S
Solveig
Gast
Hallo zusammen,
vor etwa zehn Jahren wurde in unserer Firma ein neuartiges "Bewertungssystem" im Rahmen des jährlichen Mitarbeitergespräches eingeführt, welches zeitlebens große Kritik von Mitarbeitern und Betriebsrat geerntet, jedoch bis zum heutigen Tag nicht wieder abgeschafft wurde.
Unter dem Decknamen "freiwillige Leistungszulage" sitzt man also einmal im Jahr während seines MA-Gespräches vor einer Wertungstabelle, die verschiedene Aspekte im Arbeitsalltag (Teamfähigkeit / Flexibilität / Arbeitseinsatz etc.) angeblich realistisch bewerten soll. Und man sitzt jedes Jahr völlig entrüstet davor, denn von den Bewertungsstufen "verbesserungswürdig", "gut", "sehr gut" und "herausragend" befinden sich die meisten Punkte bei "verbesserungswürdig" bis maximal "gut" (nicht nur bei mir).
Um direkt mal auf die fehlende Sinnhaftigkeit dieses Systems einzugehen: "verbesserungswürdig" bedeute "es ist alles in Ordnung und die Leistungen sind durchweg gut." Alles, was darüber ist, muss man sich offenbar mit unerreichbaren Klimmzugaktionen in völlig unrealistischen Situationen erarbeiten.
Ich kann ja noch nachvollziehen, dass ich kein "herausragend" bekomme, nur, weil ich mein Arbeitspensum regelmäßig schaffe. Aber um die bestmögliche Bewertung zu erreichen müsse man etwas mit "Wow" - Effekt erzielen, z.B. (O-Ton Vorgesetzter!) "dass man proaktiv ins Postfach des Kollegen ginge und dort die noch ganzen offenen E-Mails beantworten würde". (...) Ahja. Klar. Das freut den Kollegen sicherlich, so eine hinter-seinem-Rücken-Aktion.
Der Knackpunkt ist ja der, dass es pro Abteilung nur ein bestimmtes Kontingent an Punkten, also zusätzliches Geld, zu verteilen gibt. Klar, dass dann auch hier gespart wird.
Micht stört nicht, dass ich nicht überall "super duper" stehen habe. Und ich bin absolut kritikfähig, ich möchte einen guten Job abliefern. Was mich stört, ist, dass JEDES Jahr, ein paar Wochen vor den Gesprächen, IRGENDein Thema aus dem Boden gestampft und als Problematik oder Manko hingestellt wird, welches dann praktischerweise im anschließenden Gespräch als Grund für eine niedrigere Bewertung gehandelt wird. Natürlich darf man hier sein veto einlegen. Was dann aber zurückkommt, sind unfassbar krampfhaft zusammengeflickte Gegenargumentationen, die einen plötzlich als Mitarbeiter mit klaren Defiziten darstellen. Denn die Bewertung revidieren? No way, dann müsste man ja seine ganze Punkteaufteilung neu überdenken und bei wem anders irgendwo was "weg dichten".
Noch ironischer wirkt das Ganze vor dem Hintergrund, dass man eigentlich ein gutes Verhältnis zu seinem Vorgesetzten hat, das ganze Jahr über das Gefühl vermittelt bekommt, dass man immer auf ein offenes Ohr stößt wenn irgendwas ist und umgekehrt auch i.d.R. sachlich und direkt kommuniziert bekommt, wenn mal was nicht so läuft, wie man sich das vorstellt.
Lange Rede kurzer Sinn: ich gehe, mal wieder, in ein paar Wochen mit Angst in mein Mitarbeitergespräch. Angst mit Argumentationen niedergemacht zu werden, die offenbar nur gebracht werden, um ein völlig irrsinniges Bewertungssystem zu rechtfertigen.
Motivation stiftet dieses System bei niemandem von uns. Weder bei enorm guten noch schlechten "Noten".
Um mir also möglichst den Stress zu ersparen und meine Nerven zu schonen, habe ich vor, dieses Jahr die Bewertung als solche einfach "abzunicken" und keinen weiteren Kommentar hierzu zu verlieren. Gleichzeitig stört mich natürlich, dass das als Eingeständnis möglicher Mankos gesehen würde, die so nicht vorliegen.
Was würdet ihr an meiner Stelle tun? Was kann ich gegen die Angst vor dem Gespräch noch tun? Ich wünschte echt, es wäre schon vorbei...
vor etwa zehn Jahren wurde in unserer Firma ein neuartiges "Bewertungssystem" im Rahmen des jährlichen Mitarbeitergespräches eingeführt, welches zeitlebens große Kritik von Mitarbeitern und Betriebsrat geerntet, jedoch bis zum heutigen Tag nicht wieder abgeschafft wurde.
Unter dem Decknamen "freiwillige Leistungszulage" sitzt man also einmal im Jahr während seines MA-Gespräches vor einer Wertungstabelle, die verschiedene Aspekte im Arbeitsalltag (Teamfähigkeit / Flexibilität / Arbeitseinsatz etc.) angeblich realistisch bewerten soll. Und man sitzt jedes Jahr völlig entrüstet davor, denn von den Bewertungsstufen "verbesserungswürdig", "gut", "sehr gut" und "herausragend" befinden sich die meisten Punkte bei "verbesserungswürdig" bis maximal "gut" (nicht nur bei mir).
Um direkt mal auf die fehlende Sinnhaftigkeit dieses Systems einzugehen: "verbesserungswürdig" bedeute "es ist alles in Ordnung und die Leistungen sind durchweg gut." Alles, was darüber ist, muss man sich offenbar mit unerreichbaren Klimmzugaktionen in völlig unrealistischen Situationen erarbeiten.
Ich kann ja noch nachvollziehen, dass ich kein "herausragend" bekomme, nur, weil ich mein Arbeitspensum regelmäßig schaffe. Aber um die bestmögliche Bewertung zu erreichen müsse man etwas mit "Wow" - Effekt erzielen, z.B. (O-Ton Vorgesetzter!) "dass man proaktiv ins Postfach des Kollegen ginge und dort die noch ganzen offenen E-Mails beantworten würde". (...) Ahja. Klar. Das freut den Kollegen sicherlich, so eine hinter-seinem-Rücken-Aktion.
Der Knackpunkt ist ja der, dass es pro Abteilung nur ein bestimmtes Kontingent an Punkten, also zusätzliches Geld, zu verteilen gibt. Klar, dass dann auch hier gespart wird.
Micht stört nicht, dass ich nicht überall "super duper" stehen habe. Und ich bin absolut kritikfähig, ich möchte einen guten Job abliefern. Was mich stört, ist, dass JEDES Jahr, ein paar Wochen vor den Gesprächen, IRGENDein Thema aus dem Boden gestampft und als Problematik oder Manko hingestellt wird, welches dann praktischerweise im anschließenden Gespräch als Grund für eine niedrigere Bewertung gehandelt wird. Natürlich darf man hier sein veto einlegen. Was dann aber zurückkommt, sind unfassbar krampfhaft zusammengeflickte Gegenargumentationen, die einen plötzlich als Mitarbeiter mit klaren Defiziten darstellen. Denn die Bewertung revidieren? No way, dann müsste man ja seine ganze Punkteaufteilung neu überdenken und bei wem anders irgendwo was "weg dichten".
Noch ironischer wirkt das Ganze vor dem Hintergrund, dass man eigentlich ein gutes Verhältnis zu seinem Vorgesetzten hat, das ganze Jahr über das Gefühl vermittelt bekommt, dass man immer auf ein offenes Ohr stößt wenn irgendwas ist und umgekehrt auch i.d.R. sachlich und direkt kommuniziert bekommt, wenn mal was nicht so läuft, wie man sich das vorstellt.
Lange Rede kurzer Sinn: ich gehe, mal wieder, in ein paar Wochen mit Angst in mein Mitarbeitergespräch. Angst mit Argumentationen niedergemacht zu werden, die offenbar nur gebracht werden, um ein völlig irrsinniges Bewertungssystem zu rechtfertigen.
Motivation stiftet dieses System bei niemandem von uns. Weder bei enorm guten noch schlechten "Noten".
Um mir also möglichst den Stress zu ersparen und meine Nerven zu schonen, habe ich vor, dieses Jahr die Bewertung als solche einfach "abzunicken" und keinen weiteren Kommentar hierzu zu verlieren. Gleichzeitig stört mich natürlich, dass das als Eingeständnis möglicher Mankos gesehen würde, die so nicht vorliegen.
Was würdet ihr an meiner Stelle tun? Was kann ich gegen die Angst vor dem Gespräch noch tun? Ich wünschte echt, es wäre schon vorbei...