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Schwester verstorben, Familie verliert sich

Anniko

Neues Mitglied
Hallo,
Ich habe mich angemeldet, da ich langsam verzweifle... ich weiß gar nicht genau, wo ich anfangen soll.
Ich bin Mitte 30, verheiratet und habe ein Kleinkind. Meine Eltern sind 68 und 69 und waren schon immer eher etwas eigen. Es war immer wichtig, was andere denken und dass wir nach außen wohlhabend und "besser" als der Durchschnitt wirken. In allem. Angefangen bei Häusern, Autos, generell allem Materiellem. Dann wurde alles, was wir machten als ganz besonders dargestellt. Gleichzeitig wurde aber abfällig über andere Leute geredet, die dasselbe machen.
Letztes Jahr ist meine Schwester plötzlich und unerwartet verstorben. Sie war Ende 40, ebenfalls verheiratet und hinterlässt zwei Kinder im Alter von 18 und 21. Ihre Familie lebt, genau wie meine Eltern, ganz in meiner Nähe. Durch den großen Altersunterschied habe ich erst in den letzten Jahren guten Kontakt zu ihr gehabt und bin unendlich traurig. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an sie denke, ich bin Patin ihres jüngeren Kindes und ihr älteres Kind ist Pate meines Kindes. Wir hatten in der letzten Zeit vor ihrem Tod beide Probleme mit unseren Eltern und konnten uns austauschen. Das kann ich jetzt leider nicht mehr. Der größte "Bruch" in der Beziehubg zu meinen Eltern ist passiert, als sie starb. Sie hatte eine geplante Operation am Herzen, da sie - wie ich auch - mit Herzfehler zur Welt kam und sich die Diagnose verschlechtert hatte. Es wurde gesagt, ohne OP wird sie nicht mehr lange leben, dafür sei die Schädigung zu groß. Für die OP wurde eine gute Prognose gestellt, es sollte eine neue Klappe eingesetzt werden, was mittlerweile wohl kein großes Kunststück mehr sei. Sie wurde im Oktober 2016 operiert und die OP verlief gut. Jedoch ist in der Aufwachphase irgend etwas passiert, das niemand erklären kann. Sie hatte einen Herzstillstand und musste reanimiert werden, danach lag sie 14 Tage im Koma. Die Klinik war 200 km entfernt von unserem Heimatort, aber ich bin mit Mann und Kind (das zu der Zeit noch teilweise gestillt wurde) in dieser Zeit dreimal dort gewesen. Hier kam der erste Punkt: als meine Eltern erfuhren, was mit meiner Schwester passiert ist, war die Reaktion eher sehr abwartend. Sie wollten warten, bis sie auf der normalen Station war, auf der Intensivstation wollten sie sie nicht besuchen. Außerdem wäre ja ihr Mann dabei. Als ich das zweite Mal bei ihr war, sah ihr Zustand deutlich schlechter aus. Mehr Medikamente, mehr Geräte, weniger Eigenarbeit. Es war schrecklich, sie so zu sehen... wir haben noch ein wenig Zeit bei ihr und anschließend mit ihrer Familie verbracht, dann sind wir nach Hause gefahren und ich bin sofort zu meinen Eltern gegangen und habe sie unter Tränen gebeten, zu ihr zu fahren. Sie hatten tatsächlich viele Ausreden, mein Vater war sogar der Meinung, er könne das nicht, weil es IHM dann so schlecht geht. Irgendwie habe ich es doch geschafft, sie zu überreden und sie sind am nächsten Tag hingefahren. Danach ging es meiner Schwester innerhalb von zwei Tagen deutlich besser. Sie wurde wacher, arbeitete selbst wieder mit, es konnten einige Medikamente abgesetzt werden und zum Schluss würde sie sogar langsam wach gemacht. Ich bin überzeugt, dass das die Anwesenheit meiner Eltern war. Sie musste weiter beatmet werden und deshalb sollte ein Tracheostoma, also eine Art Luftröhrenschnitt gesetzt werden, damit sie trotz Beatmung wach sein kann und sprechen, essen usw. Dafür würde sie freitags nochmal in eine Kurznarkose versetzt, der Eingriff dauerte nur 10 Minuten. Alles war gut und wir freuten uns, ich hatte schon alles vorbereitet, um Sonntags wieder zu ihr zu fahren.
Samstag morgen kam ein Anruf meines Schwagers, dass irgend etwas nicht stimmte. Sie sei noch immer nicht wach, obwohl die Narkose bereits komplett abgesetzt war. Nachmittags die nächste Nachricht. Ihre Pupillen reagierten nicht so, wie sie sollten. sie wurde sofort ins CT gefahren. Um 20:08 Uhr rief mein Vater mich an und schrie ins Telefon, dass sie tot ist. Sie hatte eine Hirnblutung, bedingt durch hochdosierte Blutverdünner. In ihrem Zustand hatte das niemand bemerkt, dadurch hat sich die Blutung ausgebreitet, bis am Ende nichts mehr versorgt werden konnte. Die Maschinen liefen noch, ihr Herz schlug noch, so könnten wir uns von ihr verabschieden. Ich telefonierte noch mit meinem Vater und er wollte mir ausreden, zu ihr zu fahren. Er war der Meinung, ich würde den Anblick nie vergessen. Ich war hin und her gerissen und letzten Endes hat mein Bauch und mein herz gesagt, dass das das letzte Mal ist, dass ich sie sehen kann. Also bin ich zu ihr gefahren. Es war so furchtbar und trotzdem bin ich froh, dass ich da war. Und es tut mir so weh, dass meine Eltern es nicht waren. Ich bin eigentlich kein nachtragender Mensch, aber dieses Ereignis hat alles verändert. Statt das Gefühl zu haben, ich müsste enger mit ihnen zusammen sein und mich mehr um sie kümmern, habe ich eher das Gefühl, ich will das nicht. Sie waren schon immer schwierig, unehrlich und sehr bequem, das sind aber Dinge, mit denen ich zurecht käme. Aber seit meine Schwester nicht mehr da ist, ist das in meinen Augen schlimmer geworden. Immer sind alle anderen alles Schuld, und niemand kann es Ihnen recht machen. Ich werde immer nervös, wenn ich bei Ihnen bin oder sie bei mir, weil ich so angespannt bin. Ich will einerseits den Kontakt, weil es einfach meine Eltern sind, andererseits frage ich mich, ob Eltern sich so verhalten. Ich bin ja selbst Mutter und überzeugt, wenn mein Kind - egal in welchem Alter - in diesem Zustand ist... dann bin ich da. Auch wenn es eine eigene Familie hat. Man muss sich nicht aufdrängen, aber da sein. Ganz besonders schlimm finde ich, dass meine Schwester vor ihrem Krankenhausaufenthat sagte, dass sie nicht damit rechnet, dass die Eltern kommen. Das wär denen zu weit weg, dafür sind sie viel zu bequem. Und sie hat das gesagt, weil sie das befürchtet hatte. Sie war schon vorher enttäuscht.
Warum schreibe ich jetzt diese lange Geschichte hier rein? So genau weiß ich das ehrlich gesagt selber nicht. Ich weiß einfach manchmal nicht, wie ich mit meinen Eltern umgehen soll. Es sind noch so viele andere Dinge, die die Beziehung wirklich belasten, aber das wäre einfach viel zu lang... vielleicht habe ich ja Glück und jemand kennt so eine Situation und kann mir Tipps geben.
 
I

indamo

Gast
Hallo erstmal herzlichen Beileid.

Ich denke auch das die Wunden nie weggehen. Sie war deine einzige Schwester. Jedenfalls hast du nichts von anderen Geschwistern geschrieben.

Deine Eltern kannst du nicht ändern. Hasse Sie oder verurteile sie nicht. Sie haben auch ihre Tochter verloren.

Deine Schwester hat Kinder hinterlassen. Vielleicht tut es dir und euch gut, Ihnen eine gute Tante zu sein?
lg
 

cucaracha

Urgestein
Der Tod deiner Schwester tut mir leid...sie hatte den Herzfehler...niemand ist schuld.

Auch wenn sich deine Eltern herzlos und hart verhielten...du kannst sie nicht verändern.
Sie wollten nicht zu deiner bewusstlosen Schwester fahren,weil sie sich selber schützen wollten ( auch wenn es nicht nachvollziehbar ist).....daher würde ich ihnen deshalb nicht so böse sein.

Wenn deine Eltern allgemein so schwierig sind, dann ist es besser sich mehr von ihnen zu distanzieren und nix mehr von ihnen zu erwarten.
 

Schokoschnute

Aktives Mitglied
Hallo Anniko;

..auch mein Herzlichstes Beileid. Die liebe deiner Schwester fehlt dir natürlich um so mehr.

Mir fällt sehr auf,das du alles aus vollem Herzen getan hast,und wahrscheinlich auch so lebst..
Das ist etwas sehr sehr schönes und unter den Bedingungen deiner Erziehung schon außergewöhnlich.

Du siehst nicht jeder Mensch kann das,allem voran deine Eltern,.. gerade Mama und Papa wo man sich doch genau das am meistens Wünscht ?!
..Herzlichkeit.
Ich schätze mal, das dir das so sehr auf der Seele lastet..und hättest mindestens Erwartet das man die im sterben liegende Tochter natürlich von alleine Besucht und begleitet.
Ich empfinde es auch als selbst Verständlich.Wie viele Menschen auch.Das zeigt doch Liebe und Sorge-

Deine Eltern werden wohl nicht mehr aus ihrer Haut kommen.Es sitzt wohl zu tief und hat vllt auch mit ihrer Erziehung zu tun.Umso bewunderbarer das du ein Herzlicher Mensch bist,so wie wohl auch die Kinder deiner Schwester,ect..
Bleibe so wie du bist..und versuche die letzten Lebensjahre deiner Eltern so hin zu nehmen,du wirst Sie kaum mehr ändern können.Auch wenn es ein bisschen Traurig ist für Dich.Wahrscheinlich haben Sie eben ihre ganz eigene Art gefunden um mit Gefühlen verdeckt umzugehen.
Schaue in die Kinder Augen,deiner Schwester, dort wirst du Sie bestimmt so manchmal wieder finden^^

Alles Gute für euch.
 
Zuletzt bearbeitet:

Quintilius

Mitglied
Jeder verhält sich in Extremsituationen anders. Meiner Meinung nach ist es etwas mutig zu verlangen, wie sich irgendjemand in solchen Situationen zu verhalten hat. Nur weil man eine Verhaltensweise nicht verstehen kann, heißt es nicht, dass sie nicht in Ordnung ist.

Ich selbst war mal als Angehöriger in einer ähnlichen Situation, wobei der Ausgang zum Glück positiv war. Aber es hat auch nie jemand verstanden, warum ich nicht mit ins Krankenhaus wollte, um die Person zu besuchen. Zum Glück kannte mich die entsprechende Person so gut, sodass sie es verstanden hat, obwohl einige in meiner Familie mir da heute noch Vorwürfe machen.

Mir war es einfach nicht möglich in so einer Situation mit anderen ins Krankenhaus zu gehen. Es ging einfach nicht. Ich kann mit sowas nicht umgehen. All der Stress, die Emotionen, Krankenhäuser...

Man glaubt, dass sowas nur kaltherzige A********* machen. Aus meiner Erfahrung ist es oft genau das Gegenteil. Gerade die sensiblen Leute, können mit solchen Extremsituationen nicht gut umgehen und wenn dazu kommt, dass man sehr schlecht mit Emotionen umgehen kann (als diagnostizierter Aspergerpatient) dann kommt sowas bei rum.

Natürlich kenne ich deine Eltern nicht. Aber ich wollte mal aus der Perspektive von jemandem, der sich ähnlich verhalten hat, berichten, was für Beweggründe dahinter gesteckt haben.
 

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