Hallo an das Krümelmonster von einem Geisteswissenschafter!
ich schreibe hier mal von meinen Erfahrungen vor der Pandemie:
Bei Seminaren, also davor oder danach, unterhielt ich mich mit Kommilitonen meist über eher belanglose Dinge, ob man bei dem Dozenten schon mal war, welches Nebenfach man studiert und dergleichen.
In Seminaren selbst sah ich Kommilitonen meist wie Kollegen an. Wir diskutierten in vielen Seminaren miteinander einen Ansatz oder eine Forschungsfrage. Dabei habe ich versucht, eventuelle Gefühle für andere Leute auszuklammern. Wenn ich mal jemandem widersprochen habe (einmal sogar dem Doz
), bin ich auf die Arguemente eingegangen, ohne das irgendwie zu werten, sondern habe einfach das Gesagte aufgegriffen und mit Argumenten etwas dazu gesagt, z. B. "ich würde diese Stelle von Herodot anders interpretierten, weil wir haben ja im Griechischen Original das Wort xy und das kann ja auch anders übersetzt werden, bla bla." Möglichst emotionslos, reine Fakten und Begründungen.
Dass ich mit Mitstudierenden über Probleme sprach, kam durchaus vor, aber erst, wenn ich diejenigen länger kannte.
Einerseits ist es nicht nur in der Uni, sondern überall, sinnvoll, Leuten nicht gleich zu viel von sich zu erzählen. Auch, weil man manche Leute damit verschrecken kann.
Andererseits bin ich der Meinung, dass die Uni schon ein guter Ort dafür ist, um eventuell eine/n Partner/in kennen zu lernen. Man ist dort mit Menschen zusammen, welche die gleichen Interessen haben, da hat man schon mal ein Thema für eine Unterhaltung. Auch später, sollte sich eine Beziehung daraus entwickeln, macht es diese Ähnlichkeit von Interessen einfacher, weil man z. B. zusammen in ein Museum/eine Ausstellung gehen kann, ohne, dass sich der/die Andere langweilt.
Denn früher oder später könnte das Vertrauen, das man anderen entgegen bringt, gegen einen verwendet werden.
Ich weiß nicht genau, was Du damit meinst. Es klingt fast so, als wäre Dir das schon einmal passiert. Falls ja, das kenne ich auch. Bei mir war es nur auch in Bezug auf Freundschaften so, ich bin deshalb an der Uni weitgehend ein Einzelkämpfer. Ich würde versuchen, das aufzuarbeiten und sich zu vergegenwärtigen, dass nicht alle Menschen so sind. Es gibt Leute, die haben ein ehrliches Interesse daran, Dich kennenzulernen. Ohne Hintergedanken oder irgendwelche bösen Absichten. Es gibt sie, ich habe welche getroffen
. Und es gibt sie sicher auch in Deinem Umfeld. Auch wenn man sie oft nicht sieht und eine negative Erfahrung verallgemeinert. Aber da hilft es denke ich, wenn der Kopf, der diese Information "Es gibt auch andere Menschen, die gutmütig sind" kennt, einfach den Gefühlen, die diese Erfahrung verallgemeinern, sagt, sie mögen mal still sein
. Ich selbst muss mir das immer wieder in Gedanken sagen, weil ich es nicht glaube. Aber in dem Fall hat der Kopf Recht.
Vielleicht hilft es Dir, wenn Du dich langsam vortastest. Immer wieder in dich gehen und schauen, ob es sich richtig anfühlt. Wenn du ein gutes Gefühl dabei hast und bereit bist, den nächsten Schritt gehen. Oder den nächsten Schritt des/der Anderen annehmen, so die Gegenseit den nächsten Schritt tut. Wie sagte einst ein Abt in einem Kloster zu mir, als ich fragte, wie man Vertrauen zu Menschen wieder erlangen kann, wenn man es mal verloren hat: "Ganz, ganz langsam wieder die Fühler ausstrecken."
Wenn jemand ehrliches Interesse an Dir hat, denke ich, wird die Person da kein Problem mit haben, sondern sich über jeden Schritt freuen, den Du vorwärts machst und den Du sie vorwärts machen lässt. Und ist er noch so klein.
Und vielleicht ist es hilfreich, sich abseits der Emotionen ein Bild der Person zu machen. Welche Musik hört er/sie? Sagt die vielleicht etwas über den Charakter aus? Wenn ja, kann ich so jemanden in mein Leben lassen? Wie geht die Person mit anderen Menschen um? Wie verhält sie sich in Diskussionen? ich könnte noch weitere Fragen aufwerfen, aber das würde zu lang.
Ich hoffe, ich konnte Dir etwas helfen und wünsche Dir Alles Gute und viel Erfolg in der Uni trotz Pandemie
Grüße aus dunklen Wäldern