Hallo Püppie83,
dieses Gedankenmodell des "inneren Kindes" soll einen fassbareren Zugang ermöglichen, warum wir Menschen immer wieder Entscheidungen aus einer inneren Bedürftigkeit und Abhängigkeit treffen. Ein Kind ist auf Hilfe und Unterstützung angewiesen und lernt intuitiv, was seine Situation (Nahrung, Zuwendung, Sauberkeit, Sicherheit, etc.) verbessert oder verschlechtert. Haben wir es als Kinder mit neurotischen Erwachsenen zu tun, lernen wir neurotische Verhaltensweisen zu unserem Vorteil zu nutzen und akzeptieren ab einem gewissen Punkt, dass die Welt so ist, wie sie uns erscheint, durch das Verhalten unseres Umfeldes. Ist nun ein Elternteil psychisch instabil, muss das Kind den Erwachsenen zuerst mit dem versorgen, was dieser braucht, um selbst zu bekommen, was für das Kind ansteht. So lernt ein Kind, dass immer erst alle anderen wichtig sind und das Entwicklen eines gesunden Selbtbewußtseins ist sehr schwer. Oder das Kind lernt, dass negative Aktionen viel eher für Aufmerksamkeit sorgen und kassiert lieber einen Anschiss, als weiter ignoriert zu werden. Manche Erwachsenen wollen nur strahlende Kinderaugen sehen, alles andere ist schlecht. Wie soll sich da ein Kind als geliebtes, geschätzes und eigenständiges Wesen erfahren?
Aber, liebe Püppie83, das innere Kind hat eigentlich nur im Mißbrauchsfall mit Sexualität zu tun. Kinder spüren und erkennen Sex, wollen aber keinen Vollzug. Sex ist für Kinder ein Mysterium und sollte es auch bleiben dürfen. Sie sollen und müssen in einer geschützten Umgebung aufwachsen dürfen, in denen es klare Grenzen gibt. Solltest Du Deinen Ex-Partner als von Deinem inneren Kind geliebten Menschen wahrnehmen, ist das wirklich ein Grund, genau hinzuschauen, denn ein Kind ist in einer Beziehung kein Partner, sondern ein Schutzbefohlener. Deine Intuition schickt Dich auf den richtigen Weg. Warum liebt eine erwachsene Frau durch ihr inneres Kind? Das ist kein Vorwurf oder eine hinterlistige Falle, sondern nur eine Frage, die nur Du beantworten kannst. Viele erwachsene Menschen lieben wie Kinder und scheitern damit, weil sie nie erfahren und lernen durften, worin die Unterschiede bestehen. Wir machen so vieles unbewußt, aber manchmal winkt ein Zaunpfahl uns in die richtige Richtung.
Ein Beispiel: Ich war zwischen meinem ersten und dritten Lebensjahr in vielen Krankenhäusern und habe dadurch verinnerlicht, dass ich nur mit meinen Grundbedürfnissen wahrgenommen werde und auch nur dann, wenn ich laut gebe. Ich habe mich immer gefragt, warum es mir so entsetzlich schwer fällt, auf Menschen zuzugehen und warum mich jede Umarmung zuallerst und auch heute noch immer fürchterlich erschreckt, bevor es wieder besser wird. Immer wieder habe ich an mir gezweifelt, warum ich bei dem Anblick von kleinen Kindern in Tränen ausbrechen könnte und kam mir nicht wirklich normal vor. Bis ich erkennen konnte, dass ich mit diesen kleinen Wesen unglaubliches Mitleid hatte, mir jedes Kind leid tat. Und dann traf mich die Erinnerung wie eine grauenhafte Horrorszene, als kleines Kind in einem kalten, kleinen Wagen auf einem Klinkflur zu stehen, die weißen Gewänder an mir vorbeirauschen zu hören und über Tage und Wochen nur Einsamkeit und Furcht zu spüren. Hin und wieder gab es bei meiner Mutter Geborgenheit, aber sie gab mich wieder in die Einsamkeit. Jedes Vertrauen in Beständigkeit und Bedeutung menschlicher Zuwendung ist seither mit einem großen Fragezeichen versehen. Und dann für mich selbst zu entscheiden, dieses innere und einsame Kind in mir zu suchen, ihm Wärme und Freundlichkeit zu geben, ihm zugeneigt (das ist einfach ein schönes Wort für mich) zu sein und es nicht auf Befehl wegzulegen, bei ihm zu bleiben, für es da zu sein, hat in mir etwas sehr Hartes aufgebrochen und fühlbar gemacht und einen Horror vor Augen geführt, für den ich keine Worte habe. Das soll dieses Bild vom inneren Kind leisten. Du sollst mit Teilen Deiner älteren Ichs in Kontakt kommen und sie annehmen, wieder fühlen und verstehen lernen. Dabei wird oft Unglaubliches zutage gefördert, weswegen man diesen Weg nicht auf intelektueller Ebene und nicht alleine gehen sollte.
Diese Reise ist sehr spannend und hat mir klarer gemacht, wer ich bin und woher ich komme. Es ist einer der Schritte zu ein wenig mehr innerem Frieden und Gelassenheit. Geh Deine Kinder suchen, aber es ist keine Vergnügungsreise und kann Deine Beziehungen in vielfälltiger Weise umkrempeln. Pandoras Büchse ist davon nicht weit weg.
Alles Gute.