Hallo, ich bin jetzt Mitte 30 und habe quasi keine Freunde mehr. Früher, in der Schule und auch danach, war ich immer relativ beliebt und habe einige Freundinnen, mit denen ich viel unternommen und auch geglaubt habe, ich könne ihnen vertrauen.
Leider wurde ich im Laufe der Jahre von ausnahmslos allen bitter enttäuscht. In den meisten Fällen wurde ich nur ausgenutzt, z.B. als Fahrer, wenn die anderen sich auf einer Party wegschießen wollten, ich war nie für irgendeine gemeinsame Aktivität erste Wahl und wurde erst gefragt, nachdem Personen X, Y und Z keine Zeit hatten. Das wurde mir auch ganz frei heraus so gesagt.
Häufig war es auch so, dass ich erst hinterher erfahren habe, dass sich meine Freunde alle ohne mich getroffen und was unternommen haben und das wurde dann so begründet, dass man "vergessen" hätte, mich zu fragen..
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Mir hängt es einfach zum Hals raus, dass ich offenbar überall nur der Bittsteller bin, den man nirgends dabeihaben möchte und weiß ehrlich gesagt auch nicht, wie und wo ich noch versuchen könnte, jemanden zu finden. Geht es wem ähnlich und hat vielleicht eine Lösung gefunden?
Liebe Aeolyn,
diese Zeilen hätten in der Vergangenheit auch von mir sein können. Ich bin ü40 und habe in jüngeren Jahren exakt dasselbe erlebt wie du. Auch ich wurde früher von vermeintlichen Freunden ausgenutzt und hatte eine sehr niedrige Priorität bei den anderen. Natürlich trafen sie sich öfters mal ohne mich und unternahmen schöne Dinge miteinander, während ich traurig und alleine zu Hause saß. Ich habe es auch mehrmals erlebt, dass irgendwelche Menschen sich zwar häufig an den Wochenenden mit mir trafen, aber ich dann nicht zu ihren Feiern (Geburtstage, Silvester, Grillen im Sommer) eingeladen wurde.
Nun habe ich wie gesagt etwas mehr Lebenserfahrung auf dem Buckel und kann dir sagen, woran das liegt: Menschen spüren das in ihrem Inneren sehr genau, ob jemand bedürftig ist und wie sehr er andere Personen braucht, um glücklich zu sein. Als ich jünger war, habe ich mein Wohlbefinden zu sehr davon abhängig gemacht, wie beliebt ich bei anderen war. Damit können viele Menschen nicht umgehen und treffen sich dann lieber mit Personen, denen es mehr oder weniger egal ist, ob und wie viele Freunde/Bekannte sie haben, wie oft man sich sieht, usw.
Dazu kommt noch, dass bei weitem nicht alle Menschen Interesse an "echten" Freundschaften haben. Das haben nur die wenigsten. In den meisten Fällen geht es eher um Zeitvertreib, gemeinsame Interessen, Feiern oder zweckgebundene Sachen. Menschen, die sich eine intensive "durch-dick-und-dünn"-Freundschaft wünschen, werden oft als seelischer Mülleimer oder Chauffeur vom Dienst ausgenutzt.
Lösung? Ja, gibt es. Freundschaften sollte man in den ersten Jahren nicht allzu ernst nehmen. Natürlich ist es wichtig, dass man zuverlässig ist und einen ehrlichen Umgang pflegt. Aber mittlerweile räume ich meinem Beruf und meinen Interessen eine viel höhere Priorität ein als irgendwelchen Freunden, die höchstwahrscheinlich sowieso nach einer gewissen Zeit wieder aus meinem Leben verschwinden werden. Meinen beruflichen Erfolg kann mir niemand nehmen. Egal wie enttäuschend sich angebliche Freunde aufführen oder aus meinem Leben verschwinden. Was ich erreicht habe, habe ich erreicht.
Es ist auch superwichtig, dass eine Freundschaft einigermaßen ausgeglichen ist. Du schreibst, du hättest für den gemeinsamen Silvesterabend mit dieser "Freundin" schon einiges im Vorfeld vorbereitet. Das war ein Fehler. Bei der Planung solcher Aktivitäten ist es besser, wenn man sagt: "Du, ich werde A und B beisteuern. Kannst du bitte C und D mitbringen?" Essen und Getränke komplett alleine besorgen sollte man erst, wenn die Freundschaft seit Jahren besteht und wirklich eng ist, aber nicht bei einem eher locker-unverbindlichen Kontakt.
Zum Thema Sportverein: Es ist nie ganz einfach, wenn man in eine Gruppe reinkommt, die schon länger existiert und man selbst der Neuling ist. Generell würde ich dir raten, wirklich nur aus Interesse am Hobby irgendwelchen Vereinen beizutreten. Wenn du das hauptsächlich machst, weil du neue Freunde finden willst, ist die Enttäuschung vorprogrammiert. Menschen spüren das, ob du wegen dem Hobby dabei bist oder einfach nur nicht einsam sein möchtest.
Freundschaften funktionieren im Grunde genommen ähnlich wie Liebesbeziehungen. Meinen Partner, mit dem ich seit 3 Jahren glücklich bin, habe ich nach einer langen Singlephase gefunden... als ich mich damit abgefunden hatte, keine Chancen mehr bei Männern zu haben und den Rest meines Lebens Single bleiben zu müssen. Auch in der Liebe war ich viele Jahre superbedürftig. Erst als ich es nicht mehr war, wendete sich das Blatt.