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Gewalt in der Kindheit

Speedmaster

Neues Mitglied
Hallo,

prinzipiell habe ich nur eine Frage: gibt es eine genauere psychologische Definition über meinen Fall?

Als ich 9 Jahre alt war, wurde ich von dem neuen Lebensgefährten meiner Mutter mit einem Holzschwert aus massivem Buchenholz verprügelt. Er schlug gezielt auf den Rücken, von den Schultern abwärts bis zu den Waden in Querrichtung. Dabei zerbrach das Schwert und ich hatte sehr bald von den Schulterblättern bis zu den Waden blaue Flecken bzw. Hämatome. Sichtbar blieben sie in meiner Erinnerung Wochenlang.

Ich wurde dann natürlich bei dem Sportunterricht von der Sportlehrerin und bei dem Schwimmunterricht von meiner damaligen Klassenlehrerin gefragt, woher ich diese blauen Flecken habe. Von meiner Mutter bekam ich damals für diesen Fall gesagt, dass ich sagen sollte, dass ich auf der Treppe ausgerutscht und mit dem Rücken die Stufen herunter gerutscht bin.

Danach war ich natürlich ein anderes Kind. Ruhiger, zurückgezogen, einfacher zu händeln. Mit dem neuen Freund meiner Mutter musste ich danach noch jahrelang zusammen leben. So wurde die Misshandlung für mein 9 jähriges Ich zu meiner eigenen Schuld deklariert, da ich die Treppe hinunter gefallen bin. Ich war ungeschickt, deshalb traf mich die Schuld allein.

Gibt es dazu mehr Informationen, was dieser Vertrauensverlust gegenüber den engsten Bezugspersonen bewirkt hat? Ich denke der Fall passiert abgewandelt häufiger oder ist häufiger vorgekommen.
 
Zuletzt bearbeitet:

Sadie02

Aktives Mitglied
Hi !

Ich bin nicht ganz sicher wie du die Frage meinst. Ich glaube, es gibt da nichts Automatisches, was immer abläuft. Du hast brutale Gewalt erlebt. Das hat sich bei dir natürlich in den Kopf gefressen. Du wirst wahrscheinlich misstrauischer sein als andere...ungerne vertrauen...pessimistisch...vielleicht auch oft sehr wütend.

Aber naja...die eine Person reagiert darauf vielleicht mit seelischen Problemen, die andere steckt es weg, hat dafür anderswo schwache Stellen. Man kann also meiner Meinung nach nie allgemein sagen, dass ein Erlebnis immer und bei jedem dasselbe hervor bringt.

Hat er dich danach nie wieder angerührt? Oder gab es weitere Vorfälle? Ein Typ, der so auf ein Kind einschlägt...weiß nicht...da ist schon die Gefahr, dass es häufiger passiert. Ich denke übrigens nicht, dass die Lehrer die Ausrede tatsächlich geglaubt haben. Aber viele mischen sich lieber nicht ein...ist ja dann ruhiger so.

Alles Gute dir. Dass du keine Schuld hast, brauche ich hoffentlich nicht zu schreiben, oder? Ein erwachsener Typ, der so auf ein neunjähriges Kind einprügelt...für den gibt es Worte, die ich hier besser nicht schreibe.
 

Speedmaster

Neues Mitglied
Danke für die Antwort. Die Misshandlung war die Einzige schwerwiegende mit Hämatomen bzw blauen Flecken über den ganzen Körper.

Im Prinzip hat später nach einer Ohrfeige die weitere Androhung von Gewalt gereicht um das gewünschte Verhalten - in der Regel Stille und Gehorsam - zu erzwingen.

Mit Abstand nehme ich die Situation so wahr, dass ich meiner Mutter gegenüber aufhörte zu Vertrauen, da sie den Mann in mein Leben ließ, der mich spürbar schlecht behandelte und diesen verteidigte, in dem sie mir durch die Lüge gegenüber anderen Erwachsenen indirekt die Schuld daran gab.

Ach, die Lehrer haben nachgefragt, nur was sollten sie tun wenn ich konsequent gelogen habe? Selbst auf mehrfache Nachfrage habe ich nichts gesagt sondern bin dabei geblieben. Geschulte Lehrer hätten die Lüge mit Sicherheit durchschaut.

Geblieben ist wohl ein Misstrauen gegenüber Frauen, speziell in Beziehungen ist es ganz schwierig. Damals brach ich schulisch völlig ein, was meinen Lebenslauf bis heute geprägt hat. Die allgemeinen Situation zu Hause war furchtbar, wobei von Seiten der Erwachsenen betont wurde, man sei eine normale Familie. Meine jüngere Schwester verfiel dem Konsum von Drogen, es entwickelte sich eine psychische Krankheit mit den Jahren und sie brachte sich Anfang des Jahres um. Insofern kann ich sagen, dass nicht sehr viel "normal" bei uns war.

Aus heutiger Sicht empfinde ich es unvorstellbar, dass ich solange mit dem Mann Tür an Tür lebte und alles als "normal" empfand, da ich es nicht anders kannte und die erwachsenen Bezugspersonen Wert darauf legten, dass man eine Bilderbuchfamilie sei.
 
Zuletzt bearbeitet:

Sadie02

Aktives Mitglied
Mein Beleid, was deiner Schwester passiert ist. Das macht das Ganze noch extrem viel schlimmer.

Hast du denn noch Kontakt zu deiner Mutter oder eher nicht, was ich verstehen würde?

Glaubst du, eine Therapie heute könnte dir helfen, manches besser sortieren zu können?

In jedem Fall alles Gute! Du warst ausgeliefert damals. Du hattest an nichts irgendeine Schuld!
 

logig

Mitglied
Ich denke mitlerweile ist dir klar, dass er und deine Mutter die Schuld tragen und das dir sowie deiner Schwester Gewalt angetan worden ist. Gewalt die deine Schwester leider zerbrochen haben und sie nur noch einen Weg wusste.

Du fragstest was es psychologisch ist, mir kommt es vor als wenn du Dissoziert hast. Du hast es abgespalten und musstest es als normal sehen, sonst hättest du es nicht überstanden. Auch wenn es dir klar ist, denke ich es ist wichtig deinem inneren zu sagen, du hattest keine Schuld. Versuche dein 9 jähriges inneres Kind in den Arm zu nehmen, es zu trösten und jetzt für es da zu sein, wenn es das Gefühl hat, ich bin doch nur die Treppe runtergefallen. Du bist es nicht, er hat es dir angetan und deine Mutter hat es zugelassen und sogar noch Unterstützt.

Die Lehrer hätten es sehen können, sie sahen ja nicht nur die Bauen Flecken, sie werden auch mitbekommen haben, dass du dich verändert hast. Doch vielleicht war damals noch nicht die Zeit, es sehen zu können oder zu wollen. Leider hat dir damals keiner die richtige Frage gestellt. Daran ist in dir viel zerbrochen, aber du hast gelernt damit zu leben. Jetzt gilt es das zerbrochene Herz aufzubauen, da zu sein wenn es weint. Schreien zu dürfen, wo du damals nicht durftest. Und dir immer wieder klar zu machen, du hast keine Schuld, die Schuld trägt der Lebensgewährte deiner Mutter und Sie. Und du konntest nichts dafür, dass du es solange vertränkt hast, dein Körper wollte Leben und das ist erstmal häufig glaube ich anders nicht möglich. Aber ich bin keine Psychotherapeutin, und kann nur aus der Sicht schreiben wie ich es sehe.

Es wäre gut wenn du dir profesionelle Hilfe, evtl. Pschotherapie suchst. Wo du versuchen kannst mit allem besser klar zu kommen, vielleciht ein Stück zu verarbeiten und deine inneres 9 Jähriges Kind kennen zu lernen.
 
G

Gelöscht 94095

Gast
Eine Mutter die so einen Kerl nicht sofort anzeigt und verlässt, stattdessen im Gegenteil dies noch durch Lüge schützt und unterstützt, wird meiner Meinung nach selber zum Täter und verdient das Wort "Mutter" nicht, da man mit diesem eine fürsorgliche, verlässliche Person im allgemeinen Verbindet.

Solche Hämatome entstehen nicht durch einen Treppensturz, das muss jedem klar sein.
Das du in Anbetracht der Situation aus Angst gelogen hast auch. Es hätte von Seiten der Lehrerschaft einer Anzeige wegen Kindesmisshandlung bedurft.
Finde ich ebenfalls fahrlässig. Aber insbesondere früher wurde da gern mal weggesehen, gab ja auch Zeiten wo es als "normal" galt Kinder zu schlagen - was es natürlich nicht ist.

Leider wurdest du von allen "Vertrauenspersonen" im Stich gelassen, was natürlich in Folge dessen zu Vertrauensverlust führt.

Nach Außen hin wird in solchen Familien immer großen Wert auf den "Äußeren Schein" gelegt, es soll ja niemand mitbekommen. Da die Kinder es nicht anders kennen, es eben alltäglich ist, kennen sie nur diese "Normalität", in der werden sie auch so lange wie möglich gehalten, um sie weiter ungestraft misshandeln zu können.
Die Erwachsenen wissen dass es falsch ist, das es ne Straftat ist, um selbst einer Strafe zu entgehen durch Entdeckung versuchen sie dem Kind die Schuld aufzuladen, sie sagen es so lange bis man es glaubt, neben der Angst die man ohnehin hat.

Durch die aufgezwungene Lüge wurdest dir dann noch zusätzliche Schuld aufgezwungen, dass du "selber schuld" seist, ungeschickt, und du hast ja gelogen...
Das hat natürlich gravierende Auswirkungen, besonders da man als Kind ja total abhängig von den Erwachsenen ist, man kann ja nicht einfach gehen.

Du hast also Traumata erlebt, die immer weiter gingen, deine Schwester offenbar auch, was dann auch wieder ein zusätzliche Trauma für dich ist.
Mein Beileid zu ihrem Verlust.

Hast du mal eine Traumatherapie gemacht?

Wenn du mehr Informationen dazu sammeln möchtest dann solltest du unter "Kindheitstrauma" oder "Trauma in der Kindheit" oder etwas vergleichbarem suchen, gibt da zahlreiche Informationen, über die Entstehung und die Auswirkungen solcher Traumata.
 

Speedmaster

Neues Mitglied
Sorry für die lange Abstinenz, ich war sehr eingespannt. Depression/Ablenken/Sport

Vielen Dank für die Antworten!
@Morningstar
Ich stehe auf zwei verschiedenen Wartelisten für eine Psychotherapie. Dauert wohl noch circa 3-4 Monate bis es soweit ist. Werde die Punkte aber ansprechen. Du hast das gut zusammengefasst, mir fehlte das Vertrauen zu Erwachsenen mit entsprechenden Auswirkungen auf das weitere Leben.

Denke inzwischen auch, dass dieses Erlebnis bzw dieser Werdegang in der Kindheit/Jugend dazu geführt hat, dass ich gegenüber Frauen ein - grundsätzlich unberechtigtes - Misstrauen entwickelt habe, das mich in meinen Beziehungen zurück warf. Konnte den Zusammenhang zu dieser Misshandlung nicht selbst herstellen, ich dachte immer dass das Unterbewusstsein nur zeigt, dass es zwischen meiner Freundin und mir nicht passt. Und ich war blind dafür, wenn es passte, eben weil das Unterbewusstsein ständig dieses Unbehagen produzierte, sobald eine Beziehung "verbindlicher" wurde.

Diese Bindungsstörung/Bindungsangst sorgte für das Scheitern der letzten Beziehung und als Folge habe ich mich überhaupt das erste Mal ernsthaft mit der Ursache auseinander gesetzt.

Tod der Schwester, nach knapp 30 Jahren habe ich meinen Vater erstmals besser kennen gelernt, dazu das Ende der langjährigen Beziehung. Das waren bei mir die Zutaten für meine Depression. Dabei ist sonst "alles gut". Konnte mir z.B. bis Dato nie vorstellen, warum Menschen die eigentlich alles haben depressiv werden. Jetzt weiss ich es. Ich habe aktuell noch 20 Tage Urlaub, das Girokonto läuft über, nur keine große Lust zu verreisen, keine Lust etwas zu kaufen. Und ich war sonst derjenige, dem kein Reiseziel zu weit war...

Ich treibe viel Sport (Krafttraining, Laufen) habe eine gute Arbeitsstelle, ein paar Freunde, viel finanziellen Spielraum, Hobbys usw... all dies reichte trotzdem nicht um das alles so zu verarbeiten. Im September begann ich Citalopram zu nehmen, aber nur circa acht Wochen lang... Habe es Anfang November abgesetzt, die melancholischen Phasen kommen häufiger zurück, die Stimmung allgemein gedrückt, ich möchte es nur trotzdem ohne Citalopram schaffen. Schauen und wir Mal. Groß was zu verlieren habe ich nicht ;)
 
G

Gelöscht 94095

Gast
Denke inzwischen auch, dass dieses Erlebnis bzw dieser Werdegang in der Kindheit/Jugend dazu geführt hat, dass ich gegenüber Frauen ein - grundsätzlich unberechtigtes - Misstrauen entwickelt habe, das mich in meinen Beziehungen zurück warf.
Bei Männern hast du dieses Misstrauen nicht? Von den männlichen Bezugspersonen hat dir ja auch keiner beigestanden? Aber das ist kein Problem für dich, oder auch?

Dabei ist sonst "alles gut".
:rolleyes: Muss grade schmunzeln, das ist so ein Standardsatz, den sagen Menschen mit Problemen (Depression, Trauma, ...) immer gern um weiteren Nachfragen zu entgehen.
"alles gut" heisst noch lange nicht: "Alles Gut!"

Konnte mir z.B. bis Dato nie vorstellen, warum Menschen die eigentlich alles haben depressiv werden. Jetzt weiss ich es.
Man weis es immer erst, wenn es einen selbst einholt.

Menschen die "eigentlich alles haben" denen fehlen aber auch oft entscheidende Sachen. Merkt halt nur keiner.

Manchen Kindern wird gesagt , dass sie "doch alles haben", sich daher nicht beschweren dürfen, sich nicht schlecht fühlen dürfen... aber an den wesentlichen Sachen fehlt es ihnen: Zuwendung, Zeit, Liebe, Verständnis, Schutz...

Wenn alles das fehlt, oder auch nur einiges davon, dann hat man eben nicht "alles", dann hat man nichts.
Innere Leere kann mit äußerem Konsum nicht gefüllt werden.

Eine Fassade ist eben nur, was du von außen siehst, wie leer und kaputt es innen womöglich ist, bei allem zur Schau gestellten Prunk, das sieht ja keiner - genau dazu ist ja die Fassade da.
 

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