Micha300672
Mitglied
Teil 1
Hallo und guten Morgen alle,
ich möchte heute mal erzählen, was ich hier in meinem Job so erlebe. Vorab - ich besitze ein Taxiunternehmen und fahre auch jeden Tag selbst, vorwiegend Krankenfahrten und am Wochenende eben auch Taxifahrten. Und da lernt man natürlich eine Menge Menschen kennen. Ich möchte mal von zwei Fahrgästen erzählen, deren Leben bzw. Geschichte mich doch sehr nachdenklich macht.
Ein Mann, Ende 50. Seit Geburt gehörlos, hat noch zwei Schwestern. Die eine Schwester hat schon lange keinen Kontakt mehr zur Familie, die andere Schwester nur sporadisch. Er lebt zusammen mit seinen hochbetagten Eltern (beide über 90). Bis vor einem halben Jahr haben die drei im eigenen Haus gewohnt. Aber das ging einfach nicht mehr von der Arbeit her und sie sind in eine Mietwohnung gezogen. Der Mann - unser Fahrgast, nennen wir ihn einfach Johannes - wird seit knapp drei Jahren jeden Tag von und zur Arbeit gefahren. Früher hat das seine Mutter gemacht, aber die kann es nicht mehr. Er hat Früh- und Spätschicht in einer Fabrik, im Winter ist es dann morgens auf dem Weg zur Arbeit noch dunkel oder eben schon dunkel, wenn er abends geholt wird. Geht er 22 Tage im Monat arbeiten, kommen da gut und gerne 1200 Euro zusammen.
Er steigt grundsätzlich hinten ein, eine Konversation ist mit ihm nur sehr bedingt möglich, da er eben gehörlos ist. Wenn er uns was mitteilen möchte, hält er uns einen von seiner Mutter geschriebenen Zettel hin. Ein Smartphone besitzt er nicht, haben wir aber schon öfter vorgeschlagen, da wir ihn nicht erreichen können, sollte man irgendwas bei uns schief gehen und er wartet auf die Abholung von der Arbeit. Aber so ein Smartphone boykottieren seine Eltern kathegorisch. Und wie ich mittlerweile weiß, boykottieren sie genauso kathegorisch, dass dieser Mann ein selbstbestimmtes Leben führt. Dabei hat er einen Führerschein, kann auch Auto fahren. Darf aber nicht.
Er hat auch mal kurzzeitig in einer Einrichtung gelebt für hörbehinderte Menschen und dort wohl sogar ein Mädchen kennengelernt. Als seine Eltern dahinter gekommen sind, musste er wieder nach Hause ziehen. Seitdem lebt er dort mit Mutter und Vater. Hat keine Freunde, außer seinen Arbeitskollegen keine sozialen Kontakte. Obwohl.... soziale Kontakte kann man das nicht nennen. Er geht in die Firma, stempelt an, bedient seine Maschine, stempelt ab, geht nach Hause. In den Pausen sitzt er allein, isst seine Brote. Er ist da, aber niemand interessiert sich für ihn. Und umgekehrt hat er wohl kein Interesse an anderen Menschen. Er wirkt verbittert, knallt die Türen mehr als nötig zu, stiert die sechs Kilometer Wegstrecke aus dem Fenster. Man merkt ihm Frust und Ärger an. Sieht er unterwegs mal ein Reh oder einen Fuchs auf einer Wiese stehen, weichen seine Gesichtszüge auf und man sieht ein wirklich fröhliches Lächlen.
Wie ich mittlerweile weiß, sind die Eltern streng katholisch. Man hat ihm wohl beigebracht, dass Frauen verdorben sind und er anständig sein muss. Und das geht halt nur unter der Obhut der Eltern. Er hat in einem kleinen Dorf gelebt mit 55 Einwohnern, jeder kennt jeden. Einhellige Meinung der anderen Bewohner: "An Johannes haben sich seine Eltern versündigt." Heißt wohl soviel wie, sie haben ihn emotional total verkrüppeln lassen.
Zweites Beispiel: Stefan. Er ist 45 Jahre alt, seit vier Jahren Dialysepatient, fährt dreimal die Woche mit uns. Durch seine Erkrankung kann er sehr schlecht sehen, was aber nicht immer so war. Und seit Geburt hatte auch er immer Probleme mit seinem Gehör, was aber mittlerweile durch OPs und Hörgeräte recht gut gelöst ist.
Stefan hat keine Geschwister, sein Vater starb, als er drei Jahre alt war. Da stand seine Mutter mit dem Bauerhof und dem Kind allein da. Seine Mutter war 40, als er geboren wurde und schon als Kind war er oft kränklich. Weil es ja weitergehen musste mit der Landwirtschaft, kam ein lediger Hofverwalter, der den Laden schmeissen sollte. Hat er auch - und gleich noch Stefan's Mutter geheiratet. Für ihn wurde das Leben damit zur Hölle. Der Stiefvater behandelte ihn immer schon wie die letzten Dreck. Schlug ihn und die Tiere, bestimmte, wo es langgeht. Ich habe diesen Mann auch schon kennengelernt und ich muss sagen, ich habe noch nie einen Tyrannen und Despoten wie ihn erlebt. Eine solche Verachtung gegen Mensch und Kreatur sucht ihresgleichen...
Seit Stefan 18 Jahre alt ist, läuft der Hof mit allem, was dazugehört auf seinen Namen. Aber er hat nichts zu sagen. Alles und restlos alles bestimmt der Stiefvater. Aber - Stefan muss alles unterschreiben, haftet mit seinem Namen.
Bis vor vier Jahren hat er auf dem Hof selbst gearbeitet. Gern hätte er sein Leben lang was Anderes gelernt, in der Industrie oder so. Aber seine Mutter hat ihm immer gesagt, aufgrund seiner Handicaps will ihn eh niemand haben, er solle lieber am Hof bleiben. Nie hat Stefan eine Freundin gehabt, wie ich mittlerweile weiß, war er schon als Kind und Jugendlicher immer der Außenseiter und Dorfdepp. Auch er wuchs in einen kleinen Dorf mit gerade mal 50 Einwohnern auf. Die Nachbarn meiden ihn und seine Familie, weil der Stiefvater wirklich mit allen und jedem Streit angefangen hat. Alle wissen um die katastrophalen Zustände auch im Stall. Kommt mal wer von der Behörde, wird er vom Stiefvater unter Androhung von Gewalt davongejagt. Auch die Verwandschaft mütterlicherseits hat den Kontakt beendet.
Vom Stiefvater wird Stefan wie der letzte Dreck behandelt, von der Mutter wie ein Kleinkind. Sie kleidet ihn ein (Katastophe), sie verbietet oder erlaubt, ob er abends mal mit einen Nachbarn (unverheiratet, komischer Kauz und wohl so eine Art Aufpasser für Stefan) rausgehen darf oder nicht. Da Stefan wie wohl jeder Mensch auch sexuelle Bedürfnisse hat, geht er schon seit seinem 18. Lebensjahr zu Prostituierten. Irgendwie hat er es geschafft, auch mal seinem nachbarlichen Bewacher zu entkommen und gelegentlich ins Bordell zu fahren mit einem Taxi. Stefan hat nämlich im Gegensatz zu Johannes ein Handy. Darin sind die Nr. diverser Bordelle und Taxifahrer gespeichert. Aber... in den letzten Monaten sind die Besuche sehr exessiv geworden und schwer ins Geld gegangen. Also beklaut er die Haushaltskasse der Mutter, bedient sich am Portemonnaie des Stiefvaters oder an der Spardose, wo das Kleingeld gesammelt wird. Das fällt der Mutter natürlich auf, aber Stefan schiebt es dem Stiefvater in die Schuhe. Da die Mutter Ruhe und Frieden im Haus haben möchte und die cholerischen Ausbrüche ihres Gatten ebenfalls fürchte, nimmt sie es so hin.
Vor einigen Monaten hat Stefan ein paarmal eine Kontaktanzeige in einem Lokalblättchen geschaltet. Am liebsten hätte er eine Freundin aus Osteuropa, die ausgebildete Kranken- oder Altenpflegerin ist. Weil - irgendwer muss sich ja auch mal um die Eltern kümmern, wenn die nicht mehr so fit sind. Die soll dann zu ihm ziehen, wobei das Haus zwar riesengroß ist, aber nur durch Umbau zwei Wohneinheiten bewohnbar wären. Und das kostet Geld - gibt es also nicht. So müsste sich Stefan mit seinen potenziellen Partnerin hat Bad und Küche mit den Eltern teilen...
Da Stefan aufgrund seiner mittlerweile sehr ausgeprägten Sehbehinderung kein Auto mehr fahren kann, ist er auf Mutter, Stiefvater, den Nachbarn oder das Taxi angewiesen. Hin und wieder bestellt er sich eine Pizza, welche das Taxi liefert. Pizza und ein paar Dosen Cola kosten 12 Euro, die Lieferung knapp 40. Dann holt er die Pizza abends im Dunkel an der Hofeinfahrt ab, wenn er weiß, dass die Eltern vorm Fernseher sitzen und die Nachrichten gucken. Er isst dann heimlich im seinem Zimmer und den Pizzakarton stopft er ganz unten in die Papiertonne. Der Stiefvater hat ihn auch schon mal erwischt, als er mit der Pizza ins Haus schleichen wollte. Großes Theater - die Pizza landete mit den Worten "So eine Scheiße fressen wir hier nicht!" in der Mülltonne.
Stefan's Mutter beherrscht die Kunst der emotionalen Erpressung aus dem ff. Wenn Stefan mal angedeutet hat, dass er gern eine Freundin hätte, um mit ihr dann zusammen zu wohnen - und das am Besten woanders als auf dem Hof - hat seine Mutter ihm eingeredet, dass die Frauen verdorben sind und so einen gehandicapten Typen wie ihn nicht haben wollen. Überhaupt würden ihn die Frauen nur ausznutzen und wären auf sein Geld aus. Und sie würde dann keinen Handschlag mehr für ihn tun, wenn er das wirklich angehen würde mit Partnerschaft und Auszug.
Stefan hat auch schon mal zur Mutter gesagt, er würde gern mal zum Psychologen gehen. Da hat die Mutter ihm erklärt, dann würde er weggesperrt und dürfte wohl nie wieder nach Hause.
Stefan ist nicht so besonders helle, aber Meister im Lügen und Betrügen. Weil das wohl in den 45 Jahren sein Überleben gesichert hat. Einmal im Jahr fährt er zur Kur. Wenn er dann wieder nach Hause kommt, erzählt er Geschichten von Frauen, die er kennengelernt hat und dass eine davon ja seine Freundin ist. Die kommt aber (wahlweise) aus Litauen, der Ukraine, Russland und arbeitet hier als Friseurin. Und alle paar Monate fährt sie wieder in ihre Heimat. Aber sie hat ihm ihre Liebe geschworen und irgenwann, wenn sie ihn besser kennt, wird sie mit ihm zusammenziehen. Zu Gesicht bekommen hat diese Angebeteten außer uns TaxifahrerInnen niemand, wir auch nur, wenn wir ihn zu den Damen uns Bordell fahren. Wo sie ihm binnen drei Wochen Kur mal eben 3.500 Euro aus der Tasche gezogen haben.
Beide Männer sind ein sehr gutes Beispiel dafür, wie toxische Mütter ihre Söhne manipulieren über Jahre und Jahrzehnte. Wie sie sie fernhalten vom realen Leben, von Frauen, von Freiheit und Selbstbestimmung.
Wenn Stefan gefragt wird, was wohl mal werden soll, wenn Mutter stirbt, zuckt er mit den Achseln und sagt: "Dann muss ich wohl ein eine Art betreutes Wohnen ziehen." Seine größte Angst ist, dass die Mutter vor dem Stiefvater stirbt und er dann allein mit dem Tyrannen dasteht. Wenn "der Alte" (so nennt Stefan ihn) vor Mutter stirbt, will er mit ihr eine Kreuzfahrt machen.
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Hallo und guten Morgen alle,
ich möchte heute mal erzählen, was ich hier in meinem Job so erlebe. Vorab - ich besitze ein Taxiunternehmen und fahre auch jeden Tag selbst, vorwiegend Krankenfahrten und am Wochenende eben auch Taxifahrten. Und da lernt man natürlich eine Menge Menschen kennen. Ich möchte mal von zwei Fahrgästen erzählen, deren Leben bzw. Geschichte mich doch sehr nachdenklich macht.
Ein Mann, Ende 50. Seit Geburt gehörlos, hat noch zwei Schwestern. Die eine Schwester hat schon lange keinen Kontakt mehr zur Familie, die andere Schwester nur sporadisch. Er lebt zusammen mit seinen hochbetagten Eltern (beide über 90). Bis vor einem halben Jahr haben die drei im eigenen Haus gewohnt. Aber das ging einfach nicht mehr von der Arbeit her und sie sind in eine Mietwohnung gezogen. Der Mann - unser Fahrgast, nennen wir ihn einfach Johannes - wird seit knapp drei Jahren jeden Tag von und zur Arbeit gefahren. Früher hat das seine Mutter gemacht, aber die kann es nicht mehr. Er hat Früh- und Spätschicht in einer Fabrik, im Winter ist es dann morgens auf dem Weg zur Arbeit noch dunkel oder eben schon dunkel, wenn er abends geholt wird. Geht er 22 Tage im Monat arbeiten, kommen da gut und gerne 1200 Euro zusammen.
Er steigt grundsätzlich hinten ein, eine Konversation ist mit ihm nur sehr bedingt möglich, da er eben gehörlos ist. Wenn er uns was mitteilen möchte, hält er uns einen von seiner Mutter geschriebenen Zettel hin. Ein Smartphone besitzt er nicht, haben wir aber schon öfter vorgeschlagen, da wir ihn nicht erreichen können, sollte man irgendwas bei uns schief gehen und er wartet auf die Abholung von der Arbeit. Aber so ein Smartphone boykottieren seine Eltern kathegorisch. Und wie ich mittlerweile weiß, boykottieren sie genauso kathegorisch, dass dieser Mann ein selbstbestimmtes Leben führt. Dabei hat er einen Führerschein, kann auch Auto fahren. Darf aber nicht.
Er hat auch mal kurzzeitig in einer Einrichtung gelebt für hörbehinderte Menschen und dort wohl sogar ein Mädchen kennengelernt. Als seine Eltern dahinter gekommen sind, musste er wieder nach Hause ziehen. Seitdem lebt er dort mit Mutter und Vater. Hat keine Freunde, außer seinen Arbeitskollegen keine sozialen Kontakte. Obwohl.... soziale Kontakte kann man das nicht nennen. Er geht in die Firma, stempelt an, bedient seine Maschine, stempelt ab, geht nach Hause. In den Pausen sitzt er allein, isst seine Brote. Er ist da, aber niemand interessiert sich für ihn. Und umgekehrt hat er wohl kein Interesse an anderen Menschen. Er wirkt verbittert, knallt die Türen mehr als nötig zu, stiert die sechs Kilometer Wegstrecke aus dem Fenster. Man merkt ihm Frust und Ärger an. Sieht er unterwegs mal ein Reh oder einen Fuchs auf einer Wiese stehen, weichen seine Gesichtszüge auf und man sieht ein wirklich fröhliches Lächlen.
Wie ich mittlerweile weiß, sind die Eltern streng katholisch. Man hat ihm wohl beigebracht, dass Frauen verdorben sind und er anständig sein muss. Und das geht halt nur unter der Obhut der Eltern. Er hat in einem kleinen Dorf gelebt mit 55 Einwohnern, jeder kennt jeden. Einhellige Meinung der anderen Bewohner: "An Johannes haben sich seine Eltern versündigt." Heißt wohl soviel wie, sie haben ihn emotional total verkrüppeln lassen.
Zweites Beispiel: Stefan. Er ist 45 Jahre alt, seit vier Jahren Dialysepatient, fährt dreimal die Woche mit uns. Durch seine Erkrankung kann er sehr schlecht sehen, was aber nicht immer so war. Und seit Geburt hatte auch er immer Probleme mit seinem Gehör, was aber mittlerweile durch OPs und Hörgeräte recht gut gelöst ist.
Stefan hat keine Geschwister, sein Vater starb, als er drei Jahre alt war. Da stand seine Mutter mit dem Bauerhof und dem Kind allein da. Seine Mutter war 40, als er geboren wurde und schon als Kind war er oft kränklich. Weil es ja weitergehen musste mit der Landwirtschaft, kam ein lediger Hofverwalter, der den Laden schmeissen sollte. Hat er auch - und gleich noch Stefan's Mutter geheiratet. Für ihn wurde das Leben damit zur Hölle. Der Stiefvater behandelte ihn immer schon wie die letzten Dreck. Schlug ihn und die Tiere, bestimmte, wo es langgeht. Ich habe diesen Mann auch schon kennengelernt und ich muss sagen, ich habe noch nie einen Tyrannen und Despoten wie ihn erlebt. Eine solche Verachtung gegen Mensch und Kreatur sucht ihresgleichen...
Seit Stefan 18 Jahre alt ist, läuft der Hof mit allem, was dazugehört auf seinen Namen. Aber er hat nichts zu sagen. Alles und restlos alles bestimmt der Stiefvater. Aber - Stefan muss alles unterschreiben, haftet mit seinem Namen.
Bis vor vier Jahren hat er auf dem Hof selbst gearbeitet. Gern hätte er sein Leben lang was Anderes gelernt, in der Industrie oder so. Aber seine Mutter hat ihm immer gesagt, aufgrund seiner Handicaps will ihn eh niemand haben, er solle lieber am Hof bleiben. Nie hat Stefan eine Freundin gehabt, wie ich mittlerweile weiß, war er schon als Kind und Jugendlicher immer der Außenseiter und Dorfdepp. Auch er wuchs in einen kleinen Dorf mit gerade mal 50 Einwohnern auf. Die Nachbarn meiden ihn und seine Familie, weil der Stiefvater wirklich mit allen und jedem Streit angefangen hat. Alle wissen um die katastrophalen Zustände auch im Stall. Kommt mal wer von der Behörde, wird er vom Stiefvater unter Androhung von Gewalt davongejagt. Auch die Verwandschaft mütterlicherseits hat den Kontakt beendet.
Vom Stiefvater wird Stefan wie der letzte Dreck behandelt, von der Mutter wie ein Kleinkind. Sie kleidet ihn ein (Katastophe), sie verbietet oder erlaubt, ob er abends mal mit einen Nachbarn (unverheiratet, komischer Kauz und wohl so eine Art Aufpasser für Stefan) rausgehen darf oder nicht. Da Stefan wie wohl jeder Mensch auch sexuelle Bedürfnisse hat, geht er schon seit seinem 18. Lebensjahr zu Prostituierten. Irgendwie hat er es geschafft, auch mal seinem nachbarlichen Bewacher zu entkommen und gelegentlich ins Bordell zu fahren mit einem Taxi. Stefan hat nämlich im Gegensatz zu Johannes ein Handy. Darin sind die Nr. diverser Bordelle und Taxifahrer gespeichert. Aber... in den letzten Monaten sind die Besuche sehr exessiv geworden und schwer ins Geld gegangen. Also beklaut er die Haushaltskasse der Mutter, bedient sich am Portemonnaie des Stiefvaters oder an der Spardose, wo das Kleingeld gesammelt wird. Das fällt der Mutter natürlich auf, aber Stefan schiebt es dem Stiefvater in die Schuhe. Da die Mutter Ruhe und Frieden im Haus haben möchte und die cholerischen Ausbrüche ihres Gatten ebenfalls fürchte, nimmt sie es so hin.
Vor einigen Monaten hat Stefan ein paarmal eine Kontaktanzeige in einem Lokalblättchen geschaltet. Am liebsten hätte er eine Freundin aus Osteuropa, die ausgebildete Kranken- oder Altenpflegerin ist. Weil - irgendwer muss sich ja auch mal um die Eltern kümmern, wenn die nicht mehr so fit sind. Die soll dann zu ihm ziehen, wobei das Haus zwar riesengroß ist, aber nur durch Umbau zwei Wohneinheiten bewohnbar wären. Und das kostet Geld - gibt es also nicht. So müsste sich Stefan mit seinen potenziellen Partnerin hat Bad und Küche mit den Eltern teilen...
Da Stefan aufgrund seiner mittlerweile sehr ausgeprägten Sehbehinderung kein Auto mehr fahren kann, ist er auf Mutter, Stiefvater, den Nachbarn oder das Taxi angewiesen. Hin und wieder bestellt er sich eine Pizza, welche das Taxi liefert. Pizza und ein paar Dosen Cola kosten 12 Euro, die Lieferung knapp 40. Dann holt er die Pizza abends im Dunkel an der Hofeinfahrt ab, wenn er weiß, dass die Eltern vorm Fernseher sitzen und die Nachrichten gucken. Er isst dann heimlich im seinem Zimmer und den Pizzakarton stopft er ganz unten in die Papiertonne. Der Stiefvater hat ihn auch schon mal erwischt, als er mit der Pizza ins Haus schleichen wollte. Großes Theater - die Pizza landete mit den Worten "So eine Scheiße fressen wir hier nicht!" in der Mülltonne.
Stefan's Mutter beherrscht die Kunst der emotionalen Erpressung aus dem ff. Wenn Stefan mal angedeutet hat, dass er gern eine Freundin hätte, um mit ihr dann zusammen zu wohnen - und das am Besten woanders als auf dem Hof - hat seine Mutter ihm eingeredet, dass die Frauen verdorben sind und so einen gehandicapten Typen wie ihn nicht haben wollen. Überhaupt würden ihn die Frauen nur ausznutzen und wären auf sein Geld aus. Und sie würde dann keinen Handschlag mehr für ihn tun, wenn er das wirklich angehen würde mit Partnerschaft und Auszug.
Stefan hat auch schon mal zur Mutter gesagt, er würde gern mal zum Psychologen gehen. Da hat die Mutter ihm erklärt, dann würde er weggesperrt und dürfte wohl nie wieder nach Hause.
Stefan ist nicht so besonders helle, aber Meister im Lügen und Betrügen. Weil das wohl in den 45 Jahren sein Überleben gesichert hat. Einmal im Jahr fährt er zur Kur. Wenn er dann wieder nach Hause kommt, erzählt er Geschichten von Frauen, die er kennengelernt hat und dass eine davon ja seine Freundin ist. Die kommt aber (wahlweise) aus Litauen, der Ukraine, Russland und arbeitet hier als Friseurin. Und alle paar Monate fährt sie wieder in ihre Heimat. Aber sie hat ihm ihre Liebe geschworen und irgenwann, wenn sie ihn besser kennt, wird sie mit ihm zusammenziehen. Zu Gesicht bekommen hat diese Angebeteten außer uns TaxifahrerInnen niemand, wir auch nur, wenn wir ihn zu den Damen uns Bordell fahren. Wo sie ihm binnen drei Wochen Kur mal eben 3.500 Euro aus der Tasche gezogen haben.
Beide Männer sind ein sehr gutes Beispiel dafür, wie toxische Mütter ihre Söhne manipulieren über Jahre und Jahrzehnte. Wie sie sie fernhalten vom realen Leben, von Frauen, von Freiheit und Selbstbestimmung.
Wenn Stefan gefragt wird, was wohl mal werden soll, wenn Mutter stirbt, zuckt er mit den Achseln und sagt: "Dann muss ich wohl ein eine Art betreutes Wohnen ziehen." Seine größte Angst ist, dass die Mutter vor dem Stiefvater stirbt und er dann allein mit dem Tyrannen dasteht. Wenn "der Alte" (so nennt Stefan ihn) vor Mutter stirbt, will er mit ihr eine Kreuzfahrt machen.
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