Ich kämpfe seit längerer Zeit mit sehr belastenden Zwangsgedanken, die meinen Alltag stark einschränken. Dazu kommen körperliche Symptome wie innere Unruhe, Schüttelfrost, Übelkeit und Magenprobleme. Medikamente haben mir bisher nicht geholfen, sondern eher Nebenwirkungen verursacht, weshalb ich gerade auf einen neuen Psychologen auf der Warteliste warte.
Hast du abklären lassen ob die Symptome körperliche Ursachen haben? Falls nicht wäre es eine Idee das abklären zu lassen solange du auf den neuen Therapieplatz wartest.
Ein großes Thema für mich ist auch meine Isolation: Ich bin 34 und habe noch nie eine Beziehung oder körperliche Nähe erlebt. Das macht mir sehr zu schaffen und verstärkt meine Zwangsgedanken. Ich habe große Schamgefühle, darüber zu sprechen, selbst mit Fachpersonen.
Ich bin älter als du und hatte auch noch nie eine Beziehung. Ich glaube es gibt viele Menschen, denen es ähnlich geht (egal ob neurotypisch oder neurodivers). Aber wahrscheinlich schämen sich die meisten zu sehr und verheimlichen es oder lügen deswegen. Kann ich verstehen, mir geht/ging es genauso.
Aber warum sollten wir uns eigentlich schämen? Wir haben schließlich keine Straftat begangen und ein Popel hängt uns auch nicht aus der Nase.
Was Dating betrifft, habe ich viel versucht – z. B. Apps wie Bumble –, aber dort fast keine Resonanz erhalten. Auch im Alltag fällt es mir schwer, neue Menschen kennenzulernen, da ich als Autist schnell überfordert bin und die meisten sozialen Situationen für mich wie „Höllenfahrten“ wirken. Mit der Zeit hat das mein Gefühl verstärkt, komplett ausgeschlossen zu sein.
Dating-Apps folgen einer seltsamen Logik, dh ich würde dortige Erfolge oder Misserfolge (wenn möglich) nicht persönlich nehmen. Das Unlogische daran ist nämlich aus meiner Sicht, dass diese Apps (Beziehungs-)Erfolge versprechen, aber gleichzeitig gewinnorientierte, kommerzielle Angebote sind. Ergo erschließt sich mir der Sinn nicht, warum es im Interesse der Anbieter liegen sollte, dass die Nutzer in erfolgreiche Beziehungen kommen - denn das wäre ja ein Kapitalverlust. Ob dieser durch die stetig steigenden Singlehaushalte ausgeglichen werden kann, weiß ich nicht - aber selbst wenn, rechtfertigt das dennoch nicht diese undurchsichtige Geschäftsstrategie. Ohne also Verschwörungstheorien verbreiten zu wollen: Vielleicht hat diese ominöse Geschäftsidee der Dating-Apps eine gewisse Mitschuld an etwaigen Misserfolgen und du bist evtl. gut beraten dir das nicht zu deinem Problem zu machen.
Dein Nachteil bei dem Ganzen ist meiner Meinung nach auch, dass du ein Mann bist. Da kannst du aber nichts dafür. Nur leider hat es sich gesellschaftlich eben über Jahrhunderte so etabliert, dass Männer generell den aktiveren Part bei der Beziehungsanbahnung übernehmen müssen. Falls du eher schüchtern, introvertiert und/oder unbeholfen im sozialen Kontakt bist, dann weiß ich deshalb nicht ob du dir selber einen Gefallen tust, wenn du dich an die typischen "menschlichen Balz-Plätze" wie DatingApps, Clubs etc begibst? Für mich sind das zum Beispiel die "Höllenfahrten" (und ich bin ne Frau). 🙂
Es gibt neutrale Apps die nur auf Freizeitaktivitäten ausgerichtet sind (zB spontacs). Und die Freizeitangebote auf diesen Apps sind ganz unterschiedlich: für große oder kleine Gruppen, Museumsbesuche, Wandern, verschiedene Sportangebote, Spieleabende usw. In meiner Stadt gibt's zum Beispiel auch eine Gruppe für neurodiverse Menschen, da sind die Angebote dann entsprechend angepasst. Mir gefällt das ganz gut.
Finanziell lebe ich am Existenzminimum, was zusätzliche Hürden schafft – viele Hilfsangebote oder Beratungen sind für mich schlicht nicht bezahlbar. Dadurch habe ich oft das Gefühl, dass es keine realistische Hilfe für mich gibt, und ich muss einfach „durchhalten“.
Hast du schon mal bei der Kassenärztlichen Vereinigung angerufen? Die helfen dir bei vielem kostenlos wenns um Themen wie geeignete Therapieform, Therapeutensuche etc geht. Deine Krankenkasse kannst du auch anrufen und fragen, ob die irgendwelche kostenlosen Präventivangebote o.ä. anbieten. (Nachtrag: Habe vergessen dass du nicht in Deutschland lebst. Ich weiß leider nicht, welche Möglichkeiten das Gesundheitssystem in deinem Land bietet. Tut mir ehrlich leid)
P.S. Ich bin selber im Spektrum und wirke deshalb manchmal ungewollt unsensibel und neige dazu mich thematisch in Details zu verlieren (es sei denn ich bin im Masking-Modus - was ich hier aber eigentlich vermeiden will). Wenn dich etwas stört oder ich deine Gefühle verletzt habe, sag mir bitte Bescheid.