Bijoucat
Mitglied
Hallo zusammen,
seitdem meine Tochter auf der Welt ist, baue ich mir Tag für Tag ein immer größeres emotionales Problem mit meiner Mutter auf.
Ich will es euch schildern und möchte fragen: muss ich es aufarbeiten? Wenn ja, wie, wenn sie es doch vorzieht, zu verdrängen und nicht drüber zu reden? bzw. bei einem Gespräch sofort ein Streit entsteht, an dem ich dann "Schuld" bin?
Also. Eigentlich habe ich geglaubt, ich hätte ein gutes Verhältnis zu meiner Mutter. Ich habe sie - bis ich meinen Mann kennenlernte - als stark und mit vollem Einsatz für unser Wohl wahrgenommen. Ich habe noch eine 4,5 Jahre jüngere Schwester.
Ich hätte es wohl länger wissen müssen, dass was nicht stimmte, denn ich habe keine großen Pubertätskämpfe ausgetragen und noch mit 19 sind wir alle zusammen in den Sommerurlaub gefahren - wenn andere junge Erwachsene schon lange etwas allein machen wollen. Zum Studium wollte ich mit 19 auch ja nicht so weit weg von zu Hause. Ich habe meinen Eltern auch irgendwie alles erzählt - nicht, was Liebe betraf oder gar Erotik o.ä. Wir sind sehr "verklemmt" aufgewachsen, muss man dazu sagen. Mein Mann, den ich mit 30 kennenlernte, war gleichzeitig mein erster Freund.
Ich habe in meiner Jugend und bereits Kindheit gelitten, weil ich "anders" war, also ein Bücherwurm, ein "Stubenhocker", wie meine Mutter mich bezeichnete. Ich hatte - weiß ich heute - eine ausgeprägte Sozialphobie, schon mit 6-7 Jahren erinnere ich mich an Angst vor anderen Kindern. Freunde hatte ich sehr wenige, 1-2 maximal und die "normalen" Sachen, die Jugendliche damals gemacht haben, hab ich nie getan. Ich habe auch nie Mist gebaut, nie gelogen. Ich war gut in der Schule und sehr pflegeleicht...
Mein Vater hat viel gearbeitet und er "fand nicht statt" für mich. Er hat meine Mutter auch mit Haushalt, 2 Kindern und Vollzeit-Job allein gelassen und ich hab ihm das lange vorgeworfen. Interessant ist, dass sich das Verhältnis zu ihm in dem Maße zu bessern scheint, wie sich das zu meiner Mutter seit 4 Jahren Schritt für Schritt verschlechtert...Mein Vater ist recht stark von seiner Frau, meiner Mutter, dominiert - wie es oft ist. Er, das weiß ich heute, durfte bestimmte Sachen, z.B. im Haushalt auch gar nicht anfassen, denn sie traute es ihm nicht zu. Er ist, zugegebenermaßen, auch ungeschickt, aber eben auch "untergebuttert".
Das habe ich erst richtig gemerkt, als unsere Tochter geboren wurde. Am Anfang hat er sich nicht mal getraut, sie zu halten und heute schafft er alles - er bringt sie abends auch mal ganz allein ins Bett, er hat sie gewickelt, als das noch nötig war. Er ist unermütlich, wenn sie spielen will und ein richtig guter Opa, der sich selbst zurückstellt und sie fördert und fordert. Ich habe Respekt vor meinem Vater als Opa entwickelt, den ich vor ihm als Vater nie hatte! Meine Mutter ist eigentlich auch eine gute Oma, aber sie zeigt Seiten, wo ich denke: "Ach, guck mal, so hat sie dich auch behandelt und deswegen hat sich das bei dir so und so entwickelt..." Und das ist nicht positiv...
Meine Mutter ist sehr vernünftig, absolut vernünftig. Emotionen hat sie, aber sie unterdrückt sie. Das mag alles auch in ihrer Geschichte liegen, aber es ist ein Problem. Ich glaube, meinen Vater als Ehemann hat sie auch "kopfgesteuert" ausgewählt. Ab einem gewissenen Alter fehlte mir bei ihr die Wärme. Kuscheln, Küsschen war nicht mehr drin irgendwann - ich weiß nicht mehr genau wann, aber ich kann mich dran erinnern. Dennoch habe ich sie über alle Maßen geliebt und immer das Gefühl gehabt, ich müsste auf sie aufpassen. Ich hatte auch ständig Angst um sie, dass sie z.B. tot sein könnte und mich nicht mehr vom Kindergarten abholen - das sind die frühesten negativen Gedanken, an die ich mich erinnere. Aber auch als Erwachsene habe ich das Gefühl entwickelt, dass ich für sie mit verantwortlich bin, sie nicht los lassen kann...Sie vermittelt mir das irgendwie.
Mit meinem Mann trat endlich jemand in mein Leben, der nicht aus dieser Familie war und der einfach anders drauf war und handelte. Er ist sehr familienbezogen, aber er ist abgegrenzt. Seine Mutter lebt 800km weit weg, wie haben Kontakt zu den Geburtstagen und wir besuchen sie ein Mal im Jahr. Sie kommt auch mal lang, aber keinesfalls öfter als ein Mal im Jahr. Sie ist Rentner, wie meine Eltern, aber sie macht ihr Ding und wir teilen nicht viel miteinander, keinesfalls so viel, wie es meine Eltern wünschen.
Und hier ist das Problem. Mein Mann, unsere Tochter, im erweiterten Kreis auch die beiden Halbbrüder aus erster Ehe meines Mannes sind meine "Kernfamilie" und sie haben meine Ursprungsfamilie in der Bedeutung "ersetzt". Wir teilen das Schöne im Leben, gibt es Sorgen und Probleme greife ich aber nicht zum Telefonhörer und bespreche das mit meinen Eltern! War bis vor wenigen Jahren noch anders!! Ich löse mich. Das aber will meine Mutter nicht zulassen. Sagen würde sie was Anderes, aber sie handelt nicht so.
Wir müssen alle paar Tage telefonieren - es geht dann stark um ihre Enkelin, aber auch so um alles Unwichtige, was ich nicht erzählen will oder sie mir erzählen - und mich nicht interessiert...Es hagelt seitens meiner Mutter gute Ratschläge (klar), sie zerbricht sich aber auch den Kopf, was wir in unserer Freizeit machen oder machen sollten...ich würde am Liebsten aber sagen: "Das kann dir doch egal sein...". Würde ich so was sagen, würde ich als "zickig" gelten und - was noch schwieriger ist - meine Mutter schnappt unheimlich gerne ein. Und über dieses "Schuldeinreden" bindet sie mich wiederum. Ich habe dann ein schlechtes Gewissen...
Für eine Diskussion über so Manches, was auch unangenehm werden könnte, ist sie nicht offen. Vor ein paar Wochen ging es mal um Nähe und Distanz und sie war nach einer Minute mega-beleidigt und hat es mir dann noch Tage danach aufs Butterbrot geschmiert. Aussichtslos.
Ich leide zunehmend. Unter den ewigen Anrufen oder aber dem schlechten Gewissen, wenn ich nicht angerufen habe und sie es dann nach ner Woche tun. Darunter, dass ich sofort unter Rechtfertigungsdruck gerate, wenn ich mich mit ihnen unterhalte und ihnen was erzähle, denn dann kommen die berühmten guten Ratschläge...entweder ich ignoriere sie und sage gar nichts oder ich diskutiere und "kämpfe". Anstrengend und energieraubend.
Am Besten ist es mittlerweile ich höre nichts von meinen Eltern. Mit meinem Vater geht es. Er ist ja nicht so der "Telefonierer" und meist bleibt's recht sachlich. Aber, da meine Mutter merkt, dass da was schwierig ist, schickt sie meinen Vater gern vor und ruft dann von hinten ins Gespräch rein.
Ich leide unter dem Abgrenzen, das ich die ganze Zeit irgendwie machen muss. Ich kann doch nicht sagen: "Das geht euch nichts an.", oder? Oder: "Zerbrecht euch den Kopf um euer Zeug." Oder: "Ich bin erwachsen. Das weiß ich alleine. Das kann ich alleine entscheiden." - So etwas denke ich aber immer, wenn ich mit ihnen spreche...
Ich erinnere mich auch an meine Kindheit, jetzt, da unsere Tochter groß wird. Und auch darunter leide ich mehr als ich die schönen Erinnerungen hervorhole - was es auch mal gibt.
Ich merke deutlich, wie dominant meine Mutter die ganze Zeit gewesen ist. Wie man mit ihr bestens auskommt, wenn alles so läuft wie sie will. Aber wie sich das ändert und sie mit Liebesentzug reagiert, wenn man nicht so spurt...
Wie schaffe ich es, "los zu kommen"? Mich abzugrenzen? Ohne Groll? Nicht mehr über die alten Sachen nachzudenken?
Es mag Vieles früher falsch gelaufen sein, denn sonderlich glücklich war ich als Kind nicht, erfolgreich ja, aber nicht glücklich. Aber sie haben ihren Job als Eltern sicher so gut gemacht wie sie konnten. Das sehe ich ein. Mir mangelte es aber immer an Vertrauen, Selbstvertrauen und vielleicht doch auch Vertrauen in meine Eltern. Aber das "aufwühlen"? Kann ich das alleine "bearbeiten"?
seitdem meine Tochter auf der Welt ist, baue ich mir Tag für Tag ein immer größeres emotionales Problem mit meiner Mutter auf.
Ich will es euch schildern und möchte fragen: muss ich es aufarbeiten? Wenn ja, wie, wenn sie es doch vorzieht, zu verdrängen und nicht drüber zu reden? bzw. bei einem Gespräch sofort ein Streit entsteht, an dem ich dann "Schuld" bin?
Also. Eigentlich habe ich geglaubt, ich hätte ein gutes Verhältnis zu meiner Mutter. Ich habe sie - bis ich meinen Mann kennenlernte - als stark und mit vollem Einsatz für unser Wohl wahrgenommen. Ich habe noch eine 4,5 Jahre jüngere Schwester.
Ich hätte es wohl länger wissen müssen, dass was nicht stimmte, denn ich habe keine großen Pubertätskämpfe ausgetragen und noch mit 19 sind wir alle zusammen in den Sommerurlaub gefahren - wenn andere junge Erwachsene schon lange etwas allein machen wollen. Zum Studium wollte ich mit 19 auch ja nicht so weit weg von zu Hause. Ich habe meinen Eltern auch irgendwie alles erzählt - nicht, was Liebe betraf oder gar Erotik o.ä. Wir sind sehr "verklemmt" aufgewachsen, muss man dazu sagen. Mein Mann, den ich mit 30 kennenlernte, war gleichzeitig mein erster Freund.
Ich habe in meiner Jugend und bereits Kindheit gelitten, weil ich "anders" war, also ein Bücherwurm, ein "Stubenhocker", wie meine Mutter mich bezeichnete. Ich hatte - weiß ich heute - eine ausgeprägte Sozialphobie, schon mit 6-7 Jahren erinnere ich mich an Angst vor anderen Kindern. Freunde hatte ich sehr wenige, 1-2 maximal und die "normalen" Sachen, die Jugendliche damals gemacht haben, hab ich nie getan. Ich habe auch nie Mist gebaut, nie gelogen. Ich war gut in der Schule und sehr pflegeleicht...
Mein Vater hat viel gearbeitet und er "fand nicht statt" für mich. Er hat meine Mutter auch mit Haushalt, 2 Kindern und Vollzeit-Job allein gelassen und ich hab ihm das lange vorgeworfen. Interessant ist, dass sich das Verhältnis zu ihm in dem Maße zu bessern scheint, wie sich das zu meiner Mutter seit 4 Jahren Schritt für Schritt verschlechtert...Mein Vater ist recht stark von seiner Frau, meiner Mutter, dominiert - wie es oft ist. Er, das weiß ich heute, durfte bestimmte Sachen, z.B. im Haushalt auch gar nicht anfassen, denn sie traute es ihm nicht zu. Er ist, zugegebenermaßen, auch ungeschickt, aber eben auch "untergebuttert".
Das habe ich erst richtig gemerkt, als unsere Tochter geboren wurde. Am Anfang hat er sich nicht mal getraut, sie zu halten und heute schafft er alles - er bringt sie abends auch mal ganz allein ins Bett, er hat sie gewickelt, als das noch nötig war. Er ist unermütlich, wenn sie spielen will und ein richtig guter Opa, der sich selbst zurückstellt und sie fördert und fordert. Ich habe Respekt vor meinem Vater als Opa entwickelt, den ich vor ihm als Vater nie hatte! Meine Mutter ist eigentlich auch eine gute Oma, aber sie zeigt Seiten, wo ich denke: "Ach, guck mal, so hat sie dich auch behandelt und deswegen hat sich das bei dir so und so entwickelt..." Und das ist nicht positiv...
Meine Mutter ist sehr vernünftig, absolut vernünftig. Emotionen hat sie, aber sie unterdrückt sie. Das mag alles auch in ihrer Geschichte liegen, aber es ist ein Problem. Ich glaube, meinen Vater als Ehemann hat sie auch "kopfgesteuert" ausgewählt. Ab einem gewissenen Alter fehlte mir bei ihr die Wärme. Kuscheln, Küsschen war nicht mehr drin irgendwann - ich weiß nicht mehr genau wann, aber ich kann mich dran erinnern. Dennoch habe ich sie über alle Maßen geliebt und immer das Gefühl gehabt, ich müsste auf sie aufpassen. Ich hatte auch ständig Angst um sie, dass sie z.B. tot sein könnte und mich nicht mehr vom Kindergarten abholen - das sind die frühesten negativen Gedanken, an die ich mich erinnere. Aber auch als Erwachsene habe ich das Gefühl entwickelt, dass ich für sie mit verantwortlich bin, sie nicht los lassen kann...Sie vermittelt mir das irgendwie.
Mit meinem Mann trat endlich jemand in mein Leben, der nicht aus dieser Familie war und der einfach anders drauf war und handelte. Er ist sehr familienbezogen, aber er ist abgegrenzt. Seine Mutter lebt 800km weit weg, wie haben Kontakt zu den Geburtstagen und wir besuchen sie ein Mal im Jahr. Sie kommt auch mal lang, aber keinesfalls öfter als ein Mal im Jahr. Sie ist Rentner, wie meine Eltern, aber sie macht ihr Ding und wir teilen nicht viel miteinander, keinesfalls so viel, wie es meine Eltern wünschen.
Und hier ist das Problem. Mein Mann, unsere Tochter, im erweiterten Kreis auch die beiden Halbbrüder aus erster Ehe meines Mannes sind meine "Kernfamilie" und sie haben meine Ursprungsfamilie in der Bedeutung "ersetzt". Wir teilen das Schöne im Leben, gibt es Sorgen und Probleme greife ich aber nicht zum Telefonhörer und bespreche das mit meinen Eltern! War bis vor wenigen Jahren noch anders!! Ich löse mich. Das aber will meine Mutter nicht zulassen. Sagen würde sie was Anderes, aber sie handelt nicht so.
Wir müssen alle paar Tage telefonieren - es geht dann stark um ihre Enkelin, aber auch so um alles Unwichtige, was ich nicht erzählen will oder sie mir erzählen - und mich nicht interessiert...Es hagelt seitens meiner Mutter gute Ratschläge (klar), sie zerbricht sich aber auch den Kopf, was wir in unserer Freizeit machen oder machen sollten...ich würde am Liebsten aber sagen: "Das kann dir doch egal sein...". Würde ich so was sagen, würde ich als "zickig" gelten und - was noch schwieriger ist - meine Mutter schnappt unheimlich gerne ein. Und über dieses "Schuldeinreden" bindet sie mich wiederum. Ich habe dann ein schlechtes Gewissen...
Für eine Diskussion über so Manches, was auch unangenehm werden könnte, ist sie nicht offen. Vor ein paar Wochen ging es mal um Nähe und Distanz und sie war nach einer Minute mega-beleidigt und hat es mir dann noch Tage danach aufs Butterbrot geschmiert. Aussichtslos.
Ich leide zunehmend. Unter den ewigen Anrufen oder aber dem schlechten Gewissen, wenn ich nicht angerufen habe und sie es dann nach ner Woche tun. Darunter, dass ich sofort unter Rechtfertigungsdruck gerate, wenn ich mich mit ihnen unterhalte und ihnen was erzähle, denn dann kommen die berühmten guten Ratschläge...entweder ich ignoriere sie und sage gar nichts oder ich diskutiere und "kämpfe". Anstrengend und energieraubend.
Am Besten ist es mittlerweile ich höre nichts von meinen Eltern. Mit meinem Vater geht es. Er ist ja nicht so der "Telefonierer" und meist bleibt's recht sachlich. Aber, da meine Mutter merkt, dass da was schwierig ist, schickt sie meinen Vater gern vor und ruft dann von hinten ins Gespräch rein.
Ich leide unter dem Abgrenzen, das ich die ganze Zeit irgendwie machen muss. Ich kann doch nicht sagen: "Das geht euch nichts an.", oder? Oder: "Zerbrecht euch den Kopf um euer Zeug." Oder: "Ich bin erwachsen. Das weiß ich alleine. Das kann ich alleine entscheiden." - So etwas denke ich aber immer, wenn ich mit ihnen spreche...
Ich erinnere mich auch an meine Kindheit, jetzt, da unsere Tochter groß wird. Und auch darunter leide ich mehr als ich die schönen Erinnerungen hervorhole - was es auch mal gibt.
Ich merke deutlich, wie dominant meine Mutter die ganze Zeit gewesen ist. Wie man mit ihr bestens auskommt, wenn alles so läuft wie sie will. Aber wie sich das ändert und sie mit Liebesentzug reagiert, wenn man nicht so spurt...
Wie schaffe ich es, "los zu kommen"? Mich abzugrenzen? Ohne Groll? Nicht mehr über die alten Sachen nachzudenken?
Es mag Vieles früher falsch gelaufen sein, denn sonderlich glücklich war ich als Kind nicht, erfolgreich ja, aber nicht glücklich. Aber sie haben ihren Job als Eltern sicher so gut gemacht wie sie konnten. Das sehe ich ein. Mir mangelte es aber immer an Vertrauen, Selbstvertrauen und vielleicht doch auch Vertrauen in meine Eltern. Aber das "aufwühlen"? Kann ich das alleine "bearbeiten"?