G
Günter
Gast
AW: Wo fängt Gewalt in der Ehe an?
Hallo Stefan
Ich bin leider nicht eher dazu gekommen, Dir zu antworten. Und im Grunde finde ich, dass in den Antworten, die Du bereits bekommen hast, alles wesentliche drinsteht. Aber Deine Geschichte erinnert mich an Erfahrungen, die ich selbst gemacht habe. Deshalb möchte ich Dir noch etwas dazu schreiben.
Ich habe mich vor ein paar Jahren in eine Frau verliebt, die ich, genau, wie Du es geschrieben hast, "über alles geliebt" habe. Diese Frau war nicht meine Partnerin, das nur, um Mißverständnisse zu vermeiden. Aber es war ein recht intensiver Kontakt.
Die Beziehung war schon nach wenigen Monaten sehr ungleich. Während ich diese Frau unterstützt habe, wann immer ich konnte, hat sie meine Zuneigung immer weiter ausgenutzt. Hat mir Dinge abgeschwatzt, die ich ihr eigentlich gar nicht geben wollte, hat sich Geld geliehen, dass sie nie zurückzahlen wollte. Hat nach mir gepfiffen und erwartet, dass ich immer Zeit habe, wenn ihr danach ist.
In der ersten Zeit habe ich mich dagegen gewehrt, wenn sie zu weit gegangen ist. Allerdings war es nicht möglich, sie irgendwie zu einer Einsicht zu bewegen. Sie sah einfach nicht, was sie machte, bzw machen wollte, es war für sie normal. Irgendwann habe ich davor resigniert.
Nach gut einem Jahr bin ich dann in der Öffentlichkeit zum ersten Mal ausgerastet. Wir haben uns vor allen Menschen fast eine Stunde gestritten. Mit dem einzigen Erfolg für mich, dass sie zuerst einmal nichts mehr mit mir zu tun haben wollte. Seitdem kam es immer mal wieder zum Streit, während ich ansonsten eigentlich ein ruhiger Zeitgenosse bin.
Nach etwa 2 1/2 Jahren bin ich dann einmal richtig ausgerastet. Ich war zu dem Zeitpunkt zum ersten Mal in meinem Leben wirklich auf die Hilfe von Freunden angewiesen. Alle meine Freunde waren bereit, mir zu helfen. Nur sie hatte natürlich besseres zu tun, erwartete sogar, dass ich Zeit für sie habe. Ich hatte damals die totale Krise, wurde zuerst depressiv und habe mich betrunken. Habe sie dann angerufen und habe sie mit allem beleidigt, was mir einfiel und wollte den Kontakt sofort abbrechen.
Wenige Tage später tat mir mein Verhalten total leid. Ich konnte gar nicht verstehen, warum ich so ausgerastet war, habe das auf meine Probleme geschoben und mich bei ihr entschuldigt.
Etwa zwei Monate später wiederholte sich das ganze dann. Diesmal wegen einer Kleinigkeit, sogar wegen eines Mißverständnisses. Zu diesem Zeitpunkt begann ich, meine Aggression ernst zu nehmen. Mich zu fragen, warum ich eigentlich so ausraste, ob da nicht ein Teil in mir ist, der sich gegen diese Frau wehrt. Das konnte ja kein Zufall mehr sein.
Der Kontakt hielt dann noch ein gutes Jahr an. Meine Aggression nahm in der Zeit immer weiter zu. Zum Schluss hatte ich mein Vertrauen in sie vollkommen verloren. Jede Kleinigkeit konnte bei mir falsch ankommen.
Heute ist dieser Kontakt zum Glück beendet. Fast zwei Jahre sind seitdem vergangen. Sie schuldet mir noch relativ viel Geld, das ich vielleicht eines Tages einmal wiederbekommen werde. Vielleicht auch nicht. Mit dem Bezahlen von Schulden hat sie es nicht so. Und heute kann ich sehen, in welcher unglücklichen Situation ich mich damals befunden habe. Meine ganze Aggression war berechtigt. Die Frau hat mich damals nur benutzt und über die Jahre immer wieder so verletzt, dass ich innerhalb der Beziehung nur noch aggressiv reagieren konnte.
Deine Geschichte wird anders verlaufen sein. Aber ich wollte Dir das kurz erzählen, weil ich nachvollziehen kann, warum Du gewalttätig geworden bist. Deine Frau hat Dich tief verletzt, und das mehrmals. Und Du hältst diese Verletzungen nicht mehr aus. Wenn Du nüchtern bist, kannst Du Dich zusammen reißen, wenn Du getrunken hast, bricht Deine ganze Wut aus Dir heraus.
Angemessen ist Deine Reaktion, aber natürlich darf man nicht gewalttätig werden. Genauso, wie ich nicht hätte aggressiv werden sollen.
Du solltest Dir selbst bewußt machen, wie tief Dich Deine Frau tatsächlich verletzt hat. Und Du solltest diese Verletzungen nicht immer wieder unter Deiner "großen Liebe" verschwinden lassen. Das macht Dich kaputt. Und Deine Aggression wird eher noch zunehmen. Beim nächsten oder übernächsten Mal wirst Du Dich wieder betrinken, wirst wieder ausrasten und irgendwann geht das dann auch ohne Alkohol. Zumindest war das bei mir so.
Und Du solltest Konsequenzen ziehen. Entweder Du setzt Dich gegen Deine Frau durch, schaffst es also, sie dazu zu bewegen, nicht mehr fremdzugehen, was ich allerdings für wenig erfolgversprechend halte. Oder Du trennst Dich. So, wie es jetzt abläuft, gehst Du an der Beziehung zugrunde, und die Beziehung geht auch den Bach herunter, wenn das nicht schon lange geschehen ist.
Wohin man sich an Deiner Stelle wenden kann, weiß ich leider nicht. Es gibt bestimmt Beratungsstellen für "Täter". Aber Du kommst mir nicht wie ein typischer Gewalttäter vor. Vielleicht würde Dir auch schon ein Gespräch bei einer Eheberatung ausreichen. Oder Du wendest Dich alleine an eine solche Beratungsstelle, die gibt es in jeder größeren Stadt.
Nach Beratungsstellen von Pro Familia kannst Du hier suchen:
http://www.profamilia.de/outputdb/10Beratungsstellen_&_Med._Zentren/10/354
Du kannst aber auch zu anderen Beratungsstellen gehen. Ich finde es sehr wichtig, dass Dir Deine eigene Situation bewußter wird. Vielleicht solltest Du auch eine Therapie erwägen. Du unterdrückst Deine eigenen Verletzungen. Und wie bereits erwähnt wurde, wird das nicht nur beim Fremdgehen Deiner Frau passieren. Vermutlich durchzieht das Eure ganze Beziehung.
Günter
Hallo Stefan
Ich bin leider nicht eher dazu gekommen, Dir zu antworten. Und im Grunde finde ich, dass in den Antworten, die Du bereits bekommen hast, alles wesentliche drinsteht. Aber Deine Geschichte erinnert mich an Erfahrungen, die ich selbst gemacht habe. Deshalb möchte ich Dir noch etwas dazu schreiben.
Ich habe mich vor ein paar Jahren in eine Frau verliebt, die ich, genau, wie Du es geschrieben hast, "über alles geliebt" habe. Diese Frau war nicht meine Partnerin, das nur, um Mißverständnisse zu vermeiden. Aber es war ein recht intensiver Kontakt.
Die Beziehung war schon nach wenigen Monaten sehr ungleich. Während ich diese Frau unterstützt habe, wann immer ich konnte, hat sie meine Zuneigung immer weiter ausgenutzt. Hat mir Dinge abgeschwatzt, die ich ihr eigentlich gar nicht geben wollte, hat sich Geld geliehen, dass sie nie zurückzahlen wollte. Hat nach mir gepfiffen und erwartet, dass ich immer Zeit habe, wenn ihr danach ist.
In der ersten Zeit habe ich mich dagegen gewehrt, wenn sie zu weit gegangen ist. Allerdings war es nicht möglich, sie irgendwie zu einer Einsicht zu bewegen. Sie sah einfach nicht, was sie machte, bzw machen wollte, es war für sie normal. Irgendwann habe ich davor resigniert.
Nach gut einem Jahr bin ich dann in der Öffentlichkeit zum ersten Mal ausgerastet. Wir haben uns vor allen Menschen fast eine Stunde gestritten. Mit dem einzigen Erfolg für mich, dass sie zuerst einmal nichts mehr mit mir zu tun haben wollte. Seitdem kam es immer mal wieder zum Streit, während ich ansonsten eigentlich ein ruhiger Zeitgenosse bin.
Nach etwa 2 1/2 Jahren bin ich dann einmal richtig ausgerastet. Ich war zu dem Zeitpunkt zum ersten Mal in meinem Leben wirklich auf die Hilfe von Freunden angewiesen. Alle meine Freunde waren bereit, mir zu helfen. Nur sie hatte natürlich besseres zu tun, erwartete sogar, dass ich Zeit für sie habe. Ich hatte damals die totale Krise, wurde zuerst depressiv und habe mich betrunken. Habe sie dann angerufen und habe sie mit allem beleidigt, was mir einfiel und wollte den Kontakt sofort abbrechen.
Wenige Tage später tat mir mein Verhalten total leid. Ich konnte gar nicht verstehen, warum ich so ausgerastet war, habe das auf meine Probleme geschoben und mich bei ihr entschuldigt.
Etwa zwei Monate später wiederholte sich das ganze dann. Diesmal wegen einer Kleinigkeit, sogar wegen eines Mißverständnisses. Zu diesem Zeitpunkt begann ich, meine Aggression ernst zu nehmen. Mich zu fragen, warum ich eigentlich so ausraste, ob da nicht ein Teil in mir ist, der sich gegen diese Frau wehrt. Das konnte ja kein Zufall mehr sein.
Der Kontakt hielt dann noch ein gutes Jahr an. Meine Aggression nahm in der Zeit immer weiter zu. Zum Schluss hatte ich mein Vertrauen in sie vollkommen verloren. Jede Kleinigkeit konnte bei mir falsch ankommen.
Heute ist dieser Kontakt zum Glück beendet. Fast zwei Jahre sind seitdem vergangen. Sie schuldet mir noch relativ viel Geld, das ich vielleicht eines Tages einmal wiederbekommen werde. Vielleicht auch nicht. Mit dem Bezahlen von Schulden hat sie es nicht so. Und heute kann ich sehen, in welcher unglücklichen Situation ich mich damals befunden habe. Meine ganze Aggression war berechtigt. Die Frau hat mich damals nur benutzt und über die Jahre immer wieder so verletzt, dass ich innerhalb der Beziehung nur noch aggressiv reagieren konnte.
Deine Geschichte wird anders verlaufen sein. Aber ich wollte Dir das kurz erzählen, weil ich nachvollziehen kann, warum Du gewalttätig geworden bist. Deine Frau hat Dich tief verletzt, und das mehrmals. Und Du hältst diese Verletzungen nicht mehr aus. Wenn Du nüchtern bist, kannst Du Dich zusammen reißen, wenn Du getrunken hast, bricht Deine ganze Wut aus Dir heraus.
Angemessen ist Deine Reaktion, aber natürlich darf man nicht gewalttätig werden. Genauso, wie ich nicht hätte aggressiv werden sollen.
Du solltest Dir selbst bewußt machen, wie tief Dich Deine Frau tatsächlich verletzt hat. Und Du solltest diese Verletzungen nicht immer wieder unter Deiner "großen Liebe" verschwinden lassen. Das macht Dich kaputt. Und Deine Aggression wird eher noch zunehmen. Beim nächsten oder übernächsten Mal wirst Du Dich wieder betrinken, wirst wieder ausrasten und irgendwann geht das dann auch ohne Alkohol. Zumindest war das bei mir so.
Und Du solltest Konsequenzen ziehen. Entweder Du setzt Dich gegen Deine Frau durch, schaffst es also, sie dazu zu bewegen, nicht mehr fremdzugehen, was ich allerdings für wenig erfolgversprechend halte. Oder Du trennst Dich. So, wie es jetzt abläuft, gehst Du an der Beziehung zugrunde, und die Beziehung geht auch den Bach herunter, wenn das nicht schon lange geschehen ist.
Wohin man sich an Deiner Stelle wenden kann, weiß ich leider nicht. Es gibt bestimmt Beratungsstellen für "Täter". Aber Du kommst mir nicht wie ein typischer Gewalttäter vor. Vielleicht würde Dir auch schon ein Gespräch bei einer Eheberatung ausreichen. Oder Du wendest Dich alleine an eine solche Beratungsstelle, die gibt es in jeder größeren Stadt.
Nach Beratungsstellen von Pro Familia kannst Du hier suchen:
http://www.profamilia.de/outputdb/10Beratungsstellen_&_Med._Zentren/10/354
Du kannst aber auch zu anderen Beratungsstellen gehen. Ich finde es sehr wichtig, dass Dir Deine eigene Situation bewußter wird. Vielleicht solltest Du auch eine Therapie erwägen. Du unterdrückst Deine eigenen Verletzungen. Und wie bereits erwähnt wurde, wird das nicht nur beim Fremdgehen Deiner Frau passieren. Vermutlich durchzieht das Eure ganze Beziehung.
Günter
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