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LÜGEN

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Roselily

Sehr aktives Mitglied
Dürfen wir lügen? Wenigstens ein bisschen?

Aus aktuellem Anlass – hat wirklich rein gar nichts mit diesem Forum zu tun – stelle ich mir diese Frage. Religionen, Philosophie, Psychologie und Pädagogik sind in ihren Aussagen gar nicht so eindeutig, was die Pflicht zur Wahrheit angeht. Notlügen sind ja legitim, oder? Andererseits meinen andere, dass Lügen grundsätzlich das Vertrauen zerstören.

Dürfen wir jemandem, der kurz vor seinem Tod steht, verschweigen, wie es um ihn steht? Um ihn zu schonen? Ich denke, ich möchte es wissen, wenn es soweit ist.
 

Hallo Roselily,

schau mal hier: LÜGEN. Hier findest du vielleicht was du suchst.

Ja, manchmal dürfen wir lügen.

Es gibt ja dieses bekannte Beispiel (ich glaube von Kant): ob man, wenn man im Nebenzimmer einen Flüchtling hat, die Polizei belügen dürfte, um sein Leben zu schützen.

Ja, in meinen Augen auf jeden Fall. Einem sterbendem Menschen sagen, dass sich z.B. der Sohn oder Tochter noch gemeldet hat oder sich versöhnen möchte oder irgendetwas, was ihn belastet hat und was er noch geklärt haben wollte. Ihn da zu beruhigen, damit er friedlicher einschläft.

Bei Deinem Beispiel kann man keine so pauschale Aussage machen, denke ich. Es gibt Leute, die können mit dem Thema tod und Sterben umgehen, möchten die Wahrheit, um sich vorzubereiten. Andere möchten es verdrängen, nicht wissen, haben Angst davor. Da sollte man es gut einschätzen, was man sagt und vielleicht nicht direkt lügen, aber nicht brutal die Wahrheit sagen, sondern vielleicht noch etwas Hoffnung lassen. Es wurden ja auch ab und zu mal Todkranke wieder gesund.

Ansonsten sollte man sowenig wie nötig lügen. Ich glaube, man ist sich gar nicht bewusst, wie oft man im Alltag lügt, aber es nicht wirklich so empfindet.
 
Religionen, Philosophie, Psychologie und Pädagogik sind in ihren Aussagen gar nicht so eindeutig, was die Pflicht zur Wahrheit angeht.
Die Philosophie ist da sogar sehr eindeutig. Kategorischer Imperativ und Diskursethik weisen doch ganz klar nach, dass Lügen in bestimmten Zusammenhängen in Ordnung sind.
Und ob man eine Todesnähe nun dem Kranken mitteilt oder nicht, sollte individuell entschieden werden.
(Dein Arzt muss es dir ohnehin mitteilen.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich finde, es kommt auf die Intention einer Lüge (oder auch der Wahrheit) an. Früher dachte ich, die Wahrheit sei immer richtig, weil sie eben ehrlich ist, egal, ob sie verletzt.
Ich lüge noch immer nicht gerne, finde aber inzwischen den "ethisch" manchmal besseren Weg kleinere Notlügen verletzenden Wahrheiten vorzuziehen, wenn die Information eh nicht unbedingt wichtig war. Das gelingt mir nicht immer besonders gut, grade bei sehr nahen Menschen trage ich das Herz doch ziemlich auf der Zunge, für meinen Freund nicht immer leicht.

Lügt man bewusst zum eigenen Vorteil, ist die Situation eine andere. Wobei man auch da differenzieren sollte: Geht's um eine kleine Lüge, um zB eine Verspätung zu entschuldigen oder geht's um was größeres, was anderen potentiell schadet?
 
Ich betrachte das eher aus einer utilitaristischen Perspektive. Wenn ich mit einer Lüge 100 Menschen retten kann, würde ich dies tun. Wenn ich mit einer Lüge 100 Menschen Schaden zufüge, aber nur einen einzigen retten, würde ich dies (wahrscheinlich) nicht tun.
"du sollst nicht lügen" ist ein moralischer Richtwert aus der Bibel. Es ist aber - so wie alles auf dieser Welt - eben nur ein Richtwert und nichts absolutistisches. Wer von sich behauptet, niemals und unter keinen Umständen zu lügen, der begeht damit meiner Meinung nach schon die erste Lüge und lügt sich selbst in die Tasche. Umgekehrt ist es nie schön, belogen zu werden. Es greift unser Ego an. Wer es schafft, über den Tellerand zu blicken und die Motive zu erkennen, der ist vielen "ganz oder gar nicht" Denkern voraus.

Wenn ich aber eines gelernt habe, dann ist es: Lügen zerstört immer Vertrauen. Egal in welchem Kontext und welche Motive eine Rolle spielen. Ist die Lüge es wert dieses Vertrauen zu brechen, weil etwas "größeres" gutes mit dieser Lüge erreicht werden kann, dann ist sie m.M.n. gerechtfertigt - wenn auch im moralischen Sinne nicht richtig.

Am Ende entscheidet jeder selbst. Die Verantwortung aber trägt man immer selbst.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich glaube, ich ziehe die Frage zurück.

Im Lauf des Tages habe ich mich in Hinsicht auf diese Frage selbst beobachtet. Nein, ich habe einer Kollegin nicht gesagt, dass ich ihre neue Frisur schrecklich finde. Ich habe aus Höflichkeit ein Stück von dem trockenen, pappsüßen Kuchen des Kollegen gegessen.
Sicher, man will keine Gefühle verletzen, mit Notlügen wirkt man sozialer und kommt besser durchs Leben.

Legitim sind sicher auch altruistische Lügen. Keine Frage, wir retten jemanden damit, dass wir lügen . Kommt im alltäglichen Leben aber eher selten vor.

Also wo genau ist die Grenze, dass Lügen nicht mehr legitim sind? Wenn wir nur aus reinem Egoismus lügen? Aber ist reine Konfliktvermeidung nicht auch schon recht selbstbezogen?

Ich fürchte, das Thema ist sehr komplex.
 
Ich glaube, ich ziehe die Frage zurück.

Im Lauf des Tages habe ich mich in Hinsicht auf diese Frage selbst beobachtet. Nein, ich habe einer Kollegin nicht gesagt, dass ich ihre neue Frisur schrecklich finde. Ich habe aus Höflichkeit ein Stück von dem trockenen, pappsüßen Kuchen des Kollegen gegessen.
Sicher, man will keine Gefühle verletzen, mit Notlügen wirkt man sozialer und kommt besser durchs Leben.

Legitim sind sicher auch altruistische Lügen. Keine Frage, wir retten jemanden damit, dass wir lügen . Kommt im alltäglichen Leben aber eher selten vor.

Also wo genau ist die Grenze, dass Lügen nicht mehr legitim sind? Wenn wir nur aus reinem Egoismus lügen? Aber ist reine Konfliktvermeidung nicht auch schon recht selbstbezogen?

Ich fürchte, das Thema ist sehr komplex.
Es füllt nicht ohne Grund ganze Hörsäle.
 
Origineller Erfahrungsbericht über einen einzigartigen Selbstversuch, 40 Tage lang die Wahrheit zu sagen

Lügen haben kurze Beine. Wenn dieser Kindheitsspruch stimmen würde, liefen wir auf Stummelbeinen durch die Welt. Denn wir lügen, sagt die Wissenschaft, bis zu 200-mal – am Tag. Aus Höflichkeit, aus Diplomatie oder weil es einfacher ist. Jürgen Schmieder sagt in einem Selbstversuch vierzig Tage lang nichts als die Wahrheit. Das Ergebnis: blaue Flecken, Nächte auf der Couch, diverse Beleidigungen, ein verlorener Freund. Manchmal fühlt er sich befreit und mutig, manchmal deprimiert und verunsichert. Privat (»Findest du meinen Hintern fett?«) und beruflich (»Mach doch deinen Scheiß alleine!«) gerät er in ungemütliche, aber auch witzig-erhellende Situationen.


Sicherlich ein interessanter, aber schwieriger Versuch.

Im Iran ist es üblich, sehr höflich bis übertrieben höflich zu sein und auf Dingen zu beharren oder zu insistieren, (z.B. beim Essen oder jemanden vorlassen oder sonstiges) und oft ist es kein bisschen ernstgemeint. Und wer das nicht weiß, der tappt dann auch böse ins Fettnäpfchen.

Es wird "Taarof" genannt, eine Form von Anstand und Verhalten, die auch in vielen Fällen auf Lügen beruhen.

Klassische Bespiele für Taarof
Erkundigt man sich bei einem iranischen Taxifahrer bei der Ankunft, wieviel die Fahrt kostet, erhält man als Tourist nicht selten die offenherzig scheinende Antwort “Ghabeli nadar”, was soviel wie «Nichts» bedeutet. Der sympathische und bemüht gesprächige Taxifahrer meint dies jedoch nicht ernst, viel eher handelt es sich um einen reinen Höflichkeitsritus, den er oftmals gar ein- bis zweimal wiederholt. Wird durch den Tourist auf Bezahlung der Taxifahrt hinreichend insistiert – gegebenenfalls zwei bis dreimal –, nennt der Taxifahrer schliesslich den Preis und nimmt die Bezahlung dankend an. Die Einladung des Taxifahrers und die wechselweise dankende Ablehnung symbolisieren einen Ausdruck der Wertschätzung des Gegenübers und der Ehrerbietung, was dem eigentlichen Kerngehalt des Taarof entspricht. Die “Annahme" eines solchen vermeintlichen Angebots gilt als Affront gegenüber dem Taxifahrer.

 
Wenn man nicht direkt gefragt wird, geht das ja.

Klar muss man keinen Kuchen essen, man könnte sagen, dass einem im Moment nicht danach ist. Das wäre nicht wirklich eine Lüge.

Oder man könnte sich bei Frisuren oder Kleidung in Worte retten wie: das sieht interessant aus - ist mal was Anderes - Du siehst ganz anders aus. Das wäre dann alles die Wahrheit und wenn man nicht festgenagelt wird auf die Antwort, ob es einem steht, kann man sich so etwas durchlawienerin.
 
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