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Boderline und instabile Persönlichkeitsstörung

M

Minekanine

Gast
Hallo zusammen,

ich habe mich soeben hier registriert und bin über google zu Euch gekommen. Ich war 6 Wochen auf einer psychotherapeutischen Station in Dinslaken. Mein Vater ist leider im Oktober 2008 plötzlich an Krebs erkrankt und ich habe ihn 12 Wochen beim Sterben begleitet. Zwischendurch Vollzeit meine Seminare abgehalten, bin zwischen Hamburg und München hin und her getingelt. Dazwischen wieder die Palliative Abteilung wo Papa lag. Irgendwann hat es mich umgehauen. Das Schlafdefizit war zu groß. Nicht weil ich nicht schlafen wollte, es war zuwenig Zeit über. Ich habe mich selber dabei vergessen, weil er vorging.
Als Papa starb war ich völlig aus dem Leim. Neben dem persönlichen Chaos, was er mir hinterliess (abgeschlossene, unsinnige Verträge, die ich kündigen musste, viel Schriftkehr für nichts und Zeitdruck mit Fristen, der nicht meiner war) kam noch ein Finanzchaos auf mich zu. Erbe angetreten (war ja eigentlich nichts zu erben) und entsetzt festgestellt, dass Schulden über waren, die ICH abtragen muss. Kein Kompromiss möglich. Ich stehe kurz vor der Privaten Insolvenz. Das hat mich letztendlich völlig fertig gemacht. :(

Aber - ich habe keine Selbstmordgedanken gehabt oder habe sie. Dennoch waren die Ärzte in der Klinik davon fest überzeugt, dass ich suizidal bin. Da habe ich angefangen, mich mit dem Stationsarzt anzulegen. Fand ich eine Frechheit!

Weil ich auch Asthma habe und das Asthma dadurch viel schlimmer wurde, hat mich meine Hausärztin in die Klinik "verfrachtet". Die Einweisungsdiagnose lautete: "mittelgradige depressive Episode mit asthmatischen Exerbationen".

Asthma hat tatsächlich psychische Auslöser, denn so intensiv, wie ich das jetzt hatte, hatte ich es noch nie. Jetzt stellen die die Diagnose: Bipolare affektive Störung, Bipolare affektive Psychose, gegenwärtig gemischte Episode, Emotinal instabile Persönlichkeitsstörung, Borderline-Typus.

Ich musste erst einmal schlucken, als ich die Diagnose las. Und - habe ich zunächst im Internet schlau gemacht. In der Diagnose finde ich mich nicht wieder.

Ich habe 48 Jahre lang mein Leben alleine bestritten, arbeite seit meinem 16ten Lebensjahr non-Stop. Und ich werde es weiterhin alleine bestreiten können. Ich hab viel in meinem Leben geschafft, habe meine Mutter gepflegt, 'zig Fortbildungen im Job und habe einen großen Freundeskreis.
Ich habe meine Freunde, meine eigene Wohnung und ich liebe mein Leben. Ich fahre gerne Auto, mache meinen Sport und bin ein geselliger Typ. Meine Interessen sind vielfältig und ich lagere mich im Schreiben und in der Musik aus. Ich habe zwar im Moment keinen Partner, aber ich werde wieder einen finden. Da bin ich zuversichtlich. Die Finanzkrise - die nimmt mich mit, weil es nicht MEINE SCHULD ist, dass ich jetzt finanziell mit dem Rücken an der Wand stehe. Jeder "normale" Mensch hätte da für einen Moment durchgedreht.
Ich habe in der Klinik auch keine Medikamente bekommen und nehme auch weiterhin keine. Ab dem 02.02. gehe ich wieder arbeiten.

Ich ritze mich nicht und ich dissoziere nicht. Ich habe nicht den Eindruck, dass ich manisch-depressiv bin. Die Diagnosen, die ich nachgelesen habe, sind meilenweit von mir entfernt. Das hat mit meiner Persönlichkeit nichts zu tun. Ich fühle mich von der Klinik verarscht, weil die Diagnose "Belastungsdepression" angeblich keine ausreichende Diagnose ist, um einen 6 Wochen Aufenthalt stationär vor der Kasse zu rechtfertigen. Und auch nicht die 2 Wochen Tagesklinik. Die Ärztin, mit der ich gesprochen habe, hatte mir das unverblümt gesagt. Ich finde das unverschämt, weil es mir zeigt, dass sich niemand Gedanken drum gemacht hat, was überhaupt mit mir los war. Schublade auf und - rein.


Zwei meiner Freundinnen sind bipolar und - Boderliner. Absolut suizidal. Ich sehe die Auswirkungen eines bipolar gestörten Menschens mit Borderline Typus. Ich habe auch nicht das Gefühl, dass ich nichts in meinem Leben schaffe oder geschafft habe. Die Belastung in der letzten Zeit bis zum Tod meines Vater waren immens. Vor 3 Jahren starb meine Mutter und ich habe sie 10!!! Jahre lang in der Pflegestufe 2 gepflegt, bis sie dement wurde und dann letztlich im Krankenhaus verstarb.
Ich peil das nicht mehr. Ich kriege auch "draußen" keinen Therapieplatz, weil alles überlaufen ist. Ich bin sauer und wütend darüber, weil ich mich nicht richtig behandelt fühle.

Ich bezahle seit einem Jahr meine private Therapeutin in Wuppertal, die sehr sehr nett ist. Sie behandelt mich auf Inner-Kind-Konflikt. Ich habe sie mir ausgesucht, weil ich mir Gedanken drüber gemacht habe, warum ich in einigen wiederkehrenden Sitiuationen immer wieder gleich reagiere. Ich habe viel gelesen und mich in vielen Büchern von Alice Miller wiedergefunden.

Ich las über Boderline-Typen: "Die Stimmungen gehen ins Extreme, sie lösen sich schnell ab und deren Wechsel bestimmt den ganzen Lebensablauf. Die Betroffenen handeln impulsiv und treffen aus einer Stimmung heraus Entscheidungen, die für Ärger sorgen: stürzen sich z.B. in Geldausgaben, klauen in Geschäften, greifen zu Drogen oder verletzen sich selbst."

Meine "Geldausgaben" sind normal, mein Konto wäre im Lot, wenn - ja wenn ich nicht den Kredit als "Erbe" meines Vaters zurückzahlen müsste. Ich nehme keine Drogen und klaue auch nicht. Und verletzen tue ich mich nicht selber.

Und - was ich bemerkenswert fand: "Die Mitmenschen bleiben nur eine Projektionsfläche für eigene Gefühle, daher kommt der schnelle Wechsel zwischen Begeisterung und Enttäuschung, daher die merkwürdige Teilnahmslosigkeit für die Nahestehenden. Außer den eigenen Launen scheint nichts in ihrer Welt wichtig zu sein. Alles wirkt irreal: die Mitmenschen, die eigenen Pläne und Wünsche. Sogar der eigene Körper fühlt sich merkwürdig an: fremd und stumpf."

Das kann ich nicht bei mir sehen, weiß gott nicht. Meine Schwester ist sauer auf mich, weil ich jetzt nach der Therapie mich nicht mehr um ihre Belange kümmere, weil ich es satt habe, der Lastenesel in unserer Familie zu sein. Damit sind die unseren immer sehr gut gefahren. Weil ich das nicht mehr mitmache bin ich direkt "apathisch" und "psychotisch".

Und auch das nicht: "Das feste, verlässliche Bild der eigenen Person fehlt. „Wer bin ich?“ diese Frage beantworten sie jeden Tag aufs Neue: je nach Stimmungslage sehen sie sich mal als größte Versager, mal als unerkannte Helden."


Ich weiß wer ich bin -und ich weiß auch was ich tue.Denn so wie ich bin, ist es in Ordnung. Ich kenne meine Stärken - aber auch meine Schwächen. Ich bin erwachsen. Wenn auch mit Inner-Kind-Konflikt.


Ich habe ein Buch geschrieben über emotionale Abhängigkeit. Nicht meine, denn ich habe keine entwickelt. Sondern anhand von Interviews von Frauen, die so gelitten haben. weil ich das in der Klinik erwähnt habe, "bastelt" die mir jetzt daraus einen Borderline-Typus??

Vielleicht hat jemand solche Erfahrungen auch gemacht, mit Diagnosen, falsch aufgefasstem "Erscheinungsbild". Übrigens - ich bin nach einer Therapeutenmeinung (wir mochten uns auf Anhieb nicht) eine egozentrische, dominante Persönlichkeit, die maßlos grenzüberschreitend ist. Ich hätte ihn "totgequatscht". Ja, mit diesem Therapeuten habe ich auch kein weiteres Gespräch mehr ... :p


Ich leide nicht unter extremen Stimmungsschwankungen. Weil ich jetzt das erste Mal nach langer Zeit wieder MEINE Bedürfnisse an die erste Stelle setze und nicht immer die der anderen, bin ich also psychotisch. Gefühlstaub und nicht in der Lage, echte Gefühle zu äußern. Komisch, vorher war ich nur "egoistisch".


Vielleicht hat jemand eine Antwort oder hat ähnliche Erfahrungem im Umgang mit Psychatrischen Abteilungen und Psychologen.

Danke für's zuhören. Aber das musste jetzt mal raus! Sonst platze ich noch!

Eure

Silvia
PS: auf www.psychologe.de habe ich mit einer wunderbaren Therapeutin gesprochen. Einfühlsam, nett - kompetent. Von ihr habe ich Adressen bekommen für Patientinnen mit Traumata im Inner-Kind-Konflikt, die auf Kasse arbeiten. Toller Tipp!:)
 

Tuesday

Aktives Mitglied
Hallo Silvia,

jetzt muss ich doch lachen (aber nur liebevoll mit dir). Dein Beitrag ist so herzerfrischend. Das klingt so wunderbar normal. Ich glaube, um dich muss man sich wirklich keine Gedanken machen.

Hast Recht, das ist ein Scheißsystem. Aber leider ist es so. Was sich die in der Klinik an Diagnosen aus den Fingern saugen, das muss jeden normalen Menschen wütend machen.

Tatsächlich ist es so, dass du nur unter bestimmten Voraussetzungen bestimmte Leistungen von der Kasse bekommst. Und so findet sich dann schon mal der ein oder andere Scheißdreck auf deiner Patientenkarte.

Lass es nicht an dich ran. Du weißt sehr genau, wer du bist. Du hättest sechs Wochen Urlaub am Meer gebraucht und keinen Aufenthalt in der Klinik. Aber find mal jemanden, der so einen Urlaub bezahlt!

Am besten sind die Therapeuten, die man selbst bezahlt. Die belästigen einen nicht mit hirnrissigen Diagnosen.

Sieh die Schublade nicht als etwas, in das man dich steckt, sondern als etwas, aus dem man Gelder entnimmt, die letztendlich ja dir zu Gute kommen sollen. Wie will man dir sonst anders helfen?

Du bist eine sehr starke, beeindruckende Persönlichkeit. Was du schon alles geleistet hast - wow! Und das mit dem Kredit bekommst du auch hin. Und toll, dass du dich nun auch von deiner Schwester distanzieren kannst. Hast ganz Recht. Man kann nicht immer nur ins System Kraft geben, wenn man von dort keine Kraft bekommt. Deine Schwester ist erwachsen und selbst für ihr Leben verantwortlich.

Und ganz ehrlich ... der Vater war doch wohl auch ihr Vater und die Schulden sind doch damit auch ihre SChulden. Oder nicht?

Soll das heißen, du stehst jetzt mit den ganzen Schulden allein da und Madame kommt und fordert auch noch was von dir?

Klingt so, als würde für dich jetzt erst mal eine leichtere Lebensphase kommen. Das wünsche ich dir. Und deinen Ärger kann ich so gut verstehen. Gut, dass du dir hier Luft machen kannst und so erbost schimpfen kannst. Die haben wirklich nicht alle Socken in der Schublade, darum haben sie wohl so viele frei, in die man Menschen stecken kann. Lass es nicht zu nahe an dich rankommen. Diagnosen sind nur Schlüssel um ans Schließfach mit dem Geld zu kommen.

Wichtig ist, dass du dein Leben liebst und mit Spaß weitermachen kannst, auch wenn es jetzt schwer werden wird.

Ich finde dich jedenfalls klasse und deine Reaktion hier sowas von gesund! :D



Tuesday
 
A

Andreas7

Gast
Hallo Silvia,

na Du hast Dich da ja so richtig hineingesteigert. Nur so als Idee, ich habe mal gelesen, dass jeder Mensch in Extremsituationen Borderline typische Verhaltensweisen entwickeln kann, die aber nach einer nach einer gewissen Zeit wieder verschwinden. In einer Extremsituation warst Du und da ist wohl bei der oberflächlichen Diagnose was schief gelaufen.

Grüße
Andreas
 
M

Minekanine

Gast
Hallo Ihr alle,

schön auf meinen Beitrag Meldungen zu bekommen. Ich möchte in dem Zusammenhang noch mal etwas ausführlicher sagen.

Ich gebe Dir Recht Andreas, dass da sicherlich einiges zusammenkam, was schief lief. Mal ganz abgesehen von dem Informationsdefizit und der Oberflächlichkeit. Und das ich mich da in etwas ein bisschen hineingesteigert habe, ist auch nicht nur möglich, sondern bei retroperspektivischer Betrachtung sogar wahrscheinlich. Ich hätte es unter „Normalen“ Umständen locker sehen können. In der Situ aber nicht.

Ich habe seit 7 Jahren COPD (Chronisch obstruktive Lungenerkrankung mit Asthma) Mal mehr – mal weniger. Das Asthma psychische Auslöser hat, ist mir hinlänglich bekannt. Ich bin eben auch körperlich nicht mehr so belastbar. Unter dem Druck unter dem ich stand (jetzt klingt der Druck ab, obwohl ich in die Insolvenz muss) gepaart mit einem Arbeitgeber, der für die Situation kein Verständnis aufbrachte (kommen sie bloß arbeiten – Arbeit lenkt ab! Und seien sie froh, dass sie eine Last weniger haben), die Schwester, die ebenfalls verständnislos auf meine Heulerei reagierte und die sehr intensiven Asthmaaussetzer – das war für mich zu viel.

Du hast Recht wenn Du sagst, dass jeder Mensch in Extremsituationen „borderlinische Verhaltenszüge“ zeigen kann. Vielleicht habe ich das ja auch unbewusst getan.

Mein „Aufregungspunkt“ ist aber der – und das hängt mit unserem idiotischen Gesundheitssystem zusammen – das überforderte Ärzte, gelangweilte Psychotherapeuten mit den Patienten nicht vernünftig meiner Meinung nach umgehen. Denn nur ein informierter Patient ist ein guter Patient. Denn der macht dann auch in der Therapie mit. Es mag auch da Ausnahmen geben. Will ich nicht bestreiten.

Mein Vater starb wirklich elend –unter Einfluss der Chemo-Therapie bei Lungenkrebs – auf der Palliativen Station des hiesigen Krankenhauses. Das war am 19.10.2008. Ich war dabei. 12 Wochen lang. Das würde jeden normalen Menschen, der keine Grunderkrankung hat, aus dem Lot bringen.
Ich habe so einen schlimmen Asthmaanfall gehabt nach dem vielen Weinen am Sterbebett, dass die mich eigentlich da behalten wollte. Wer sowas noch nie gehabt hat, weiß nicht wie sich das anfühlt, zu glauben, man erstickt. Es ist schlimm – erschreckend und entsetzlich. Und es chasst einen körperlich vollkommen.
Meine Schwester hat mich dann mit zu ihr nach Hause genommen. Nächsten Tag war ich bei der Hausärztin, die mir sagte, dass sie das kommen hätte sehen. Weil das eine Belastung ist, die niemand aushalten kann. Und schrieb mich 2 Tage krank wegen einer akuten Belastungsdepression. 2 Tage – und am Mittwoch war ich wieder im Betrieb. Wie gesagt – kein Verständnis für die Situation, dass ich meinen Vater verloren hatte. Ich solle arbeiten, denn Arbeit schafft ja Freiräume im Kopf. Ich hätte beinahe was darauf gesagt. Aber ich habe es mir echt verkniffen. Dennoch bin ich an dem Tag aus den Latschen gekippt. Mit Asthmaaussetzer. Wieder so ein schlimmer. Über mehrere Minuten. Man glaubt wirklich nicht, wie 3 Minuten zur Ewigkeit werden können. Jeder war mit der Situation überfordert. Notarzt gerufen. Bis der kam, war der Anfall dank Spray eingegrenzt.

Der Notarzt schickte mich mit einem Arbeitskollegen –in unserem „Dörfchen“ kennt fast jeder jeden – zurück in heimatliche Gefilde. Sprich ins örtliche Krankenhaus. Dort bin ich bei einer völlig überforderten und abgenervten Neurologin gelandet. Die – mein Betteln, dass es (also mein Asthma) doch aufhören möge, weil ich nicht mehr kann- verstanden hatte, ich würde gleich aus dem Fenster springen. SUIZIDALE Absicht. Hat sie im Bericht reingeschrieben. Sie hat die Lage völlig verpeilt. Man hätte mich auf die Innere schicken sollen, nicht aber nach zig Telefonaten und einem weiteren Asthamanfall (mein Medikament wirkte nicht mehr) auf die geschlossene Abteilung einer Psychiatrie in Kalkar.

OHNE INFORMATION AN MICH. Oberflächlich. Hauptsache, sie war den Fall los, der nicht in ihr Tageskonzept passte.
In Kalkar war ich ein eineinhalb Tage. WIEDER OHNE INFORMATION. Kein Gespräch, sondern nur eine Schlaftablette. Ende im Gelände. Der Aufnahmearzt maulte mich an, dass es jetzt mal langsam gut sein muss, mit meiner Heulerei und dem Asthma. Und in die Karte das Wort „suizidal“ schrieb. Das habe ich gesehen und gesagt, er soll es wegmachen. Weil ich das nicht bin. Antwort: „Sie sind das, was ich ihnen sage!“. Dann durfte ich auf „mein Zimmer“, dass ich mit einer jungen Frau teilte, die tatsächlich soeben einen Suizidversuch hinter sich gebracht hatte. Ich habe die Welt nicht mehr verstanden. Nach 1 ½ Tagen habe ich mich selber entlassen. Für meine Atmung habe ich nichts gekriegt. Was interessiert einen Psychiater die Somatik?

ES LIEF SO EINIGES SCHIEF. Ich fühlte mich unverstanden, nicht informiert – und nicht ernstgenommen. Wenn ich diese Erkrankung habe - dann möchte ich Information, wie ich damit umgehen kann und was mir hilft. Nicht dummes Geschwätz. Ich möchte über das Krankheitsbild und den Verlauf informiert und aufgeklärt werden. Das habe ich doch auch bei meiner organischen Grunderkrankung - der COPD - bekommen. Wieso nicht dort?

Ich gestehe den Ärzten und Psychologen zu, dass es alles auch nur Menschen sind. Erwachsene Menschen mit Bedürfnissen. Dass auch die mal schlechte Tage haben liegt in der Natur der Sache. Da hätte ich auch noch Verständnis für, wenn mir das jemand mitteilen würde.


Doch auch ich bin ein erwachsener Mensch und möchte mit Respekt behandelt werden. Kein Kleinkind, dem man den Hosenboden versohlen muss, wenn er heult.
Aber – so habe ich das von der anderen Klinik vernommen –ich darf in dem Bereich nichts, aber auch gar nichts erwarten. Und fordern schon mal überhaupt nicht. Sondern dankbar alles hinnehmen. Denn ist nur zu meinem Besten. Mag sein, dass es manches Mal so ist. Will ich auch nicht von der Hand weisen. Ich hatte das Gefühl, dass es das bei mir nicht so war. Ich war "geparkt", bis dass man sich die Zeit nahm, über andere Dinge zu entscheiden.

Übrigens - mein Asthma wurde nicht behandelt. Erst in Dinslaken habe ich ein stärkeres Asthmaspray bekommen, was ich jetzt 3x am Tag nehme. Die Asthmaanfälle haben drastisch abgenommen und die Belastbarkeit geht auch wieder in den Level „normal“.

Wenn Patienten mit solchen Vorgeschichten dann kein oder nur wenig Vertrauen in die Ärzte und Psychologen dieser Welt setzen, finde ich das nur verständlich.

Auf so etwas reagiere ich äußerst allergisch. Ich komme selber aus dem medizinischen Sektor und habe eigentlich den ganzen Tag mit "überforderten" Zahnärzten oder genervten Ärzten im Hygienebereich zu tun.

Meine Anschlussbehandlung bei einem Psychologen in Oberhausen endete damit, dass ich dort nicht behandelt werde. Ich wäre ja gar nicht hilfebedürftig, die Diagnose sei bei meinem Verhalten ein Witz (die habe ich doch nicht erfunden!) und ich wäre eine egozentrische, dominante, maßlos grenzüberschreitenden Persönlichkeit. Ich brauche keine Therapie sondern einen Dompteur. Da bin ich gegangen. Danke, Herr Psychologe. Sie hätten mir auch anders sagen können, dass sie an der Behandlung nicht interessiert sind.

Ich weiß nicht, wie vielen von uns es so ergeht. Die, die eine „Störungsepisode“ oder eine „Störung“ haben, werden oftmals missverstanden, weil so wenig Zeit ist. Der, der eine ernsthafte Erkrankung hat, wird nicht ernstgenommen. Ich mag nicht behaupten, dass es immer so ist, aber es ist öfters so. Das finde ich schade. Patienten versuchen sich oftmals in Gruppentherapeutisch ausgerichteten Kliniken untereinander gegenseitig zu therapieren. Das finde ich immer äußerst delikat, weil ein Patient kein Therapeut ist. Auch kein Ersatztherapeut. Und wenn Kliniken darauf setzen, finde ich das fatal. Und die gibt es. Immer noch. Ich hoffe, es wandelt sich mit zunehmender Zeit.

Ich habe in meinem Fall 25 Praxen angerufen. Niemand hatte Zeit, wenn ich mal Glück hatte, nicht den AB zu erwischen, war immer die erste Aussage: „Bitte fassen sie sich kurz, worum geht es?“. Also – sage ich meinen Terminwunsch und die Bitte um Weiterbehandlung nach dem Klinikaufenthalt. Weil ich merke, derjenige hat keine Zeit, sage ich die Diagnose. DAS IST FALSCH, weil die Herrschaften dieses sofort als Angriff werten. Ich als Patient „weiß“ meine Diagnose in der Fachsprache! Das geht nicht! Denn ich bin doch ein kranker = dummer Patient, der sein Leben nicht in den Griff kriegt! Damit setze ich mich auf die gleiche Gesprächsstufe wie der Therapeut. Und das ist VERBOTEN. Nix da.

Richtiger wäre: „ Ich benötige ein Vorgespräch. Ich komme mit meinem Leben überhaupt nicht klar und ich weiß nicht mehr, was ich machen soll. Können Sie mir helfen?“ Stimmt bei mir ja nicht. Nicht so. Und schon bin ich geliefert. Wieso erdreiste ich mir, meine eigene Problematik in diesem Bereich zu kennen, wenn doch der Therapeut mich da erst mal hinführen will? Therapeuten sind wahrlich in dem Bereich sehr sensibel. :p

Das finde ich so schlimm. Und ich denke, es ergeht mehr Leuten so. Wie soll man sich denn da „korrekt“ verhalten? Gibt es ein solches „korrektes“ Verhalten überhaupt?
Seltsam nur, dass ich das bei meiner Therapeutin, die ich privat zahle, nie hatte. Nicht am Anfang – nicht jetzt. Aber – die kriegt für 50 Minuten ja auch 80 EURO. Kann ich mir nicht mehr leisten. Denn ich bin Selbstzahler. Dennoch hat sie in einem Jahr (alle 7 - 9 Wochen ein Termin) mir besser und gezielter bei meinem Inner-Kind-Konflikt weitergeholfen, wie 8 Wochen Therapie unter Kasseneinsatz.

Sie ist INTERESSIERT. Sie ist MITFÜHLEND, EINFÜHLSAM und kann so die Gespräche so lenken, dass ich effektiv etwas aus dem Gespräch ziehen kann. Das ist und bleibt ein Lichtblick.

Ich bleibe am Ball. Und suche weiter nach Antworten und Informationen. Ich bin mir sicher, dass es mehr Patienten gibt wie ich, die auch solche oder ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Und – die sich mit oberflächlichen Diagnosen ohne wirklichen Informationshintergrund genauso so unwohl fühlen, wie ich auch.

Danke für Eure geduldiges Zuhören und Lesen.

Silvia
 

Tyra

Sehr aktives Mitglied
Hallo,

Diagnosen sind immer nur vorläufige Diagnosen und auch Ärzte sind nur Menschen die sich mal irren können...

Hol dir eine zweite fachärztliche Meinung ein und versuche dich nicht gegen die Ärzte zu stellen sondern mit ihnen zu arbeiten,...sie verfügen über Wissen und Mittel mit denen du deine Schwierigkeiten ein wenig in den Griff bekommen kannst.
Es wäre wichtig für dich ggf. für längere Zeit an zu docen...d.h. fachärztliche Behandlung zu zu lassen..denn mit psychischen Erkrankungen ist nicht zu spaßen...es geht hier um deine Hirngesundheit...geht die flöten bist du geliefert! Das mal im Klartext.

Ich fand es nicht so gut dass du bisherige Therapien offenbar immer wieder abgebrochen hast? Wenn man eine in der Klinik begonnene medikamentöse Therapie abrupt abbricht riskiert man neue Akutschübe...wenn du schon nicht stationär in Therapie möchtest solltest du zumindest ambulant andocen...

Was die Therapeutensituation angeht...da muss man oft lange suchen bis man gute Therapeuten findet die auch von der Kasse bezahlt werden. Erkundige dich da mal vor Ort bei deiner Kasse selber, deiner EX-Therapeutin die du privat gezahlt hattest oder geh über das Verhaltenstherapiezentrum Berlin oder anderer Städte die Adressen haben könnten.

Generell wäre es ggf. mal gut zusätlich ganzheitlich arbeitende Mediziner (z.B FAchklinikum Herdecke) hin zu zu ziehen.

Generell solltest du drauf achten Krankheit nicht zu funktionalisieren......wenn mehrere Fachärzte bestätigen dass keine Störung vorliegt..prima..dann lieber mal zur Lebensberatung und Schuldnerberatung betr. der Insolvenz.
Wenn Diagnosen die auch Krankheit hinweisen vorliegen, dann die notwendigen Therapien machen...

Generell bei Borderline ist Skillstraining gut, es gibt auch Spezialtherapien (die auch von der Kasse gezahlt werden) ...google dich da mal ein wenig durch...

Viel Erfolg!
Tyra
 
M

Minekanine

Gast
Hallo Tyra,

nein, ich habe bislang nicht eine einzige Therapie abgebrochen. Sie "endeten" ganz normal nach dem 6 - 8 wöchigem Aufenthalt stationärer Natur. Anschlussbehandlung bei Kassentherapeuten war ja Fehlanzeige. Die einzige Behandlung, die ich wirklich nicht "erlaubt" habe, war die in Kalkar. Die Therapie jetzt in Dinslaken ist ja normal beendet worden.


Übrigens - was die Schulden angeht, habe ich Hilfe durch die Schuldnerberatung der DIAKONIE in Dinslaken erfahren. Die kann ich wirklich wärmstens jedem ans Herz legen, der sich mit solchen Dingen rumschlagen muss. Der Mann dort war richtig klasse. Freundlich, kompetent, einfühlsam. Der hatte sich Zeit genommen und mit mir alle Möglichkeiten durchgesprochen. Es konnte ja niemand wissen, dass ich den Umschuldungskredit zu den günstigen Konditionen jetzt doch nicht kriege ... Aber mein Gehalt ist zuwenig, ich kriege diesen Haushaltvorhaltungsbetrag von 500 EURO nicht zusammen. Pech.

Nein, ich stelle mich nicht quer - ich bin nur enttäuscht über die ART der Behandlung. Kalkar war eine Sache - Dinslaken eine ganz andere.
Schade nur, dass man es leider in Dinslaken nicht für nötig gehalten hatte, mir mal zu sagen, was das ist, wo es herkommen könnte etc. UND - wie ich damit auch in Zukunft umgehen kann. Nicht mit einer einfachen Belastungsdepression, sondern mit einer bipolaren Störung. Denn Dinslaken war dennoch gut, weil ich davon was mitgenommen habe.

Ja, ich kann Dinslaken, also die Station 12 jedem empfehlen - zum einen, weil das therapeutische Konzept gut war, und zum anderen, weil die nett waren. Und ich hatte den Eindruck, dass die kompetent sind. Sich auskennen, aufgrund ihrer Erfahrungen im Umgang mit psychisch erkrankten Patienten.
Auch das bezugspflegerische Personal ist unglaublich nett. Von denen hat immer jemand Zeit. Aber es sind halt keine Psychologen. Die könnten zwar viel, viel mehr sagen, aber - sie dürfen nicht, eben weil sie "nur" Pflegepersonal sind. Was ich sehr bedauere.

Die Therapie ist wie ein Semiar aufgebaut. Da gibt es eine Depressionsgruppe, eine Ressourcengruppe, eine Skillsgruppe (in die ich nicht eingeteilt war) eine ABC Gruppe und eine Gruppe über Soziale Kompetenz. Sowie viel Sport, Achtsamkeitsübungen nach dem Yoga, Qi-Gong und Progressive Muskelrelaxtion nach Jacobsen, sowie interaktionelle Kunst. Und das hat mir gut gefallen. Ich habe eine Menge über Depressionen gelernt. Über mich und über meine Verhaltensmuster. Ein bisschen habe ich mich da wiedergefunden. Aber - ich hatte Zeit zum nachdenken.

Ja,ich habe viel dazugelernt. Über rationale Verhaltensmuster. Über das ABC Modell, was mich in die Lage versetzt, irrationale Gefühle durch eine rationale Bewertung zu ersetzen und zu steuern. Habe gelernt, ein Frühwarnsystem zu implentieren, an meinem persönlichen Störungsmodell und Botschafenmodell gearbeitet. DA wurde mir erstmals bewusst, warum ich so ticke. Es wurde aber nicht gezeigt, wie ich mit einer BIPOLAREN AFFEKTIVEN STÖRUNG umgehe. Mit einer Psychose, die ich eindeutig nicht hatte, die aber gut in das "Diagnostikkonzept" passt.

Außer einem EEG (was völlig normal war) einem EKG (was unauffällig war) und zwei Blutuntersuchungen (am 03.11. bei meinem Beginn und am 06.01. bei meiner Entlassung) wurde nichts "kontrolliert". Blutdruck und Gewicht jeden Dienstagmorgen. Wie das so ist im Klinikbetrieb. Die beiden Blutstaten waren völlig unauffällig. Die Werte waren absolut in Ordnung. Ich habe die mitbekommen und meiner Hausärztin gegeben. Sie sagt, sie wünscht sich meine Werte - alles im grünen Bereich.

Mir fällt nur auf, dass - wenn ich mich schon in Therapie begebe und die auch zulasse, weil ich selber mit mir in dem Zustand nicht klar komme - man mich im Regen stehen lässt und mich über eine Schiene bürstet. Ich bin immer dafür, dass man sprechenden Leuten immer helfen kann. Und ich denke, dass es vielen so geht.

Wenn es nun wirklich eine ernsthafte, psychische Erkrankung ist, bei der mein Gehirn keine oder zu viel Botenstoffe wie das Serotonin bildet - wenn meine Synapsen im Gehirn nicht funktionieren, weil die Botenstoffe nicht da sind - (habe ich übrigens auch dort gelernt!) dann muss ich Medikamente nehmen, die das ersetzen. Weil sonst wirklich - wie Du schreibst - ein Hirnschaden die Folge ist und es mir im Zuge der Erkrankung immer schlechter gehen wird. Ich glaube nicht, dass ich damit eine - meine Erkrankung instrumentalisiere oder funktionalisiere. Ich habe mich überall durchgelesen, weil ich es wissen will, ob ich der Diagnose entspreche. Und wenn ja, was ICH DAGEGEN TUN KANN.

WENN DEM SO IST, will ich GUT GENUG BESCHEID WISSEN. Über meine Erkrankung. Und nicht von Ärzten, Psychotherapeuten behandelt werden, denen ich eigentlich egal bin, weil die Anzeichen nicht so ganz in das Schema passen. 4 von 10 Punkten erreicht - passt schon irgendwie. Warum redet man dann nicht mit mir?? Tausend Fragen – nur wenige Antworten. Schade.

Zurzeit warte ich auf den Übernahmeantrag und das Gutachten des MDKs für meine Therapeutin in Wuppertal, die ja privat ist. Aber es dauert so lange. Jetzt wartet alles auf den ausführlichen Entlassungsbericht. Sie hat den Antrag bereits im Oktober letzten Jahres gestellt, weil ich schon so viele Praxen angerufen habe, die überfüllt waren und keine Patienten mehr annehmen.
Dennoch habe ich mich nebenbei um einen weiteren Therapieplatz in Münster bemüht, falls der Übernahmeantrag abgelehnt wird. Bei einer Therapeutin, die - wie meine vorherige aus Wuppertal - sich auf traumatisierte Inner -Kind-Konflikt Leute spezialisiert hat. Kann doch sein, dass die bipolare Störung davon kommt? Sie hat mit mir heute gesprochen. Sehr nett, nicht arrogant und - obwohl sie wirklich wenig Zeit hatte, hat sie mir aufmerksam zugehört. Ich bin bei beiden sicherlich gut aufgehoben und kann an mir und meinen Problemen weiterarbeiten. WEIL DIE MIT MIR REDEN UND MICH INFORMIEREN. MICH UND MEIN ERKRANKUNGSBILD ERNST NEHMEN.

Das hier soll kein Plädoyer gegen Psychotherapeuten, Kliniken oder sonst was werden. Bitte nicht falsch verstehen. Es ist meine Geschichte. Es gibt sicherlich gute Gegenbeispiele, wo es klasse gelaufen ist, die Patienten sich verstanden und gut aufgehoben gefühlt haben und auch die Therapie - weil's die Richtige war - gegriffen hat.
Bei mir war es dann leider nicht ganz so. Aber - ich bin froh, dass ich nun mit der Praxis in Münster ein gute Alternative habe, falls der Übernahmeantrag abgelehnt wird. Eine Option auf eine gute weiterführende Therapie für mein Krankheitsbild. Und nicht eine 0815-Diagnose.

Danke für Euer Verständnis.
Silvia



 

Tuesday

Aktives Mitglied
Hallo Silvia,

wie gut ich das kenne, was du da über deinen Weg durch die deutsche Psychatrie schreibst.

Ich hatte vor Jahren eine Therapeutin, die hat die Kasse bezahlt. Da war ich zwei Jahre. Getan hat sich bei mir gar nichts. Gesagt hat sie nicht viel. Schon gar nichts hilfreiches.

Jetzt habe ich eine Therapeutin, die hat in der ersten Stunde schon mal gleich das Problem gelöst, an dem ich bei der Vorgängerin zwei Jahre geknabbert habe. Allein schon ihre Herzlichkeit tut mir ungeheuer gut und ja, bei ihr habe ich das Gefühl, die interessiert sich für mich und meine Probleme.

Klar, so eine tolle Therapeutin hat natürlich keine Kassenzulassung. Ich muss sie selbst zahlen. :rolleyes:

Egal, jedenfalls wollte ich dir sagen. Wenn du nachweisen kannst, dass deine Therapeutin dir wirklich helfen kann und es in deiner Umgebung keine freien Stellen gibt, kann es sein, dass die Kasse einen Teil der Kosten oder vielleicht sogar den ganzen Betrag übernimmt.

Außerdem erkundige dich mal, ob sie als Heilpraktikerin abrechnen kann. Manche Kassen übernehmen in manchen Gegenden die Kosten für Heilpraktiker.


Das nur als Tipp.


Tuesday
 

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