Liebe Community,
ich arbeite jetzt seit sieben Jahren als Pflegehelferin in einem Altenheim. Ab und zu bemerke ich immer noch, dass mich manche Kollegen und vielleicht auch Angehörige als nicht kompetent genug ansehen. Von der Heimleitung hieß es noch bei der Entfristung nach zwei Jahren Anstellung, dass noch erhebliches Entwicklungspotenzial bestehe.
Ich mag meinen Job sehr und möchte auch dort bleiben, fühle mich aber manchmal überfordert. Weniger vom Arbeitsaufkommen als mehr von der emotionalen Schiene.
Heute habe ich eine Situation erlebt, nach der ich mich jetzt wieder so klein fühle und auch ein bisschen als wenn ich versagt habe.
Es zeichnete sich seit ein paar Tagen ab, dass ein Bewohner im Sterben liegt. Ich mochte ihn sehr, da er ein lieber Kerl war. Auch tat er mir mit seiner Erkrankung unendlich leid. Ich hatte auch seine Frau ins Herz geschlossen, die noch zuhause lebt und ihn jeden Tag besuchte. Sie ist das genaue Gegenteil von mir, ein sehr starker Mensch mit jeder Menge Power. Sie hat mir auch einige Male ihr Herz ausgeschüttet. Was aber vielleicht nicht am besonderen Vertrauen mir gegenüber lag, sondern an der Tatsache, dass sie sehr extrovertiert ist.
Gestern zeichnete sich ab, dass ihr Mann sehr bald gehen würde. Ich hätte fast geweint, als ich ihre Verzweiflung sah, in der sie ihren Mann immer wieder liebkoste und sich teilweise an ihm festklammerte.
Heute war ich bei seinem Anblick total geschockt. Die Frau und der Sohn waren da, als ich ins Zimmer kam. Ich sagte der Frau, dass ihr Mann sich seit gestern sehr verändert habe und es bald geschafft habe. Der Sohn antwortete, dass er das nicht so sehe. Ich musste echt mit den Tränen kämpfen und setzte mich zu der Frau. Was dann kam, fand ich irgendwie so bizarr. Der Sohn, der vorher am Bett seines Vaters gesessen hatte, kam zur mir und begann, mir jede Menge Fragen zu stellen. Wieviele Jahre ich den Job schon mache, wieviele Stunden wöchentlich, ob ich einen weiten Weg zur Arbeit habe, ob ich mit dem Auto oder Bus komme. Dann meinte er, dass ich solche Situationen doch bestimmt einige Male pro Woche erlebe. Ich antwortete, dass es vorkomme, dass es einige Monate gar keinen Sterbefall gebe. Ich sagte auch, dass es mich auch nach den ganzen Jahren immer noch berühre. Daraufhin sagte der Sohn, dass aber die positiven Momente die negativen doch sicherlich überwiegen. Ich stimmte zu und antwortete, dass es erfüllend für mich sei, hilfsbedürftigen Menschen helfen zu können.
Es kam mir in dem Moment so vor, als wenn der Sohn hinterfragte, ob ich für diesen Job überhaupt geeignet bin.
Oder wollte er sich nur kurzfristig von seinem Schmerz ablenken?
Marika