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Vater geht nicht mehr aus dem Haus - Depressionen, Diabetes

neutrogena

Neues Mitglied
Hallo an euch alle,

ich habe ein Problem, welches mich sehr belastet. Seit ca. 2 Jahren geht mein Vater (63 Jahre) nicht mehr aus dem Haus. Er ist seit 10 Jahren früh-pensioniert, da er mehrere chronische Krankheiten hat. Am gravierendsten davon sind starke Rückenprobleme (Schulterbereich und unterer Rücken) und Diabetes Typ 2. Man muss sagen, dass mein Vater hier schon von klein auf schlechte Vorbedingungen hatte, da er einen Herzfehler seit Kindheit hat und ein schiefes Bein, das kam durch Komplikationen bei seiner Geburt. Dennoch hat er auch dazu beigetragen, dass diese Erkrankungen immer schlimmer wurden, da er seit ich ihn kenne, nie Sport getrieben hat und sich auch so kaum bewegt hat. Ich kenne ihn meistens vor seinem Computer sitzend. Auf seine Ernährung hat er auch leider nie geachtet, er hat viel Süßes und Kohlenhydrate gegessen. Natürlich hat diese Lebensweise seine Krankheiten stark begünstigt. Seit seiner Rente hat er immer mehr in den Tag hinein gelebt, sich noch weniger bewegt und wurde träge. Seine Hobbies hat er nach und nach alle aufgegeben und sich keine neuen Herausforderungen gesucht.
Durch das viele Sitzen und Herumliegen ist es mittlerweile seit zwei Jahren eben so, dass er auch nicht mehr Autofahren kann und nur noch mit Rollator läuft. Vorher war er wenigstens noch fast jeden Tag mit dem Auto einkaufen, doch das ist jetzt auch vorbei. Er ließ seine Ernährung so schleifen und maß seinen Blutzucker nicht mehr, sodass er vor ca. 6 Monaten ins Krankenhaus eingeliefert werden musste, da er beinahe durch Überzucker ins Koma gefallen wäre. Im Krankenhaus haben sie ihm eine neue Medikation gegeben und ihn etwas wachgerüttelt. Danach war es etwas besser, er kochte sich jetzt jeden Tag etwas Gesundes und senkte seinen Blutzucker. Doch dann musste er nochmal ins Krankenhaus, da er durch seine Ernährung Gallensteine hatte. Die Operation und das lange Liegen im Bett haben ihn wieder sehr geschwächt. Mittlerweile liegt er wieder nur noch rum und kocht sich auch nichts mehr. Gegessen wird wieder was er grad findet. Natürlich versuche ich drauf zu achten, dass nichts Süßes herumliegt und koche auch oft mit Hühnchen und Gemüse, doch er haut sich dann trotzdem oft was anderes rein, es ist ihm scheinbar recht egal. Er hat keinerlei Disziplin.
Ein anderes Thema ist seine Laune durch die Depressionen, die er hat. Er ist nur noch schlecht gelaunt, hat mittlerweile nur noch zu meiner Mama und mir Kontakt (Bruder ist vor einem Jahr ausgezogen und will nur noch wenig mit Familie zu tun haben) und motzt uns beide wegen Nichtigkeiten die ganze Zeit an und provoziert Streit. Manchmal versuche ich mit ihm zu reden, doch ich fühle mich dabei meistens schlecht. Denn ich fühle mich schuldig und zudem nimmt er mir die Luft zum Atmen. Ich habe das Gefühl, dass wenn ich dann zu etwas nein sage oder nach kurzer Zeit wieder gehe, dann ist er enttäuscht.

Mittlerweile bin ich wirklich so weit, dass ich den Kontakt mit ihm auf ein Minimum beschränke, weil es mich wirklich nur noch runterzieht. Ich habe ein schlechtes Gewissen und würde ihm gerne irgendwie helfen. Doch sobald man ihn auf sein Fehlverhalten anspricht wird er ungehalten und sagt mir, ich sei nicht seine Mutter. Ich denke mir ständig, es muss doch ein Lösung geben. Meiner Meinung nach könnte er mit Training und gesunder Ernährung wieder auf die Beine kommen. Meine Mutter ist mittlerweile oft so weit dass sie sagt, sie halte es nicht mehr mit ihm aus. Sie fährt in ihren Schulferien sehr oft weg (ist Lehrerin, wie mein Vater ehemals), weil sie meint, sie brauche diesen Abstand. Wenn ich nicht noch zu hause wohnen würde, wäre dann niemand da, der meinen Vater versorgt. Ich fühle mich in der Pflicht und Verantwortung. Doch ich habe keine Ahnung, was ich tun soll.
Kann mir irgendjemand helfen?

Danke euch fürs Lesen
Neutrogena
 
G

GrayBear

Gast
So hart es auch ist, aber einen Menschen zu etwas zu bewegen, das sie/er nicht will und/oder nicht einsieht, ist eine sehr undankbare Aufgabe. Versuchst Du ihn immer wieder um zu stimmen, wirst Du als Feind und Eindringlichng wahrgenommen und entsprechend behandelt.

Allen Motivationsbemühungen und allen Argumenten zum Trotz, für manche Menschen ist es ein harter Schlag, erkennen zu müssen, dass sie von nun an nur noch auf den Tod hin leben. Rational betrachtet trifft das von der ersten Sekunde auf jedes Leben zu, doch gibt es genug "Ablenkungen". Aber wenn der Körper durch Krankheiten immer mehr Aufmerksamkeit einfordert, und einem auch leider bewusst wird, dass sich manches nicht mehr verbessert, sondern eher verschlimmert, dann kann einen das ziemlich zu Boden drücken. Was macht dann noch einen Sinn?

Ja, natürlich macht noch vieles Sinn und jedes Lachen ist ein Gewinn, jede Minute kann wertvoll sein, aber wenn Dein Vater genau das weder empfindet noch sieht? "Du musst doch nur …", "Lass Dich doch nicht so gehen …", "Das ist doch kein Problem …", "Es gibt so vieles, wofür es sich zu leben lohnt!". An all diesen Dingen ist etwas dran. Es ist nicht fair, dass er Dich, Deine Mutter und eure Familie so belastet, und seine Eigenverantwortung so ablehnt. Aber leider zerbrechen genau in solchen Situationen immer wieder Familien-Beziehungen an den scheinbar so leicht und doch nicht erfüllbaren Verantwortungen und dass jemand "zur Last" wird.

Bei den von Dir beschriebenen Krankheitsbildern ist ein negativer Einfluss auf seine Psyche leider recht wahrscheinlich. Darüber hinaus geht viel Kraft unnütz verloren, ihn zu "aktivieren" und "dankbar" wird er dafür eher nicht sein. Ich kann Dir nicht sagen, was sinnvoll ist, denn kann es sinnvoll sein, seine Vernachlässigungen zu akzeptieren, obwohl genau dies den Krankheitsverlauf verschlimmern könnte und ziemlich sicher wird? Aber ist der Druck auf ihn und die dadurch vergiftete Atmosphäre zwischen euch eine bessere Alternative?

Ich rate eher zu einem Gespräch mit ihm, in dem ihm aufgezeigt wird, dass er ohne sein Engagement in absehbarer Zeit im Pflegeheim "landen" wird, weil eure Familie diesen Dienst an ihm nicht leisten kann. Ganz ohne Vorwurf und Theatralik. Es ist verdammt schwer für ein Kind, mit erleben zu müssen, wie ein Elternteil innerlich aufgibt. Die Gründe dafür können sehr vielfältig und auch im Charakter desjenigen begründet sein. Vieles davon hast Du nicht in der Hand, egal wie sehr Du Dich darum bemühst.

Ich empfehle Dir, dass ihr innerhalb der Familie und mit Experten redet, damit jeder für sich einen Weg finden kann, damit umzugehen, dass Dein Vater den längsten Teil seines Weges gegangen ist und dass ihm manche Dinge möglich waren und sind, und manche nicht. Diese Situation ist kein Prüfstein für Deine Liebe zu ihm, an dem gemessen wird, wie groß sie ist. Nicht Dein Leben und Deine Fähigkeiten werden "gewogen und gemessen", sondern seine. Auch das ist eine erniedrigende Erfahrung, die den einen motiviert, dem anderen die Luft nimmt.

Mach Dir immer wieder klar und das ist sehr, sehr wichtig: es ist sein Leben. Du sorgst Dich um ihn und willst ihm helfen, aber Du darfst Dein Leben und Deine Schritte nicht zu sehr an seine Schritte ketten, sonst kommt ihr beide zu fall. Geh sehr bewusst damit um, damit Du in DEINER NOT nicht in die Falle von "Wenn ich nur mehr getan …" hineinstolperst, um von der sehr schmerzhaften Tatsache abzulenken, dass wir alle sterben werden und dass dabei immer wieder jede Würde zum Teufel gehen kann. Das mit anzusehen und miterleben zu müssen und dabei einem geliebten Menschen in die Augen sehen zu müssen, kann wirklich die Hölle sein. Bitte verzeih mir meine deutlichen Worte, aber ich habe leider die Erfahrung gemacht, dass nur die Wahrheit einem hilft, eine verlässliche Basis zu schaffen für so schwere Zeiten im Leben.

Du kennst Dich, Ihn und Deine Familie. Entscheide auch Du für Dich, wo Deine Grenzen sind und wie weit Du sie erweitern kannst und willst. Manche Deiner Entscheidungen darfst Du nicht nur von ihm abhängig machen, denn er tut dies im umgekehrten Fall ebenfalls nicht. Ihr habt keine "Partnerschaft", arbeitet euch nicht gegenseitig zu, vergiss das nicht. Du kannst ihn begleiten, kannst ihn unterstützen, kannst ihm eine Stütze sein, aber das hat schmerzhafte Grenzen. Dass Du ihm womöglich einfach nicht bei allen Dingen helfen kannst, setzt bei Dir eine gewisse "Verstandesleistung" voraus, damit Dich Deine Gefühle nicht überrennen. Du wirst auf diesem Weg noch oft mit Wut, Trauer und Angst zu kämpfen haben und das braucht immer wieder vernünftige Entscheidungen und manchmal auch eine angemessene innere Distanz.

Redet mit einander, unterstützt euch gegenseitig, denn JEDE(R) kommt in dieser Situation an seine Grenzen, garantiert und für manches gibt es keinen "guten Weg", aber man kann es durchstehen, vielleicht sogar, so gut es geht, gemeinsam.
 

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