Sieh es mal von der Seite der Evolution... die "körperliche Seite" ist auf der unbewussten Ebene (Instinkte, Triebe) angesiedelt, das was die meisten als "Liebe" bezeichnen auf einer höheren Bewusstseinsebene. Wobei dazu letztendlich auch die Erkenntnis gehört, was für ein Mensch der Partner wirklich ist und ob sein Weltbild mit den eigenen Werten und Idealen vereinbar ist usw. und ob man sich mit Selbstachtung für einen bestimmten Partner entscheiden kann.
Von daher sind Sex und Liebe für mich keine Gegensätze... Liebe sehe ich einfach als eine höhere Entwicklungsstufe an, die auch die niedrigere körperliche Ebene beinhaltet, nur auf eine andere/bewusstere Ebene transformiert.
Wichtig dabei finde ich, zu lernen, echte Liebe und emotionale Nähe von Abhängigkeiten und Illussionen trennen zu lernen. Denn wenn man in andere Menschen etwas hineininterpretiert, was sie nicht sind, dann täuscht man sich selbst und gibt sich einer Illussion von Liebe hin, durch die man sich selbst am Ende nur verletzt.
Einen weiterer wichtiger Punkt ist, dass tatsächlich auch die körperliche "Kombpatibilität" eine Rolle spielt: Als Menschen können wir unbewusst wahrnehmen, mit welchem Partner wir "am besten zusammenpassen", auf körperlicher/biologischer Ebene. Konkret: Welcher Partner ein Immunsystem hat, das das eigene optimal ergänzen würde, so dass die Kinder möglichst gesund und widerstandsfähig wären. Zu wissen, dass diese Instinkte die eigenen Gefühle und Emotionen bestimmen, ist auch wichtig, wenn es darum geht, echte Liebe zu finden: Denn die reinen Gefühle und Emotionen, die viele mit Liebe verwechseln, sind in dieser Form auch nur körperlich bedingt und ein Teil der sexuellen Ebene. Wirkliche Liebe braucht das Bewusstsein und die Fähigkeit, den Partner als ganzen Mensch wahrnehmen und erkennen zu können. Und sich auch bewusst gegen ihn entscheiden zu können, wenn er nicht zu den eigenen Überzeugungen und Werten passt. Oder auf der anderen Seite - und das fordert ein gewisses Maß an Demut - sich einzugestehen, dass man mit einem Partner körperlich nicht so gut kompatibel ist und das über die unterbewussten Effekte langfristig zu Spannungen in der Beziehung führen wird (möglicherweise auch zu handfestem Streit).
Aus dieser Perspektive ist also die geistige Nähe nicht alleine ausschlaggebend... auch die biologische kompatibilität spielt für eine harmonische Beziehugn eine wichtige Rolle. Wobei das explizit NICHT bedeutet, dass man mit jemandem Sex haben muss um zu wissen, ob man gut zu einander passt. Eher das Gegenteil ist der Fall: Viele Dinge manipulieren in unserer aktuellen Gesellschaft die natürlichen Instinkte und erschweren es, wahrzunehmen, wer wirklich zu einem passt. So manipuliert zum Beispiel hormonelle Verhütung die Wahrnehmung und die Partnerwahl bei Frauen, aber auch bei den Männern. Das Rasieren von allen möglichen Körperhaaren und Deo stören ebenfalls diese Instinkte, die über das Abgeben von Pheromonen/Duftstoffen funktionieren und für unterschiedliche potentielle Partner entweder anziehend oder abstoßend wirken. (Wenn man mit dem falschen Partner zusammenkommt, setzen sich diese Instinkte oft erst nach mehreren Monaten oder Jahren durch und führen dann zu einem Scheitern der Beziehung).
Und letztendlich find ich auch noch wichtig, welches Maß an Verantwortung jemand bereit ist, im Rahmen einer Beziehung einzugehen. 100% sichere Verhütung gibt es ja bekanntlich nicht. Frag dich mal bewusst wie du dich bei dem Gedanken fühlst, mit jemandem Sex zu haben, der dich allein lassen würde wenn du unerwartet schwanger werden solltest, oder dich vielleicht sogar zu einer Abtreibung drängen möchte, da er keine Verantwortung übernehmen möchte. Dieses Thema wird leider oft ausgeblendet wenn die Aufmerksamkeit nur auf den Sex gerichtet ist. Bei echter Liebe sollte das Verantwortung und gegenseitige Unterstützung aber zumindest ein Thema sein, über das man sich mal unerhalten hat. Und letztendich macht die Bereitschaft, Verantwortung für ein ungeborenes Leben zu übernehmen und dieses zu achten, auch ein großes Maß an dem Wesen eins Menschen aus und an seiner Fähigkeit, bedingungslose Liebe zu empfinden. Ich hab einmal eine schöne Formulierung dazu gelesen: Liebe ist nicht etwas, was man einem einzelnen Menschen schenkt, sondern etwas, das man tief in seinem Inneren trägt: Entweder ein Mensch ist zu Liebe fähig oder nicht. Und diese Liebe zeigt sich dann in all seinem Handeln. Und in einer partnerschaftlichen Beziehung gibt man dieser Liebe dann eine feste Form...
Alles Gute!