Ja genau, meine Eltern gehören noch zu dem alten Schlag von Leuten, die ein Studium als überflüssig ansehen. Sie sagen tatsächlich, dass ich jetzt lieber arbeiten und Geld verdienen soll, auch wenn ich weniger verdienen werde als mit einem Hochschulabschluss. Wenn ein Studium überflüssig ist, dann war es ja auch fast überflüssig Abi zu machen. Ok, ich hatte eventuell bessere Chancen, eine Ausbildungsstelle zu finden. Dass ich mit einem Studium auch keine Berufserfahrung habe, ist mir klar, aber es ist ja gerade der Vorteil, dass man danach mehr Geld verdient als mit einer normalen Ausbildung. Es kann ja auch sein, dass ich danach auch nicht gleich etwas finde, aber dann bin ich wenigstens in mienem Leben weiter gekommen und aufgestiegen. Ich werde mir wenn dann natürlich schon so einen Studiengang aussuchen, der sinnvoll ist und wo auch wirklich Bedarf ist. Wenn ich ein Studium anpacken würde, würde ich auf jeden Fall von zuhause ausziehen. Das hätte ich auch gemacht, sobald ich eine Stelle gefunden hätte. Ich wohne jetzt eigentlich nur noch daheim, weil ich nicht weiß, wo ich arbeiten werde, es keinen Sinn macht, irgendwo hinzuziehn, um dann irgendwann jeden Tag 100 km hin und zurück zu fahren. Wenn ihr versteht, was ich meine. Wenn es nach meinen Eltern gegangen wäre, hätte ich schon längst ausziehn müssen. Da hat dann sogar die Mutter meines Freundes gesagt, dass sie das nicht verstehen kann, warum ich nicht daheim bleiben kann, bis ich weiß, wo ich arbeite. Da bin ich sogar auf meine Eltern zugegangen. Schließlich haben sie gesagt, dass ich recht habe.
Finanzielle Unterstützung werde ich von meinen Eltern sowieso keine mehr bekommen. Ich habe mal gehört, dass Eltern, sobald man 25 ist, dafür nicht mehr zuständig sind. Oder stimmt das nicht? Ich müsste also in jedem Fall Bafög beantragen oder einen Kredit aufnehmen. Ich finde es aber nicht schön, dass sie mich da nicht wenigstens Emotional unterstützen. Sie sollten sich doch freuen, dass ich was aus meinem Leben mache, aber das ist nicht der Fall. Ich hab doch eine abgeschlossene Ausbildung und somit ein Standbein. Ich würde ja nicht einmal ohne was dastehn. Meine Schwester hat übrigens auch Abitur und auch nie studiert. Sie hat allerdings seit Jahren eine feste Arbeitsstelle, aber arg viel verdient sie auch nicht. Ich hatte damals, als ich mit dem Abi fertig war, einen Traumberuf, der es eigentlich heute auch noch ist. Damals hätte ich die finazielle Unterstützung meiner Eltern wirklich gebraucht, da ich während der Ausbildung nichts verdient hätte, aber auf eine Privatschule hätte gehen müssen. Das haben mir meine Eltern verweigert. Sie sagten du machst eine Ausbildung, bei der du selber Geld verdienst. Ich mag meinen Beruf auch und möchte auch darauf aufbauen. Jetzt bräuchte ich die finanzielle Unterstützung meiner Eltern nicht mehr unbedingt, wenn es andere Hilfen gibt, aber es wäre trotzdem schön, wenn sie hinter mir stehen würden, anstatt einem immer die Träume madig zu machen. Das tut schon weh. Da zweifelt man ja auch an sich selber.
Der Punkt ist ja, dass es mein Leben ist. Irgendwann sind meine Eltern weg, was wahrscheinlich nicht mehr lange dauern wird, da sie schon ziemlich alt sind und auch nicht mehr die gesündesten und was ist dann? Dann dümpel ich irgendwo bei einem Mindestlohn rum, hab gar nichts mehr erreicht und denen kann es egal sein. Man muss doch als Eltern wollen, dass es seinem Kind gut geht, oder nicht? Heute ist es eben nicht mehr so, dass man mit einer einfachen Ausbildung weiter kommt. Vorallem mein Beruf ist so überlaufen, dass ich nicht mal über Leihfirmen in Firmen reinkomme und das will ja wohl was heißen. Wenn ich meine Eltern richtig interpretiere, denken sie, dass ich dann assozial bin, weil ich ja fremde finanzielle Unterstützung brauche. Versteht ihr, was ich meine? Das ist für sie ein no-go. Ich glaube das macht ihnen Sorgen. Dabei müsste ich das Geld doch sowieso wieder zurückzahlen.
Darüber in welche Richtung ich gehen werde, werde ich mir noch Gedanken machen. Ob ich an die Uni gehe, oder ob ich ein Studium an der dualen Hochschule mache, wofür ich aber ja einen Betrieb brauche. Der Vorteil wäre natürlich, dass man Geld verdient. Ich werde es vielleicht in Kauf nehmen müssen, dass sie nichts mehr mit mir zu tun haben möchten, weil sie Stur sind. Nicht das sie es mir verbieten möchten ist meine Sorge, denn ich lasse mir schon lange nichts mehr verbieten, sondern dass ich Angst habe, mit meinen Eltern deswegen brechen zu müssen. Sie gehören zu der Sorte Mensch, wenn du nicht das machst, was wir dir sagen, kannst du unsere Unterstützung und Hilfe für alle Zeiten und in jedem Bereich vergessen. Da macht man sich nunmal seine Gedanken dazu.