Es ist nicht fair, dass ich gute, verständnisvolle Eltern habe, die mir alles gegeben haben und nie eine Gegenleistung erwartet haben, und ihnen nach 25 Jahren erklären muss, dass sie alles richtig gemacht haben und am Ende trotzdem "sowas" dabei herausgekommen ist.
In den letzten Monaten habe ich versucht, all dem auf die Spur zu kommen und ein besseres Verständnis dafür zu entwickeln, was mit mir passiert ist. Ich habe Memoiren von Menschen mit Essstörungen gelesen, von Männern und von Frauen. Bestärkt hat es mich nur daran, dass mein Problem keine Essstörung ist. Dass es etwas ist, wofür ich im ICD-10 weder einen Diagnoseschlüssel noch ein Wort finde.
Wenn ich es meinen Eltern (oder: irgendjemandem) sagen würde, würde doch unweigerlich die Frage nach dem Warum auftreten. Warum tust du das? Warum bist du so? Was haben WIR falsch gemacht? Niemand hat etwas falsch gemacht. Es gibt weder einen Grund, noch einen Auslöser. Deshalb würde niemals jemand auf den Gedanken kommen, dass ich so etwas widerwärtiges tue, und deshalb wäre der Schock und der Ekel wahrscheinlich noch größer, weil es so unerwartet wäre.