Hallo, ich bin auch Einzelgänger im Studium.
Die Mieten in der Unistadt sind mir zu hoch. Deshalb wohne ich auch etwas außerhalb und nutze das Semesterticket. Ich komme morgens zu den Lehrveranstaltung und fahre nach der letzten Lehrveranstaltung zurück. Dadurch habe ich natürlich auch nicht so das urbane Umfeld und eigentlich keine Kontakte. Ich wurde noch nie angesprochen. Falls mich mal jemand ansprechen würde, ob ich Lust hätte zu einer Party oder ähnlichen zu gehen, weiß ich nicht, ob ich zusagen würde und dafür extra nochmal abends in die Unistadt fahren würde. Bisher hat sich die Situation nicht ergeben. Ich war noch nie bei einer Uniparty bzw. generell abends weg. Keine Ahnung ob ich da etwas verpasse. Irgendwie kam da noch nie eine Anfrage und alleine raffe ich mich dazu einfach nicht auf. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich kein Smartphone habe und weder Facebook noch Twitter, Instagram und CO nutze - mit den Social Media-Gedöns komme ich einfach nicht mehr mit, obwohl ich erst anfang 20 bin. Ich mag auch keinen Alkohol, von daher bin ich auch irgendwie froh nicht auf Partys zu müssen um mir dort dumme Sprüche anhören zu müssen. Und als Student habe ich auch nicht so die finanziellen Mitteln für gesellschaftliche Aktivitäten. Am Ende des Geldes ist meistens noch viel Monat über. Wenn in der Uni wenig anliegt, ist es aber schon manchmal etwas traurig, wenn man alleine ist.
Aber irgendwie gewöhnt sich auch daran alleine in den Lehrveranstaltungen zu sein. Ich gehe immer relativ spät zu den Vorlesungen. Die Lehrveranstaltungen dauern immer 90 Minuten und fangen um 08.15 Uhr / 10.15 Uhr /12.15 Uhr /14.15 Uhr oder 16.15 Uhr an. Ich lege mir die so zusammen, dass es keine großen Pausen dazwischen gibt. 2 oder mehr Stunden Pause zwischen den Lehrveranstaltungen sind Mist, wenn du allein an der Uni bist.
Bei Vorlesungen gehe ich meistens 1-2 Minuten vorher in den Hörsaal. Dann muss ich nicht lange warten, bis es losgeht. Während der Vorlesung schreibe ich dann mit, da vermisse ich keine Kontakte und bin "beschäftigt".
Bei den Seminaren komme ich sogar ab und zu mal 2-3 Minuten später. Da fällt es eh nicht auf, weil die Anwesendheitsliste erst am Ende rumgeht. Für die Hausarbeiten, die üblicherweise in Seminaren geschrieben wird, ist es auch nicht schlimm, wenn man mal den Anfang verpasst. Es gibt immer Leute, die später kommen und die Gebäude der Uni sind über die Stadt verteilt. Die Dozenten ist es egal, wann man kommt. Jeder, der in der Anwesendheitsliste unterschrieben hat, war offiziell bei der Veranstaltung.
Ich gehe den Problem mit dem "Alleine sein" also großzügig aus den Weg, da ich relativ spät zu den Lehrveranstaltungen komme. Zwischen den Lehrveranstaltungen ist eh nicht so viel Zeit. Ab und zu gehe ich dann kurz in die Stadt und hole mir irgendwo ein Kaffee oder ich setze mich in die Bibliothek und gehe irgendwelche Studienunterlagen durch. In der Mensa sehe ich immer größe Gruppen, die auf irgendwelche Leute warten. Ich finde es irgendwie entspannt, nicht auf andere Leute warten zu müssen.
Gruppenarbeiten gibt es öfter in Seminaren in Form von Referaten. Das System der Gruppenbildung ist aber relativ human, da die Dozenten die Gruppenzusammenstellung organisieren. In der ersten Stunde stellen die Dozenten die Themen vor. Dann werden die Referate vergeben. Der Dozent fragt dann z.B. die Themen der Reihenfolge nach ab und notiert sich, wer zu welchen Thema ein Referat macht. Ich melde mich dann bei irgendeinen Thema, das mich interessiert bzw. das zeitlich am besten passt. Der Dozent notiert sich dann Gruppen. Wenn sich mehr als 3 Personen melden, teilt der Dozent eine Gruppe ein. Pro Referat kommen bis zu 3 Personen in Frage. Den Dozenten ist egal, ob es sich um ein Einzelreferat oder ein Gruppenreferat handelt. Hauptsache jedes Thema ist abgedeckt. Es ist dann reiner Zufall, ob man in einer Gruppe rutscht oder nicht. Manche Dozenten haben auch Zettel mit den Zahlen 1-3 vorbereitet. Dort trägt man 3 Themenwünsche für ein Referat ein. Der Dozent übernimmt dann die Gruppeneinteilung und stellt eine Liste ins StudIP mit den Gruppen und den Themen. Manchmal gibt es auch Gruppenaufgaben in den Sitzungen (meistens Fragestellungen zu irgendwelchen Texten, die vorzubereiten waren). Die Dozenten teilen dann die Gruppen dann aber einfach nach der Sitzordnung ein, damit es schneller geht: ("Frau Meyer bis Herr Müller, Sie sind Gruppe 1". "Herr Schulz bis Frau Wagner, Sie sind Gruppe 2" uws.)
Bei den Referaten läuft die Kommunikation über das StudIP. Jeder bereitet den Teil vor, den er vorstellt. Am Ende fügt einer aus der Gruppe die Einzelergebnisse per Copy&Paste in einer Präsentation zusammen. Die Referate dauern dann meistens 15-30 Minuten. Das meiste macht jeder für sich zu Hause und man arbeitet arbeitsteilig. In der Regel trifft man sich einmal vor dem Referat und sitzt dann vielleicht 10-20 Minuten zusammen um zu besprechen, wer was macht. Die Methode ist effizient und bei uns an der Uni eigentlich weit verbreitet - es gab damit bisher noch keine Probleme. Mir wäre es nicht bekannt, dass es Leute gibt, die mehrere Stunden in Gruppen "zusammen" arbeiten müssen in Rahmen der Lehrveranstaltungen.
Die Referate sind übrigens nicht benotet. Prüfungsleistungen sind Hausarbeiten und Klausuren.
Hausarbeiten schreibt man normalerweise ja eh allein. Für Klausuren lerne ich ohne Lerngruppe. Ich bestimme mein eigenes Tempo und habe keinen Terminstress. Ich gehe alle Vorlesungen durch, arbeite Übungsklausuren durch und schaue noch ergänzend in die Literatur nach, wenn es die Zeit zulässt. Wenn Fragen offen sind, stelle ich die Fragen in den vorbereitenden Tutorien. Zur Not habe ich auch mal Mut zur Lücke, wenn die Zeit knapp wird. Bisher komme ich damit gut zurecht.
Ich weiß nicht, ob es mit Freunde leichter wäre. Es funktioniert bei mir auch ohne Freunde. Mir hilft die Vorstellung, dass bei einer Bewerbung später der Abschluss und nicht die Anzahl der Freunde an der Uni zählt. Wenn ich später mal neue Leute kennenlerne, wissen die ja nicht, wie viele Freunde ich an der Uni hatte. Ich sehe es pragmatisch - die Freunde an der Uni sind nicht da, aber was solls. Vielleicht klappt es im nächsten Lebensabschnitt.