petersowieso
Neues Mitglied
Hallo Zusammen
Ich weiß eigentlich gar nicht wo ich anfangen soll. Das Ganze ist so unglaublich verworren und komplex. Es ist mir unmöglich in nur einem Beitrag alles abzudecken. Ich versuche in einem Eingangsbeitrag meine Geschichte mal anzureißen. Danke im Voraus an alle, die sich die Zeit nehmen und den Text lesen.
Ich bin heute Mitte zwanzig. Mütterlicherseits gleichen die familiären Verhältnisse einem Scherbenhaufen. Seit einigen Jahren behauptet meine Mutter, mein Großvater hätte ihre Schwestern z.T. bis ins Erwachsenenalter missbraucht. Beide Schwestern sind heute tot. Eine hat sich im Teenager-Alter umgebracht, die andere hat sich mit Mitte Dreißig das Leben genommen.
Zu meinen Großeltern hatte ich immer ein gutes Verhältnis. Für mich ist meine Großmutter noch heute einfach „meine Oma“. Ich kann von Ihr nichts Schlechtes behaupten. Ganz im Gegenteil zu meiner Mutter – sie behauptet meine Oma wäre eine Mitwisserin gewesen, sie hätte den Missbrauch geduldet, sie wäre regelrecht eine durchtriebene Hexe. Zu meinem Opa hatte ich immer ein etwas distanziertes Verhältnis. Ich weiß nicht warum. Jedenfalls ist mir als Enkel in meinen Kindesjahren nichts Ungewöhnliches an ihm aufgefallen. Mein Verhältnis zu meinen Großeltern war also total normal.
Unter meiner Mutter hatte ich als Kind aber gelitten. Nicht durch Missbrauch... viel subtiler. Ich war Einzelkind und alles hat sich immer nur um meine Mutter gedreht. Sie sah sich als „Opfer“ ihrer Eltern, immer wieder hat sie ihre Opferrolle betont. Sie war das Zentrum unserer Familie, sie konnte nichts falsch machen, immer war es nur ich der Fehler begangen hat. Mein Vater hat sie dementsprechend in Schutz genommen. Wehe mir wenn ich widersprechen wollte... dann kamen die üblichen Vorwürfe, ich solle doch froh sein, sie meine es ja nur gut, sie habe es sonst schon schwer genug. Wenn ich länger mit einer Katze gespielt habe wurde sie auf die Katze eifersüchtig... („Frag doch die Katze ob sie dir die Schuhe bindet!“). Ich war als Kind immer sehr um ihr Wohlergehen bemüht. Ich habe sie immer getröstet wenn was war. Umgekehrt allerdings hat sie sich fast nie bei mir für etwas entschuldigt.
Meine Mutter hat nie gearbeitet, ihr ganzes Verhalten ist von einer Art Lethargie gekennzeichnet. Sie tut nichts. Hockt nur in der Wohnung. Sitzt am Küchentisch und trinkt Kaffee. Die Wohnung penibel geputzt. Schön eingerichtet. Sieht aus wie aus einem Möbelprospekt. Aber künstlich. Man sieht der Wohnung nicht an, dass da jemand lebt. Man könnte meinen es sei eine Musterwohnung. Das war schon seit meiner Kindheit so. Das einzige was sie interessierte waren ihre Schwestern und der „böse Vater“ – der Kinderschänder, der Täter, derjenige der ihre ganze Familie auf dem Gewissen hat. Der Mann der Schuld an allem ist. Sie selbst aber, sei von ihm nie missbraucht worden.
Solange ich „funktionierte“ war auch alles ok. Ich schrieb sehr gute Noten, war nicht gerade rebellisch. Versteht mich nicht falsch, ich wurde nie geschlagen, mir wurde nie Gewalt angetan. Aber sonderlich interessiert hat man sich auch nicht für mich. Meine Mutter kannte keins meiner Hobbys und wusste nicht was ich gerne esse oder trinke.
Ich bin direkt mit 18 ausgezogen. Ich habe dieses selbstbezogene Miniuniversum, welches sich meine Eltern geschaffen haben einfach nicht mehr ausgehalten. Mir ging es danach viel besser. Wenig später begann ich mich dafür zu interessieren, was sich mit den Schwestern meiner Mutter wirklich zugetragen hat. Ich sprach mit meinen Großeltern – die natürlich alles abstritten – und mit meiner Mutter – sie kennt die „Wahrheit“.
„Wahrheit“ weil sie in ihren Augen absolut stichhaltige Beweise für den Missbrauch hat. Auf mich wirken sie aber lächerlich. So soll nach jahrelanger Beschuldigung mein Opa auf einen erneuten Missbrauchsvorwurf meiner Mutter geantwortet haben mit „Dann beweis es mir doch!“. Für sie ist diese Aussage schon ein Beweis. Wohlgemerkt hatte meine Mutter zu diesem Zeitpunkt bereits zig wenn nicht gar hunderte Male meinen Opa mit diesen Vorwürfen konfrontiert – persönlich, telefonisch, schriftlich.
In einem alten Wörterbuch, das einer Schwester meiner Mutter gehört hat, habe sie ein Lesezeichen gefunden. Auf jener Seite wäre unter anderem das Wort „Begierde“ aufgeführt gewesen. Wohlgemerkt, war dieses Wort nicht markiert, sondern es war einfach ein Lesezeichen (ein Zettel oder ähnliches) vorzufinden. Für meine Mutter ein stichhaltiger Beweis: Ihre Schwester hat das Wort „Begierde“ nachgeschlagen – Missbrauch bewiesen!
Auf mich wirkt das befremdlich – wenn nicht gar wahnhaft. Nur wenige Male habe ich nachgefragt, ob es denn nicht auch anders gewesen sein könnte. Ob nicht eine psychische Erkrankung Schuld an allem sein könnte. Sie wurde immer hysterisch und trug wieder ihre fast wahnhaft wirkende Überzeugung vom Missbrauch vor. Sie spricht oft von der „Wahrheit“, die sie ja kenne und beweisen könne. Doch Beweise sind das nicht (siehe oben). Sie zeichnet ein schwarz-weißes Bild von der Welt. Sie beschuldigt Ärzte, Psychiater, Angehörige, Schulkollegen, sie alle hätten vom Missbrauch gewusst. Sie hätten nichts getan. Der Psychiater habe ja nicht mal eine Doktorarbeit geschrieben, die Hausärztin stecke mit dem Täter unter einer Decke (auch die Hausärztin bekam zig Briefe mit Beschuldigungen von meiner Mutter). Soziale Kontakte hat sie keine mehr. Die letzte Freundin hat bereits vor Jahren den Kontakt abgebrochen. Man muss dazu sagen, dass dem Tod der älteren Schwester eine jahrelange Leidensgeschichte vorangegangen ist -> chronische Schmerzen, Magersucht, mehrere Suizidversuche. Niemand konnte ihr helfen.
Ich halte derweil den Kontakt mit meiner Oma weiter. Das tut ihr und mir gut. Sie ist in psychiatrischer Behandlung. Das hilft auch mir, denn ich weiß, sie ist in guten Händen. Meine Mutter will keine Hilfe annehmen. Mehrere Gesprächsversuche mit Psychologen und Psychiatern sind gescheitert.
Vor einigen Jahren hat meine Mutter dann auch mich beschuldigt. Ich sei am Missbrauch mitschuldig, weil ich zu Weihnachten ein Geldgeschenk meiner Großeltern angenommen habe.
Die Wahrheit kenne ich nicht. Ich weiß nicht ob ein Missbrauch stattgefunden hat oder nicht.
Ich habe aber noch immer ein gutes Verhältnis zu meiner Oma. Aber auch wenn ich als erwachsener Mensch weiß, dass ich selber entscheiden kann mit wem ich mich abgebe, so hat es meine Mutter doch geschafft in mir leise Schuldgefühle wachzurufen („Du machst dich am Missbrauch mitschuldig, wenn du Geschenke von denen annimmst!“).
So, entschuldigt den Roman. Ich könnte noch Stunden weiterschreiben, werde es aber erst mal hierbei belassen.
Danke fürs Zuhören bzw. Lesen!
Mit allerbesten Grüßen,
Peter
Ich weiß eigentlich gar nicht wo ich anfangen soll. Das Ganze ist so unglaublich verworren und komplex. Es ist mir unmöglich in nur einem Beitrag alles abzudecken. Ich versuche in einem Eingangsbeitrag meine Geschichte mal anzureißen. Danke im Voraus an alle, die sich die Zeit nehmen und den Text lesen.
Ich bin heute Mitte zwanzig. Mütterlicherseits gleichen die familiären Verhältnisse einem Scherbenhaufen. Seit einigen Jahren behauptet meine Mutter, mein Großvater hätte ihre Schwestern z.T. bis ins Erwachsenenalter missbraucht. Beide Schwestern sind heute tot. Eine hat sich im Teenager-Alter umgebracht, die andere hat sich mit Mitte Dreißig das Leben genommen.
Zu meinen Großeltern hatte ich immer ein gutes Verhältnis. Für mich ist meine Großmutter noch heute einfach „meine Oma“. Ich kann von Ihr nichts Schlechtes behaupten. Ganz im Gegenteil zu meiner Mutter – sie behauptet meine Oma wäre eine Mitwisserin gewesen, sie hätte den Missbrauch geduldet, sie wäre regelrecht eine durchtriebene Hexe. Zu meinem Opa hatte ich immer ein etwas distanziertes Verhältnis. Ich weiß nicht warum. Jedenfalls ist mir als Enkel in meinen Kindesjahren nichts Ungewöhnliches an ihm aufgefallen. Mein Verhältnis zu meinen Großeltern war also total normal.
Unter meiner Mutter hatte ich als Kind aber gelitten. Nicht durch Missbrauch... viel subtiler. Ich war Einzelkind und alles hat sich immer nur um meine Mutter gedreht. Sie sah sich als „Opfer“ ihrer Eltern, immer wieder hat sie ihre Opferrolle betont. Sie war das Zentrum unserer Familie, sie konnte nichts falsch machen, immer war es nur ich der Fehler begangen hat. Mein Vater hat sie dementsprechend in Schutz genommen. Wehe mir wenn ich widersprechen wollte... dann kamen die üblichen Vorwürfe, ich solle doch froh sein, sie meine es ja nur gut, sie habe es sonst schon schwer genug. Wenn ich länger mit einer Katze gespielt habe wurde sie auf die Katze eifersüchtig... („Frag doch die Katze ob sie dir die Schuhe bindet!“). Ich war als Kind immer sehr um ihr Wohlergehen bemüht. Ich habe sie immer getröstet wenn was war. Umgekehrt allerdings hat sie sich fast nie bei mir für etwas entschuldigt.
Meine Mutter hat nie gearbeitet, ihr ganzes Verhalten ist von einer Art Lethargie gekennzeichnet. Sie tut nichts. Hockt nur in der Wohnung. Sitzt am Küchentisch und trinkt Kaffee. Die Wohnung penibel geputzt. Schön eingerichtet. Sieht aus wie aus einem Möbelprospekt. Aber künstlich. Man sieht der Wohnung nicht an, dass da jemand lebt. Man könnte meinen es sei eine Musterwohnung. Das war schon seit meiner Kindheit so. Das einzige was sie interessierte waren ihre Schwestern und der „böse Vater“ – der Kinderschänder, der Täter, derjenige der ihre ganze Familie auf dem Gewissen hat. Der Mann der Schuld an allem ist. Sie selbst aber, sei von ihm nie missbraucht worden.
Solange ich „funktionierte“ war auch alles ok. Ich schrieb sehr gute Noten, war nicht gerade rebellisch. Versteht mich nicht falsch, ich wurde nie geschlagen, mir wurde nie Gewalt angetan. Aber sonderlich interessiert hat man sich auch nicht für mich. Meine Mutter kannte keins meiner Hobbys und wusste nicht was ich gerne esse oder trinke.
Ich bin direkt mit 18 ausgezogen. Ich habe dieses selbstbezogene Miniuniversum, welches sich meine Eltern geschaffen haben einfach nicht mehr ausgehalten. Mir ging es danach viel besser. Wenig später begann ich mich dafür zu interessieren, was sich mit den Schwestern meiner Mutter wirklich zugetragen hat. Ich sprach mit meinen Großeltern – die natürlich alles abstritten – und mit meiner Mutter – sie kennt die „Wahrheit“.
„Wahrheit“ weil sie in ihren Augen absolut stichhaltige Beweise für den Missbrauch hat. Auf mich wirken sie aber lächerlich. So soll nach jahrelanger Beschuldigung mein Opa auf einen erneuten Missbrauchsvorwurf meiner Mutter geantwortet haben mit „Dann beweis es mir doch!“. Für sie ist diese Aussage schon ein Beweis. Wohlgemerkt hatte meine Mutter zu diesem Zeitpunkt bereits zig wenn nicht gar hunderte Male meinen Opa mit diesen Vorwürfen konfrontiert – persönlich, telefonisch, schriftlich.
In einem alten Wörterbuch, das einer Schwester meiner Mutter gehört hat, habe sie ein Lesezeichen gefunden. Auf jener Seite wäre unter anderem das Wort „Begierde“ aufgeführt gewesen. Wohlgemerkt, war dieses Wort nicht markiert, sondern es war einfach ein Lesezeichen (ein Zettel oder ähnliches) vorzufinden. Für meine Mutter ein stichhaltiger Beweis: Ihre Schwester hat das Wort „Begierde“ nachgeschlagen – Missbrauch bewiesen!
Auf mich wirkt das befremdlich – wenn nicht gar wahnhaft. Nur wenige Male habe ich nachgefragt, ob es denn nicht auch anders gewesen sein könnte. Ob nicht eine psychische Erkrankung Schuld an allem sein könnte. Sie wurde immer hysterisch und trug wieder ihre fast wahnhaft wirkende Überzeugung vom Missbrauch vor. Sie spricht oft von der „Wahrheit“, die sie ja kenne und beweisen könne. Doch Beweise sind das nicht (siehe oben). Sie zeichnet ein schwarz-weißes Bild von der Welt. Sie beschuldigt Ärzte, Psychiater, Angehörige, Schulkollegen, sie alle hätten vom Missbrauch gewusst. Sie hätten nichts getan. Der Psychiater habe ja nicht mal eine Doktorarbeit geschrieben, die Hausärztin stecke mit dem Täter unter einer Decke (auch die Hausärztin bekam zig Briefe mit Beschuldigungen von meiner Mutter). Soziale Kontakte hat sie keine mehr. Die letzte Freundin hat bereits vor Jahren den Kontakt abgebrochen. Man muss dazu sagen, dass dem Tod der älteren Schwester eine jahrelange Leidensgeschichte vorangegangen ist -> chronische Schmerzen, Magersucht, mehrere Suizidversuche. Niemand konnte ihr helfen.
Ich halte derweil den Kontakt mit meiner Oma weiter. Das tut ihr und mir gut. Sie ist in psychiatrischer Behandlung. Das hilft auch mir, denn ich weiß, sie ist in guten Händen. Meine Mutter will keine Hilfe annehmen. Mehrere Gesprächsversuche mit Psychologen und Psychiatern sind gescheitert.
Vor einigen Jahren hat meine Mutter dann auch mich beschuldigt. Ich sei am Missbrauch mitschuldig, weil ich zu Weihnachten ein Geldgeschenk meiner Großeltern angenommen habe.
Die Wahrheit kenne ich nicht. Ich weiß nicht ob ein Missbrauch stattgefunden hat oder nicht.
Ich habe aber noch immer ein gutes Verhältnis zu meiner Oma. Aber auch wenn ich als erwachsener Mensch weiß, dass ich selber entscheiden kann mit wem ich mich abgebe, so hat es meine Mutter doch geschafft in mir leise Schuldgefühle wachzurufen („Du machst dich am Missbrauch mitschuldig, wenn du Geschenke von denen annimmst!“).
So, entschuldigt den Roman. Ich könnte noch Stunden weiterschreiben, werde es aber erst mal hierbei belassen.
Danke fürs Zuhören bzw. Lesen!
Mit allerbesten Grüßen,
Peter