Ich würde dringend dazu raten, jetzt alles zu machen, was Du machen kannst.
Das ist bei mir sicher biographisch getrübt. Ich wußte, daß ich gerne sowas wie Archäologie oder Alte Geschichte studieren würde und daß ich dafür das Graecum brauchen würde. Ich habe seit Klasse 10. immer wieder rumgequengelt, daß ich Griechisch lernen will und mein Vater hat immer abgewiegelt, das könne ich doch ganz prima noch auf der Uni, da gäbe es doch extra Kurse etc.
An der Uni wurde es dann ein furchtbares Drama, an dessen Ende ein Studienfachwechsel nach dem 7. Semester stand (autsch!). Unikurse sind super, super kompakt; wenn ich da mitkommen wollte, konnte ich kaum noch andere Veranstaltungen machen. Als ich mal für eine Woche so krank war, daß ich nicht in die Uni konnte, konnte ich den Kurs in diesem Semester abschreiben, weil ich keine Chance mehr hatte, die verpaßte Woche aufzuholen. Kurz: Ich schafte mein Graecum nicht im vorgegebenen Zeitrahmen und mein Fachstudium, daß ich "nebenbei" auch noch hatte, hat auch gelitten.
Und ich gehörte zu den Glücklichen, die zu Hause wohnen konnten und sich nicht den Lebensunterhalt selbst verdienen mußten.
Es mag Ironie sein, daß ich jetzt selbst Lateincrashkurse unterrichte, für Studenten, die kein Latinum an der Schule gemacht haben. Die haben alle dieses Problem. Eigentlich müßten sie sich voll auf den Lateinkurs konzentrieren, blöderweise haben sie aber in der 2. Kurswoche noch eine Englischklausur und müssen in den Semesterferien noch zwei Arbeiten schreiben. Und den Job, den die meisten faktisch auch noch haben, für 1-2 Monate mal an den Nagel zu hängen, ist auch nicht immer möglich, wobei ich den Leuten klipp und klar sage und sagen muß, daß sie eigentlich keine Chance haben, den Kurs und vor allem die Prüfung zu schaffen, wenn sie nebenbei noch jobben.
Menschen sind Individuen. Die Leute, die super problemlos und traumwandlerisch Latein quasi übernacht nachgelernt haben, landen auch nicht in meinen Kursen. Vielleicht gibt es die, aber aus meiner eigenen Studienerfahrung und dem, was ich von meinen Kursteilnehmern höre, würde ich sagen, daß Du selten so viel Druck und so wenig Zeit haben wirst, wie während Deines Studiums. Dann noch "nebenbei" eine Sprache nachlernen, an der der Studeinplatz hängt, ist super stressig. (Okay, Familiengründung kann auch schlauchen....)
Eventuell solltest Du dazu aber auch noch mal ein paar Studienordnungen konsultiern. Manchmal ist es möglich, das Lateinlernen als eigenes Modul in den Studiengang einzubauen, dann ist es eigentlich okay, weil ja Zeit dafür in Deinem Studiengang vorgesehen ist. Es kommt aber auch mindestens genau so häufig vor, daß das nicht vorgesehen ist und die gesamte Arbeitsbelastung noch "oben drauf" kommt.
Wenn Du also jetzt schon was machen kannst - tu' es! Erledigt ist erledigt! Entweder kannst Du dann an der Uni noch ein interessantes Seminar mehr machen, falls Du so ein Überflieger sein solltest, daß Du dich nicht 100% ausgelastet fühlst oder tatsächlich mal das machen, was angeblich Studenten immer tun: In den Semesterferien wirklich mal 'ne Woche im Schwimmbad abhängen oder eine Radtour durch Frankreich machen. Die Leute, die die Semesterferien mit mir und Cicero verbringen, können das alle nicht.