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Wenn das Hobby zur Qual wird

samsa

Mitglied
Hallo,
ich habe bereits zu einigen anderen Problemen ein Thema eröffnet. Im Moment habe ich ziemlich mit meinem Hobby zu kämpfen, was vielleicht zunächst paradox klingt. Ich spiele Gitarre, mittlerweile schon gut 10 Jahre. Das Problem dabei ist: wie ich an anderer Stelle schon erwähnt habe, bin ich sehr zurückhaltend und in gewissen Situationen sogar soziophob. Besonders wenn es darum geht, dass ich zeigen soll, was ich kann, wenn die Leute von mir erwarten etwas gut zu können, lähmt mich das. Aber gerade das Musizieren ist natürlich etwas, was alleine auf Dauer nicht sehr aufregend ist, viel mehr Spaß macht es mit mehreren - normalerweise. Aber dadurch, dass ich mich in solchen Situationen dermaßen unter Druck setze und mich fast wie gelähmt fühle kann ich das nicht genießen. Ich habe schon oft darüber nachgedacht, das Hobby aufzugeben und rede mir dann ein, sowieso kein Talent zu haben. Auf der anderen Seite mache ich das nun schon so lange und an sich macht mir Gitarre spielen auch spaß. Meine Eltern sagen auch, ich sollte das nicht aufgeben.
Die Musikschule, an die ich im Moment gehe veranstaltet bald ein Konzert. Die erste Probe hat neulich stattgefunden und lief schonmal nicht sehr prächtig. Ich kam mit dem Verstärker dort nicht ganz klar und mein Lehrer meinte heute, ich müsse sowas schneller hinkriegen, ich sei schließlich nciht mehr 10, mir fehle es wohl an Routine. Und damit hat er ja auch zweifelsfrei recht. Aber was soll ich machen? Wenn jemand 10 Jahre spielt erwartet man normalerweise Souveränität, aber die hab ich nciht... Spieltechnisch hab ich zwar was drauf, aber an dem ganzen Drum und Dran haperts, falls ihr versteht, was ich meine...
Gibts vielleicht jemanden, der das kennt oder jemand, der mir sagen kann, was ich tun soll?
 

Polux

Aktives Mitglied
Hallo samsa,
eine Frage von mir:
magst du dein Publikum?
scheint dir vielleicht eine komische Frage – was ich damit meine ist

du beschreibst dich als ‚Opfer’
… wenn die Leute von mir erwarten etwas gut zu können, lähmt mich das….
bist du sicher, dass die Leute das erwarten? woher weißt du das so genau? wie ist es, wenn du als Zuhörer im Publikum sitzt?

da du nie genau wirklich wissen kannst was die Leute von dir denken wird dich das nachsinnen darüber wenig weiter bringen. Selbst wenn du jeden einzelnen fragst, kannst du dir nicht sicher sein ob sie dir ‚die Wahrheit’ sagen oder nur höflich sein wollen.

Ein ‚Tipp’ von mir wäre – fang an dir Fragen zu der Situation zu stellen. Und beantworte dir die Fragen ‚wahrhaftig’ und nur für dich (kann ja ganz geheim bleiben :) ).
Warum mache ich das?
Warum reicht mir Gitarre spielen alleine nicht?
Mag ich vielleicht doch den Applaus?
Wen will ich nicht enttäuschen?
Was wäre so schlimm daran?
Mag ich mein Publikum?
Passen alle nicht auf?
Erwarten alle, dass ich so gut bin?
Sind manche gar nicht wegen mir hier?

Indem du dir Fragen zu der Situation stellst arbeitest du dich aus der Opferrolle heraus und wirst ‚Subjekt’. Übernehme für deinen Teil die Verantwortung, aber nicht mehr. Ob Leute von deinem Spiel ‚enttäuscht’ sind ist erst einmal ihr Problem. Wie sich das Publikum fühlt – darauf hast du nur begrenzten Einfluss. Selbst wenn du absolut perfekt spielen würdest könnten Leute dabei sein die grad so schlecht drauf sind, das ihnen das am Allerwertesten vorbei geht.

Die ‚Seiten zu wechseln’ – vom ‚Opfer’ zum ‚Subjekt’ zu werden ist eine Übung. Man wird von Mal zu mal besser.
Erfolg. Polux
 

vanDark

Aktives Mitglied
Huhu Samsa,

erst mal finde ich die "Anmache" deines Lehrers nicht besonders cool.
Nur, weil jemand 10 Jahre spielt, heißt das noch lange nicht, er muss alles können und alles wissen. Du beherrschst dein Instrument und das ist mehr, als man von vielen Musikern zu erwarten hat!
Ich habe auch mehrere Jahre Gitarre gespielt, zwar mal kurzfristig in zwei "Bands" (aber ohne Auftritte) mit nem anderen Verstärker, aber ansonsten auch nur mit meinem Übungsverstärker zuhause. Ich hatte anfangs genausowenig nen Plan, wie ich diesen Bandverstärker einstellen sollte und musste mich erst daran gewöhnen. Na und?

Aus eigener Erfahrung (hatte in letzter Zeit ziemlich viel Umgang mit Musikern) kann ich dir nur sagen: Setz dich nicht zu viel unter Druck und denk nicht, dass die anderen das alles gleich viel besser hinbekommen würden und frag dich nicht, wie du diese hohen Erwartungen erfüllen sollst.
Wenn du dich verspielst, dann ist das eben so. Einfach weiterspielen, nicht aufhören und dir nix dabei denken, ehrlich.

In "Amateur"musikerkreisen wird man dich wegen nem Verspieler vielleicht dumm anmachen oder belächeln, aber wenn du mit professionellen Musikern spielen bzw. im Studio stehen würdest, dann würde mans halt nochmal einspielen - ohne mit der Wimper zu zucken oder nen dummen Spruch loszulassen. Wenn man dich überhaupt spielen lassen würde oder gleich nen Studiomusiker arrangiert um Zeit zu sparen :D

Du spielst seit zehn Jahren und wenn du gut bist (hast du ja angedeutet), dann brauchst du dir nichts denken. Kenn das noch von meinen Gitarrenstunden. Wenn ich mich unter Druck gesetzt habe, dann hab ich mich sogar andauernd vor meinem Lehrer verspielt, so verkrampft war das, obwohl ich meine Übungen beherrscht habe. Erst als ich aus Zeitmangel nicht mehr so zum Üben gekommen bin und mir dachte, das wird heut eh nix, liefs besser, weil ich mich nicht mehr so unter Druck gesetzt habe.

Also fühl dich nicht schlecht, nur weil du dich vielleicht mal verspielen könntest oder mit dem Verstärker ein bisschen länger fummeln musst. Da ist gar nichts dabei, ehrlich.
Und wo soll Konzerterfahrung denn herkommen, wenn du noch nie auf einem Konzert gespielt hast? Deshalb brauchst du dir da auch nix groß vorwerfen. Freu dich auf das Konzert und genieß es. Und sollte was schiefgehen - dann geht die Welt auch nicht unter - wievielen Stars ist schon mal ne Panne passiert, lach :)
Und selbst wenn es dein Lehrer oder ein Musikerkollege vielleicht besser oder gleich schneller hinbekommt - zu Ruhm und Reichtum hats trotzdem nicht gereicht :p Du spielst nicht professionell und verdienst dir damit deine Brötchen, insofern brauchst du dich nicht unter Druck setzen. Behalte das im Hinterkopf. Nur weil andere was erwarten, heißt das noch lange nicht, dass du verpflichtet bist, das zu erfüllen (zumindest im Hobbybereich :D).

Und das Problem kenne ich durchaus, dass wenn die Erwartungen an einen von Vornherein zu hoch gesteckt sind, dass man dann noch mehr unter Druck steht - ganz ehrlich, da gehts nicht nur dir so, da gehts mir so und noch ganz vielen männlichen Kollegen auch. die können es meistens nur besser verstecken :).
Ich hab mir da echt eine totale Antihaltung aufgebaut und denke mir bei solchen Situationen oft "Ich geb mein Bestes und wenn das nicht reicht, dann halt nicht. Gibt Schlimmeres." Und dann denke ich mir meistens noch, dass sich - wenn nicht sogar ich selbst - niemand mehr daran erinnern wird, wenn was schiefgeht. Das hilft echt.
Oder machst du dir jetzt noch nen Kopf, weil du vor Jahren mal ne Mathe-Schulaufgabe verhaun hast. Meistens kommt einem noch das Grinsen bei solchen Erinnerungen.
Die Erde dreht sich immer weiter!

Insofern: Du schaffst das schon. Und Lampenfieber vorm Konzert ist normal :) Also Kopf hoch und auf die Bühne (oder Augen zu und durch :D) - nur nicht zuviel Nachdenken!
Und wenn du wüsstest, was ich schon für zitternde Gitarristen auf der Studiocouch gesehen habe, die sich vor ihren Aufnahmen am liebsten unterm Perser verkrochen hätten - da bist du also nicht alleine :D

LG,
vanDark
 

Ikewa

Aktives Mitglied
Hallo samsa,

hör auf vanDark, sie hat Recht :D

Nervosität gehört einfach dazu. Warte nicht darauf, dass sie nachlässt sondern akzeptier sie einfach und mach das was Du kannst, nämlich spielen und wenn was schiefgeht - weiterspielen. Die Musiker die ich kenne haben nie aufgehört aufgeregt zu sein, die haben nur gelernt ihre Fehler mit Humor zu nehmen und weiterzumachen. Vielleicht wäre das ja auch ein Denkansatz für Dich :)

Mit der Technik ging es mir (Bass) auch jedes Mal so dass ich mich erst reinfinden musste. Jeder Amp sieht anders aus und klingt auch anders, da dauert es eben bis alles steht.

Ich war viel mit Bands unterwegs und da haben sich bei jedem Gig 4 oder 5 Bands die Anlage geteilt die im Haus war oder eine Band hat ihre Anlage mitgebracht und allen zur Verfügung gestellt. Da hat es auch immer gedauert bis es weiterging und auch während und nach den ersten Stücken wurde noch nachjustiert. Soviel zu: "das muss schneller gehen".

Also, wie immer: don't panic!

Liebe Grüße,

Ikewa
 

vanDark

Aktives Mitglied
Ach und Samsa....

und selbst wenn du merkst, dass das gar nichts für dich ist - mit anderen spielen, Publikum usw. (da gibt es einige Menschen, denen das nicht liegen würde, also verurteile dich nicht, wenn es einfach nicht dein Ding ist), dann würde ich das Gitarrespielen dennoch auf keinen Fall aufgeben!

Es gibt so viele Möglichkeiten, am PC seine Musik "zusammenzubasteln" - da brauchst du - böse gesagt - auch gar keine Mitmusiker :D
Klar wird nie alles so authentisch klingen können, wie wenn du z.B. nen echten Schlagzeuger dasitzen hättest, aber mit den heutigen Möglichkeiten der Technik kann das schon ganz gut hinkommen. Und ein Monsterbudget brauchst du für den Start auch nicht unbedingt.

Sowas könntest du als neue Motivation für dein Hobby auch durchaus in Betracht ziehen - hast bestimmt auch ne Menge Kreativität in dir.
Und den ersten komplett eigenen Song fertig zu haben, ist auch ne tolle Sache.
Gibt auch erfolgreiche Bands bzw. Ein- oder Zweimannprojekte, wobei die Gitarre das einzig echte Instrument ist und der Rest aus der Kiste kommt :)

Für die eigene Musikalität gibt es immer Wege und die sind notfalls auch nicht von Anderen abhängig :)

Wenn ich meine Gitarren so ansehe, könnte ich mich jedenfalls heute noch in den Allerwertesten beissen, dass ich damals aus Zeitmangel (und auch aus deinen Gründen alla "Alleine ist das eh doof") hingeschmissen habe. Heute würde ich das sehr gerne wieder können...

Also nicht aufgeben und fürs Unterdrucksetzen gibts doch eigentlich gar keinen Grund, stimmts :).

LG,
vanDark
 

samsa

Mitglied
wow, ich danke euch sehr für die aufschlussreichen Antworten!
gerade deinen tipp mit dem Musik selbst zusammenbasteln finde ich gut, Vandark. Denn um ehrlich zu sein hatte ich ja schon ein paar Konzerte, ganz ohne Erfahrung bin ich also nicht, aber für mich war das bisher jedesmal mehr Stress als Spaß und ob das Zweck der Sache ist weiß ich nicht... Und das Aufnehmen hab ich an sich schon des öfteren für mich gemacht, bloß ist mein Equipement dafür insgesamt nicht ganz tauglich, aber spaß machts schon. Ich glaube ich bin einfach wirklich nciht so der Publikumsmensch...
aber naja, ich werd trotzdem mal versuchen an meiner Einstellung zu arbeiten und mich in Zukunft nicht mehr so unter Druck zu setzen:)
 
G

Gordon

Gast
Hi Samsa,

Ich spiel auch schon seit 8 Jahren Gitarre und habe die selben Erfahrungen gemacht.
Der erste Auftritt vor Publikum fühlte sich an wie eine wichtige Prüfung. Kloß im Hals, schlottrige Knie, Angstschweiß und ein alles andere als gutes Gefühl. Der zweite Auftritt war genauso aber nicht mehr ganz so schlimm. Nach und nach mit jedem weiteren Auftritt fühlte ich mich immer besser und es fing an Spaß zumachen. Eine Zeit lang merkte ich aber das es stagnierte obwohl ich auf das ultimative Erlebnis hoffte. Viele Auftritte später und das letzte Konzert meiner Band, dann gab es für mich ein Aha-Erlebnis. Ich hatte mir immer ein gewisses Ziel für jedes Konzert gesetzt. Ob es mal endlich alles richtig spielen war oder das Publikum zum richtig abgehen bringen. Diese Erwartungen an mich selber haben eine Blockade im Kopf errichtet. Dann kam das letzte Konzert. Alles war egal, war ja schließlich das letzte Konzert. Naja es ging einfach nur noch um den Spaßfaktor. Was soll ich sagen. Obwohl ich glaub falscher gespielt hab als je zuvor wars das geilste Konzert was ich bis dato hatte. Kein Druck keine Erwartungen. Das war das ultimative Rezept. Diese Ausgelassenheit hat das Publikum regelrecht angesteckt.

Die Musiklehrererfahrung hab ich natürlich auch mitgenommen. Ich hab mich aber gerecht :). In meinem ganzen Leben war ich nur 3 mal beim Musikunterricht. Meine Erwartungen richteten sich darauf bekannte Rocksongs nachzuspielen. Mein Gitarrenlehrer von damals hat mich gleich erstmal zusammen gestaucht weil ich gleich mit einer E-Gitarre beim Unterricht ankam. In der 3. Lehrstunde kam ich nochmal auf Rockmusik zusprechen. Er sagte zur mir: "Du kannst noch nichtmal deine Gitarre gerade halten und versuchst auf großen Rockstar zumachen. Ich bezweifle das du jemals überhaupt an mein Spielniveau heran reichen wirst!". In den nächsten Jahren brachte ich mir es selber bei. Für Punkrock hat es gereicht. Nach 6 Jahren spielte ich in keiner Band mehr und das Internet gab genug Lehrvideos her. Ab diesem Zeitpunkt habe ich richtig angefangen zu lernen und zu üben. jetzt 2 Jahre später rennen meine Finger das Griffbrett rauf und runter. Vor 2 Monaten gabs in der Musikschule einen Schnupperkurs. Ich also hin. Mein alter Gitarrenlehrer erkannte mich wieder und sagte zu mir wortwörtlich: "Na, willst du es noch mal versuchen?" ;D. Er hat sich übrigens weiterentwickelt. Er lehrt jetzt auf E-Gitarren. Ok, ich mein edles Schmuckstück ausgepackt. Er erstmal die Augen gerollt. Naja und dann hab ich ordentlich losgelegt. Als ich fertig war und zusammen gepackt habe sagte ich nur: "Ich lass es lieber, denn ich befürchte sie als Lehrer zu diskreditieren weil sie nicht an mein Niveau heran reichen!".

Er hat gelacht und auch verstanden was ich wollte.
 

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