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Gast C
Gast
ich habe das glück, dass ich direkt neben der uni wohne und habe auch relativ schnell einen nebenjob gefunden. mein auto habe ich allerdings verkauft, erstens weil ich es mir derzeit einfach nicht leisten könnte und zweitens, weil ich es auch nicht brauche. zur uni und zum einkaufen sowie in die innenstadt komme ich problemlos zu fuß und es fahren ja auch s-bahnen.
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ich verstehe das einfach nicht. ist das auto schon dermaßen zum statussymbol geworden, dass man leute, die keines haben, nicht mehr als vollwertige menschen ansehen kann? die dann einfach von jetzt auf gleich uninteressant und "nicht kennenlern-würdig" sind, weil sie eben nicht so mobil sind wie man selbst? ist es tatsächlich ein ausschlusskriterium? wie seht ihr das?
Ich habe selbst seit rund 15 Jahren kein Auto mehr, obwohl ich mir inzwischen locker eines leisten könnte. Aus dem einfachen Grund, daß ich wohntechnisch und infrastrukturell ähnlich gut versorgt bin wie Du und es daher selten vermisse. Wenn doch, nehme ich entweder ein Taxi oder miete mir eines.
In meinem Kollegenkreis sind einige Leute, die das ähnlich halten: Die meisten sind Junggesellen, leben und arbeiten mitten in der Stadt, leisten sich zwar eine Mega-Wohnung, aber kein Auto. In der Woche schieben sie oft Überstunden und fahren daher eh nirgendwo mehr groß hin und wenn sie es freitags dann doch mal tun, mieten sie sich halt ein Auto - so muß man sich um TÜV, ASU, Versicherung, KFZ-Steuer, Umweltplakette, Inspektion, Reinigung, etc. nicht kümmern und kann stattdessen immer mal ein anderes Modell ausprobieren, das vollgetankt, frisch gewaschen und gewartet übergeben wird, ohne sich groß mit sowas aufhalten zu müssen.
Von einem Studenten zu erwarten, daß er ein Auto finanziert, finde ich reichlich daneben. Klar gab es auch in meiner Jugendzeit Studenten und sogar erwachsene Schüler, die Autos fuhren, aber in den meisten Fällen waren diese nicht selbstfinanziert, sondern es handelte sich um die Fahrzeuge ihrer Eltern oder letztere hielten zumindest als Sponsoren her. Da ich nur mit eigenen und nicht mit Fremdleistungen zu beeindrucken bin, habe ich das als Maßstab nie akzeptiert und ließ es bei den wenigen Gelegenheiten, wo es zur Sprache kam, auch so deutlich raushängen, daß die andere Seite aufgab und sich zurückzog.
Meine Familie hat mich auch jahrelang damit genervt, aber heute ist mir klar, daß das Auto nicht der wahre Streitpunkt war. Es ging darum, mir die Rolle des schwarzen Schafs zuzuschieben und wenn es nicht das Auto gewesen wäre, so hätte sich eben ein anderer Grund gefunden, mich bzw. meine Lebensweise in Frage zu stellen. Im übrigen hat von denen aber auch keiner den Kontakt zu mir abgebrochen, nur weil ich kein Auto mehr hatte und mich auch nicht dazu bewegen ließ, etwas daran zu ändern.
Langer Rede, kurzer Sinn:
1. Ich finde Deine Entscheidung höchst vernünftig. Hast Du gut gemacht.
2. Leute, die so weltfremd sind, daß sie unterstellen, alle Studenten könnten sich mal eben so ein PKW leisten, sind Spinner;
einfach ignorieren.
3. Jemand, der Freundschaften von Fahrzeugbesitz abhängig macht, sollte Dir ebenso gestohlen bleiben wie jemand, der nur
solange mit Dir "befreundet" sein will, wie Ihr grundsätzlich das unternehmt, was ihn interessiert. Ein wenig mehr Interesse
an Dir selbst sollte schon vorhanden sein und das darfst Du auch ruhig erwarten.
4. Irgendwann wirst Du fertig studiert haben und vielleicht auch mal unter Leute kommen, die ähnlich ticken wie ich oder
meine Kollegen: Gutsituiert, aber auch selbstbewußt genug, eigene Wege zu gehen und bewußt auf die Gesellschaft jener
zu verzichten, die einen partout nicht so lassen wollen, wie man nun mal ist, bzw. sein möchte
Fahr weiter Öffi und konzentriere Dich auf Dein Studium, das ist jetzt wichtiger als irgendwelche Typen, an die Du in eine paar Jahren eh nicht mehr denken wirst.