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Schlechte Gefühle unter fröhlichen Menschen

G

Gast

Gast
Ich meide schon seit meiner Jugend Partys, Feste und Feiern. Ich sehe dann die fröhlichen Leute, sehe die Musiker spielen oder ausgelassene Grüppchen und fühle mich sofort klein, nicht zugehörig und werde traurig. Genau genommen geht mir das schon seit der Kindheit so. Bin neulich zu Familienfest mitgeschnackt worden, es ging lustig zu, ist der "tollere" Teil der Sippe mit schönen Resthöfen, Berufsmusiker, erfolgreiche Cousins und Cousinen, gutes lockeres Leben mit vielen Freunden -und es war wieder das gleiche. Fühle mich fremd und traurig. Kennt das noch jemand?
 
T

tuny

Gast
Hallo Gast,

ich kann die Situation gut verstehen: Du scheinst eher melancholisch gestimmt zu sein und hast den Eindruck, dass Traurigkeit und Melancholie auf einer ausgelassenen Party nichts zu suchen hätten. Und genau diese Beobachtung macht dich wiederum traurig, was sich dann wie ein Kreislauf auswirkt. Bei den meisten Menschen haben Partys tatsächlich den Zweck, einmal aus allem Alltagsstress auszusteigen und den ganzen Abend nur fröhlich zu sein und damit anzugeben, wer man ist und was man alles erreicht hat. Oft braucht es Mengen an Alkohol, um die Leute ihre Sorgen vergessen zu lassen. Traurigkeit und Melancholie ist in dem Fall ja das genaue Gegenteil von dem und so stehst du immer vor dem Problem, deine Stimmungen krampfhaft verbergen zu müssen, um ja nicht aufzufallen.

Mir fällt in diesem Zusammenhang der Film "The Beach" mit Leonardo DiCaprio ein. Hier geht es um eine Gruppe von Aussteigern, die an einem thailändischen Traumstrand als Selbstversorger ein absolut paradiesisches Leben führen wollen. Irgendwann zeigt sich aber, dass es zur Aufrechterhaltung dieses immerfrohen Zustands auch gehört, problematische und negative Dinge konsequent zu verbannen, ohne Rücksicht auf die Folgen. So wird ein schwerverletzter Mann nach einem Haiangriff einfach alleine im nächsten Wald abgelegt und die Gruppe feiert abends eine Party, dass sie dieses Problem so toll hat lösen können.

Aber ich glaube, dass sich die meisten Leute auf einer durchschnittlichen Party von dir ihre Stimmung nicht nehmen lassen würden. Du kannst dich fühlen wie du möchtest und das auch zeigen. Eventuell setzt sich mal jemand neben dich und fragt, was du denn hast. Aber ich denke das war es auch schon.

Bezüglich der Aussagen über den "tolleren" Teil deiner Sippe vermute ich, dass du generell die Formel Erfolg + Reichtum + gute Laune = sinnvolles Leben in Frage stellst. Aus der melancholisch gestimmten Weltsicht wirkt diese Glücksformel in der Regel extrem egozentrisch. So als ob persönlicher Prestige das einzige wäre was zählen dürfte. Wie rücksichtslos wäre (oder ist) eine Welt, in der sich alle nur um ihren persönlichen Status sorgen? Die Fragen aus der Sicht der Melancholie sind absolut berechtigt, entsprechen auf einer Party aber natürlich nicht der Zielsetzung. Aber nicht jeder muss unbedingt ein Partymensch sein.
 
L

Lenja

Gast
Ja, das kenne ich auch von mir. Und mir scheint, es hängt mit meiner angeborenen Hochsensibilität zusammen, die mir auch alle innere Stimmungen und Zustände sehr feinfühlig und intensiv spüren lässt, so stark, dass solche entlastende Strategien, wie Verdrängung und Ablenkung bei mir praktisch nie funktionieren, oder nur sehr kurzfristig und schwach.

Früher habe ich deshalb kritisch die Menschen betrachtet, die das können, da es mir vorkam, als ob sie ihre innere Wahrheit verleugnen. Mittlerweile bin ich toleranter, da ich verstehe, dass Ablenkung auch etwas Positives ist, nämlich das gelegentliche bewusste Zulassen des Positiven im Leben, die bewusste Öffnung auf Lebensfreude und dadurch auch eine Zeit der Erholung von dem was sonst belastet und bekümmert. So gesehen ist es keine Verleugnung, sondern vielleicht sogar Lebenskunst, die für mich nicht so leicht anzuwenden ist.

Alles Gute dir :)
Lenja
 

Kannja

Aktives Mitglied
Ich meide schon seit meiner Jugend Partys, Feste und Feiern. Ich sehe dann die fröhlichen Leute, sehe die Musiker spielen oder ausgelassene Grüppchen und fühle mich sofort klein, nicht zugehörig und werde traurig. Genau genommen geht mir das schon seit der Kindheit so. Bin neulich zu Familienfest mitgeschnackt worden, es ging lustig zu, ist der "tollere" Teil der Sippe mit schönen Resthöfen, Berufsmusiker, erfolgreiche Cousins und Cousinen, gutes lockeres Leben mit vielen Freunden -und es war wieder das gleiche. Fühle mich fremd und traurig. Kennt das noch jemand?
Oh ja! Ich verstehe Dich gut... Wenn im Sommer der Geruch vom Grillen in der Luft liegt, dann macht mich das sofort traurig und melancholisch, denn es erinnert mich daran, dass jetzt Menschen wunderschön in einem Garten zusammen sitzen - während ich nirgendwo hin gehöre. Nur ein Beispiel von unendlich vielen... Bei mir stammt dieses Gefühl auch aus der Kindheit - natürlich. Ich war immer das fünfte Rad am Wagen und gehörte nirgends richtig hin. Wenn ich zu Familienfeiern eingeladen werde, dann fühle ich mich zunehmend gar nicht richtig willkommen, sondern nur aus Anstand mit eingeladen. Meine Familie ist größtenteils sehr erfolgreich und wohlhabend. Ich nicht. Allein schon dafür, dass ich immer noch keinen Mann habe, werde ich dort schon als komisch angesehen und durch entsprechende Bemerkungen habe ich stets das Gefühl eine Versagerin zu sein.

Man merkt ja im Kreise anderer Menschen auch ob diese wirklich Interesse an einem haben und sich freuen, dass man da ist, oder ob man nur pro forma mit eingeladen wurde...

Rational würde ich Dir raten Dich nicht mehr solchen Situationen auszusetzen. Wenn du Dich in bestimmten Situationen schlecht fühlst, dann sind sie nicht gut für Dich. Ich weiß natürlich selbst, dass man diesen Situationen nicht immer ausweichen kann - denn meist kommen diese Gefühle ja im ganz normalen Alltag hoch, z.B. wenn man draußen eine Familie beim Sonntagsausflug sieht, verliebte Pärchen, lachende Menschen auf dem Weg zu/von einer Party usw...
 
G

Gast

Gast
Danke für Eure Antworten.

eigentlich bin ich nicht üebrmässig melancholisch wenn ich meine Ruhe haben darf. Ich fühle mich glaube ich einfach minderwertig. Mein Teil der Familie ist überschattet von Alkohol und finanzieller Not. Mein Vater hat für meinen Bruder und mich nie Unterhalt gezahlt, uns dafür aber immer alkoholisiert zugetextet. Wünsche oder Talente hab ich mir früh abgewöhnt weil eh keine Mittel dafür da waren. Meine Mutter war ausserdem mehrfach psychisch erkrankt und wir zogen zigfach um. Naja irgendwie waren wir halt nicht so wie die anderen, einfach Kinder die Eltern haben.

Ich merke dann einfach, diese gemeinsamen Erfahrungen die die anderen so haben, also die sind zum Beispiel alle gereist, alle spielen auf sehr hohem Niveau Instrumente, meine generatiuon hat überwiegend akademische, kreative Berufe mit denen die sogar ganz gut Geld verdienen, also das sind alles so Leute die einfach sehr viel realisiert haben was sie wollten und sich selbst sehr entwickelt und ausgelebt haben. Und daher habe ich sehr wenig mit ihnen gemeinsam, weil ich halt so mich durchgeschleppt habe und für mich war das maximale, einen brauchbaren Brotberuf zu bekommen. Es war so anstrengend, und doch ist es so viel weniger.

Ich gehöre da halt nicht zu, ist mein Gefühl. Ich Weiss dass ich nicht dümmer bin als die aber ich bin halt komplett abgehängt, ich hole das nie auf und selbst wenn hätte ich ja eine komplett andere Prägung. Und naja ich bescheisse mich nicht gerne selber, die ehrliche Wahrheit ist halt schon dass die ein besseres Leben haben. Bei mir ist es objektiv alles wesentlich schlechter gelaufen und das ist meine Realität.
 
G

Gast

Gast
Es tut halt weh, wenn Leute als lebende Beweise herumturnen für den Umstand, dass man DOCH fröhlich sein kann und Spaß haben trotz aller möglichen Wirrnisse und Schwierigkeiten im Leben.
Menschen, die nicht genießen können, meiden Genießer.
Menschen, die keinen Partner finden, meiden Pärchen.
Das ist ganz normal; man will nicht auf sein eigenes Elend zurückgeworfen werden.
Deshalb erfreuen sich Erfahrungsberichte von Verzweifelten großer Beliebtheit bei nicht GANZ so Verzweifelten.
Ist halt ein Trost, dass es anderen nicht besser geht. Oder sogar noch schlechter.
Manch einer entwickelt sogar Aggressionen, wenn er glückliche Menschen erlebt.
Es macht das eigene Elend schmerzhaft deutlich.
 
G

Gast

Gast
"...wenn Leute als lebende Beweise herumturnen für den Umstand, dass man DOCH fröhlich sein kann und Spaß haben trotz aller möglichen Wirrnisse und Schwierigkeiten im Leben..."

Damit unterstellst Du ja, dass alle gleich viel oder wenig belastet sind, und die besser gelaunten halt tüchtiger sind. Das halte ich für ziemlichen Unsinn.

Ich würde eher sagen: lebende Beweise dafür, dass Chancen, Wertschätzung und das Erlernen von Glück ungleich verteilt sind.

Manche entwickeln auch Aggressionen gegen Leute, die dieser einfachen Wahrheit nicht mit Milchmädchenrechnungen aus dem Weg gehen. ;)
 

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