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Warum tue ich das?

Lassy

Neues Mitglied
Nachdem meine Schwester auf die Welt gekommen ist, hatte ich das Gefühl um Aufmersamkeit kämpfen zu müssen. Ich tat Dinge die ich nicht durfte und fing an zu lügen. Ich log meine Freunde, meine Lehrer und meine Eltern an. Manchmal auch Fremde, einfach nur um Aufmerksamkeit zu bekommen. Im Teene alter hatte ich dann meine Spitzenzeit was die verbotenen Dinge angeht, zu spät nach Hause gekommen, Drogen und andere Dinge. Mit dem Lügen fing es da aber erst richtig an. Ich sagte meinen Freunden dass mein Vater nicht mein mein Vater sei sondern nur der nöie Mann meiner Mutter und mein richtiger Vater in Amerika eine neue Familie gegründet hat. Ich log über meine erste Lehrstelle und behauptete dass ich schlecht behandelt wurde, dabei täuschte ich einen Nervenzusammenbruch vor. Mein Ex-Freund war oft nicht gut zu mir, ich erfuhr Psychischen Missbrauch. Aber selbst das extremisierte ich, indem ich schlimmeres dazu erfand. Meine jetzige Beziehung basiert Hauptsächlich auf Lügen. Er musste vieles Ertragen als er jung war, aber ich war gezwungen, mir eine noch schlimmere Kindheit auszudenken. Er glaubt bis Heute an alles was ich ihm erzählt habe.
Das ist nur ein kleiner Teil von den Lügen die ich mir Ausdachte und aufrecht erhalte. Wenn eine Lüge nicht mehr reichte um genug Aufmerksamkeit oder mitlerweile auch Mittleid zu bekommen, tüftelte ich tagelang an etwas neuem, dass ich erzählen konnte. Manchmal weiss ich selbst nur noch mit viel Anstrengung, was wahr ist und was nicht. Seit 10 Jahren oder vielleicht mehr, habe ich das nicht mehr unter kontrolle und dachte darum oft an Suizid. Es ist zwanghaft und ich weiss dass es falsch ist. Trotzdem kann ich gefühlt nichts dagegen tun. Ich habe Vermutungen warum das so ist, aber wenn ich genauer darüber nachdenken will, verlaufen sie im Sand. Habe ich als Kind wirklich zu wenig Aufmerksamkeit bekommen oder bilde ich mir das nur ein? Hatte ich ein traumatisches Erlebnis, dass ich verdrängt habe und ich mich nicht mehr erinnere? Oder bin ich einfach ein schlechter Mensch der zurecht jeden Tag die Konsequenzen fürchtet und teilweise spürt? Wenn ich ein schlechter Mensch bin, warum fühle ich dann Reue und Schuld?
Das schreibe ich weil ich es nicht sagen kann. Durch meine Selbstreflektion fühle ich mich nicht besser, eher erkenne ich immer mehr was für einen Schaden ich angerichtet habe. So will ich nicht sein und ich weiss mir nicht mehr anders zu helfen, als jemandem die Karten komplet offen zu legen.
 

GrayBear

Aktives Mitglied
Hallo Lassy,

kennst Du den Begriff "pathologisches Lügen" (früher Pseudologie)? Ein kleiner Einstieg über Wikipedia.

Du fragst, warum Du so bist. Nun ja, es gibt eine ganz einfache Begründung: weil es funktioniert. :)

Du hast irgendwann die Erfahrung gemacht, dass Lügen zwar kurze Beine haben mögen, aber doch haben sie Dich dem näher gebracht, was Du wolltest: einen Ausweg finden, Aufmerksamkeit bekommen, auch etwas wert sein, den Lauf der Dinge beeinflussen, aus nichts mehr machen, etc. Das macht Dich aus meiner Sicht nicht zu einem schlechten Menschen und ein Trauma muss nicht die Ursache sein. Ein Trauma wäre zwar eine Art Absolution, aber vielleicht doch nur eine Ausrede. Natürlich kannst nur Du das mit größerer Sicherheit sagen.

Dass Du Reue und Schuld empfindest zeigt, dass noch nicht "Hopfen und Malz verloren ist". Im Laufe der Jahre musste ich lernen, dass empfundene Schuld und tiefe Reue recht oft das Problem zementieren und womöglich noch vergrößern, denn überschreitet Deine Reue ein gewisses Maß an Leid und Ausweglosigkeit, dann scheint einem manchmal nur ein Ausweg zu bleiben: die nächste Lüge. Schuld ist also nur ein Grund, es wieder tun zu dürfen. Mein Rat deswegen: sei Dir bewusst, dass Du einen Hang zur Lüge, zum Schwindeln, zu Abkürzungen hast, aber ob Du diese Abkürzungen auch gehst, ist manchmal reine Übungssache. Nur brauchst Du dazu etwas mehr Mut und Du solltest Dich um den Zustand Deines Selbstbewusstseins kümmern, denn das scheint sich in einer dunklen Ecke zu verstecken, aus der nur Du es heraus holen kannst und solltest.

Ja, Du hast wiederholt Mist gebaut und manche Menschen sind wenig mitfühlend, wenn es um Fehler bei anderen geht, die sie ja nie begehen würden. Ich rate Dir zu folgender Strategie: wenn Du wieder einmal gerne eine Lüge auftischen möchtest, dann sage stattdessen: "Wow, jetzt bin ich durcheinander! Das muss ich mir genauer überlegen" oder "Ich bin sprachlos. Mir purzeln meine Gedanken gerade heftig übereinander". Der Punkt ist, dass Du diesem gefühlten Druck, alles mit einer Lüge erklärbar zu machen, nicht gleich nachgibst. Dadurch hast Du mehr Zeit zum Überlegen. Und Du merkst vielleicht, dass die Erde sich ohne Deine Lüge auch weiter dreht und die Menschen ohne eine "Das haut mich jetzt um"-Geschichte doch nicht davon laufen und Dich alleine lassen.

Die schlechte Nachricht ist: es gibt keinen "guten" Ausweg aus dieser Situation. Der wäre ziemlich sicher ebenfalls mit Lügen gespickt. Aber es macht absolut keinen Sinn, dass Du Dich jetzt selbst ans Kreuz nagelst, denn damit übertrumpfst Du ja wieder alle mit Deinem noch größeren Leiden und der besseren Geschichte. Deine Sorge, noch eins draufsetzen zu müssen, entspringt ja in aller Regel einem Glaubenssatz wie: "Wer bin ich schon, dass mir jemand zuhört und mich mag, wie ich bin". Das ist leidvoll genug.

Ob es so gut ist, jetzt "reinen Tisch" zu machen? Bei Deinem beschriebenen Talent für die Details läuft das auf "verbrannte Erde" hinaus. Und im Grunde trittst Du damit Deine Verantwortung wieder an die anderen ab, denn dann wird womöglich deren Reaktion zu Deinem Problem und Deine Lügen treten dabei in den Hintergrund. Also steuerst Du mit Deinem "Opfer" wieder das Geschehen und Du flüchtest Dich ins Chaos. Ist das wirklich "Verantwortung übernehmen"?

Ja, mit einigen Menschen wirst Du zeitnah reden müssen. Wer das ist, kann ich nicht sagen. Denn eines darfst Du nicht übersehen: nicht wenige Menschen haben eine Art inneren Richter oder ein Über-Ich in sich, das ihnen die Wahrheit aufs Auge drückt und dann "büßen" wir unsere Schuld, in dem wir über unsere eigenen Füße stolpern, sabotieren Beziehungen und tun Dinge, die einfach dämlich sind, aber wir wurden ja bestraft und das mindert unsere Schuld. Aber ist das wirklich so?

Wärst Du ein schlechte Mensch, hättest Du Deine Zeilen nicht geschrieben. Wie die meisten Menschen auf dieser Welt hast Du auch Deine dunklen Seiten, vor denen Du Dich und diese Welt nur durch Deine Entscheidungen schützen kannst. Ich glaube, Du kannst das schaffen.

Und vielleicht noch eine blasphemische Anmerkung zu Schluss: wo liegt die Grenze zwischen Wunschdenken, Vision und Lüge? Manchmal ist es nur der Erfolg. Vor einigen Jahren war ich Teil einer Präsentation, die erstunken und erlogen war. Aber 6 Monate später konnte die Firma liefern und war erfolgreich. War die Präsentation nun eine Lüge oder eine Vision? Nicht alles ist schwarz-weiß.

PS: Iiigitt! Nur Lügner verteidigen Lügner! Mag sein. Ich habe es eben leider immer wieder erlebt, dass die Lüge die bessere Wahrheit war, mit der sich leichter leben ließ, aber auch das ist nicht die Regel. Wie sagte dieser eine Mensch scheinbar mal so treffend: "Wer ohne Lüge ist, der werfe den ersten Stein."
 
Zuletzt bearbeitet:

Marisol

Aktives Mitglied
Und vielleicht noch eine blasphemische Anmerkung zu Schluss: wo liegt die Grenze zwischen Wunschdenken, Vision und Lüge?
Genau da, wo man Menschen benutzt, täuscht, instrumentalisiert.
Liebe TE, das Phänomen des krankhaften Lügens ist mir vertraut, ich war 10 Monate lang Opfer eines chronischen Lügners, der sich bestens mit dem Phänomen auskennt und seine Mitwelt benutzte, um sein in der Kindheit zerstörtes Ego zusammenzuhalten. DAS gehört tatsächlich zur Narzistischen Persönlichkeitsstörung und kann behandelt werden.
Dein Vorteil ist, dass du dich zu deinen unschönen Handlungen bekennst und etwas ändern willst. Du brauchst unbedingt prfessionelle Unterstützung.
Bespreche das weitere Vorgehen zeitnah mit einem Psychiater. Du verfügst über Krankheitseinsicht, das ist viel wert.
Lass dir nicht einreden, es sei "eigentlich gar nicht so schlimm" und wir hätten "alle unsere dunklen Seiten".
Es geht um etwas Pathologisches, was behandelt werden kann. Wenn du mit Freund und Familie offen reden willst, dann tu das. zeige ihnen zeitgleich, dass du gesund werden willst und etwas dafür tun wirst.
Gut ist, dass du es nicht kleinredest.
Habe ich als Kind wirklich zu wenig Aufmerksamkeit bekommen oder bilde ich mir das nur ein? Hatte ich ein traumatisches Erlebnis, dass ich verdrängt habe und ich mich nicht mehr erinnere?
Ergründe das gemeinsam mit einem Fachmenschen. Alleine geht das nicht. Du brauchst mehr, als Tipps aus Laienforen, aber ich würde mich freuen, hier zu lesen, das es voran geht und du die Hilfe bekommst, die du brauchst.
Alles Gute! 🌞
 
Zuletzt bearbeitet:
G

Gelöscht 129156

Gast
Du kämpfst um Aufmerksamheit.
Das ist menschlich.
Man tut es oft, wenn man sich minderwertig fühlt.

Mach Dir keine Vorwürfe.
 

cucaracha

Urgestein
Wenn Leute öfter lügen werden ihre Sätze und ihre Person nicht mehr ernst genommen.
Vielleicht hast du psychischen Missbrauch erlebt, hast gelernt nicht zu vertrauen, bist zu kurz gekommen und wurdest für deine Ehrlichkeit von den Eltern bestraft.

Versuche zu deinem jetzigen Freund ehrlicher zu sein.
Wenn er dich liebt dreht er dir aus deiner Ehrlichkeit und Offenheit keinen Strick.
Eine Therapie könnte dir auch helfen.
 

Kimdor

Mitglied
Sorry, aber irgendwie ist das alles einfach auch nur "normal". Viele Geschwisterkinder reagieren so - mach dir da nicht einen solchen Kopp drum. Lass e in Zukunft, weil du es ja schon erkannt hast, dass es nicht richtig ist.
Und falls möglich, sprich mit deinen Eltern, dass auch du ja noch da bist und Aufmerksamkeit brauchst.
 

Marisol

Aktives Mitglied
Krankhaftes Lügen erlebe ich nicht als "normal". Zudem steht die TE offensichtlich unter hohem Leidensdruck und ich finde es bedenklich, ihre Probleme dergestalt zu bagatellisieren.
Unbehandelt wird eine Pseudologia Fantastica nicht besser. Im Gegenteil.
Mitunter überrennen die Lügen sogar den Lügner, so dass auch dieser phasenweise seine eigenen Konstrukte glaubt und sich in der realen Welt gar nicht mehr zurechtfindet.
Das erfinden einer Biographie kann niemals normal sein.
Die Schädigungen betreffen ja nicht nur die Belogenen und Betrogenen; auch der Lügner selbst verliert sich. In meinem Fall ging das so weit, dass die erkrankte Person sich ein anderes Geschlecht imaginierte, eine andere Herkunftsfamilie, andere Berufe, Kinder. Das Netz machte solche Konstrukte leicht, da nichts mal eben etwas auf Plausibilität überprüft werden kann.
Lebt man Jahre und Jahrzehnte in Lügenkonstrukten, muss man zwangsläufig verrückt werden.
Deshalb finde ich es gut und wichtig, dass du, liebe TE, um Rat fragst.
Lass dir dein Leiden nicht kleinreden.
 
Zuletzt bearbeitet:

GrayBear

Aktives Mitglied
Etwas, dass Leidensdruck erzeugt, das ich aber nicht selbst zu steuern vermag, ist der Kernpunkt einer psychischen Störung. Dafür Worte, Mitstreiter und Strategien zu finden, kann ein sehr befreiender Moment sein. Aber die Grauzone zwischen "pathologisch" und "normal" kann eine sehr weite sein.

Es geht doch hier nicht um ein "klein reden" oder ein "bagatellisieren". Wenn Du @Lassy feststellst, dass Du wirklich nicht weiter kommst, dann hol Dir Unterstützung. Das sollte doch sonnenklar sein. Aber manchmal bedarf es auch "nur" eines anderen Blickwinkels oder dass Du Dir selbst die Erlaubnis gibst, diesem Gefängnis der Schuld weniger Gewicht beizumessen, denn das verbraucht viel Kraft.

Heute einen Therapieplatz zu bekommen, der auch noch "passt" ist nicht einfach oder einfach teuer, wenn man die Stunden selbst bezahlt. Ja, das sollte niemanden hindern, schon gut. Mir schien es sinnvoll darauf hinzuweisen, dass Du Dich nicht in eine "Hölle" einweisen musst, weil Du gelogen hast. Aber schlussendlich ist es natürlich Deine Entscheidung. Zwangsläufig verrückt werden muss man eben nicht.

Sich selbst und andere als "krank" anzusehen, kann sinnvoll sein, muss es aber nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:

Winnetou

Aktives Mitglied
Seit 10 Jahren oder vielleicht mehr, habe ich das nicht mehr unter kontrolle und dachte darum oft an Suizid.
Du hast offensichtlich wirklich einen hohen Leidensdruck, was ich auch nachvollziehbar finde. Ich denke, dein jetziges Verhalten hindert dich sehr weitgehend daran, stabile soziale Beziehungen einzugehen und Bindungen aufzubauen, die du als wirklich tragfähig und erfüllend erleben kannst... obwohl du genau das wahrscheinlich gerade am allermeisten suchst.

Marisols Ratschläge finde ich darum sehr gut und ich habe ihnen gar nichts hinzuzufügen. Ich wünsche dir, dass du die richtige Hilfe findest und dein zwanghaftes Lügen überwinden kannst. Alles Gute dafür! 🍀
 
Zuletzt bearbeitet:

Rikachan

Aktives Mitglied
Du würdest nicht von deinen Eltern anerkannt mit deinen Emotionen und wer du bist. Deswegen hast du eine Strategie entwickelt um zu überleben. Wer die coolsten lügen erzählt, kriegt mehr Anerkennung.
Du hast mehrere Anteile von dir, zum Vergleich wie eine Person mit unterschiedlichen persönlichkeiten. Und jede persönlichkeit braucht deine Aufmerksamkeit. Der eine Anteil der Reue fühlt..der eine Anteil der traurig ist...Der eine Anteil der lügen will, braucht deine Anerkennung und keine fremde. Mir hilft es mit meinen "teilen" im Kopf zu denken/reden. Was braucht den Anteil von der Lügen will? Ich Stelle mir wie ich mir selbst gute Worte sage und hinterfrage. Was sind den meine Absichten und wie kann ich mir das selbst geben? Natürlich sind viele Emotionen damit verknüpft und du solltest dich da durcharbeiten.. evt Tagebuch schreibe .. zu reflektieren und das gute in die aufzuschreiben zu loben. Denke daran, dass niemand perfekt ist.

Langfristig musst dir selbst Empathie und Mitleid entgegen bringen denn du führst die Beziehung mit dir und kein anderer. Natürlich ist eine Therapie sehr zu empfehlen. :)

Die lügen haben dich auch geschützt! PS: die Menschen lügen sehr oft und sie wissen es nicht einmal. Beobachte wie viele Menschen reden aber gar nicht daran handeln...daran messt man wie oft einer lügt. Und manche Menschen belügen sich selbst, somit haben ihre eigene Seele aufgegeben.
Also sei nicht so hart zu dir selbst. Diese Welt ist sowieso ein lügen behaftete kultur
 

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