Aus Erfahrung mit meiner vor einigen Jahren psychisch erkrankten Schwester weiss ich, dass ein wenig liebevoller Druck und Motivationsarbeit schon sehr nützlich sein kann.
Ich würde das Problem direkt angehen, ihm sagen dass du klar erkennst, das was mit ihm nicht stimmt und er professionelle Hilfe braucht, du dir Sorgen machst und du und er selber weiss, dass eine Therapie wichtig, ggf. überlebensnotwendig für ihn ist, damit seine Psyche nicht total abkachelt und er sich selber und auch dir nen Gefallen tun würde wenn er zum Arzt, ggf. in eine Klinik geht.
Biete an ihn zum Arzt zu begleiten oder ihm das Terminmachen abzunehmen etc.
Wie Lydia richtig beschrieben hat ist Antriebsschwäche oft ein Knackpunkt und auch fehlende Einsicht..die man jedoch an sich einem Kranken auch recht leicht einreden kann..so war es damals bei meiner Schwester...zwar kam danach auch wieder ne bockige Phase..und ich habe mit kleinen Erpressungen (entweder du bleibst in Klinik oder ich fahre denn ich kann nicht mit ansehen wie du psychisch vor die Hunde gehst) gekontert...zusätzlich wurde sie noch von den Fachärzten de-eskalativ (ja du hast recht, aber findest du nicht auch, dass ....also immer sanft hintenrum Druck) bearbeitet und war nach einigen Wochen "angedoct" ...d.h. freiwillig Mitarbeitsbereit in der Therapie...
Ich habe auch schon recht taktisch-gezielt im engen Schulternschluss mit den Freunden meiner Schwester gewirkt, da ich einige hundert Kilometer vom Wohnort meiner Schwester wohnte habe ich mir die Freunde und Bekannten meiner Schwester gekrallt und auf charmante Weise so instruiert, dass sie auf jeden Fall Kontakt zu meiner Schwester halten und sie auch dazu ermutigen die Therapien fortzusetzen...wenn das von allen Seiten so kommt besteht hohe Aussicht auf Einsicht.
Schweigen und Isolation sind oft der Grundstein zu fortgesetzter Krankheit und manifestieren die Erkrankung oft erst.
Ich habe mich damals zunächst auch recht hilflos gefühlt, aber konkret was dagegen getan indem ich mich schlau gemacht habe wie ich helfen kann und halt aktiv geworden bin...ich denke das hat meiner Schwester und auch mir viel gebracht. Wichtig ist immer dass man nur Hilfe zur Selbsthilfe gibt, dem Erkrankten die Würde der Selbstbestimmung läßt, es sei denn es besteht Selbstmordgefahr od.ä...dann würde ich auch sozialpsychiatr. Dienst oder ggf. Zwangseinweisung in Erwägung ziehen...aber Zwangseinweisung nur als allerletzten Ausweg. Man muss da schauen wie der Einzelfall liegt.
Wichtig für deinen Freund ist ihm zu zeigen, dass du für ihn da bist und keine Berührungsängste hast, dass er aufgrund seiner Krankheit nicht weniger dein Freund ist etc.aber du schon als sein Freund den Anspruch ihm ggü stellst, dass er sich selber um sich kümmert....er sich verantwortungsbewusst benimmt und um seine Gesundheit kümmert. Ein bissel emotionalen Druck ausüben, in der Akutphase begleitend an die Hand nehmen und motivieren und in Therapie lotsen und auch während der Therapie in Kontakt bleiben, sich interessiert zeigen, ermutigen drüber zu reden etc.
Viel Glück!
Tyra