Ich kann deine quasi Frau irgendwo schon verstehen. Von deinem hohen Ross aus, dass du deinen gutbezahlten (gewiss auch gesellschaftlich angesehenen) Job behalten konntest, kannst du ja sehr leicht auf sie herabblicken und befehlen, dass sie gefälligst einen Job machen soll, bei dem man sich körperlich kaputt macht, kaum Geld kriegt und Ansehen sowieso nicht (und den du selber gewiss ebenfalls nicht machen wölltest). Ein solcher sozialer Abstieg (von einem soliden Gehalt zu "sei gefälligst froh, wenn Mindestlohn kriegst") ist psychisch bestimmt nicht einfach zu verkraften.
Die Jobs für Ungelernte sind körperlich wirklich anstrengend. Gewiss muss sie sich von Vorgesetzten auch einiges anhören, schließlich wird sie in ihrem Alter nur schwer mit den anderen Hilfskräften mithalten können, die nur halb so alt sind. Ihrem Chef wird das aber egal sein, der erwartet die Leistung einer 25-jährigen.
Zuhause ist es dann auch nicht besser, du scheinst mir ganz schön auf sie herabzusehen, nur weil sie vor 30-35 Jahren den Fehler machte, keine Ausbildung zu machen. Von positiven Eigenschaften liest man hier derart wenig, dass ich mich schon frage, warum es für dich eigentlich ein Problem ist, wenn sie geht. Immerhin musst du sie dann nicht mehr ertragen.
Zu ihrem Pech kommt noch dazu, dass das Jobcenter ihr nix gibt, weil sie in einer Bedarfsgemeinschaft mit dir lebt. Von ehelichen Vorteilen (kostenlose Krankenversicherung) kann sie allerdings nicht profitieren, dafür hälst du ihr jeden Cent vor, den du für sie ausgeben musst. In vielen anderen Ehen/Beziehungen ist es dagegen normal, dass der noch verdienende Part den anderen mitfinanziert und nicht selten heißt es in solchen Fällen "du, Mausi, mein Geld reicht doch für uns beide, für die paar Euro im Monat brauchst du dich nicht kaputt buckeln. Bleib doch einfach Hausfrau".
Ich denke ebenfalls, dass das irgendwo eine Flucht ist. Sie erträgt ihren Job nicht. Einen besseren findet sie nicht. Würde sie sich dauerhaft wegen psychischen Problemen krank schreiben lassen, würdest du wieder nörgeln und sagen, sie wäre doch nicht krank und könne doch arbeiten. Und sich auf Staatskosten zurücklehnen und erst mal Luft holen geht ebenfalls nicht, weil sie dank der Beziehung zu dir nix kriegt. Wie vom Jobcenter vorgesehen finanziell aushalten tust du sie aber auch nur unter weiteren Nörgeleien und Beleidigungen.
Ich denke, sie will einfach mal eine Zeit für sich und ihre Psyche haben und da bist du ihr schlicht im Weg. Wenn sie dich los wird, ist sie dein Genörgel und den Druck los und kriegt zumindest vorerst staatliche Unterstützung. Das ist zwar auch nicht das Wahre, für sie in ihre aktuellen Situation aber immer noch besser als sich von dir zu Jobs drängen zu lassen, die ihr absolut zuwider sind und das nach so vielen Jahren Beziehung. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie aktuell schlicht merkt, dass du nicht bereit bist, sie wirklich allzeit zu unterstützen und deutlich die Nachteile des nicht vorhandenen Ehepapiers spürt. Und sich nun mal ernsthaft Gedanken macht, ob die finanziellen Vorteile es wirklich wert sind, dich ertragen zu müssen.