Durch meine zutiefst empfunde Verbundenheit (das ist mir absolut fremd)
erwäge ich nun, die Therapie zu beenden, möchte ihm meinen Grund aber nicht nennen, auch wenn dies nur fair wäre.
Hallo Elisabeth,
diese Situation, so schwer sie für dich im Moment ist, kann eine große Chance sein. Eine Chance, die eigene Bindungsfähigkeit und Art, wie man sich bindet, anzuschauen und damit umgehen zu lernen.
Wenn ich dich recht verstanden habe (ist das so?), möchtest du die Therapie deshalb gern beenden, weil du das Gefühl hast, dass du für ihn vielleicht doch keine - ich nenne es mal so - "besondere Patientin" bist?
Dieses Gefühl kann man auch in anderen Beziehungen bekommen, in einer Partnerschaft, aber auch Freundschaft. Und deshalb ist es so wertvoll, dem Drang zu gehen, nicht nachzugeben, bzw. nicht "einfach so" und klammheimlich. Damit man in anderen Beziehungen in der "echten Welt", in solchen Situationen auch anders damit umgehen lernt, wenn man plötzlich das Gefühl hat, nicht mehr (zurück)geliebt zu werden, oder nicht mehr "genug".
Ich halte es für wichtig, den Therapeuten darauf anzusprechen, ganz ehrlich, so, wie du es hier getan hast. So etwas ist normal, dass man so etwas anspricht, in Beziehungen, egal welchen. Und gerade in einer Therapie, wenn der Therapeut gut ist, ist dafür Platz, denn hier kann man "üben", damit umzugehen - auf verschiedene Arten und Weisen. Hier hat man ein Gegenüber im Therapeuten, das damit umgehen kann, was er hört, dass er nicht in irgendeiner Weise ausfällig oder "persönlich" wird, wie das in anderen Beziehungen durchaus sein kann, weil es da eben gleichwertige Beziehungen (Freundin und Freundin oder Partner und Partner z. B.) sind.
Das Ganze ansprechen heißt auch nicht, dass man die Therapie danach nicht doch beenden kann. Das kann man immer. Es heißt nur, dass man ehrlich ist - zu sich selbst! Und Dinge anspricht, die eine Beziehung, in dem Fall die zwischen Klient und Therapeut, betreffen. Das ist eine große, große Chance.
Ein Therapeut hat bestimmt schon viele Therapieabbrüche erlebt, entweder "offen" (mit Angabe von Gründen") oder nicht. Er wird damit umgehen können. (Und falls nicht, hätte er Supervision, also seinen eigenen Therapeuten, bei dem er das bearbeiten könnte.)
Meiner Meinung (und Erfahrung) nach, gibt es gute Gründe, warum man in so einer Situation, wie du sie beschreibst und ich sie verstehe, die Therapie beenden will. Nicht immer will man wirklich die Therapie beenden, sondern die Beziehung zwischen Klient und Therapeut (das ist nicht dasselbe). Und manchmal gibt es dafür Gründe, die in der eigenen Vergangenheit liegen und nichts mit der Situation heute zu tun haben. Deshalb bietet diese Situation jetzt auch so eine große Chance.
Trotzdem kann und darf man natürlich jede Therapie jederzeit beenden. Auch davon kann man lernen. Ich würde dir aber wünschen, besonders wegen der bisher so sicheren Verbindung zu ihm, zu bleiben und es anzusprechen - für dich.