Warum werden die Menschen, die keiner Erwerbsarbeit nachgehen, von der Mehrheit als Menschen zweiter Klasse angesehen? Warum wird der Wert des Menschen so stark danach bemessen, ob er arbeitet oder nicht?
Jeder Mensch hat irgendeine Lebensaufgabe zu erfüllen. Vermutlich denken viele da an den Beruf und Berufstätigkeit. Jemand der dies nicht ausübt, ist anders - und anstelle den Menschen zu fragen, warum er nicht arbeitet, wird ausschließlich betont das er nicht arbeitet. Das ist einfach, plausibel und oberflächlich zugleich. Aber es ist bequem.
Denn wer kümmert sich freiwillig um einen unbekannten Menschen, der nicht arbeitet, und versucht über die Tatsache der Nicht-Arbeit den Menschen besser zu verstehen "warum" er nicht arbeitet?
Warum muss es so sein, dass ich mich deswegen wie eine schuldbeladene, kaputte Maschine fühle, die in dieser Gesellschaft nichts zu suchen hat, wie ein Stück Dreck?
Offensichtlich identifizierst Du dich mit der Gesellschaft, die einer Arbeit nachgeht, aber kommst damit nicht zurecht, dass Du nicht arbeitest. Es kann auch stressen sich ständig dem Gefühl zu stellen "man würde gerne etwas tun, aber es geht (psychisch/ körperlich) nicht..."
Ich bin fast 26 und denke nun schon jahrelang immer dasselbe. Dass ich es nicht schaffe, etwas wert zu sein, weil ich nichts leiste, nichts, das andere als Leistung ansehen würden. Nichts, dass mit dem Erwerb eines Einkommens verbunden wäre. Im Grunde habe ich noch nie anders gedacht, denn ich ahnte schon früh, dass ich nicht arbeiten werden können.
Dann scheint es so zu sein, dass Deine eigenen Gedanken "ich ahnte schon früh, dass ich nicht arbeiten werden können" Dich blockieren, offen für Arbeit zu sein.
Ich denke schon seit ich Kind bin, dass mit mir was nicht stimmt. Ich habe keinen Antrieb in mir, ich fühle mich, als würde ich im Körper eines Kindes stecken, das mit den Anforderungen, die das Leben an einen Erwachsenen stellt, bombardiert wird, aber sich darauf keinen Reim machen kann, es nicht versteht, nicht verstehen will, sich dagegen wehrt. Ich sehe im Spiegel keine erwachsene Frau, ich sehe jemanden, der sich seit Jahren nicht weiterentwickelt. Dabei will ich nicht untätig sein, sondern aktiv und produktiv, was ist nur mit meinem gottverdammten Hirn los, dass ich das Gegenteil davon bin?
Irgendwas scheint in der Kindheit gewesen zu sein, dass Dir dieses Empfinden so stark geblieben ist, Kind innerlich zu sein und sich hilflos zu fühlen.
Ich fühle mich dumm und wertlos, hassens- und verachtenswert. Jemand flüstert mir leise "Sozialschmarotzerin" zu.
Ist das eine Geschichte, oder flüstert Dir wirklich jemand diesen Satz zu? Dein Selbstwertgefühl ist kaum vorhanden, wenn Du dich als "dumm und wertlos, hassens- und verachtenswert" ansiehst.
Bin ich einfach nur krank?
Alle vorherigen Sätze über das System, die Wirtschaft und die Fragen "warum" die Gesellschaft so ist usw.. habe ich ausgeklammert. Du stellst Dir Fragen über die Gesellschaft. Und fragst Dich anschließend, nachdem Du dir viele Gedanken darüber gemacht hast, ob Du einfach nur krank bist.
Du stellst Dir Fragen über die Gesellschaft. Fragen über Dich selbst habe ich bisher nur hier als "bin ich einfach nur krank" gelesen. Fragen über Dich selbst ; von Dir an Dich gestellt, können Dir Antworten geben.
Ich bin unfähig zu funktionieren, weil ich nur aus Angst bestehe. Und wie sehr ich mich doch für meine schlechte Ausdrucksfähigkeit hasse und meine Dummheit. Ich hasse jeden einzelnen Satz dieses Beitrags, da ich trotz meiner Dummheit doch noch genug Ahnung habe um zu merken, wie dumm und ungebildet ich klinge. Ich bin einfach in jeglicher Hinsicht minderwertig, nein, wertlos.
Es ist jede Menge Selbsthass in Dir. Der ist vermutlich erforderlich, um mit der aktuellen Lebenssituation umgehen zu können. Selbsthass der so groß ist, dass er in Untätigkeit sich verwandelt hat. Das ist meine Wahrnehmung Deiner Worte.
Im Grunde lässt sich der Thread damit zusammenfassen, dass ich mir trotz meines Selbsthasses -demgegenüber steht komischerweise immer noch der Selbsterhaltungstrieb- wünsche, dass jedem Menschen eine Grundsicherung zugestanden wird, sodass er ein Dach über dem Kopf und genug zu Essen haben kann. Ist das nicht der Inbegriff dessen, was "Die Würde des Menschen ist unantastbar" bedeutet?
Nein. Das ist wohl zu kurz gegriffen, wenn "die Würde des Menschen ist unantasbar" gleichgesetzt sein soll mit = "jedem Menschen soll eine Grundsicherung zugestanden werden".
Nimmst Du das wörtlich, dann gäb es keine Betriebe mehr.
Wenn wirklich jeder Mensch auf Erden ( auch die 3.Welt) eine Grundsicherung hätte - wofür dann die Betriebe, Geschäftsführer, die Wirtschaft?
Vieles ist sicherlich Konsumorientiert. Vieles ist auch eine Dienstleistung.
Wenn vieles eine Dienstleistung ist, die in bestimmter Qualität den Menschen zur Verfügung gestellt werden soll, braucht es einen Ablauf. Eine Struktur.
Ohne Struktur kann es keine messbare Qualität geben.
Wenn jeder Mensch ein Grundeinkommen hätte, wer sollte dann die Struktur überprüfen; wer für die Qualität sorgen?
Gäbe es freiwillige Menschen, die für die Gesellschaft mehr arbeiten würden, obwohl sie das gleiche, bedingungslose Grundeinkommen bekommen würden?
Es gäb garkeine Unterschiede, wenn es nur das Grundeinkommen gäbe.
Und es gäb auch keine Verantwortungen für die Qualität und Struktur von Dienstleistungen.
Könnten die Menschen aktuell ohne Bequemlichkeit und Annehmlichkeiten leben?
Ich halte das alles für sehr unwahrscheinlich aktuell.
Deswegen glaube ich noch nicht, dass die Zeit reif ist, für ein bedingungsloses Grundeinkommen.
Denn ein Einkommen muss ja von irgendwas erwirtschaftet werden. Irgendwo muss es eine Produktivität geben. Wenn aber alle dieses Einkommen hätten - wer würde für alle freiwillig arbeiten gehen und etwas erwirtschaften, wenn er keinen Gegenwert/ keinen Unterschied für seine Leistungsbereitschaft bekäme?