singlefrauen meiner Generation haben nun einmal Enttäuschungen mit Partnern hinter sich. Die Angst davor, der nächste könnte wieder der falsche sein, tragen einige offen vor sich her.
Als ich meiner „Traumfrau“ in einer Freizeit-Singlegruppe begegnet bin, da hätte selbst Casanova persönlich sie nicht weichgekocht. So war’s dann nichts mit der Liebe auf den ersten Blick. Ich selbst war von den ersten Eindrücken sehr überrascht und wollt’s nicht wahrhaben, was ich empfand. Typisch für mich der Gedanke, die hat doch schnell einen, der besser ist als ich. Doch sie blockte bei Versuchen meiner Geschlechtsgenossen immer ab. Sie wollte nicht nochmals enttäuscht werden. Ich habe mich immer gefragt, wie kann Mann so etwas dieser Frau nur antun? Nach einigen Monaten war ich dann soweit, dass ich mich wieder mal fragte, was das Leben für einen Sinn hätte, der auch mir was bedeutet. Dann legte ich’s einfach drauf, mich lächerlich zu machen und schrieb ihr mein Geständnis. Nein, ich habe mich damit nicht lächerlich gemacht. Sie wollte damals prinzipiell keine Beziehung. Von mir hatte sie alles andere als einen schlechten Eindruck. Erst im Nachhinein begriff ich, dass man einen Menschen auch zu sehr lieben kann. Vielleicht war das der Grund, das es nicht sein sollte...
Einige Zeit später (da lief auch eine Verhaltenstherapie) fasste ich mir den Mut mit einer humorigen Zeitungsannonce mein Problem anzugehen. Also, ich hab durchaus schon Frauen mal entscheiden lassen! Doch bei mindestens zwei hervorstechenden Frauen aus dieser Aktion hab’s ich für mich entschieden:
Eine schrieb mir per Mail. Wir haben uns sofort gut verstanden, weil sie an den lustigen Anzeigetext anknüpfen konnte. Doch als ich in späteren Mails aus ihren Hobbies herauszulesen meinte, habe ich mich gegen sie entschieden. Sie war sicher enttäuscht, hat’s natürlich nicht verstanden (hätte ich auch nicht) und akzeptiert.
Die andere schrieb mir eine lustige Karte mit ihrer Handynummer. Es wurde auf Anhieb ein schönes und ganz lockeres Gespräch. Das lag vor allem an ihrer Stimme, die mich sofort in den Bann zog. Bei verabredeten Date war es dann so anders: sie hat wenig geredet, ich musste ihr „alles aus der Nase ziehen“ und schaute (desintressiert wirkend) zum Fenster. Sie war der Typ Frau, den ich auf der Straße nie anzusprechen gewagt hätte. Klar, dass ich ihr Verhalten drauf bezog, dass ich ihr in natura so gar nicht gefiel. Nachdem ich – hin und gerissen von so unterschiedlichen Eindrücken – die Schöne verabschieden wollte, bot sie mir, ich könne sie ja mal wieder anrufen. Ich dachte ich bin im falschen Film! Keine Ahnung, was ich spontan sagte, aber den Korb bekam sie erst später. Einiges vom Gespräch wurde mir erst später klar. Sie war eben auch ein Sensibelchen (das deshalb sogar Magengeschwüre hatte) und - entgegen meiner ersten Annahme - in der Datingsituation einfach zu schüchtern. Ich kenne das Problem! Aber, eine Partnerin, die so zerbrechlich zu sein scheint, dass man sich mit ihr nicht über alles zu reden traut, ist einfach die falsche. Ich habe mich dann auch sehr angestrengt, ihr eine längere, liebevolle „Abschieds-SMS“ geschickt. Mit ihr reden hätte ich nicht gekonnt; es war die bitterste Entscheidung meines Lebens. Die Erinnerung treibt mir auch jetzt noch Tränen in die Augen.
Neuerdings denk ich mir, dass eher keine Frau zu mir passt, weil sie sich die Entscheidung entweder leicht abnehmen lässt oder sie gar nicht sucht. Frauen meiner Generation begnügen meist immer noch mit der Opferrolle. Wer da nicht der perfekte Täter ist, geht eben leer aus...
Ich habe noch nie das klassische Rollenverständnis gehabt. Nicht im Kopf, nicht als Verhalten! Jeder sollte doch sein bestens einbringen können. Ist doch egal, wenn der Mann kocht und die Frau das Auto repariert (oder so...)! Damit haben einige Frauen Probleme, nicht jede will emanzipiert sein.
Nach diesem längeren Text mach ich mal eine Pause. Muss echt mal abschalten können. Aber, ich werde alle Postings bzw. private Nachrichten lesen und mich wieder melden. Ich gar nicht mit solcher Resonanz gerechnet.
HansWurst0815
P.S.: Ich hab mir selbst auch schon Diagnosen gestellt, die mir passend vorkamen. Die waren nach Expertenmeinung zwar nicht ganz abwegig, aber doch falsch.Vielleicht ist's Vulnerabilität, vielleicht zum Teil, oder was anderes.