Partnerschaft mit oder ohne Liebe

Ich möchte mir etwas von der Seele schreiben und erwarte eigentlich keine Hilfe, da mir dabei niemand helfen kann:

Mein Problem ist, dass ich in meinem Leben mehrere gute Beziehungen (davon eine Ehe) hatte, bei denen alles stimmte, außer der Liebe. Gemeinsame Interessen, Anschauungen, Lebenseinstellungen, alles war gegeben. Nur Liebe war und ist es auch in meiner jetzigen Beziehung nicht. Immer habe ich mir meine Partnerinnen nach Zweckmäßigkeitskriterien ausgesucht und nicht auf die Liebe gehört. Dabei war ich mehrmals verliebt in Frauen, die mich auch wollten. Ich habe sie alle abblitzen lassen, da sie mir nicht sportlich leistungsfähig genug waren (bin Bergsteiger, Skifahrer, Radfahrer (ohne Elektrounterstützung) usw. Eine habe ich nicht genommen, da sie in einer total öden Stadt ein sanierungsbedürftiges Haus besaß, aus dem sie keinesfalls ausziehen wollte usw.

Gestern traf ich nun mit einer Frau zusammen – wir schauten uns in die Augen und strahlten beide vor Glück! Es war offensichtlich Liebe auf den ersten Blick. So etwas habe ich noch nie erlebt! Ich dachte immer, das gibt es gar nicht. Innerhalb weniger Minuten kamen wir uns sehr nah. Doch als sie mich küssen wollte kamen mir Bedenken: „Soll ich meine jetzige Beziehung aufgeben, das Wohnen in einem wunderschönen Haus, die Bergtouren mit meiner sportlich sehr leistungsfähigen Partnerin usw? Sie ist sehr zierlich und vermutlich körperlich nicht sehr leistungsfähig.“ Das sagte mir mein Verstand. Natürlich hätte ich mit ihr im nächsten Hotel ein Zimmer buchen und dort Sex haben können. Doch dazu war sie mir zu wertvoll. Sie für ein Sexabenteuer zu nutzen und dann abzuschieben, das kam für mich nicht infrage. Solche Sexabenteuer habe ich schon mehrfach gehabt, aber da war für beide vorher klar, dass es nur Sex und nicht mehr sein sollte.

Ich habe mich dann aus dem Staub gemacht.

Heute Morgen hatte ich richtig guten Sex mit meiner jetzigen Partnerin. Dabei wurde mir wieder klar: Der Sex ist gut, aber es ist keine Liebe dahinter. Ich brauche über die Frau von gestern eigentlich nicht mehr nachdenken, denn wir haben keine Kontaktdaten ausgetauscht und sie wohnt etwa 200 km von hier entfernt.

Wie gesagt, es kann mir keiner helfen, ich wollte die Sache nur einfach loswerden.

Hallo,

nein, helfen kannst nur Du Dir selbst. Du hast anscheinend immer rein verstandesgemäß und nach dem Nützlichkeitsprinzip Partnerinnen ausgewählt, weil sie Deine Kriterien erfüllen, ohne dass da wohl viele Gefühle da waren. Vielleicht bist Du nicht sehr liebevoll aufgewachsen, so dass Du das Gefühl von Liebe nicht so kanntest oder es Dir nicht so wichtig erschien. Ich hoffe, dass Deine Freundin weiß, dass Du sie nicht liebst, sondern sie nur gut in Dein Leben und zu Deinen Hobbies passt.

Wenn beide in einer Partnerschaft so denken, dann okay. Ansonsten ist es unfair, genauso wie natürlich Fremdgehen unmoralisch ist, es sei denn, dass Du Deine Sexabenteur hattest, als Du noch Single warst.

Viele Menschen leben sicherlich so, dass sie ihr Leben nach Nützlichkeit und ihren Bedürfnissen ausrichten, ohne sich um Gefühle zu kümmern. Mir wäre das zu flach, aber wenn das für Dich so okay ist, lebe so. Aber Du hast ja selbst gesehen, wie es ist, wenn man sich verliebt oder jemanden liebt.

Danke, Binchy, Du hast Recht. Auf alle Fälle habe ich noch nie im Leben zu einer Frau gesagt: "Ich liebe Dich". Insoweit war ich immer ehrlich. Fremdgegangen bin ich allerdings öfter, auch wenn ich in einer Beziehung war. Dabei entstand einmal auch so etwas wie Liebe. Aber ich habe mich damals auch wieder für die Partnerschaft auf Basis der Zweckmäßigkeit entschieden.

Vermisst Du das nicht, jemanden tief zu lieben, es ihr zu sagen, es zu hören und auch dasselbe zu empfinden?

Binchy meinte:

Vermisst Du das nicht, jemanden tief zu lieben, es ihr zu sagen, es zu hören und auch dasselbe zu empfinden?

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Ja klar vermisse ich das. Schon mein ganzes Leben lang. Aber alle Frauen, in die ich mich verliebt habe, passten so gar nicht zu meinem Lebensstil.

Hauptsache Bergsteigen. 99,9% aller Frauen sind wohl keine Bergsteiger.

Ganz so wenige Bergsteigerfrauen gibt es wohl doch nicht. Nur dass ich mich die meisten meiner Kletterpartnerinnen nicht verlieben konnte und die, in die ich mich verliebt hatte, mich nicht wollte.

springer meinte:

Aber ich habe mich damals auch wieder für die Partnerschaft auf Basis der Zweckmäßigkeit entschieden.

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Nein, hast Du nicht. Du hast Dich für Deine Bequemlichkeit entschieden, weil, wahrscheinlich aus Angst, Du Dich vor der notgedrungenen Veränderung gesträubt hast. Du meintest, Du gingest lieber auf Nummer Sicher, aber in Wirklichkeit hast Du Dich dagegen gewehrt, endlich Dich weiterzuentwickeln und Deine eigentliche Befreiung als Mann anzustreben. Denn jede Liebe ist ein Wagnis in ein noch unentdecktes Land. Da geht es um Höhen und Tiefen, und nicht um fotogene Berststeigkraxeleien, oder bildschöne Stars im schicken Sportwagen oder "Schlitten", wie man früher sagte.

Du wirst nicht alles haben können in einer Beziehung. Für mich ist Liebe als Basis das Wichtigste, natürlich Treue ebenfalls. Danach kommen gemeinsame Hobbies, aber das, was ich mit einem Partner nicht machen kann, würde ich dann mit Freunden machen. Ich hätte nicht den Anspruch, dass mein Partner alles mit mir zusammen machen müsste.

Wäre das für Dich keine Möglichkeit, dass Du ein paar Hobbies eher mit Freunden machst und Dir jemanden suchst, den Du liebst?

Für mich ist Liebe die höchste und schönste Form des Glücks. Ein Leben ohne Liebe mag möglich sein, es ist jedoch ein verschwendetes, sinnloses Leben.

Was du hier beschreibst ist mit das traurigste, was ist je gehört habe.

Sorry, aber das mußte ich mir jetzt mal von der Seele schreiben.