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Mauer behindert Therapie

F

frühlingsanfang

Gast
Hallo!

Ich bin seit ca. einem halben Jahr in therapeutischer Behandlung, weil ich Erlebnisse aus meiner Kindheit aufarbeiten muss. Es handelt sich dabei um eine Gesprächstherapie, die einmal die Woche stattfindet.
Meine Therapeutin und ich verstehen uns gut – ich gehe jetzt mal davon aus, dass die Sympathie auf Gegenseitigkeit beruht. Zwischendurch lachen wir auch – eigentlich müsste alles ok sein. Eigentlich!

Ich habe ein unheimliches Problem damit, mich zu öffnen.
Ich kann meiner Therapeutin alles sagen, auch die schlimmsten Dinge, die ich erlebt habe, aber ich tue dies immer mit einem gewissen Abstand. Als wenn ich gar nicht richtig von mir erzähle. Da ist halt diese Mauer, die mich schützen soll.
Besser kann ich es jetzt auch nicht ausdrücken. Ich weiß nur, diese Mauer hindert mich im Grunde, das Problem so richtig anzupacken.
Mehrmals ist es schon vorgekommen, dass meine Therapeutin mit dem was sie gesagt, mein Problem genau benannt hat und da habe ich gemerkt, wie weh das getan hat und sofort habe ich die Mauer um mich bestimmt 10 Meter höher gestapelt. Das hat meine Therapeutin in den Momenten auch genau gemerkt und sofort gesagt, dass wir nur soweit gehen, wie ich es kann und zulasse und ich solle stopp sagen, wenn es zu weit geht. Sie beobachtet mich und meine Körpersprache genau. Mir ist besonders in der letzten Stunde aufgefallen, sobald es schwierig für mich wird, verschränke ich sofort die Arme und verkrampfe mich.
Ich habe mit einer Freundin gesprochen, die 4 Jahre in Therapie war und die erzählte mir, dass der Therapieraum für sie wie eine Art Zufluchtstätte war. In dem Raum und bei der Therapeutin konnte sie alles raus lassen, was sie belastet hat und sie hätte gaaaaaanz viel geweint usw.
Für mich ist der Therapieraum keine Zufluchtstätte. Ich gehe eigentlich immer mit dem Vorsatz in die Stunde, dass ich nicht weinen werde. Ich will nicht weinen. Aber immer, wenn eine Stunde vorbei ist und ich es wieder geschafft habe, nicht zu weinen, fühle ich mich schlecht. Ich kämpfe gegen meine Therapeutin an, weil sie an mein Innerstes will und im Grunde weiß ich, dass ich gegen mich selber kämpfe und diesen Kampf irgendwie gewinne und doch gleichzeitig verliere! :(
Ich habe deswegen die Therapie schon mal 3 Wochen unterbrochen, um zu überlegen, ob ich weitermache oder nicht und bin zu dem Entschluss gekommen, weiter zu machen. Ich habe auch mit meiner Therapeutin ansatzweise gesprochen, warum ich nicht da war.
Danach lief es ein wenig besser und wir sind ein großes Stück weiter gekommen. Und dann kam die letzte Stunde. Ich bin erstens viel zu spät gekommen, habe mich konstruktiv und mit aller Macht gegen alles gewehrt, was sie vorgeschlagen hat. Sie wollte Ruhe in die Sitzung bringen, ich habe die Ruhe nicht zugelassen. Sie hat versucht die Situation mit einem Spaß zu lockern, das ist ebenfalls vollkommen an mir abgeprallt. Alles in allem war es eine absolut vergeigte Stunde.
Ich habe mir schon den Kopf darüber zerbrochen, wie ich die Mauer am besten umgehen kann. Das klappt eigentlich nur nach ein paar Gläschen Sekt, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es so gut ist, wenn ich da leicht beduselt auftauche. :rolleyes:
Ich weiß, dass ich meiner Therapeutin vertrauen kann und sie nur soweit geht, wie ich es verkrafte. Abbrechen will ich auch nicht, weil ich den Kampf gegen diese Mauer, die irgendwann mal aufgebaut wurde, als ich sie brauchte, nicht verlieren möchte.
Aber warum kann ich die Mauer nicht einreißen?
Kennt irgendjemand das Gefühl / Problem? Hat jemand Tipps?
 

Werner

Sehr aktives Mitglied
Hallo frühlingsanfang,

in der Therapie bildet sich meist nur das ab, was wir im normalen Leben auch erleben, vor allem, wie wir Beziehungen zulassen oder abblocken. Wenn du von dir weißt, dass du lockerer bist, wenn du etwas Sekt trinkst und dann die Mauer durchlässig wird, ist das schon mal ein guter Ansatz, nach weiteren Durchlässen zu suchen. Sich zu öffnen erfordert Vertrauen, in der Therapie wie im Alltag. Das kann man nicht erzwingen, sondern nur so weit zulassen, wie das Vertrauen geht und an dieser Grenze langsam weiterarbeiten. Mir scheint, durch deinen starken Willen, es dir oder jemand anderem Recht zu machen, machst du die Mauer dichter. Wie wäre es, wenn du mal eine kleine Tür oder ein Gucklock in die Mauer machst und vorsichtig auf die andere Seite schaust? Die Mauer selbst würde ich nicht einreißen, sie ist doch ein guter Schutz für beide Seiten. Nur mit der Zeit sollte halt ein breites Tor drin sein, damit du frei bist, Beziehung und Vertrauen zuzulassen, wenn du willst. Immer oben drüber klettern und dafür fünf Fässer Alkohol zu benötigen nervt mit der Zeit oder? :)

Mein Rat wäre, dass du beobachtest, in welcher Haltung du Vertrauen zulassen kannst (vielleicht wenn du deinem inneren Mädchen gut zusprichst?) und diese Haltung dann dort einsetzt, wo du es für passend hältst.

Gruß, Werner
 
F

frühlingsanfang

Gast
Hallo Werner!

Danke für Deine Antwort.
Deine Einschätzung passt ja wie die Faust aufs Auge.
Und ich dachte (wie alle Frauen eigentlich), ich bin so was von geheimnisvoll! :)
Ich werde versuchen, Deine Tipps und Ratschläge anzunehmen und einfach mal schauen, wo sich ein kleines Loch in der Mauer findet, wie ich es für mich am besten offen halten und im Laufe der Zeit vielleicht vergrößern kann!

Gruß
 

Werner

Sehr aktives Mitglied
Deine Einschätzung passt ja wie die Faust aufs Auge.
Und ich dachte (wie alle Frauen eigentlich), ich bin so was von geheimnisvoll! :)
Hallo Frühlingsanfang!

Es freut mich, dass du mein Bild der durchlässigen Mauer aufnehmen konntest und denke, bei deiner Power findest du auch die Kraft, im passenden Moment locker zu lassen :)

Das Passen der Einschätzung verdanke ich einem Dozenten, der mich in einer Zusatzausbildung mit einem Persönlichkeitsmodell bekannt machte, das gerade in existenziellen Situationen eine hohe Trefferquote und gute Lösungsmuster bereithält. Vielleicht beruhigt es dich, dass in ähnlicher Situation ungefähr ein Drittel der Menschen (nicht nur der Frauen) auch ähnlich reagieren. Auf der Seite www.psychographie.de/3000.htm findest du beschrieben, was diese Gruppe verbindet und vielleicht noch den einen oder anderen erhellenden Satz ;)

Gruß, Werner
 
G

Günter

Gast
Aber warum kann ich die Mauer nicht einreißen?
Deine Mauer soll Dich schützen, soll vermutlich verhindern, dass jemand in Dich hinein schauen kann. Vielleicht kannst Du die Mauer gar nicht einreißen, weil die Angst, die Du dann erleben müßtest, für Dich unerträglich wäre.

Dass es mit Alkohol besser klappt, ist kein Wunder. Alkohol ist ein "Angsthemmer".

Aber man kann Mauern auch abbauen, Stein für Stein. Man nimmt jeden Stein heraus, schaut, ob man ihn noch braucht. Wenn man ihn noch braucht, setzt man ihn wieder hinein. Wenn man feststellt, dass man ohne ihn zurecht kommt, läßt man ihn weg.

Gehe kleinere Schritte. Erwarte nicht zuviel von Dir. Ab und an mal ein kleines, überschaubares Risiko, und dann schauen, wie Du damit zurecht kommst. Lasse Dir mehr Zeit. Die Mauer in Berlin ist zwar symbolisch an einem Tag gefallen. Aber es hat Jahre gedauert, sie so durchlässig zu machen, dass man sie einreißen konnte.

Ein Teil Deiner Mauer wird vermutlich immer stehen bleiben - das ist zumindest meine Erfahrung. Es kann sogar sein, dass Du Deine Fortschritte gar nicht wahrnehmen kannst. Aber wenn Du in zwei Jahren zurückschaust, wie Du vorher einmal warst, wirst Du vermutlich große Unterschiede finden.

Und vergleiche Dich nicht mit anderen Menschen. Wenn Du es schon machst, dann nimm dafür Menschen, die noch verschlossener sind, als Du. Das hebt die Stimmung. ;)

Günter
 
N

Nell

Gast
Wenn ich überlege, wies jetzt bei mir ist, dann kann ich sagen das ich keine Mauer mehr habe, weil ich keine mehr brauche. Meine war sehr dick, sodass ich weit hinter ihr lebte, und dies auch jahrelang brauchte.

Als ich sie loswerden wollte, war ich eher radikal. Ich stellte mich seelisch gesprochen nackt hin, und hob behutsam mein Innerstes aus mir raus. Mit allen Konsequenzen wie Ängste die sich stark verschlimmerten, usw....

Für mich war es gut, da ich endlich richtig sehen, und nochmal fühlen konnte, was bei und in mir angerichtet wurde, als Kind. Ich verarbeitete fast ununterbrochen, und konnte mich ganz neu erfahren. Nachholen, meine Ängst zulassen-womit sie an Wirkung verloren- und manches mehr.

Und genau als ich mich so "nackt" sah, fühlte, annahm, hab ich gelernt mich ohne Mauer zu schützen. Ohne mich zurückzuziehen, ohne Angst für mich einzustehen. War ein langer, und harter Weg, doch er hat sich für mich sehr gelohnt.

Welcher Weg für dich der richtige ist, wann du für was genau bereit bist, kannst nur du erahnen, oder dich vortasten. Für den einen Mensch ist es die Mauer langsam durchlässig zu machen um zu überleben (dringend benötigter Schutz von Erlebtem), und für andere wieder was anderes.

Achte auf dein Gefühl, und du gehst deinen Weg.


Liebe Grüße

Nell
 
E

EuFrank

Gast
Hallo frühlingsanfang!

Hallo!

Ich bin seit ca. einem halben Jahr in therapeutischer Behandlung, weil ich Erlebnisse aus meiner Kindheit aufarbeiten muss. Es handelt sich dabei um eine Gesprächstherapie, die einmal die Woche stattfindet.
Meine Therapeutin und ich verstehen uns gut – ich gehe jetzt mal davon aus, dass die Sympathie auf Gegenseitigkeit beruht. Zwischendurch lachen wir auch – eigentlich müsste alles ok sein. Eigentlich!

Ich habe ein unheimliches Problem damit, mich zu öffnen.
Ich kann meiner Therapeutin alles sagen, auch die schlimmsten Dinge, die ich erlebt habe, aber ich tue dies immer mit einem gewissen Abstand. Als wenn ich gar nicht richtig von mir erzähle. Da ist halt diese Mauer, die mich schützen soll.
Besser kann ich es jetzt auch nicht ausdrücken. Ich weiß nur, diese Mauer hindert mich im Grunde, das Problem so richtig anzupacken.
Mehrmals ist es schon vorgekommen, dass meine Therapeutin mit dem was sie gesagt, mein Problem genau benannt hat und da habe ich gemerkt, wie weh das getan hat und sofort habe ich die Mauer um mich bestimmt 10 Meter höher gestapelt. Das hat meine Therapeutin in den Momenten auch genau gemerkt und sofort gesagt, dass wir nur soweit gehen, wie ich es kann und zulasse und ich solle stopp sagen, wenn es zu weit geht. Sie beobachtet mich und meine Körpersprache genau. Mir ist besonders in der letzten Stunde aufgefallen, sobald es schwierig für mich wird, verschränke ich sofort die Arme und verkrampfe mich.
Ich habe mit einer Freundin gesprochen, die 4 Jahre in Therapie war und die erzählte mir, dass der Therapieraum für sie wie eine Art Zufluchtstätte war. In dem Raum und bei der Therapeutin konnte sie alles raus lassen, was sie belastet hat und sie hätte gaaaaaanz viel geweint usw.
Für mich ist der Therapieraum keine Zufluchtstätte. Ich gehe eigentlich immer mit dem Vorsatz in die Stunde, dass ich nicht weinen werde. Ich will nicht weinen. Aber immer, wenn eine Stunde vorbei ist und ich es wieder geschafft habe, nicht zu weinen, fühle ich mich schlecht. Ich kämpfe gegen meine Therapeutin an, weil sie an mein Innerstes will und im Grunde weiß ich, dass ich gegen mich selber kämpfe und diesen Kampf irgendwie gewinne und doch gleichzeitig verliere! :(
Ich habe deswegen die Therapie schon mal 3 Wochen unterbrochen, um zu überlegen, ob ich weitermache oder nicht und bin zu dem Entschluss gekommen, weiter zu machen. Ich habe auch mit meiner Therapeutin ansatzweise gesprochen, warum ich nicht da war.
Danach lief es ein wenig besser und wir sind ein großes Stück weiter gekommen. Und dann kam die letzte Stunde. Ich bin erstens viel zu spät gekommen, habe mich konstruktiv und mit aller Macht gegen alles gewehrt, was sie vorgeschlagen hat. Sie wollte Ruhe in die Sitzung bringen, ich habe die Ruhe nicht zugelassen. Sie hat versucht die Situation mit einem Spaß zu lockern, das ist ebenfalls vollkommen an mir abgeprallt. Alles in allem war es eine absolut vergeigte Stunde.
Ich habe mir schon den Kopf darüber zerbrochen, wie ich die Mauer am besten umgehen kann. Das klappt eigentlich nur nach ein paar Gläschen Sekt, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es so gut ist, wenn ich da leicht beduselt auftauche. :rolleyes:
Ich weiß, dass ich meiner Therapeutin vertrauen kann und sie nur soweit geht, wie ich es verkrafte. Abbrechen will ich auch nicht, weil ich den Kampf gegen diese Mauer, die irgendwann mal aufgebaut wurde, als ich sie brauchte, nicht verlieren möchte.
Aber warum kann ich die Mauer nicht einreißen?
Kennt irgendjemand das Gefühl / Problem? Hat jemand Tipps?
Dass man sich im Falle von psychischen Verletzungen mit einer Mauer umgibt, ist hoch normal. Die Psyche schützt sich dadurch. Eine im Grunde gesunde Reaktion!

Ich zweifle an der innerhalb der Psychotherapie weit vertretenen Meinung, dass solche Mauern durchbrochen werden sollten, um das Ummauerte besser bearbeiten zu können etc. Das kann meines Erachtens dazu führen, dass der innere Konflikt nur noch weiter verfestigt wird oder der Heilunsprozess unnötig verlängert wird. Das ist so ähnlich wie mit einer Narbe, die dauernd aufgerissen wird.

Dagegen könnte es klug sein, wenn man eher eine indirekte Methode der Heilung versucht. Man sticht nicht dauernd auf die Mauer ein, sondern stärkt den Patienten auf einem anderen entscheidenden Gebiet. Dies kann dazu führen, dass sich die Mauer fast von selbst ohne Widerstand abbaut.

Das erlebt man in ähnlicher Weise doch oft im Alltag. Wenn der Focus nicht immer auf dieselbe Sache gerichtet wird, wird die Sache oft uninteressant und verblasst in ihrer Relevanz.

Dies wird Dir aber wohl kaum helfen in Bezug auf Deine spezielle Therapie, weil nicht Du sondern Deine Therapeutin die Art der Therapie bestimmt.
 
G

Gast

Gast
Ich möchte, dass Thema noch einmal aufgreifen. Durch Zufall bin ich auf dieses Seite gestossen und ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie happy mir die Berichte gestimmt haben. Ganz besonders lieben Dank an Werner, der mir sowieso schon sehr positiv hier im Forum ins Auge gefallen ist. Er bringt mich mit seinen Zeilen stark zum Nachdenken. Er rührt mich.
Die Mauer/ meine Mauer um mich herum ist sehr steinig gar hoch, zusätzlich mit viel Stacheldraht umspannt. Nach aussenhin wirke ich recht arrogant, kühl, distanziert, unnahbar (gibt wohl noch mehr zutreffende Worte). Innerlich verspüre ich tiefe Sehnsucht. Sehnsucht nach Liebe, nach geliebt werden.
Seid einiger Zeit bin ich in Therapie und erlerne gerade das imaginieren, was mir wiederum extrem schwer fällt. Ich kann mich nicht fallen lassen, habe Angst mich zu verlieren.
Mein Leben; die reine Katastrophe ! (schwere Misshandlungen, ausgehend von der eingenen Mutter !)

Ein Stückchen Hoffnung pflege ich dennoch tief in mir – danke für eure mutmachenden Kommentare.
 

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