Hallo S.,
ich finde es super, dass du hier deine Probleme schilderst. Und auch wie du es tust. Ich finde du hast einen guten Blick auf dein Problem, wo man eigentlich nicht so gut hinschaut.
Ich finde diese Sache echt schwierig und verstörend. Aber das ist nicht so wichtig. Wichtig finde ich den Impuls von dir, dass du zu dieser "Reaktion" stehst und vor deinem Lehrer für dich selber einstehst. Und das für eine Sache, für die es eigentlich keine wirkliche Rechtfertigung gibt, wenn man versucht sich darüber Gedanken zu machen.
Aber ich finde es auch deshalb gut, weil du zu den Problem dadurch stehst. Der Lehrer hätte einfach gerne, dass alles so ist, wie es jetzt ist, nur dass du nicht das getan hättest, was du getan hast. Fakt ist aber, dass für die Seele die Sache trotzdem so irre aussieht, auch wenn der Lehrer kein Problem damit hätte. So finde ich kann man dem Lehrer den Gefallen nicht tun, dass alles so aussehe, als wäre alles wunderbar. Es ist einfach nicht alles wunderbar.
Und es wird deutlich, dass viele Menschen gerne das Ritzen selber als das Problem betrachten. Aber ein Psychologe würde wohl sagen, dass es nur ein Ventil für etwas ist. Zu mindest gebe ich dieser Ansicht Recht, dass etwas anderes das Problem ist. Aber wenn niemand äußert, dass da ein Problem ist, dann sieht es auch niemand. Bis jetzt hat noch niemand das wirkliche Problem bei dir gesehen, aber da ist eines. Du versteht es ganz deutlich. Und deshalb finde ich es gut, dass du es durch das Ritzen auch der Welt sagst.
Und ich finde gut, dass du nicht mit deinen Eltern darüber reden möchtest. Ich selber bin sehr davon überzeugt, dass zu mindest indirekt viele Dinge mit deinen Eltern zu tun haben. Aber bei dieser Betrachtung finde ich es wichtig, dass man der Versuchung widersteht seine Eltern als das Böse darstellen zu wollen. Naja. Manchmal muß man es vielleicht. Aber ich finde es viel wichtiger die wirkliche Ursache dafür zu finden bzw. versteht, worin die Qual wirklich besteht. Aber Hilfe oder Verständnis an dieser Stelle zu suchen ist denke ich ziemlich unklug. Deshalb rede lieber mit niemand darüber, wie mit deinen Eltern. Aber du hast ja hier schon sozusagen irgendwie darüber geredet.
Ich weiß ja nicht, wie schwierig es für dich ist neben dem Ritzen den Alltag zu erleben. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass du im sozialen Umgang auch nicht so gute Erlebnisse hast. Aber so wie ich uns Menschen kenne steht und dabei oft der Stolz im Weg. Aber wenn du Schwierigkeiten hast deine Rolle zu finden, dann erinnere dich doch einfach an deine eigenen Worte hier im Beitrag. "ich brauche Hilfe." Du mußt eher die Rolle einnehmen, dass du die Hilfebedürftige bist. Und das stimmt ja dann auch. Du bist die, die so großen Konflikten ausgesetzt ist, dass du dich selber schneiden mußt. Du bist nicht die, mit den Supergedanken und der Spitzenposition in deiner Klasse oder Clique oder was auch immer. Du bist die, die Hilfe sucht.
Und ich meine das nicht so einfach daher gesagt. Ich kenne das Selber aus meinem Leben. Ich hatte nie dieses Problem mit dem Stolz. Es war für mich einfach so schwierig zu kapieren, dass ich es bin, der Hilfe braucht. Aber selbst wenn man das verstanden hat, ich habe viel Hilfe bekommen und trotzdem ist das mit der Hilfe nicht so einfach. Weil man brauch ja bei etwas Hilfe, wo keiner so richtig versteht wobei. Wie soll man dann wirklich helfen?
Versuche deine Krankheit herauszufinden. Auch wenn du nur hier und da etwas schaffst ist das gut für dich. Und wenn du wirklich was herausfinden solltest, dann kann es vielen anderen Menschen auch helfen ihre Menschlichkeit zu verstehen. Deshalb versuche zu verstehen. Warum ist es das, was du willst?
Wenn du das verstehst, dann hast du etwas ganz schwieriges herausgefunden und etwas ganz tolles geschafft.
Ich denke es muß etwas mit Hass zu tun haben?
Sei dir einfach gewiss. Du tust niemand etwas böses. Du tust keinem Schaden. Im Gegenteil. Bevor du jemand anderem etwas böses entgegenbringst tust du es vielleicht eher dir selber an. Aber warum ist es so? Ist es so schlimm etwas schlimmes zu denken? Wie sonst soll man es herausfinden, verstehen und einen Weg mit der Tatsache finden, dass manche Probleme ziemlich/zu schwierig sind?
Ich find es super, dass du professionalle Hilfe suchen möchtest. So weit ich aus meinem Leben weiß, ist dieses Phänomen der Selbstverletzung ein immer wiederkehrende Erfahrung. Und ich bin mir sicher, dass es über diese Sache sehr viele Erfahrungswerte gibt. Nicht, dass die Ursachen die Selben sein müssen. Aber wir Menschen reagieren doch irgendwie auch ähnlich. Und deshalb finde ich solche Infos immer ziemlich wichtig, weil man dann besser abschätzen kann, woran man ist. Für sich selber. Dass man sich keine Illusionen machen muß.
Sei nicht so hart mit den Menschen, auch wenn sie es all zu gerne sind. Vielleicht gerade deshalb sollte man eher etwas nachgibig sein. Weil sie es nicht sind. Ich finde du hast einfach recht. Jeder Mensch macht Fehler. Aber wehe es ist jemand anderes, der ihn begeht.
So geb ich dir zum Schluß den Rat, dass du dir mit diesem Problem Zeit geben solltest. Wenn dich deine Gedanken schlecht machen oder alle Zeichen auf Schwarz stehen. Du hast noch dein gesamtes Leben Zeit dieses Problem irgendwie zu händeln. Lass dich nicht fertig machen. Du bist nicht schuld, auch wenn du die Ursache zu spüren bekommst. Sei dir einfach im Klaren, dass dein Weg ein extrem schwieriger ist und dass es nicht einfach ist damit umzugehen. Ich kenne deinen Weg nicht. Aber ich glaube nicht, dass du die Schuldige bist. Ich frag mich eigentlich nur, warum du die Aufgabe bekommen hast das Problem lösen zu müssen.
Aber ich werde auch darüber nachdenken, wenn du mir mehr erzählen möchtest.
lg