Den nachfolgenden Text habe ich an Weihnachten 2015 geschrieben. Ich habe ihn gestern zufällig wieder gefunden. Er hat mich tief bewegt, und zwar so sehr, dass ich das Bedürfnis habe ihn hier zu teilen:
„Was war es alles bisher?
München, Hamburg, Frankfurt, Hannover, Alkohol, Führerscheinverlust, MPU, Abstinenz, Hochsensibilität, Joaqiun
Wirrwarr, nicht in der eigenen Mitte stehen bzw. zu leben
Vielleicht fange ich mal am Anfang an… Es ist das Bedürfnis sich mitzuteilen oder einfach nur um sich was von der Seele zu schreiben.
Ich bin 32 Jahre alt, das Jüngste von drei Kindern, also schon immer das Nesthäkchen. Meine Eltern sind die Besten; zwei wundervolle Menschen mit großen Herzen. In der ersten Hälfte meines Lebens wurde ich sehr geliebt, vllt. sogar verwöhnt. Jedenfalls ging es mir immer gut… bis Ostern 2000. Da war ich gerade 16, mollig, pubertierend, ohne festen Freund, den ich mir in dem Alter sehr gewünscht hatte. Denn zu dem Zeitpunkt hatte ich nur Jungs im Kopf. Mein Bruder erkrankte in diesem Jahr offiziell an Schizophrenie. Zumindest wurde es so diagnostiziert. Ich würde behaupten, dass das der erste starke Einbruch bzw. Umbruch in meinem Leben war. Zunächst war das ein riesiges Fremdwort für mich. Mein Bruder, sieben Jahre älter als ich, und geisteskrank? Wieso? Warum hört er diese Stimmen? Warum hat er soviel Angst? In diesem Text nenne ich ihn meinen Bruder, obwohl er offiziell nur mein Stiefbruder ist. Er hat einen anderen Vater als ich. Das wusste ich aber bis zu meinem zehnten Lebensjahr überhaupt nicht, bis er es mir mit dem Videoclip „You’re no son of mine“ von Phil Collins damals in den 90er Jahren mal sagte. Die ersten vier Jahre seines Lebens verbrachte er nicht wie ich, geliebt und wohlbehütet in Deutschland, sondern in dem kriegsverschütteten Vietnam, wo er geboren wurde und meine Mutter herkommt. Erst jetzt als Erwachsene finde ich so langsam raus, was es für einen Menschen bedeuten muss Kriegstraumata in der frühsten Kindheit erlebt zu haben. Mein Bruder war schon immer aggressiv, impulsiv und für mich unberechenbar. Er hasst Frauen, allen voran: Meine ältere Schwester und mich, zumindest gab er mir immer dieses Gefühl.
Mit der Diagnose Schizophrenie überkam unsere Familie an den Osternfeiertagen 2000 eine Riesenüberforderung. Damals hatte ich auch viel Angst vor meinem Bruder, der zu diesem Zeitpunkt noch bei uns zu Hause wohnte. Zudem fingen damals auch meine Zitteranfälle zu Hause an. Meine Schwester, zwei Jahre älter als ich, hatte das nicht. Natürlich machte ihr die Krankheit unseres Bruders auch zu schaffen, aber sie hatte keine Angst vor ihm. Naja, ich hatte mich vor seinem Krankheitsausbruch auch schon darum bemüht mein elftes Schuljahr möglichst weit, weit weg von daheim zu verbringen. Vermutlich hatte ich schon früh gespürt, dass bei uns zu Hause was nicht stimmte. Ich wollte damals unbedingt für ein Jahr nach Neuseeland. Irgendwie wurde aus Neuseeland dann USA, sodass ich letztlich nur vier Monate mit meinem Bruder und den Zitteranfällen daheim gehaust habe. Als ich in Jahrgangsstufe zwölf wieder zurück nach Deutschland kam, war mein Bruder bereits in einem Heim für psychisch Kranke untergebracht. Aber in diesem Blogbeitrag soll es nicht um seine Krankheit und die Auswirkungen auf unser Familienleben gehen. In USA hatte ich dann übrigens meinen ersten richtigen Freund, die erste Liebe meines Lebens. Ich war damals 17. Es war hochdramatisch als ich im Sommer 2001 wieder zurück fliegen musste. Daniel hieß er und nein, wir hatten damals nicht miteinander geschlafen. Mein erstes Mal hatte ich total unromantisch in einem Ibis Hotel mit einem 30-jährigen BWL-Studenten. Ihr merkt schon, dass das irgendwas bei mir schief gelaufen ist. Nach wie vor bereue ich es mein erstes Mal nicht mit Daniel gehabt zu haben. Er hatte sein erstes Mal dann aber trotzdem mit mir. Nach dem Abi habe ich ihn nochmal in USA besucht. Wir gingen damals zusammen ins Holiday Inn und es war wunderschön. Er hat es mir sehr übel genommen, dass ich zuvor mit diesem alten Typen im Bett war. Aber man muss dazu sagen, dass Daniel drei Tage nach meiner Rückkehr nach Deutschland im Sommer 2001 sich gar nicht mehr gemeldet hatte. Ich war für ihn wie aus den Augen aus dem Sinn. Amis sind so. Das hatte mir damals sehr viel Liebeskummer bereitet. Ich vermute, dass dieser Kummer dazu beigetragen hat, dass ich mit dem BWLer geschlafen hatte. Ich war da übrigens 19.
Da ich nach dem Abi nicht so recht wusste, wohin mit mir, ist mein Vater auf die glorreiche Idee gekommen, dass ich doch erst mal eine Ausbildung zur Industriekauffrau machen sollte. Für ein Studium sei ich ja viel zu labil und ich hätte ja nicht das Zeug dazu. Die Ausbildung war gruselig. In der Zeit hatte ich ein Verhältnis mit einem 23 Jahre älteren Familienvater… Ich, die aus einem erzkonservativen und katholischen Haushalt stammt, sammelt ihre ersten sexuellen Erfahrungen mit einem Mann, der zu einer anderen Frau und Familie gehört. Damit hatte ich mit allen moralischen Werten, mit denen ich aufgewachsen bin, gebrochen. Ich liebte diesen Mann und zugleich schämte ich mich dafür. Er tat mir auf eine Art und Weise gut, die ich nicht erklären kann und er erweiterte in jederlei Hinsicht meinen Horizont. Komischerweise habe ich durch ihn ganz viel über die Ehe gelernt.
In der Ausbildung hatte ich zusätzlich noch ein riesiges Mobbingproblem. Trotz der extrem schwierigen Zeit meines Inneren habe ich die Ausbildung bis zum Ende durchgezogen. Da aber am Ende des Ausbildungslehrgangs keine Azubis übernommen wurden, habe ich dann tatsächlich noch angefangen zu studieren. Das war die bisher beste Zeit und die beste Entscheidung meines Lebens gewesen. Über diverse Nebentätigkeiten konnte ich mich finanziell über Wasser halten. Mein Studium war geprägt von vielen Männergeschichten, wilden Partys und ganz, ganz viel Alkoholkonsum. Praktikum und Bacherlorthesis hatte ich damals in München absolviert. Der erste feste Job wurde mir nach drei monatiger Suche in Hamburg angeboten, wo ich zunächst auch hinzog. Ach, was ich vergessen hatte zu erwähnen, ist, dass ich auch mal ein halbes Jahr als ERASMUS-Studentin in meinem Lieblingsreiseland Spanien war. Leider konnte ich das Auslandssemester nicht ganz auskosten, da ich damals bereits eine tiefere Sinneskrise hatte. Es mag auch sein, dass ich mich während meines Praxissemesters, das ich zuvor in München absolviert hatte, etwas ausgebrannt fühlte. Jedenfalls bin ich in Spanien in ein tieferes Loch gefallen, aus dem ich nicht mehr ohne fremde Hilfe rauskam. Ich hatte mir damals geschworen, dass ich mich never ever nochmal für einen Job so fertig machen würde.
Aber nun zurück zu Hamburg… Da hatte es mir GAR nicht gefallen. Es hat die ganze Zeit nur geregnet. Meine Wohnung war mit den öffentlichen Verkehrsmitteln 45 Minuten von der eigentlichen City entfernt, weil ich weiter drin einfach keine Wohnung gefunden hatte. Privat konnte ich in Hamburg keinen Anschluss finden. Das mag auch an meiner damaligen Fernbeziehung gelegen haben: Andreas. Er war fünf Jahre jünger als ich und irgendwie hatte er es geschafft ein bisschen Halt und Ruhe in mein Leben zu bringen. Ich hatte ihn nach meinem ERAMUS-Semester in Spanien kennen gelernt. Es war keine Liebe auf den ersten Blick, aber eben auf den zweiten J Uns verband eine große Liebe zu Musik. Er spielte professionell Trompete in verschiedenen Auswahlorchestern. Andreas machte während meiner Zeit in Hamburg ein Praktikum in Berlin, weshalb ich am Wochenende oft zu ihm nach Berlin pendelte. Hamburg konnte ich nicht ausstehen und liebte dafür Berlin. Nachdem Andreas‘ Berlinzeit rum war und ich in Hamburg in der Werbeagentur so unheimlich unglücklich und sozial vereinsamt war, habe ich nach einem Jahr im Norden die Zelte abgebrochen. Ich habe mich bei meinem Eltern verkrochen, die das gar nicht toll fanden. Damals war ich ja schon 29. Ich habe mir dann einen Job gesucht und bin nach Frankfurt gezogen. Dort war ich nun 4 Jahre privat sehr glücklich. Nach rund zwei Jahren wurde ich aus meiner ersten Firma in Frankfurt gekickt. Das hat mich damals wie ein Schlag ins Gesicht getroffen. Never ever hätte ich gedacht, dass jemals ein Arbeitgeber zu mir sagt, dass er sich mit mir keine Zukunft vorstellen könnte. Hintergrund war, dass ein Trainee, den ich rund zwei Jahre mit betreut hatte, fest eingestellt werden sollte, weil der sich viel besser entwickeln würde als ich. Also musste ich gemäß der Geschäftsleitung Platz machen, damit der junge talentierte Bursche eingestellt werden konnte. Ich hatte mich damals rechtlich beraten lassen und weiß, dass die Vorgehensweise der Geschäftsleitung nicht rechtens war. Aber da das für mich eine Art Mobbing durch die Geschäftsleitung war und ich seelisch total darunter gelitten habe, habe ich mir dann in Frankfurt tatsächlich eine andere Stelle gesucht. Die fünfjährige Beziehung zu Andreas war zu dem Zeitpunkt schon in die Brüche gegangen. Er und ich hatten es einfach nie geschafft am gleichen Ort beruflich Fuß zu fassen. Ich will gar nicht wissen, wieviel die Deutsche Bahn an unserer Fernbeziehung verdient hat. Aber zurück zu Frankfurt. Bei meiner neuen Stelle kam ich dann vom Regen in die Traufe. Mobbingattacken hoch zehn, Zickenkrieg, alle drei Monate Entlassungswelle, die Arbeit auf meinem Tisch hat sich gehäuft und gehäuft...
„Was war es alles bisher?
München, Hamburg, Frankfurt, Hannover, Alkohol, Führerscheinverlust, MPU, Abstinenz, Hochsensibilität, Joaqiun
Wirrwarr, nicht in der eigenen Mitte stehen bzw. zu leben
Vielleicht fange ich mal am Anfang an… Es ist das Bedürfnis sich mitzuteilen oder einfach nur um sich was von der Seele zu schreiben.
Ich bin 32 Jahre alt, das Jüngste von drei Kindern, also schon immer das Nesthäkchen. Meine Eltern sind die Besten; zwei wundervolle Menschen mit großen Herzen. In der ersten Hälfte meines Lebens wurde ich sehr geliebt, vllt. sogar verwöhnt. Jedenfalls ging es mir immer gut… bis Ostern 2000. Da war ich gerade 16, mollig, pubertierend, ohne festen Freund, den ich mir in dem Alter sehr gewünscht hatte. Denn zu dem Zeitpunkt hatte ich nur Jungs im Kopf. Mein Bruder erkrankte in diesem Jahr offiziell an Schizophrenie. Zumindest wurde es so diagnostiziert. Ich würde behaupten, dass das der erste starke Einbruch bzw. Umbruch in meinem Leben war. Zunächst war das ein riesiges Fremdwort für mich. Mein Bruder, sieben Jahre älter als ich, und geisteskrank? Wieso? Warum hört er diese Stimmen? Warum hat er soviel Angst? In diesem Text nenne ich ihn meinen Bruder, obwohl er offiziell nur mein Stiefbruder ist. Er hat einen anderen Vater als ich. Das wusste ich aber bis zu meinem zehnten Lebensjahr überhaupt nicht, bis er es mir mit dem Videoclip „You’re no son of mine“ von Phil Collins damals in den 90er Jahren mal sagte. Die ersten vier Jahre seines Lebens verbrachte er nicht wie ich, geliebt und wohlbehütet in Deutschland, sondern in dem kriegsverschütteten Vietnam, wo er geboren wurde und meine Mutter herkommt. Erst jetzt als Erwachsene finde ich so langsam raus, was es für einen Menschen bedeuten muss Kriegstraumata in der frühsten Kindheit erlebt zu haben. Mein Bruder war schon immer aggressiv, impulsiv und für mich unberechenbar. Er hasst Frauen, allen voran: Meine ältere Schwester und mich, zumindest gab er mir immer dieses Gefühl.
Mit der Diagnose Schizophrenie überkam unsere Familie an den Osternfeiertagen 2000 eine Riesenüberforderung. Damals hatte ich auch viel Angst vor meinem Bruder, der zu diesem Zeitpunkt noch bei uns zu Hause wohnte. Zudem fingen damals auch meine Zitteranfälle zu Hause an. Meine Schwester, zwei Jahre älter als ich, hatte das nicht. Natürlich machte ihr die Krankheit unseres Bruders auch zu schaffen, aber sie hatte keine Angst vor ihm. Naja, ich hatte mich vor seinem Krankheitsausbruch auch schon darum bemüht mein elftes Schuljahr möglichst weit, weit weg von daheim zu verbringen. Vermutlich hatte ich schon früh gespürt, dass bei uns zu Hause was nicht stimmte. Ich wollte damals unbedingt für ein Jahr nach Neuseeland. Irgendwie wurde aus Neuseeland dann USA, sodass ich letztlich nur vier Monate mit meinem Bruder und den Zitteranfällen daheim gehaust habe. Als ich in Jahrgangsstufe zwölf wieder zurück nach Deutschland kam, war mein Bruder bereits in einem Heim für psychisch Kranke untergebracht. Aber in diesem Blogbeitrag soll es nicht um seine Krankheit und die Auswirkungen auf unser Familienleben gehen. In USA hatte ich dann übrigens meinen ersten richtigen Freund, die erste Liebe meines Lebens. Ich war damals 17. Es war hochdramatisch als ich im Sommer 2001 wieder zurück fliegen musste. Daniel hieß er und nein, wir hatten damals nicht miteinander geschlafen. Mein erstes Mal hatte ich total unromantisch in einem Ibis Hotel mit einem 30-jährigen BWL-Studenten. Ihr merkt schon, dass das irgendwas bei mir schief gelaufen ist. Nach wie vor bereue ich es mein erstes Mal nicht mit Daniel gehabt zu haben. Er hatte sein erstes Mal dann aber trotzdem mit mir. Nach dem Abi habe ich ihn nochmal in USA besucht. Wir gingen damals zusammen ins Holiday Inn und es war wunderschön. Er hat es mir sehr übel genommen, dass ich zuvor mit diesem alten Typen im Bett war. Aber man muss dazu sagen, dass Daniel drei Tage nach meiner Rückkehr nach Deutschland im Sommer 2001 sich gar nicht mehr gemeldet hatte. Ich war für ihn wie aus den Augen aus dem Sinn. Amis sind so. Das hatte mir damals sehr viel Liebeskummer bereitet. Ich vermute, dass dieser Kummer dazu beigetragen hat, dass ich mit dem BWLer geschlafen hatte. Ich war da übrigens 19.
Da ich nach dem Abi nicht so recht wusste, wohin mit mir, ist mein Vater auf die glorreiche Idee gekommen, dass ich doch erst mal eine Ausbildung zur Industriekauffrau machen sollte. Für ein Studium sei ich ja viel zu labil und ich hätte ja nicht das Zeug dazu. Die Ausbildung war gruselig. In der Zeit hatte ich ein Verhältnis mit einem 23 Jahre älteren Familienvater… Ich, die aus einem erzkonservativen und katholischen Haushalt stammt, sammelt ihre ersten sexuellen Erfahrungen mit einem Mann, der zu einer anderen Frau und Familie gehört. Damit hatte ich mit allen moralischen Werten, mit denen ich aufgewachsen bin, gebrochen. Ich liebte diesen Mann und zugleich schämte ich mich dafür. Er tat mir auf eine Art und Weise gut, die ich nicht erklären kann und er erweiterte in jederlei Hinsicht meinen Horizont. Komischerweise habe ich durch ihn ganz viel über die Ehe gelernt.
In der Ausbildung hatte ich zusätzlich noch ein riesiges Mobbingproblem. Trotz der extrem schwierigen Zeit meines Inneren habe ich die Ausbildung bis zum Ende durchgezogen. Da aber am Ende des Ausbildungslehrgangs keine Azubis übernommen wurden, habe ich dann tatsächlich noch angefangen zu studieren. Das war die bisher beste Zeit und die beste Entscheidung meines Lebens gewesen. Über diverse Nebentätigkeiten konnte ich mich finanziell über Wasser halten. Mein Studium war geprägt von vielen Männergeschichten, wilden Partys und ganz, ganz viel Alkoholkonsum. Praktikum und Bacherlorthesis hatte ich damals in München absolviert. Der erste feste Job wurde mir nach drei monatiger Suche in Hamburg angeboten, wo ich zunächst auch hinzog. Ach, was ich vergessen hatte zu erwähnen, ist, dass ich auch mal ein halbes Jahr als ERASMUS-Studentin in meinem Lieblingsreiseland Spanien war. Leider konnte ich das Auslandssemester nicht ganz auskosten, da ich damals bereits eine tiefere Sinneskrise hatte. Es mag auch sein, dass ich mich während meines Praxissemesters, das ich zuvor in München absolviert hatte, etwas ausgebrannt fühlte. Jedenfalls bin ich in Spanien in ein tieferes Loch gefallen, aus dem ich nicht mehr ohne fremde Hilfe rauskam. Ich hatte mir damals geschworen, dass ich mich never ever nochmal für einen Job so fertig machen würde.
Aber nun zurück zu Hamburg… Da hatte es mir GAR nicht gefallen. Es hat die ganze Zeit nur geregnet. Meine Wohnung war mit den öffentlichen Verkehrsmitteln 45 Minuten von der eigentlichen City entfernt, weil ich weiter drin einfach keine Wohnung gefunden hatte. Privat konnte ich in Hamburg keinen Anschluss finden. Das mag auch an meiner damaligen Fernbeziehung gelegen haben: Andreas. Er war fünf Jahre jünger als ich und irgendwie hatte er es geschafft ein bisschen Halt und Ruhe in mein Leben zu bringen. Ich hatte ihn nach meinem ERAMUS-Semester in Spanien kennen gelernt. Es war keine Liebe auf den ersten Blick, aber eben auf den zweiten J Uns verband eine große Liebe zu Musik. Er spielte professionell Trompete in verschiedenen Auswahlorchestern. Andreas machte während meiner Zeit in Hamburg ein Praktikum in Berlin, weshalb ich am Wochenende oft zu ihm nach Berlin pendelte. Hamburg konnte ich nicht ausstehen und liebte dafür Berlin. Nachdem Andreas‘ Berlinzeit rum war und ich in Hamburg in der Werbeagentur so unheimlich unglücklich und sozial vereinsamt war, habe ich nach einem Jahr im Norden die Zelte abgebrochen. Ich habe mich bei meinem Eltern verkrochen, die das gar nicht toll fanden. Damals war ich ja schon 29. Ich habe mir dann einen Job gesucht und bin nach Frankfurt gezogen. Dort war ich nun 4 Jahre privat sehr glücklich. Nach rund zwei Jahren wurde ich aus meiner ersten Firma in Frankfurt gekickt. Das hat mich damals wie ein Schlag ins Gesicht getroffen. Never ever hätte ich gedacht, dass jemals ein Arbeitgeber zu mir sagt, dass er sich mit mir keine Zukunft vorstellen könnte. Hintergrund war, dass ein Trainee, den ich rund zwei Jahre mit betreut hatte, fest eingestellt werden sollte, weil der sich viel besser entwickeln würde als ich. Also musste ich gemäß der Geschäftsleitung Platz machen, damit der junge talentierte Bursche eingestellt werden konnte. Ich hatte mich damals rechtlich beraten lassen und weiß, dass die Vorgehensweise der Geschäftsleitung nicht rechtens war. Aber da das für mich eine Art Mobbing durch die Geschäftsleitung war und ich seelisch total darunter gelitten habe, habe ich mir dann in Frankfurt tatsächlich eine andere Stelle gesucht. Die fünfjährige Beziehung zu Andreas war zu dem Zeitpunkt schon in die Brüche gegangen. Er und ich hatten es einfach nie geschafft am gleichen Ort beruflich Fuß zu fassen. Ich will gar nicht wissen, wieviel die Deutsche Bahn an unserer Fernbeziehung verdient hat. Aber zurück zu Frankfurt. Bei meiner neuen Stelle kam ich dann vom Regen in die Traufe. Mobbingattacken hoch zehn, Zickenkrieg, alle drei Monate Entlassungswelle, die Arbeit auf meinem Tisch hat sich gehäuft und gehäuft...
Zuletzt bearbeitet: