Frau... hat den Arbeitsumfang souverän gemeistert.
Den ersten Satz deines Arbeitszeugnisses empfindet man beim ersten Lesen als durchaus sehr positive Bewertung. Aber dem ist leider nicht so.
Den guten Eindruck erhält der Leser in erster Linie durch das Wort "souverän", das für sich allein eigentlich gute Leistungen bescheinigt. Aber zusammen mit dem Verb "gemeistert" klingt diese Aussage weniger vorteilhaft, weil es diese Beurteilung über deine Arbeit deutlich abschwächt. Denn "gemeistert" suggeriert indirekt, dass du nur mit sehr viel Mühe und unter großer Anstrengung den Arbeitsumfang bewältigen konntest. Das Wort "gemeistert" im Zeugnistext zu verwenden, ist so nicht üblich und hört sich an, als hättest du es gerade so geschafft.
Desweiteren fällt mir auf, dass das Wort „Arbeitsumfang“ streng genommen dem Leser auch das Gefühl gibt, du hättest nur das Nötigste erledigt und nichts darüber hinaus. Also "nur Dienst nach Vorschrift" gemacht, wie es so schön heißt.
Sie arbeitete sicher und Selbstständig stehts mit Sorgfalt und Genauigkeit und zeigte hohe Hohe Arbeitsqualität.
Dieser Satz beschreibt deine Arbeitsweise und die daraus resultierenden Ergebnisse. Die Worte "sicher" und "Sorgfalt" sind beide eigentlich gleichermaßen positiv. Wohingegen „Sorgfalt“ zusammen mit dem Begriff "Genauigkeit" aber gerne und häufig dafür verwendet wird, um über einen Arbeitnehmer auszusagen, er würde (viel) zu langsam arbeiten.
Auch "selbständig" ist nicht unbedingt eine gute Bewertung, da Selbständigkeit im Arbeitsleben vorausgesetzt wird. Selbständigkeit ist also eine Selbstverständlichkeit und solche Selbstverständlichkeiten dürfen in Arbeitszeugnissen nicht zum Thema gemacht werden. Denn wenn selbstverständliche Dinge in den Vordergrund gerückt werden, heißt das immer, dass es ansonsten nichts Positives über den Arbeitnehmer zu sagen gibt.
"Hohe Arbeitsqualität" steht für die Note 3, höchstens für eine 2 mit ganz dickem Minus. Denn bei der Note 1 hätte es heißen müssen: „stets sehr hohe Arbeitsqualität“ und bei einer 2 hätte dort gestanden: „stets hohe Arbeitsqualität“ oder eben „sehr hohe Arbeitsqualität“.
Sie eignete sich gute Fachkenntnisse im Umgang mit Maschinen an, so das sie ihre Arbeit stehts von hoher Qualität gekennzeichnet war.
Dieser Abschnitt klingt, als hättest du vorher gar keine Erfahrungen und gar kein Wissen in diesem Bereich gehabt, sodass du vieles erst lernen musstest.
"Sie eignete sich gute Fachkenntnisse an" steht erstmal für die Note 2. Dann wird jedoch noch hinzugefügt, dass sich diese guten Fachkenntnisse (nur?) auf den Umgang mit Maschinen beziehen, was die vorherige Benotung mit einer 2 wieder um eine halbe bis ganze Note herunterstuft. "Sodass ihre Arbeit stets von hoher Qualität gekennzeichnet war" ist auch negativ auszulegen, weil hier weiter eingeschränkt wird durch Zuhilfenahme des kleinen Wortes "sodass".
Zur Erklärung: Da steht "sie eignete sich gute Fachkenntnisse an, SODASS ihre Arbeit stets von hoher Qualität gekennzeichnet war" - das heißt, deine Arbeit war NUR von hoher Qualität, WEIL du dir Fachkenntnisse angeeignet hast. Es handelt sich um eine einschränkende Äußerung und solche sind in Arbeitszeugnissen grundsätzlich negativ!
durch Ihr gezeigtes Arbeitsinteresse sowie Ihr Fleiß schöpfte sie ihren Arbeitsfonds effektiv aus.
Diese Passage soll deine Arbeitsmotivation beschreiben. Die erste Hälfte des Satzes "durch ihr gezeigtes Arbeitsinteresse" ist sehr (!) negativ, denn das Wort "Arbeitsinteresse" ist wie die oben erwähnte Selbständigkeit eine absolute Voraussetzung und Selbstverständlichkeit! Jeder Arbeitnehmer sollte (oder muss nach Ansicht des Arbeitgebers) ein Interesse an seiner Arbeit haben.
"Fleiß" ist wiederum eine positive Bewertung, wird allerdings sofort durch die nächsten Worte entkräftet und wieder zunichte gemacht: "schöpfte sie ihren Arbeitsfond effektiv aus" bedeutet nichts anderes, als dass du regelmäßig an deine Grenzen gestoßen bist. Man könnte auch sagen: Du hast deinen „Arbeitsfond“ komplett ausgeschöpft, bis er leer war. Mehr war nicht drin. Zu mehr warst du nicht in der Lage und zu mehr warst du nicht fähig.
Ihr Arbeitsbereich beherrschte sie überdurchschnittlich und fand sich in neuen Situationen sicher Zurecht.
Dass du deinen Arbeitsbereich überdurchschnittlich beherrscht hast, ist erstmal soweit gut. Aber es steht nicht da, dass du ihn jederzeit, stets und immer überdurchschnittlich beherrscht hast. Leider wird aber auch nicht gesagt, ob du diesen Bereich auch überdurchschnittlich GUT beherrscht hast.
"Fand sich in neuen Situationen sicher zurecht" ist soweit okay. Aber wieder hat man vermieden, Worte wie "immer, jederzeit, stets" hinzu zufügen, was diesen Satz zu keiner guten Bewertung macht.
Sie zeigte stehts Initiative Fleiß Eifer und fand gute Lösungen.
Insgesamt zählt man hier ganz gute und zufriedenstellende Worte auf. Sehr (!!!) negativ fällt an dieser Stelle jedoch auf, dass schon wieder das Wort "Fleiß" auftaucht. Wiederholungen dürfen in Arbeitszeugnissen nicht vorkommen, da sie immer den Anschein erwecken, es gäbe sonst nichts oder nichts Gutes über den Arbeitnehmer zu berichten.
Das persönliche Verhalten war immer Vorbildlich.
"Vorbildlich" ist sehr gut, mit diesem Wort wird oft gegeizt. Toll ist auch, dass es heißt, es wäre „immer“ vorbildlich gewesen. Was aber sofort wieder negativ ins Auge fällt, ist, dass nicht erwähnt wird, WEM gegenüber dieses Verhalten immer vorbildlich war. In diesem Abschnitt sollten die Vorgesetzten, Kollegen, Externe usw. (auch in dieser Reihenfolge!) Erwähnung finden.
Frau.... war stehst hilfsbereit, übte und akzeptierte sachliche Kritik und unterstützte die Zusammenarbeit.
Dass du als "hilfsbereit" bezeichnet wirst, ist so in Ordnung. Wieder sehr negativ ist, was danach folgt: "übte und akzeptierte sachliche Kritik" steht dafür, dass du eine schwierige - weil sehr kritische - Mitarbeiterin warst, die gerne offen ihre Meinung gesagt hat und dafür ebenfalls Kritik erhielt, die sie mehr oder weniger gut aufnahm.
Dass du die Zusammenarbeit unterstützt hast, ist wieder so eine Selbstverständlichkeit, die hier unnötig stark betont wird. Wie gesagt - das ist eindeutig negativ. Überhaupt passen all diese Dinge, die in einen Satz gequetscht worden sind, nicht so recht zueinander, was ebenfalls Spekulationen hervorruft. Raum für Spekulationen ist grundsätzlich negativ.
sie gab bereitwillig rechtzeitig und vollständige Informationen...
Hier zeigt sich wieder das Problem, das sich durch dein gesamtes Arbeitszeugnis zieht: Immer wieder werden selbstverständliche Verhaltensweisen besonders hervorgehoben. Diese Tatsache weckt immer den Verdacht bei dem Leser der Beurteilung, dass es sonst nichts Positives über dich zu sagen gäbe. Worte wie "bereitwillig", "rechtzeitig" und "vollständig" bezeichnen ein Verhalten, das einfach vorausgesetzt wird.
...und trat aufgeschlossen und selbstsicher auf.
"Aufgeschlossen" bedeutet, dass du sehr redselig und kontaktfreudig bist, was auch negativ verstanden werden kann - aber nicht muss. „Selbstsicher" steht dafür, dass du auf deine Fähigkeiten vertraust – ABER: Da vorhin noch gesagt wurde, dass du gerne Kritik übst, ist es ganz und gar nicht mehr so positiv, dass du als „selbstsicher“ beschrieben wirst. Dein zukünftiger Arbeitgeber wird da herauslesen, dass du dir nichts sagen lässt.
im Mitarbeiterkreis hat sich Frau... Respekt und Anerkennung erworben.
Dieser Satz sagt über dich aus, dass es nicht immer ganz harmonisch unter euch Kollegen zugegangen ist und man dies auf dich zurückzuführt. Man könnte auch sagen, dass die anderen Angst vor dir haben.
die an sie gestellten Anforderungen erfüllte Frau... stehts zu unserer vollsten Zufriedenheit.
Dieser Satz hat eine sehr gute Aussage. Sie zählt aber leider gar nicht, weil die vorangegangenen Zeugnistexte überhaupt nicht zu dieser Beurteilung passen. Dieser Abschnitt ist also als neutral zu werten.
Viele Arbeitgeber lassen hin und wieder übertrieben positive Bemerkungen in den Zeugnistext miteinfließen, um den ehemaligen Arbeitnehmer zufrieden zu stimmen. Solche Arbeitgeber wissen auch ganz genau, an welchen Stellen sie besonders loben müssen, damit der Arbeitnehmer nicht merkt, welche negative Aussage das Zeugnis in Wirklichkeit enthält.
Diese Mitarbeiterreduzierung war nicht vorhersehbar und betraf leider aufgrund kürzere Betriebsangehörigkeit leider auch Frau.. .
Das ist okay - ein einfacher Textbaustein, in dem keine Bewertung enthalten ist. Es wird lediglich der Grund deines Ausscheidens genannt. An dieser Stelle befindet sich (fast) nie eine Äußerung, die über dich als Arbeitnehmerin Aufschluss gibt. Sehr schlecht ist, dass man im letzten Absatz dein Fortgehen nicht bedauert, dir nicht für deine Arbeit dankt und man dir nicht „weiterhin viel Erfolg“ wünscht. Wenn dieser Absatz fehlt, taugt das beste Zeugnis nichts.
Die Gesamtaussage deines Arbeitszeugnisses ist leider gar nicht gut. Als Endnote erteilt man dir eine 3 bis 4. Woran ich das erkenne, habe ich dir oben kurz in Ansätzen erklärt. Dein Zeugnis näher zu erläutern, würde allerdings mehrere Seiten füllen.
Du kannst das Zeugnis so nicht annehmen.