Backpacker
Neues Mitglied
Hallo!
Ich habe gerade dieses Forum gefunden und will die Gelegenheit nutzen, mal nach Eurer Meinung zu einem Problem, was mich seit Wochen beschäftigt, zu fragen. Ist nicht wirklich ein Hilferuf, aber dennoch ...
Irgendwie fing alles damit an, dass ich letztes Jahr das erste Mal backpackingmässig in England unterwegs war. Also von Hostel zu Hostel, ohne Plan und ganz spontan. Vorher war ich praktisch nie gereist, noch nicht mal "normal" in Urlaub. Bin immer zu Hause geblieben. Aber jetzt hatte es mich echt "erwischt". Ich bin das erste Mal richtig aus meiner "Comfort Zone" rausgekommen und musste mit einigen Schwierigkeiten (z.B. kein bezahlbares Bett in Liverpool gefunden) zurechtkommen. Hat aber am Ende alles funktioniert und als ich wieder zu Hause war, wusste ich, dass ich das so bald wie möglich wiederholen möchte.
Anfang des Jahres habe ich das dann auch gemacht und bei der Gelegenheit auch eine junge Frau kennengelernt, mit der ich das erste Mal über ein Forum (da geht's vorwiegend um Backpacking, Travelling, etc.) geschrieben hatte. Ist ein amerikanisches Forum, daher wenig Europäer und so kam es recht schnell, dass wir uns mal im realen Leben treffen wollten, wenn ich wieder drüben bin.
Ich wusste, dass sie sich selbst als "freiwillig obdachlos" und Squatter bezeichnet (Nur zu Info, Squat: in England ist es mehr oder weniger legal, in verlassene kommerzielle Gebäude zu gehen und diese zu "besetzen", sofern man nicht mit Gewalt einbricht. Ist keine Criminal Offense, die Eigentümer müssen dann selbst aktiv werden und vor Gericht eine Räumung beantragen, was so zwei Wochen dauern kann. Das nur als Kurzerläuterung.) Nun, wir haben uns in einem Pub getroffen, zwei Bier getrunken und über Freeganism und Leben ohne bzw. mit wenig Geld geredet. Ich fand sie sehr interessant, aber mehr als noch kurz was essen gehen war eigentlich nicht geplant. Aber dann wollte sie einen Freund suchen, der in der Stadt sein sollte. Also sind wir (ein paar Leute, die sie getroffen hatte und ich) mir ihr und ihren Hunden durch die Stadt.
Haben ihren Freund auch gefunden und dann fragte sie mich, ob ich mit wollte zu ihrer "Camp Site". Naja, ich war recht abenteuerlustig drauf und so bin ich mitgegangen und war dann das erste Mal in einem Squat. Denn die "Camp Site" war in der Tat eine alte Fabrik, in die und um die herum sich Leute Campingwagen, Transporter und LKWs gestellt hatten um drin zu wohnen.
Ich war noch nie in so einer Umgebung und natürlich waren da recht ... sagen wir mal ... ungewöhnliche Leute unterwegs, viele große Hunde, Graffittis an den Wänden, usw. usf ...
Aber ich fand es grossartig da und an den nächsten beiden Tag haben wir uns wieder da getroffen, das letzte Mal war dort Party mit D&B Musik und 'nem Feuer mitten in der Halle und jede Menge Bier und sonstigem. Ich hätte nie gedacht, dass mir sowas mal gefallen würde, aber ich bin in der Tat nach diesen Tagen abgereist, weil ich erstmal einen klaren Kopf bekommen musste und darüber nachdenken, was ich da eigentlich mache.
Kurz bevor ich wieder nach Deutschland bin, hab' ich sie und ihre Freunde nochmal wiedergesehen und wir hatten noch zwei coole Abende bevor ich die Busreise nach Hause angetreten habe.
Wieder zurück zu Hause hat dann meine (weiss nicht wie ich es ausdrücken soll) Begeisterung ob der gemachten Erlebnisse langsam nachgelassen, aber ich merkte, dass meine Gefühle für meine Bekannte dort doch mehr waren als nur "wäre schön, wenn wir uns mal wieder treffen würden". Wir waren weiterhin über whatsapp in Kontakt und über die Monate wurde mir klar, dass ich mich wirklich ein Stück weit verliebt hatte.
Natürlich war mir klar, dass das alles wenig Sinn macht. Sie ist einige Jahre jünger als ich, hat einen total anderen Background, eine total andere Lebensgeschichte, nimmt leider nicht wenig Drogen im Moment und lebt einen ziemlich extremen Lebensstil.
Aber als ich jetzt vor einigen Wochen wieder mal rüber bin, haben wir uns in einer anderen Stadt in Südengland getroffen. War in der Tat der totale Zufall. Ich konnte sie Tage vorher nicht über whatsapp erreichen (sie kann nur über irgendwelche kostenlose WLANs online sein), wusste nur, dass sie zu dem Zeitpunkt in der Stadt sein musste wegen einem Termin bei der Polizei. Und dann komme ich aus dem Hostel raus, um eine zu rauchen, schaue und denke "die beiden Hunde da im Park kennst du doch ..."
Naja, ich bin dann länger dort geblieben als ich eigentlich vorhatte und wir haben uns recht oft getroffen. Haben zusammen mit Freunden von ihr irgendwo biertrinkend im Park rumgesessen oder am Strand oder abends eben irgendwo in der Stadt, wo sie versuchten mit Gitarre spielen oder einfach nur "spare some change please" ein wenig Geld zu machen. Und ich war wirklich glücklich, dabei zu sein und mitzumachen.
Und das ist es, was ich nicht verstehe, was ich mir selbst nicht erklären kann.
Meine Bekannte dort konnte es übrigens auch nicht verstehen. Mehrmals hat sich mich gefragt, warum ich nicht mal was unternehme, z.B. Museen besuche oder Sehenswürdigkeiten. Einmal hat sie mich gefragt, was ich denn meinen Freunden und Familie zu Hause erzählen wolle, was ich in England gemacht hätte. Die ganze Zeit mit ein paar Obdachlosen rumgehangen, die versuchen Geld für Drogen zu machen? Und irgendwie konnte ich nur mit den Schultern zucken und sagen "well, yes".
Ich meine, nach einiger Zeit ist mir dann klar geworden, dass zwischen uns nicht mehr sein wird als eine Freundschaft. Und das ist wahrscheinlich auch besser so. Darum geht's mir nicht.
Was ich nicht verstehe sind zwei Aspekte:
Warum habe ich mich (als jemand mit einem eigentlich konservativem Background, gutem Job, etc.) in einen Punk/Tramp verliebt, die jede Konvention und geregelte Arbeit ablehnt und lieber mit einem Rucksack und Schlafsack und zwei Hunden durch die Gegend zieht und in verlassenen Gebäuden, mal ab und zu bei Freunden oder eben auf der Straße schläft?
Und warum fand ich es so toll, mit ihr, ihren Freunden oder auch anderen Leuten, die ich dort kennengelernt hatte, nächtelang irgendwo rumzusitzen, Bier aus Dosen zu trinken, zu reden und - muss man ja so sagen - zu betteln?
Jetzt bin ich wieder zu Hause, bin wieder in meinem "normalen" Leben, habe meine Arbeit, etc. Aber immer wieder gehen meine Gedanken zurück nach England, ich träume von der Zeit, die ich dort erlebt habe und eigentlich will ich sobald wie möglich wieder zurück.
Ich habe sogar schon überlegt, eine Auszeit von ein paar Monaten vom Job zu nehmen (was möglich wäre), meinen Rucksack zu packen, vielleicht soweit Gitarre spielen zu lernen, dass man wenigstens so tun kann als ob und wieder rüberzugehen und den "Lifestyle", den ich dort erlebt habe, wirklich selbst zu leben.
Und ich verstehe nicht, warum.
Vielen Dank für's lesen, würde mich über Meinungen freuen.
--
Backpacker
Ich habe gerade dieses Forum gefunden und will die Gelegenheit nutzen, mal nach Eurer Meinung zu einem Problem, was mich seit Wochen beschäftigt, zu fragen. Ist nicht wirklich ein Hilferuf, aber dennoch ...
Irgendwie fing alles damit an, dass ich letztes Jahr das erste Mal backpackingmässig in England unterwegs war. Also von Hostel zu Hostel, ohne Plan und ganz spontan. Vorher war ich praktisch nie gereist, noch nicht mal "normal" in Urlaub. Bin immer zu Hause geblieben. Aber jetzt hatte es mich echt "erwischt". Ich bin das erste Mal richtig aus meiner "Comfort Zone" rausgekommen und musste mit einigen Schwierigkeiten (z.B. kein bezahlbares Bett in Liverpool gefunden) zurechtkommen. Hat aber am Ende alles funktioniert und als ich wieder zu Hause war, wusste ich, dass ich das so bald wie möglich wiederholen möchte.
Anfang des Jahres habe ich das dann auch gemacht und bei der Gelegenheit auch eine junge Frau kennengelernt, mit der ich das erste Mal über ein Forum (da geht's vorwiegend um Backpacking, Travelling, etc.) geschrieben hatte. Ist ein amerikanisches Forum, daher wenig Europäer und so kam es recht schnell, dass wir uns mal im realen Leben treffen wollten, wenn ich wieder drüben bin.
Ich wusste, dass sie sich selbst als "freiwillig obdachlos" und Squatter bezeichnet (Nur zu Info, Squat: in England ist es mehr oder weniger legal, in verlassene kommerzielle Gebäude zu gehen und diese zu "besetzen", sofern man nicht mit Gewalt einbricht. Ist keine Criminal Offense, die Eigentümer müssen dann selbst aktiv werden und vor Gericht eine Räumung beantragen, was so zwei Wochen dauern kann. Das nur als Kurzerläuterung.) Nun, wir haben uns in einem Pub getroffen, zwei Bier getrunken und über Freeganism und Leben ohne bzw. mit wenig Geld geredet. Ich fand sie sehr interessant, aber mehr als noch kurz was essen gehen war eigentlich nicht geplant. Aber dann wollte sie einen Freund suchen, der in der Stadt sein sollte. Also sind wir (ein paar Leute, die sie getroffen hatte und ich) mir ihr und ihren Hunden durch die Stadt.
Haben ihren Freund auch gefunden und dann fragte sie mich, ob ich mit wollte zu ihrer "Camp Site". Naja, ich war recht abenteuerlustig drauf und so bin ich mitgegangen und war dann das erste Mal in einem Squat. Denn die "Camp Site" war in der Tat eine alte Fabrik, in die und um die herum sich Leute Campingwagen, Transporter und LKWs gestellt hatten um drin zu wohnen.
Ich war noch nie in so einer Umgebung und natürlich waren da recht ... sagen wir mal ... ungewöhnliche Leute unterwegs, viele große Hunde, Graffittis an den Wänden, usw. usf ...
Aber ich fand es grossartig da und an den nächsten beiden Tag haben wir uns wieder da getroffen, das letzte Mal war dort Party mit D&B Musik und 'nem Feuer mitten in der Halle und jede Menge Bier und sonstigem. Ich hätte nie gedacht, dass mir sowas mal gefallen würde, aber ich bin in der Tat nach diesen Tagen abgereist, weil ich erstmal einen klaren Kopf bekommen musste und darüber nachdenken, was ich da eigentlich mache.
Kurz bevor ich wieder nach Deutschland bin, hab' ich sie und ihre Freunde nochmal wiedergesehen und wir hatten noch zwei coole Abende bevor ich die Busreise nach Hause angetreten habe.
Wieder zurück zu Hause hat dann meine (weiss nicht wie ich es ausdrücken soll) Begeisterung ob der gemachten Erlebnisse langsam nachgelassen, aber ich merkte, dass meine Gefühle für meine Bekannte dort doch mehr waren als nur "wäre schön, wenn wir uns mal wieder treffen würden". Wir waren weiterhin über whatsapp in Kontakt und über die Monate wurde mir klar, dass ich mich wirklich ein Stück weit verliebt hatte.
Natürlich war mir klar, dass das alles wenig Sinn macht. Sie ist einige Jahre jünger als ich, hat einen total anderen Background, eine total andere Lebensgeschichte, nimmt leider nicht wenig Drogen im Moment und lebt einen ziemlich extremen Lebensstil.
Aber als ich jetzt vor einigen Wochen wieder mal rüber bin, haben wir uns in einer anderen Stadt in Südengland getroffen. War in der Tat der totale Zufall. Ich konnte sie Tage vorher nicht über whatsapp erreichen (sie kann nur über irgendwelche kostenlose WLANs online sein), wusste nur, dass sie zu dem Zeitpunkt in der Stadt sein musste wegen einem Termin bei der Polizei. Und dann komme ich aus dem Hostel raus, um eine zu rauchen, schaue und denke "die beiden Hunde da im Park kennst du doch ..."
Naja, ich bin dann länger dort geblieben als ich eigentlich vorhatte und wir haben uns recht oft getroffen. Haben zusammen mit Freunden von ihr irgendwo biertrinkend im Park rumgesessen oder am Strand oder abends eben irgendwo in der Stadt, wo sie versuchten mit Gitarre spielen oder einfach nur "spare some change please" ein wenig Geld zu machen. Und ich war wirklich glücklich, dabei zu sein und mitzumachen.
Und das ist es, was ich nicht verstehe, was ich mir selbst nicht erklären kann.
Meine Bekannte dort konnte es übrigens auch nicht verstehen. Mehrmals hat sich mich gefragt, warum ich nicht mal was unternehme, z.B. Museen besuche oder Sehenswürdigkeiten. Einmal hat sie mich gefragt, was ich denn meinen Freunden und Familie zu Hause erzählen wolle, was ich in England gemacht hätte. Die ganze Zeit mit ein paar Obdachlosen rumgehangen, die versuchen Geld für Drogen zu machen? Und irgendwie konnte ich nur mit den Schultern zucken und sagen "well, yes".
Ich meine, nach einiger Zeit ist mir dann klar geworden, dass zwischen uns nicht mehr sein wird als eine Freundschaft. Und das ist wahrscheinlich auch besser so. Darum geht's mir nicht.
Was ich nicht verstehe sind zwei Aspekte:
Warum habe ich mich (als jemand mit einem eigentlich konservativem Background, gutem Job, etc.) in einen Punk/Tramp verliebt, die jede Konvention und geregelte Arbeit ablehnt und lieber mit einem Rucksack und Schlafsack und zwei Hunden durch die Gegend zieht und in verlassenen Gebäuden, mal ab und zu bei Freunden oder eben auf der Straße schläft?
Und warum fand ich es so toll, mit ihr, ihren Freunden oder auch anderen Leuten, die ich dort kennengelernt hatte, nächtelang irgendwo rumzusitzen, Bier aus Dosen zu trinken, zu reden und - muss man ja so sagen - zu betteln?
Jetzt bin ich wieder zu Hause, bin wieder in meinem "normalen" Leben, habe meine Arbeit, etc. Aber immer wieder gehen meine Gedanken zurück nach England, ich träume von der Zeit, die ich dort erlebt habe und eigentlich will ich sobald wie möglich wieder zurück.
Ich habe sogar schon überlegt, eine Auszeit von ein paar Monaten vom Job zu nehmen (was möglich wäre), meinen Rucksack zu packen, vielleicht soweit Gitarre spielen zu lernen, dass man wenigstens so tun kann als ob und wieder rüberzugehen und den "Lifestyle", den ich dort erlebt habe, wirklich selbst zu leben.
Und ich verstehe nicht, warum.
Vielen Dank für's lesen, würde mich über Meinungen freuen.
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Backpacker