Hallo Max,
ja manchmal ist es gut, das einfach mal los zu werden.
Ich sehe mich da in Teilen wieder. Das Studium (ich habe auch studiert) hat super funktioniert, wenn man den Bogen raus hatte, das Wesentliche richtig zu lernen. Das Belohnungssystem hat funktioniert. Viel lernen, das Richtige lernen und am Ende einen guten Abschluss erlangen. Top.
Schulfreunde hatte ich sehr enge, sehr gute, die sind mit Beginn des Studiums alle verloren gegangen, niemand hat mit mir zusammen studiert. Die meisten sind weg gezogen. Im Studium konnte ich ein paar "Freundschaften" aufbauen. Wobei ich Freundschaften bei anderen im Umfeld sehr viel enger erlebt habe, als ich sie je aufbauen konnte.
Ich habe einen Top Abschluss erlangt, habe einen grandiosen Berufseinstieg hingelegt und hockte am Ende, daheim ausgezogen, in einer 40qm Bude allein ohne Freunde mit einem guten Master Zertifikat in der Tasche, gutem Geld, und nach außen fragte jeder: Wieso hockt der da in seiner Bude, wieso hat der keine Frau?
Naja, das Studium lief nach klaren Regeln. Ein gewisses automatisiert vorhandenes soziales Umfeld hatte man auch. Ich habe nach dem Studium gemerkt, dass man sich plötzlich alleine wiederfindet. Wer keine langjährig gepflegten Freunde hat, so wie ich sie nicht hatte, der steht erst mal da.
Deine Leere kann ich gut verstehen. Ich habe sie damals versucht mit materiellen Dingen zu füllen, teuren Autos, damit hab ich viel Geld verbrannt. Und ich erinnere mich noch in einem Sportwagen gesessen zu haben, damit bin ich durch meine Heimatstadt gefahren und ich dachte, jetzt bin ich der größte, ich müsste doch Freunde finden. Das tat ich auch, falsche Frauen, falsche Freunde, die hinter dem Auto nicht mich sahen, sondern einfach nur Geld (das überschaubar war, aber für mein Alter natürlich war es gut).
Ich bin gehetzt gewesen, ich war viel unterwegs, auf Partys, in Clubs, immer allein. Das würde ich heute nie wieder machen. Damals dachten viele, ich ziehe alleine los, weil ich der Aufreißer schlechthin bin und was will ich da mit Freunden an meiner Seite. Die Wahrheit war, ich hatte niemanden.
Zu ein paar Studienkollegen hatte ich noch Kontakt, der zerbrach, nachdem ich mit einer attraktiven Frau in unserer Clique etwas anfing, und sofort merkte, wir passen nicht zueinander, das zerschlug aber zugleich die gesamte Clique und Freundschaften, weil Eifersucht aufkam und so weiter. Damals war ich noch jemand, der wirklich sehr begehrt war bei Frauen, das ändert sich, 20 Jahre später, Frauen werden reifer, älter, sind vergeben, man selbst wird auch älter, gesetzter und eher unsicherer statt sicherer. Die Gesellschaft hat sich geändert.
Du bist also absolut kein Einzelfall.
Es hat bei mir Jahre gedauert, bis ich aufgehört habe, mich selbst zu bemitleiden. Ich habe mir gesagt: Trau dich, Dinge zu tun, mit Bestand. Nicht im Sinne von Allein auf Partys gehen und Frauen anflirten, das meine ich damit nicht, sondern ich bin in Vereine gegangen, habe mich unter die Leute gemischt, immer alleine. Ich habe darin irgendwann große Vorteile entdeckt, weil man zwar allein ist, aber man ist flexibel und ungebunden, muss niemanden überzeugen wo hin mit zu gehen. Ich weiß noch, an einem verschneiten Dezembertag vor vielen Jahren habe ich mir sämtliche Vereine in der Umgebung angesehen. Und in einem bin ich noch heute Mitglied und habe zwei Kontakte gefunden, bei denen ich nicht ausschließe, Freundschaften zu schließen.
In Deinem Alter ist noch viel mehr drinnen, als mit knapp 40. Du kämpfst mit anderen Schwierigkeiten, der Oberflächlichkeit Deiner Altersgeneration.
Aber gib nicht auf, verkriech dich nicht. Allenfalls um mal zu reflektieren, was willst du, wohin willst du und was interessiert dich.
Mein Fehler war, ich bin oft nicht des Inhalts wegen wohin gegangen, sondern der Leute wegen und der Frauen wegen. Und war dann enttäuscht, wenn meine Erwartungen nicht erfüllt wurden. Das betraf früher Partys, Locations, Clubs und sogar einmal einen Verein.
Aus dem Grunde: Unternimm, was dir inhaltlich gefällt, dann bist du locker, offen und triffst auch auf Leute, die dich entspannt wahrnehmen und nicht suchend.
Es ist interessant, häufig haben Menschen, bei denen nichts läuft, ein gut funktionierendes soziales Umfeld. Das habe ich schon festgestellt. Vielleicht weil sie keine Konkurrenz darstellen. Und hingegen bei Leuten, die nach außen top da stehen, haben oft ein sehr kleines bis garkein funktionierendes Umfeld. Vielleicht ist es eine Sache des potentiellen Wettbewerbs.