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Meine Mama...Du solltest eigentlich nur in die Reha!

Dackelpolly

Neues Mitglied
Jetzt ist es schon drei Wochen her, seit meine Mama gestorben ist. Und ich kann es immer noch nicht fassen. Vor drei Wochen und einem Tag wurde sie nach einer plötzlichen Magenkrebsdiagnose, inoperabel, mit einer Lebenserwartung von einem Jahr in die Reha geschickt. Ich meine, Reha ist ja kein Hospiz! Sie sollte etwas aufgepäppelt werden, weil sie durch die Krankheit dünn und schwach geworden war. Dann, nach nicht mal einem Tag, bekomme ich den Anruf wegen eines Magendurchbruchs, bei der OP ist sie dann gestorben.
Sicher sagen viele, Magenkrebs hat keine guten Überlebenschancen im fortgeschrittenen Stadium. Aber ich hatte doch noch die Chance, sie ein paar Monate bei mir zu haben und zu pflegen!
Ich bin mir echt bewusst, dass es vielleicht das Beste für sie war, weil sie dann keine Schmerzen mehr hatte.
Aber es gab seit 20 Jahren nur sie und mich gegen den Rest der Welt.
Wir haben seit dem Tod von meinem Papa eine Art Slow Living im Garten geführt.
Ich kenne niemanden, der essensmässig so bescheiden gelebt hat wie meine Mama. Sie konnte schon seit ihrer Kindheit nicht alles vertragen, hat nie auch nur eine Zigarette geraucht, das letzte halbe Glas Sekt Sylvester vor 30 Jahren getrunken, sie hat seit 20 Jahren nicht mal eine Aspirin genommen! Nicht mal Ketchup gegessen, oder Salzstangen, nichts.
Als sie vor einigen Monaten meinte, sie könnte nur noch Butterkekse und Milch vertragen, hätten gleich die Alarmglocken schrillen müssen. Aber wir haben die Symptome auf ihre Corona-Erkrankung von vor 3 Jahren geschoben, auch, dass sie kaum noch was geschmeckt hat.
Ich kann hier nur jedem sagen, lasst es sofort abklären, wenn ihr keinen Geschmackssinn mehr habt, das muss nicht an Long Covid liegen!
Jedenfalls hat sie nur noch etwas Gemüse und Obst aus dem Garten gegessen, hin und wieder neben Butterkeksen mal einen Kartoffelbrei.
Darauf haben wir natürlich auch ihren Gewichtsverlust geschoben. Sie hatte auch keine Ärztin, der man vertrauen kann-im Gegenteil, die Frau ärgerte meine Mutter, wo sie nur konnte. Verschrieb ihr winzige Mengen Blutdruckmittel, damit Mama zweimal im Monat zu den unmöglichsten Zeiten mit dem Bus hinfahren musste-ihr lakonischer Kommentar, als Mama vor sechs Wochen neben dem Bett kollabierte- "Ich mache doch keine Hausbesuche!". Als Mama mal anklingen liess, sie könne nur noch so wenig vertragen, liess sie sie einen Demenztest machen! Als Erstdiagnose bei Magenbeschwerden!
Dann plötzlich, eines Tages, legte Mama sich ins Bett und hatte Null Kraft mehr. Aus dem Nichts heraus, am Tag vorher hatte sie noch 2 Packen Holzbriketts getragen!
Ich hatte 10 Pakete verteilt nach Hause geschleppt und hatte schlimme Rückenschmerzen, darum haben wir ihre Erschöpfung darauf geschoben. Von wegen!
Am nächsten Tag lag sie immer noch im Bett, ziemlich teilnahmslos. Ich sagte, lass uns die Gelegenheit nutzen, es ist Ostern, da kommt ein Notfallarzt nach Hause.
Sie verbot mir strikt, Arzt oder Krankenwagen zu rufen. Sie war immer eine sehr unabhängig denkende Frau, und natürlich liess sie sich nie von ein paar Tagen Krankheit zu irgendwas zwingen.
Also habe ich nachgegeben, ihr geholfen, wo es ging.
Dann brach sie neben dem Bett zusammen. Noch immer betonte sie "Kein Arzt, kein Krankenhaus". Mit Mühe hievte ich sie wieder ins Bett.
Abends dasselbe, da habe ich natürlich die Rettung gerufen.
Der eine Sanitäter hatte nichts Besseres zu tun, als über einen Nippesschrank zu streichen und zu kommentieren "hier wird wohl selten geputzt".
Als ob ich in so einer Zeit dafür Nerven gehabt hätte! Dann hat er mir auch noch das Sozialamt auf den Hals gehetzt. Es ist einfach unmöglich, wie manche Leute sind.
Okay, dafür gibt es vielleicht Präzedenzfälle, also ist es wohl okay.
Aber in dieser Situation...
Dann hat mir meine Mama auch noch ihre Diagnose verschwiegen, als sie einige Tage im Krankenhaus war.
Sie meinte nur immer "ach, das will man gar nicht so genau wissen", und "ich richte mein Leben nicht nach Laborwerten aus". Ich konnte nicht oft kommen, ich habe heftige Reisekrankheit, die Buslinien sind mies, die Besuchszeiten waren abends, und wir haben kein Auto.
Sie konnte immer schon gut verbergen, wenn sie Symptome hatte.
Ich fiel dann fast um, als die Sozialarbeiterin mir am Telefon sagte, es sei inoperabel.
Das Ende, der Tod, lag also schon offen, aber doch nicht so schnell!
Es wurden schon organisatorische Sachen geregelt, Bett etc.. von der AOK, nichts deutete auf einen so schnellen, grausamen Abschied hin.
Ich wusste natürlich, dass sie schwach war, aber sie lebte. Ich konnte mit ihr sprechen, sie hat Witzchen gemacht, wie das so ihre Art war.
Am Morgen der Fahrt in die Reha wollte sie nicht mehr dorthin.
Und das war wieder ein Zeichen, dass ich nicht beachtet habe. Wir haben beide schon unser ganzes Leben lang Vorahnungen. Ich nur für irrelevanten Kram, sie für relevante Dinge.
Ich denke, sie wusste, dass sie die Reha nicht überleben würde, und wollte nach Hause, um hier zu sterben.
Hat sie mir nicht gesagt! Hätte sie nur gesagt, "ich habe da so eine Ahnung, dass das nicht gut für mich ist". Hätte ich natürlich sofort drauf reagiert!
Der Magendurchbruch wäre trotzdem gekommen, bestimmt, aber sie hätte nochmal zuhause sein können, ihre Blumen sehen, wir hätten uns noch alles sagen können.
Das war alles so unfassbar unerwartet. Ich hatte Hoffnung auf einige Zeit mit ihr.
Und ich werde mit der Ungerechtigkeit nicht fertig, niemand hat so bescheiden gelebt wie meine Mama. Nie ausgegangen, ausser zum Einkaufen von ein paar Sachen in der Woche, sie hatte auch keine genetische Disposition in der Familie! Alle ihre Familienmitglieder sind mit 87 verstorben.
Niemand davon hatte Krebs.
Genau eine Woche vor ihrem Tod sass ich auf unserer Gartenbank, nachdem ich die Pflanzen versorgt hatte, und dachte, "nächste Woche sitzt du hier auch und bist für immer allein".
Und genauso ist es gekommen.
Ich hatte eigentlich schon ein schlimmes Gefühl, als Mama noch zuhause war und den toten Nachbarn auf dem Balkon gesehen hat-und ich sah ihn genau an dem Morgen, als sie abends ins Krankenhaus musste. Ich denke, er wollte sie abholen, ins Jenseits geleiten. Wir hatten nicht miteinander darüber gesprochen, also wußte ich nicht, dass sie ihn auch gesehen hatte.
Es gab so viele Zeichen, die uns hätten warnen können, schon Monate vorher, aber wir haben sie nicht beachtet.
Ihr plötzlicher Einwurf "Ich möchte mal ein Urnenbegräbnis wie mein Nachbar haben" während der Diskussion über Kuchenrezepte.
Ihre Bemerkung an Weihnachten "schön, dass ich das nochmal erleben durfte".
Ihre häufig eingestreuten Sätze "Wenn ich mal nicht mehr da bin, musst du das so uns so machen".
Ihr plötzlicher Interessensverlust an neuen "???"-Büchern. Hinterher interessierten sie nicht mal mehr ihre Stiefmütterchen, das mag für viele Nicht-Gärtner albern klingen, aber so war eben unser Leben.
Und dieses Leben ist für immer vorbei.
Ich finde es auch schrecklich, dass man sich neben dem ganzen Kummer auch noch mit Ämtern rumschlagen muss, sich arbeitssuchend melden, mit der Bank herumärgern, dann will auch noch das Krankenhaus Unmengen Geld für ihren Aufenthalt in der Klinik, wo sie sie zu Tode kuriert haben.
Schreiben die tatsächlich "wir hoffen, sie hat sich wohl hier gefühlt", wenn jemand gestorben ist!
Was ich auch heftig finde: ich habe hunderte von betrügerischen email-Paketankündigungen bekommen, wahrscheinlich, weil die Betrüger dachten, ich öffne jede mail in der Annahme von Trauerpost.
Ebenso ist es mit Werbeanrufen.
Am Wochenende jetzt ist es besonders schlimm mit den Erinnerungen.
Ich muss alle Akten durchsehen, für Bank, Erbschein, etc. und habe dabei so viele alte Erinnerungen wiedergefunden. Das Schulzeugnis von meinem verstorbenen Papa. Alltägliche Notizen von meiner Mama. Einkaufszettel, Rechnungsaufstellungen.
Und dann der Sonntag an sich, wenn ich an meine Kindheit denke. Wir wären bei dem Wetter zum Grillen in den Garten gegangen...dann hätte es hundert pro angefangen zu regnen- aber mein Papa hatte immer ein Butzendach im Garten-für die, die nicht aus den 70ern sind, das ist so eine Art Hüttendach aus starker Plastik.
Oder wir wären zum Motoball gegangen...oft durfte ich sonntags ein Pferd ausleihen...Alles ist so unwiderbringlich verloren. Die beiden waren echt die besten Eltern der Welt.
 
Zuletzt bearbeitet:

Bandit

Moderator
Teammitglied
Hallo Dackelpolly,

mein herzliches Beileid für deinen großen Verlust!

Versuche gut in der nächsten Zeit für dich zu sorgen, wäre sicher auch der Wunsch deiner Mama!
Ich hoffe du hast Menschen mit denen du über deinen Verlust reden kannst,
jedenfalls wünsche ich es Dir!

Liebe Grüße
Bandit
 

Vindobona

Aktives Mitglied
Für Dich!
Ich habe von Dir geträumt.
Du wolltest wieder zu mir zurückkommen.
Ich erwachte und sah:Es war leider nur ein Traum!
Ich hatte drei Stunden,bis ich wieder zu mir
gekommen bin.Das Heimweh nach diesem intensiven
Traum brachte mich in echte Verzweiflung!
Es sind jetzt viele Jahre vergangen,aber mein
Schmerz ist nach wie vor derselbe.Therapie und
Medikamente nützen nicht viel:Mein Heimweh
nach Dir ist ungebrochen.Ich weiss,dass Du mir
nur Gutes wünschen würdest,aber ich kann
nicht aus meiner Haut.Hoffentlich geht es Dir gut,
wo Du bist,Du meine Liebe!

Vindobona
 

Anja1967

Mitglied
Liebe Dackelpolly,

zum Tode Deiner Mutter spreche ich Dir mein aufrichtiges Beileid aus und wünsche Dir für die kommende und schwere Zeit viel Kraft und Zuversicht.

Einen geliebten Menschen zu verlieren, ist immer schwer.

"Doch, was man tief in seinem Herzen besitzt, kann man nicht verlieren."

Die Lebens- und Leidensgeschichte Deiner Mama hat auch mich fassungslos gemacht. Auf der anderen Seite kannst Du stolz auf sie sein, wie tapfer sie ihr Leben lang doch war. Trotz des nicht richtig Essenkönnens.

Ja, rückblickend nach einem Verlust fällt einem viel ein und auf, was der oder die Betroffene noch geäußert hat.
Doch zerbrich Dir deswegen nicht Deinen Kopf. Es IST völlig menschlich. Manchmal will man es vielleicht im Unterbewusstsein auch nicht hören.

Was die Ärzte so von sich geben, grenzt schon auch oft an Frechheit.
Viele mögen überfordert sein in ihrem Beruf, doch gibt es denen noch lange nicht das Recht, so mit Patienten umzuspringen.

Ich wünsche Dir von Herzen nochmals viel Kraft, und ich hoffe, dass Du nicht alles alleine stemmen musst und ein paar helfende Hände an Deiner Seite hast.

Alles Liebe und eine feste Umarmung

Anja
 
M

Meinung123

Gast
Hallo Dackelpolly,

mein herzliches Beileid für deinen großen Verlust!

Versuche gut in der nächsten Zeit für dich zu sorgen, wäre sicher auch der Wunsch deiner Mama!
Ich hoffe du hast Menschen mit denen du über deinen Verlust reden kannst,
jedenfalls wünsche ich es Dir!

Liebe Grüße
Bandit
@Dackelpolly ,

den Wünschen von Bandit schließe ich mich an. Magenkrebs ist eine scheußliche Krankheit; das Risiko dafür steigt durch die bakterielle Magenschleimhaut Entzündung (Helicobacter Gastritis,), nicht nur durch die Art der Ernährung.
 

Leere?Zukunft

Sehr aktives Mitglied
Hallo Dackelpolly!

Es tut mir sehr leid und möchte dir mein herzliches Beileid aussprechen.
Es tut natürlich im Moment alles so weh und Zweifel machen sich breit,ob man alles richtig gemacht hat oder nicht.
Ich weiß,im Moment hilft es dir noch nicht,aber vielleicht ist deiner Mutter durch den plötzlichen Tod ,viel Leid erspart geblieben.
Nun kümmer dich um dich selbst,das hätte deine Mutter gewünscht.
So wie du dich um sie gekümmert hättest,kümmer dich jetzt um dich selbst.
Gib dir Zeit zum Trauern,aber versuche dich auch abzulenken.
Du warst bei ihr,sie wusste ,dass sie auf dich zählen konnte und das ist das Beste,was du hättest tun können.
Ich wünsche dir viel Kraft für diese schwere Zeit!
LG
 

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