_Tsunami_
Urgestein
Es sei mir erlaubt, hier noch einige Anmerkungen zu machen.
Warum nicht?
Ich sehe in dem Thema nicht nur ein individuelles, sondern auch ein gesellschaftliches Problem.
Die Verbindung ist evident - untrennbar miteinander verbunden. Anders kann es gar nicht sein. Es sei denn, das Ego sei unsinniger Weise sehr stark ausgeprägt.
Grundsätzlich lässt sich wohl sagen, dass in unserer Zeit die Isolation und die Vereinsamung von Menschen zugenommen haben, weil etwa familiäre Strukturen nicht mehr so stabil sind, wie sie es vielleicht vor ein, zwei Generationen noch waren.
Aus meiner Sicht haben sich nur die Mittel und Möglichkeiten verändert bzw. erweitert. Sind Menschen heutzutage wirklich einsamer als in vergangenen Zeiten? Ich wäre da doch stark im Zweifel.
Denke ich an meine ländliche Herkunft zurück, erinnere ich mich, dass dort Menschen oftmals ein ganzes Berufsleben in einem Betrieb arbeiteten. Arbeitskollegen waren nicht selten wirkliche Lebensgefährten oder auch mal Freunde.
Noch heute lebt ein Großteil meiner Verwandten, die Verwandten meiner Mutter und meines Vaters dort.
Ebenso kenne ich Menschen aus meiner Jugendzeit, die die angestammte Heimat nie verlassen haben und dort geblieben sind.
Die guten alten Zeiten? Ich sehe nicht, dass es heutzutage schlechter ist als damals.
Ich verherrliche die ländlich-bäuerliche Sozialstruktur nicht, behaupte aber dennoch, dass sie stabilere Beziehungen hervorbrachte.
Geht es im Leben denn wirklich um stabile Beziehungen?
Jetzt gehe ich auf meine persönlichen Erfahrungen ein. Ich habe einige gute Bekannte, drei davon kann ich sicher, ohne ihren Widerspruch zu provozieren, als Freunde bezeichnen.
Aber alle drei sind entweder verheiratet oder stark in familiäre Strukturen eingebunden. Ich selbst gebe mir Mühe, unsere Freundschaft nicht durch überladene Erwartungen zu strapazieren. Ein Freund kann sich mir verpflichtet fühlen, seine Partnerin etwa aber muss das nicht.
Ich weiß das. Und ich halte es für wichtig, solche Zusammenhänge zu berücksichtigen, will ich die Freundschaft nicht gefährden.
Vielleicht machst du dir da zu viele Gedanken. Prinzipiell würde ich sagen, dass man nicht erzwingen kann, was sich nicht erzwingen lässt.
Jetzt gehe ich noch auf die institutionellen Versuche ein, dem Problem der Vereinsamung einzelner Menschen zu begegnen. Da gibt es Kaffeekränzchen von Senioren, Begegnungsstätten für ältere Menschen, die jedoch in der Regel zeitlich begrenzt sind und für ein paar Stunden in der Woche angeboten werden.
In der Regel hängen sie von den Möglichkeiten und dem guten Willen Dritter ab, und für mich haben sie, ich entschuldige mich für diese Formulierung, "Almosencharakter".
Das will ich nicht, weil ich nicht anderen Menschen als Problemfall erscheinen möchte. Stattdessen suche ich Möglichkeiten, mich mit meiner Sozialkompetenz und meinen sonstigen kommunikativen Fähigkeiten gleichberechtigt einzubringen.
Ich brauche Kontakte, wie jeder andere Mensch auch. Aber ich kann auch geben, mich nützlich machen und einen Beitrag für die Gemeinschaft leisten.
Ich möchte nicht beglückt, unterhalten und betüddelt werden, schon gar nicht verwahrt, sondern gleichberechtigt mit anderen Menschen etwas unternehmen, mich unterhalten, mich einer gemeinsamen Sache widmen.
Das heißt nicht zuletzt, dass ich mich beteiligen möchte auf Augenhöhe und nicht Objekt fremder Zuwendung und Sorge sein.
Das nämlich könnte ich nicht ertragen. Da bliebe ich dann lieber für mich alleine, auch wenn mich die Einsamkeit manchmal plagt.
Das kann ich gut verstehen.