Liebe ichKommNichtMehrKlar17,
ja, manche Bilder im Kopf wird man nicht mehr so schnell los, Du hast es auch hier auf Deinen Punkt gebracht, aber sie verblassen mit der Zeit, verlieren an Bedeutung, je mehr Du verstehst, siehst und erkennst. Es wäre schön, "das Rad" machmal zurückdrehen zu können, aber nun ja .... Deine Sprachwahl läßt erkennen, dass Du nicht ganz unerfahren und "fernab jeder Zivilisation" aufgewachsen bist und das kommt Dir jetzt zugute, um diese schockierende Situation Schritt für Schritt aufarbeiten zu können. Ich finde Deine Empörung vollkommen gerechtfertigt und bewundere Deine klare Haltung und Aufrichtigkeit. Und besonders nach Deinen letzen Posts freut mich, dass Du behutsam und überlegt DEINEN Weg suchst und hinterfragst. Das ist wirklich alles andere als selbstverständlich, denn die meisten Menschen neigen dazu, einfach alles bei einem anderen abzuladen und schnellstens zu verschwinden. Der Fluchtreflex ist ein wirkungsvolle Verteidigungsstrategie, aber nicht immer hilfreich. Du scheinst mit 17 eine ungewöhnliche Reife zu haben und/oder vielleicht trägt auch der Realitätsschock das seine dazu bei. Das verdient Respekt.
Du kannst an den emotionalen und drastischen Posts ablesen, wie sehr Sexualität und deren vielfältige Ausprägungen und Folgen alle Menschen beschäftigen, verwirren, abstoßen und anziehen zugleich. Auch ich muss feststellen, dass mir die Wortwahl ungeheuer schwer fällt und nahezu kein Satz wirklich das Gefühlte richtig wiederzugeben vermag. Du erkennst in den Posts, wie schnell mit einer klaren und rationalen Entscheidung ein Weg vorgezeichnet werden kann, dessen Schritte sich dann von allein zu ergeben scheinen und DAS RICHTIGE SIND, ohne wenn und aber. Und während ich dies schreibe, sagt mir meine Stimme in meinem Kopf: "Bist Du wahnsinnig?! Was schreibst Du denn da?! Die zerreissen Dich in der Luft! Dein leises Säuseln um Besonnenheit will doch keiner lesen!" usw.
Viele der Menschen, die Dir hier Ihre Lebenserfahrung mitgeteilt und ihren Rat gegeben haben, haben schlimme Dinge erfahren müssen, wurden dafür auch noch beleidigt, geschlagen und verunglimpft, für verrückt erklärt und als Lügner abgestempelt. Ich schäme mich meiner Worte, denn woher glaube ich das Recht zu haben, darüber in diesem, meinem Beitrag reden zu dürfen? Meine Begründung, es trotzdem zu tun, ist meine Hoffnung.
Das meiste, was ich heute über Sexualität weiß, hätte ich eigentlich lieber nicht wissen wollen und was die ganz persönlichen "Aspekte" angeht, verhält es sich nicht viel anders. Trotzdem ist es, wie es ist. Ja, Dein Vater hat falsch gehandelt, das hätte er nicht tun dürfen und es ist nicht so einfach entschuldbar und aus der Welt zu schaffen schon garnicht und mit Worten "wegzureden". Es gibt kein "Pflaster", das alles wieder gut werden läßt.
Aber ist denn damit auch "alles" schlecht geworden? Ist nur noch Schockierendes, Erniedrigendes und Eckliges da? Warum teilen wir uns in diese beiden Lager der "Verfolger" und der "Täter-Beschützer"?? Diese Situation weigere ich mich zu akzeptieren. Dein Vater hat Dir etwas zugemutet, das die meisten Menschen zurecht empört und vor dem wir alle unsere Kinder schützen wollen und müssen und auch erwarten, dass andere Menschen es ebenso halten, im Interesse unserer Kindern, also auch Dir. Denn wir alle haben Angst davor, wozu "das" führen könnte und allzuoft und andauernd auf der Welt führt. Viele hier in diesem Forum mußten diese entmenschlichende Erfahrung machen und ich bin nicht in der Lage, dies in Worte zu fassen.
Wir alle sind sehr besorgt und berührt von Deiner tapferen und wortstarken Schilderung, jede(r) auf seine Weise. Ich kann wahrhaftig nicht für alle sprechen, aber ich denke, jeder wünschte sich einen "guten" Ausweg, eine "bessermachende" Lösung, aber ich kann eine solche nicht erkennen. Außer vielleicht die, zu der (so scheint es mir) Du mit Deinen eigenen Worten Anlass gegeben hast: Du bist stärker als "das". Du verfügst bereits über einige Erfahrungen und weist schon etwas "vom Leben" und hättest auch gerne auf dies alles hier verzichtet, das glaube ich Dir sofort. Aber etwas in Dir weiß schon, dass dies eben auch eine der Schattenseiten von uns Menschen ist. Nein, kein Versuch der Verharmlosung und auch kein Generalpardon oder irgend etwas in dieser Richtung, und auch kein lapidares "Schwamm drüber", denn eine schnelle Lösung gibt es hier nicht. Rede darüber mit jeder Person Deiner Wahl. Prüfe, wonach DIR ist und nicht ist. Lass Dich nicht verbiegen, nicht "um des lieben Friedens willen" (Was für ein schreckliches Wort in diesem Zusammenhang!) und auch nicht als Platzhalter für das Leid von anderen.
Ich weiß keinen Ausweg, nur Deine nächsten Schritte führen Dich weiter, zu denen ich Dir viel Kraft und Mut wünsche. Ja, Du hast das Recht auf Wiedergutmachung, ja, stell ihn zur Rede, wenn es das ist, was Du brauchst. Schrei ihn an, lass Deinem Zorn freien Lauf, warum nicht?! Steh das nicht alleine durch, diese Last solltest Du nicht auf Dich nehmen, denn das sollte niemand alleine tragen müssen. Lass Dich nicht klein halten und halte Dich auch nicht selbst klein. Ich wünsche mir für meine Tochter Deine Tapferkeit, die Du hier schon gezeigt hast. DAS ist es, was wirklich groß und menschlich an dieser beschi...enen Situation ist. Danke.