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Psychisch klarkommen mit Behinderung - Wie?

Serum

Neues Mitglied
Hallo,

Ich habe seit meiner Geburt eine Sehbehinderung, welche genetisch bedingt ist und mich schon immer beschäftigt. Ich wurde als Kind gefragt, ob ich eine reguläre Schule oder eine sehbehinderten Schule besuchen möchte. Selbstverständlich hab ich mich für die reguläre Schule entschieden, da es zu dem Zeitpunkt noch nicht so schlimm war (ca 30% auf beiden Augen) und ich es zum Teil nicht wahrhaben wollte. Es war für mich nicht schlimm, da ich kein richtigen Vergleich hatte und eigentlich überall fast Hindernisfrei mitmachen könnte.. In der Schulzeit verschlechterte sich mein Sehen immer weiter und weiter. Ich quälte mich also bis zue 9ten Klasse, um dann mein qualifizierenden Hauptschuabschluss knapp nicht zu bestehen. Ich denke es lag einfach an allem. In der Zeit war ich sehr schüchtern, hab mich nicht gewehrt und alle Schikanen über mich ergehen lassen. Zuhause gab's auch immer öfter Stress und ich stürzte mich in die virtuelle Welt, was mich am Ende dann auch süchtig machte. Ich nahm zu und war einfach mit allem unzufrieden. Ich ging nicht mehr raus, vernachlässigte Freunde und Familie. Ich beschloss die Klasse zu wiederholen und danach meine mittlere Reife nachzuholen, was mir auch gelang. Meine Depressionen stiegen immer weiter und Gedanken wie: "Meine Familie wären doch ohne mich besser dran! Ich kostet denen viel zu viel Geld und für was das alles bitteschön?" verhärteten sich. Ich war wirklich sehr kurz vorm Augenblick zu sagen, das ich keine Lust mehr hab und wäre einfach abgehauen und alleine gestorben. Ich könnte darüber nicht Reden. Zu meinem Vater hab ich überhaupt kein guten Draht und wir entfernen uns immer weiter von einander. Meine Mutter und meinen Bruder hätten das nicht verstanden. Verseht mich nicht falsch, meine Familie hat mich was das Thema Behinderung angeht immer unterstützt und gefördert aber sie können das nicht empfinden, was ich durch meine Sehbehindeung empfinde. .

Mit 17 Jahren beendete also meine mittlere Reife eher schlecht als Recht und bewarb mich um eine Ausbildung. Wie erwartet, bekam ich kein Ausbildungsplatz, was mich sehr belastete. Ich beschloß eine Kur zu machen, da ich durch die Depressionen und dem damit verbundenen Frustessen relativ dick (140kg) geworden bin. Innerhalb von 6 Wochen war die Kur vorbei und ich war sehr motiviert, das weiter zu machen. Schnell verlor ich die Motivation an Sport, behielt aber die Ernährung bei. Es half und bis zu diesem Augenblick hab ich 48kg runter. Ich muss gestehen, das sich meine Ernährung mittlerweile radikalisiert hat und meiner Meinung nach schon fast eine Essstörung ist. Naja... Ich hatte also abgenommen und suchte einen neuen Weg. Ich informierte mich im Internet und entdeckte eine Anzeige, in der eine Schule für Blinde und Sehbehinderte Menschen für sich warb. Ich war immer noch sehr depressiv, hatte keine Lust darauf, da ich extra wegen der Schule in eine andere Stadt musste und sogar unter der Woche dort bleiben musste. Am Tag der abreise heulte ich fürchterlich, da ich das ganze einfach nicht mehr wollte. Meine Eltern zwangen mich und so trat ich die Bildungsvorbereitende Bildungsmaßnahme an. Zu Beginn fühlte ich mich sehr unwohl, zog mich zurück und versuchte keinem zu begegnen. Mit der Zeit fand ich Freunde und ich begann gefallen daran zu finden. Ich nahm immer noch ab, fand Freunde und meine Depressionen besseren sich. Das Jahr verging und ich beschloss mich an der gleichen Schule für das Berufskolleg zu bewerben. Ich wurde angenommen und freute mich ein Keks. Ich bin nun im letzten Jahr und hab somit bald meine Abschlussprüfungen. Mir fiel in der Zeit auf, wie sich meine Sicht verschlechtert. Seit einem Jahr ist es so, das ich rechts nicht mehr lesen kann, da alles zu verschwommen ist. (Momentane Sehkraft links ~15% und rechts weniger als 5%). Wir waren In Fachkliniken, hatten hunderte von Terminen und niemand konnte mir helfen. Kontaktlinsen sind die einzige Möglichkeit, das Sehen zu verbessern. Heute morgen schielte mein rechtes Auge die ganze Zeit. nach rechts und veränderte nicht mal die Position, als ich noch links schaute. Das hatte ich noch nie. Zudem bemerke, wie alles nochmal umschärfer wird. Zudem müsste ich mich dringend um ein Studium oder eine Ausbildung bewerben aber ich hab dazu keine Kraft. Ich würde mega gern Design studieren. Ich hab schon sehr viel Vorwissen in Photoshop, Cinema4D, Adobe After Effekts usw aber es wäre einfach dumm solch eine Richtig einzuschlagen. Auch wenn die Spezialistin meinte, eine Blindheit wäre ausgeschlossen, kann man sich nie sicher sein. Außerdem ist der Berufszweig sehr hart umkämpft. Entweder du bist gut und hast Aufträge oder bist durchschnittlich und bist Arbeitslos.

Mit 20 Jahren weiß ich schon nicht mehr weiter. Ich kann so nicht mehr weiter machen! Alleine der Gedanke, zu erblinden oder mein Leben lang Hilfe zu benötigen, treibt mich in den Wahnsinn. Das ungewisse zerstört mich einfach, da ich keine Ahnung hab, was der richtige Weg ist. Immer wenn ich über die Zukunft nachdenke, sehe ich nur verschwommen oder Schwarz und das meine ich auch wortwörtlich. Die Wahrscheinlichkeit diese Krankheit zu bekommen, ohne das die Eltern diese Krankheit besitzen, liegt bei etwa 1:150000. Warum also ich? Warum nicht andere? Ich weiß, das klingt sehr egoistisch, mag es vielleicht auch sein aber solche Fragen stellt man sich nun mal irgendwann. Jeder hat sein Päckchen im Leben zu tragen aber manche brechen unter dem Gewicht zusammen, da sie zu erschöpft sind.

Ich weiß einfach, das ich mit der Tatsache, das ich eine irreversibele Augenkrankheit habe, nicht mehr klarkomme. Mich kotzen diese Blicke einfach an! Diese unsicheren, unverständlichen, bemitleidenden, abwertenden und fragenden Blicke treffen mich auf Dauer fast am meisten. Obwohl man mir es beim Gehen usw nicht ansieht, erkennt man es sehr leicht, wenn ich etwas versuche zu lesen. Ich werde überall angestarrt und viele meinen ich bemerke das nicht. Werfe ich aus Spaß ein Blick zurück, schauen sie schnell weg und tun so, als wäre nichts gewesen.

Ich bin an dem Punkt angekommen, an dem ich kein Sinn mehr sehe. Meine Zukunft ist mehr als bescheiden, ich werde eventuell innerhalb von einem Jahr nicht mehr ohne Hilfe mein Alltag bewältigen können. (Beim rechten Augen hat es ca 1 Jahr gedauet, bis es richtig schlecht wurde), ich besitze kein echten sozialen Rückhalt und verzweifle einfach jeden Tag an meinen Tätigkeit und Fähigkeiten.
Wieso hab ich nur so große Probleme, meine Behinderung und deren Folgen zu akzeptieren? Bin ich einfach zu fixiert darauf? Egal was es ist, wenn ich es nicht in den 20 Jahren gefunden habe, dann ist es vor allem zu diesem Zeitpunkt noch viel unwahrscheinlicher.

Ich möchte von euch eine ehrliche Antwort und keine Moralapostelgeschichte!
Nur mal angenommen, du hast eine Behinderung und weißt, das du mit den kommenden Folgen psychisch nicht leben kannst. Würdest ihr es vorzeitig beenden oder es doch versuchen und Gefahr laufen, es irgendwann selbst nicht mehr beenden zu können?

Es tut mir leid, wenn der Text etwas unstrukturiert und unverständlich ist. Ich hab mir das einfach aus der Seele geschrieben.

Mit freundlichen Grüßen,

Serum
 

kiablue

Aktives Mitglied
Hallo Serum,

ich kenne eine Frau, die blind wurde. Als ich sie kennen lernte, war noch alles gut und dann ging es ganz schnell. Natürlich fiel auch sie erst mal in ein Loch, kam sich selbst nicht hinterher. Angst. Doch dann nutzte sie die Zeit, in der sie noch wenigstens Schatten sehen konnte. Sie kümmerte sich um Hilfe. Es gibt im Internet Foren dafür, es gibt den Blinden- und Sehschwachenverband, sie suchte nach Menschen, denen es auch so geht. So konnte sie rechtzeitig vorbeugen, ehe sie in die Dunkelheit fiel. Sie bekam ein Training für Straße und zu Hause, sie bekam die nötige Technik, so dass sie nach wie vor gut im Internet klar kommt, die richtige Uhr, Hilfe, um Farben zu erkennen usw. Es geht ihr gut.

Also, nutze Deine Zeit, schau mal, ob sich der Blindenverband schon für Dich einsetzt oder es noch etwas schlimmer werden muss, aber sie können Dir sagen, was für Dich in Frage kommt. Schau mal nach solchen Foren, dort kann man Dir Tipps geben und auch Dich auffangen, kann Dir leider nicht sagen, in welchem sie war/ist.

Es gibt Wege für Dich. Such schon jetzt. Das hält die Angst und Depression in Grenzen.

Lieben Gruß, kiablue
 

Serum

Neues Mitglied
Hallo kaiblue,

Danke erst mal für eine Antwort.

Das ist mir alles bewusst. Ich gehe ja auf eine Blinden- und Sehbehindertenschule. Hatte auch schon einmal ein Molekulartraning, welches ich eigentlich nicht benötigt habe, da ich es nie verwende. Es ist viel zu umständlich und unpraktisch. Ich hab auch über ein Jahr mit einer Vollblinden gelebt. Mir sind die ganzen Vorkehrungen bekannt und in einem Verband für Blinde und Sehbehinderte bin ich schon seit meiner Geburt.
Es ist schön für sie, das sie damit klar kommt. Ich bin leider nicht so stark, um das durchzustehen. Ich will ein eigenständiges, normales Leben führen und nicht wie ein Anhänger hinterhertrotten und auf Hilfe warten. Das ganze ist Ansichtssache und ich für mich persönlich ist es kein erfülltes Leben, wenn man von Menschen abhängig ist.

Welche Tipps denn?
Meine Krankheit ist so selten, das sie kaum erforscht ist und es kaum Behandlungen dagegen gibt. Man kann nur die Folgen der Krankheit behandeln...Aber für was?
Ich hatte schon Operationen und es wurde danach immer schlimmer!
Wieso gegen etwas ankämpfen, das man weder aufhalten noch zerstören kann?

Der Punkt ist, egal wie meine Zukunft aussieht, ich werde immer davon beeinträchtigt sein und ich will.Nicht wissen, wie das in Zukunft wird, wenn es innerhalb eines Jahres so schlecht würde.

Ich entwickel momentan auch einfach einen Selbstzerstörungsdrang, der mir das Leben noch mehr zur Höhle macht. Nach dem Motto "Fu** you life!". Das es kein Ausweg sondern eine Verschlimmerung ist, ist mir durchaus bewusst.

Mfg

Serum
 

kiablue

Aktives Mitglied
Wieso gegen etwas ankämpfen, das man weder aufhalten noch zerstören kann?
Wogegen kämpfst Du denn? Gegen die Verschlechterung der Sehfähigkeit? Das macht keinen Sinn. Da hilft vielleicht die Annahme der Realität, egal, ob es Dir gefällt. Kämpfen kannst Du gegen die Depression und Selbstzerstörung.

Ich konnte nicht wissen, dass Du all das schon machst.

Übrigens, die Frau von der ich sprach, lebt eigenständig und ist nicht abhängig.
 
G

Gast

Gast
Einen ultimativen Tip habe ich leider auch nicht. Ich kenne Depressionen und weiß daher, das "aufmunternde" Sprüche nicht viel helfen. Deine Depressionen kann ich verstehen, deine körperliche Einschränkung leider nicht.

Was ich toll finde: du hast schon enorm viel geleistet in deinem Leben. Das meine ich wirklich so. Du hast Diziplin und einen starken Willen. Du kannst es schaffen, mit der Krankeit gut zu leben, allerdings sind Depressionen je nach Schweregrad ein großes Hindernis obendrauf. Bist du in Therapie und nimmst du Medikamente?

Medis sind nicht immer toll, aber für manche wirklich eine Option. Ich schlage mich schon ewig mit Depressionen rum, von daher
nehme ich Medikamente.

Welchen Weg du letzen Endes einschlägst bleibt dir überlassen, aber es wäre schade, wenn du dich selbst zerstörst.
 

Serum

Neues Mitglied
Korrekt. Ich kämpfe die gegen meine Sehbehinderung und somit auch gegen die daraus resultierenden Folgen. Mir ist bewusst das es sinnlos ist aber was für eine Wahl hab ich denn?
Entweder sterben oder das ganze Leben damit klarkommen.

Und bei dem Wörtchen "Klarkommen" liegt das Problem. Ich weiß nicht wie, wo und warum. Ich weiß einfach nichts, da das ganze einfach mein Leben bestimmt. Ich bekomme absagen, da sie dies oder jenes nicht zutrauen, ich werde ausgegrenzt, da ich mehr Hilfe benötige als andere.
Nicht nur der Umgang mit Menschen beeinflusst die Krankheit sondern auch meine Fähigkeiten.

Das ganze einfach so anzunehmen mag für manche Menschen relativ einfach sein aber ich für meinen Teil, tu mir dabei extrem.hart.

Mfg

Serum
 

Nordrheiner

Sehr aktives Mitglied
Lieber Serum,

wir Menschen sind „Gewohnheitstiere“. Weil wir über längere Zeit einen Beruf ausüben, vermittelt uns dies den Eindruck, es würde immer so weiterlaufen. Wir können seit Kindesbeinen an laufen und dieses häufige Erleben vermittelt uns den Eindruck, es wäre auch in Zukunft immer so.

So ist aber nicht das Leben. Wir müssen lernen, dass alles ein Ende hat. Wirklich alles. Wir haben über nichts die absolute Kontrolle. Kontrolle ist nur scheinbar vorhanden, ein maximal vorübergehender Zustand. Es ist gibt keine wirkliche Sicherheit. Der eine Mensch lernt es in sehr jungen Jahren, der andere erst im Alter von 80 Jahren.

Deine Frage ist aktuell für alle Menschen: Wie gehen wir damit um?

Ich bin Christ und kann Dir nur aus dieser meiner Perspektive antworten. Für mich ist dieses Leben ein von Gott individuell festgelegter Zeitraum. Der Sinn dieses Lebens ist unsere Entscheidung, mit Gott ewig und in Liebe leben zu wollen – oder nicht. Was würde es Dir nützen, wenn Du morgen das volle Augenlicht erhältst und danach die besten Jobangebote und überhaupt alles, was Du Dir wünschst – wenn Du in der nächsten Woche von einem Auto überfahren wirst? Du weisst doch: Sicher ist, das alles nicht sicher ist.

Ich vertraue weder meinen körperlichen oder geistigen Fähigkeiten absolut oder irgendeinem Menschen. Wer sich immer nur auf sich selbst oder auf einen Menschen verlässt, wird Enttäuschungen erleben müssen.

Das Wissen aber, dass mir nichts Schlimmes ohne guten Ausgang passieren kann, egal was passiert, weil ich mich in der Hand Gottes befinde, gibt mir persönlich die Sicherheit, auch jedes große Unglück anzunehmen. Ich freue mich nicht über Unglück, im Gegenteil. Aber ich vertraue Gott, dass er mich führt, auch durch ein dunkles Tal, welches mir schon beim Hinsehen Angst einjagt. Das Schlimme ist schlimm. Aber es verliert seinen Schrecken, wenn ich Gott vertraue. So geht es jedenfalls mir. Und deshalb bin ich auch nicht starr vor Angst, sondern kann in jeder Situation überlegen: Wie verhalte ich mich jetzt am Besten?

Ich wünsche Dir, dass Du auch den Schrecken vor dem Schlimmen verlierst.

LG, Nordrheiner
 

kiablue

Aktives Mitglied
Also erst mal, vom Grunde her kann ich gut verstehen, was da in Dir vorgeht. Ich bin selbst behindert, aber anders. Was mich am meisten behindert sind meine immerwährenden starken Schmerzen im ganzen Körper, Tag und Nacht. Es hindert mich, raus zu gehen, mich weiter weg zu trauen. Es kann sein, dass ganz plötzlich einfach gar nichts mehr geht, ich nicht mal mehr atmen kann. Arbeitsfähig bin ich nicht mehr.

Ich selbst habe mir nie die Frage gestellt, warum gerade ich. Es war/ist eben so. Ich kenne gut Deine Gedanken, wozu dann weiter machen. Ja, auch ich sah den Tod als besten Ausweg.

Heute habe ich noch immer diese Behinderungsprobleme, habe auch einen GdB von 60. Vieles kann ich nicht, schaffe ich tatsächlich nicht. Aber ich gehe heute raus. Sage mir, zu Hause habe ich auch Schmerzen, ich versuche, ich schaue, wie weit ich komme. Mein Aktionsradius hat sich erweitert.

Entweder sterben oder das ganze Leben damit klarkommen.
Genau. So sehr mir das leid tut und so hart das klingt. Ich selbst kann nicht einschätzen, ob ich lieber mal Ruhe und keine Schmerzen hätte oder eben schlecht sehen könnte.

Du musst oder besser darfst Dich entscheiden. Willst Du kämpfen FÜR Dein Leben und schauen, wie Du das Beste draus machen kannst oder willst Du Dich aufgeben.

Ich bekomme absagen, da sie dies oder jenes nicht zutrauen, ich werde ausgegrenzt, da ich mehr Hilfe benötige als andere.
Ja. Leider. Dennoch: Dir bleibt nichts anderes übrig als mit dem, was Du hast, das Beste zu machen. Ja, Dir ist nicht alles so möglich wie anderen. Andererseits, so viele bekommen Absagen, die können gut sehen.

Ich verstehe Dich total, auch Deine Verzweiflung. An meiner Stelle würde ich aber mich fragen, ob mir das weiter hilft, ob es was ändert. Kann ich nichts ändern, dann muss ich einen Weg suchen. Aber vorher eben die Krankheit annehmen. Und keiner sagt, dass das einfach ist. Ist es nicht. Aber möglich.

Versuch vielleicht mal von außen auf Dich zu schauen und so Deine Potenziale zu finden und diese dann umzusetzen. Klappt es mit einem Job nicht, dann vielleicht was anderes, Ehrenamt oder weiß der Fuchs, irgendwas, das Dir zeigt, es gibt Dich und Du wirst gebraucht. Manchmal ist der Weg lang, aber auf dem Weg lernt man. Wenn man den Focus nach vorn lenkt und nicht in seinem eigenen Sumpf sitzen bleibt. Das klappt nicht wirklich von heut auf morgen. Kostet viel, ist nicht leicht. Aber kann das Glück bringen. Deine Erkrankung kannst Du wohl nicht ändern. Aber Deine Einstellung und Deine Lebensqualität.

Was ich Dir gerade schreibe, habe ich früher selbst nicht geglaubt. Der Weg war lang und schwer und sehr schmerzhaft. Aber heute habe ich ihn gefunden. Ich gehe so weit ich kann. Und wenn es nicht mehr weiter geht, dann öffnet sich eine andere Tür. Mann muss sie nur auch sehen wollen/können.

Heute sicher nicht, aber vielleicht gelingt Dir das auch in absehbarer Zeit, wünsche ich Dir jedenfalls sehr.

Lieben Gruß, kiablue
 

Burbacher

Aktives Mitglied
Hallo Serum,

kurz zu mir: Ich bin Spastiker von Geburt an, hinke links. Seit meinem 17. Lebensjahr kämpfe ich mit einer bipolaren Störung, werde mal von manischen, dann wieder von depressiven Phasen heimgesucht.
Heute bin ich 65. Und ich habe überlebt, trotz allem, vielleicht auch wegen allem. Letzteres mag dich verwundern, aber ich glaube, dass Menschen mit einem ausgeprägten Handicap mit einer besonderen Sensibilität einerseits und einem mit dem Handicap einhergehenden Lebenswillen ausgestattet sind. Was anderen nicht behinderten Menschen mühelos gelingt, müssen wir uns mit besonderer Anstrengung erkämpfen. Das ist anstrengend, zehrt nicht selten an uns, aber es trainiert uns auch.
Zu deinem Handicap: Einer meiner meist verehrten Professoren während meines Studiums war ein blinder Soziologe. Er hat uns auf ganz besondere Weise in die Wissenschaft eingeführt, uns auf eine ganz unnachahmliche Art und Weise für das wissenschaftliche Arbeiten und Denken motiviert.
Ich erinnere mich gerade deswegen an ihn auch nach über 40 Jahren. Dir einem Menschen, der ebenfalls von einen Handicap betroffen ist, muss ich sicher nicht sagen, dass wir unser Handicap oft weitaus schwerwiegender erleben, als es unsere Umgebung wahrnimmt.
Das gilt gelegentlich auch umgekehrt: Nicht selten traut die Umgebung einem Behinderten nicht zu, was er selbst für überhaupt kein Problem hält.
Noch einen Rat möchte ich dir geben, wenn Du gestattest: Die Warum-Frage hilft uns nicht weiter. Im Gegenteil, sie führt in eine Sackgasse, und sie verbraucht emotionale und geistige Kräfte, die unser einer besser in die Bewältigung seines Handicaps investiert.
Ja, eine Behinderung behindert uns im wahrsten Sinne des Wortes. Aber wir sind gleichwohl fähig und auch dazu aufgefordert, uns dadurch nicht mehr behindern zu lassen, als es nötig ist.
Lass dich nicht entmutigen, sondern nimm diese besondere Aufforderung in deinem Leben und deines Schicksals an. Je mehr dir das gelingt, je stärker wirst Du dabei. Fallen darfst Du auch mal, wie alle anderen Menschen auch.
Mir fällt das Gehen heute wirklich schwer manchmal. Aber ich stehe immer wieder auf und gehe.
Daraus gewinne ich Kraft und Mut und besiege dadurch meine Behinderung, die mich mein Leben lang begleitet. Bis zu meinem 62. Lebensjahr arbeitete ich zudem fast 35 Jahre als Lehrer, davon viele Jahre ohne Unterbrechung.
Diese Erfahrung wünsche ich dir!

Liebe Grüße!

Burbacher
 
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