Hallo zusammen, ich stehe gerade davor eine Entscheidung zu treffen die meine ganze Zukunft beeinflussen wird, deswegen möchte ich gerne ein paar Meinungen von Außen dazu einholen, ich versuche mich möglichst kurz zu fassen:
Meine Familie immigrierte Anfang der 90er aus dem Baltikum nach Deutschland. Als ich 2 Jahre alt war, starb meine Mutter während eines Heimaturlaubes bei einem Verkehrsunfall. Meinen Vater hat das sehr mitgenommen, er stürzte sich in Arbeit, wollte das es mir an nichts fehlt. Ich habe ihn die ersten Jahre kaum zu Gesicht bekommen, er war morgens als ich aufwachte schon weg und erst sehr spät wieder da. Meine Großeltern kümmerten sich um mich, als ich in die zweite Klasse kam, entschied man ich sei alt genug um eine Weile alleine zu Hause bleiben zu können, meine Großeltern hatten zu großes Heimweh und so kehrten sie Deutschland den Rücken und ich blieb mit meinem Pa allein zurück.
Ich bin fest davon überzeugt, dass es in meiner frühen Kindheit noch zu gar keinen Zwischenfällen gekommen ist, zumindest erinnere ich mich an nichts. Erst kürzlich, als ich bei einer Freundin ein Döschen "Wick Vaporub" (so eine Erkältungscreme) sah, und dran roch, durchfuhr es mich. Ich erinnerte mich durch diesen stechenden Geruch urplötzlich an einen Abend, an dem ich sehr krank war und er mir damit die Brust einrieb.... ab da hatte es angefangen, das war am Ende meiner Grundschulzeit. Ich hatte niemanden außer ihm, wir hatten ein sehr festes Verhältnis auf vielen Ebenen. So sehr ich es auch versuchte, ich konnte mich nicht wehren, nicht nein sagen, er arbeitet ja so hart, es ist nur weil ich meiner Mutter so ähnlich sehe, manchmal nannte er mich sogar nach ihrem Vornamen.
Ab dem Gymnasium schickte er mich auf das örtliche Internat, aber nur als Tagesschülerin sodass ich spät Abends wieder zu Hause war... dort freundete ich mich mit wohlhabenden Großstadtkindern an die Drogen nahmen. Endlich konnte ich der Realität entfliehen. Als ich 14 war, konsumierte ich mir den Mut an, stieß ihn weg und schrie ihn an er solle damit aufhören, dass es nicht normal ist und wie ich es hasse. Ich hatte mit allem gerechnet, nur nicht damit, er sagte wenn ich es so schlimm finde warum ich nicht vorher was gesagt habe er hätte schon längst aufgehört. Und es hörte ab da tatsächlich auf....
Es wurde nicht wirklich besser, ich fing an darüber zu reflektieren, wieso zur Hölle habe ich nie Nein gesagt? Ich habe mitgemacht, vielleicht war ich schuld, vielleicht hat es mir gefallen, vielleicht war ich an allem Schuld ? Was bin ich für ein Stück Dreck ? usw. Ich begann Benzodiazepine und Tilidin zu nehmen, schaffte das Abi mehr Schlecht als Recht und wohnte ab 17 eigentlich nur noch bei meinem Freund der ebenfalls konsumierte. Es war eine schöne Zeit, durch das Zeug konnte ich alles negative ausblenden, außerdem standen wir beide voll im Leben, machten Sport, er Ausbildung zum Schlosser, ich fing ein Studium an, welches ich aber abbrach. Danach Ausbildung Bürokauffrau, ebenfalls abgebrochen. Wir nahmen mittlerweile beide Oxycodone, aber niemals Heroin, redeten uns ein wir seien deswegen keine Junkies dabei ist Oxycodone der gleiche Wirkstoff.
Ich überspringe jetzt mal die folgenden Beziehungen und Ausbildungen bis zum jetzigen Punkt:
Ich habe Anfang des Jahres eine Entgiftung gemacht. Bis dahin hatte ich noch nie mit irgendwem über meine Vergangenheit geredet, mit der Abnahme der Substanzwirkungen holte mich das alles aber immer mehr ein und ich wurde immer verzweifelter, ich dachte ich muss es jemandem sagen sonst werde ich wahnsinnig. Und so habe ich es einer Bezugspflegerin erzählt, und obwohl sie sehr einfühlsam war und mir versprach dass es unter uns bliebe, konnte ich es einfach nicht glauben. Ich fing an schreckliche Paranoia zu schieben, dachte sie würde es so oder so im Team erzählen unter dem Vorwand "mir zu helfen". Ich schlief Tage und Nächte lang nicht bis es so schlimm wurde, dass ich überzeugt war, Mitpatienten hätten während des Gesprächs an der Tür gelauscht und wüssten alle bescheid. Alle gucken mich schräg an und denken sich "was eine Hure"... ich habe trotz Ausgangssperre die Klinik Richtung Bahnhof verlassen um mich vor einen Zug zu werfen, wurde dort von der alarmierten Polizei jedoch aufgehalten und kam auf die Geschlossene. Ich hatte eine Psychose vom feinsten.
Jetzt bin ich in einer Langzeitentwöhnungstherapie. Es gibt hier auch Traumagruppe, Ängstegruppe, Depressionsgruppe, aber nie im Leben würde ich in einer GRUPPE davon erzählen. Ich schäme mich einfach viel zu sehr, und ich vertraue auch den Therapeuten nicht wirklich, immerhin ist deren Schwerpunkt immernoch SUCHT, was mein geringeres Problem darstellt. Ich bin gedanklich ständig bei meinem Papa, er ist an Knochenkrebs erkrankt, seine Wirbelsäule wurde dadurch so aufgeweicht dass er mittlerweile auch noch Querschnittsgelähmt ist.
Ich bin innerlich total zerissen. Ich weiß dass ich ihn hassen müsste, aber ich kann es nicht. Jeden Tag in dieser Klinik frage ich mich warum ich hier die Zeit totsitze, die letzten Tage die ich mit meinem Papa verbringen könnte verschwende ich hier. Ich müsste bei ihm sein. Ich muss mit ihm über das Geschehene sprechen, es aus der Welt schaffen damit ich meinen Frieden habe wenn er nicht mehr ist weil es sonst zu spät ist. Aber gleichzeitig habe ich eine RIESEN ANGST davor. Soll ich ihm vergeben ? Er war immer für mich da und hat mir alles ermöglicht, egal was ich getan habe und in welcher Situation, ich konnte immer zu ihm und habe ihn trotz allem mehr geliebt als irgendeinen anderen Menschen auf dieser Welt. Ist das normal ?
Meine Familie immigrierte Anfang der 90er aus dem Baltikum nach Deutschland. Als ich 2 Jahre alt war, starb meine Mutter während eines Heimaturlaubes bei einem Verkehrsunfall. Meinen Vater hat das sehr mitgenommen, er stürzte sich in Arbeit, wollte das es mir an nichts fehlt. Ich habe ihn die ersten Jahre kaum zu Gesicht bekommen, er war morgens als ich aufwachte schon weg und erst sehr spät wieder da. Meine Großeltern kümmerten sich um mich, als ich in die zweite Klasse kam, entschied man ich sei alt genug um eine Weile alleine zu Hause bleiben zu können, meine Großeltern hatten zu großes Heimweh und so kehrten sie Deutschland den Rücken und ich blieb mit meinem Pa allein zurück.
Ich bin fest davon überzeugt, dass es in meiner frühen Kindheit noch zu gar keinen Zwischenfällen gekommen ist, zumindest erinnere ich mich an nichts. Erst kürzlich, als ich bei einer Freundin ein Döschen "Wick Vaporub" (so eine Erkältungscreme) sah, und dran roch, durchfuhr es mich. Ich erinnerte mich durch diesen stechenden Geruch urplötzlich an einen Abend, an dem ich sehr krank war und er mir damit die Brust einrieb.... ab da hatte es angefangen, das war am Ende meiner Grundschulzeit. Ich hatte niemanden außer ihm, wir hatten ein sehr festes Verhältnis auf vielen Ebenen. So sehr ich es auch versuchte, ich konnte mich nicht wehren, nicht nein sagen, er arbeitet ja so hart, es ist nur weil ich meiner Mutter so ähnlich sehe, manchmal nannte er mich sogar nach ihrem Vornamen.
Ab dem Gymnasium schickte er mich auf das örtliche Internat, aber nur als Tagesschülerin sodass ich spät Abends wieder zu Hause war... dort freundete ich mich mit wohlhabenden Großstadtkindern an die Drogen nahmen. Endlich konnte ich der Realität entfliehen. Als ich 14 war, konsumierte ich mir den Mut an, stieß ihn weg und schrie ihn an er solle damit aufhören, dass es nicht normal ist und wie ich es hasse. Ich hatte mit allem gerechnet, nur nicht damit, er sagte wenn ich es so schlimm finde warum ich nicht vorher was gesagt habe er hätte schon längst aufgehört. Und es hörte ab da tatsächlich auf....
Es wurde nicht wirklich besser, ich fing an darüber zu reflektieren, wieso zur Hölle habe ich nie Nein gesagt? Ich habe mitgemacht, vielleicht war ich schuld, vielleicht hat es mir gefallen, vielleicht war ich an allem Schuld ? Was bin ich für ein Stück Dreck ? usw. Ich begann Benzodiazepine und Tilidin zu nehmen, schaffte das Abi mehr Schlecht als Recht und wohnte ab 17 eigentlich nur noch bei meinem Freund der ebenfalls konsumierte. Es war eine schöne Zeit, durch das Zeug konnte ich alles negative ausblenden, außerdem standen wir beide voll im Leben, machten Sport, er Ausbildung zum Schlosser, ich fing ein Studium an, welches ich aber abbrach. Danach Ausbildung Bürokauffrau, ebenfalls abgebrochen. Wir nahmen mittlerweile beide Oxycodone, aber niemals Heroin, redeten uns ein wir seien deswegen keine Junkies dabei ist Oxycodone der gleiche Wirkstoff.
Ich überspringe jetzt mal die folgenden Beziehungen und Ausbildungen bis zum jetzigen Punkt:
Ich habe Anfang des Jahres eine Entgiftung gemacht. Bis dahin hatte ich noch nie mit irgendwem über meine Vergangenheit geredet, mit der Abnahme der Substanzwirkungen holte mich das alles aber immer mehr ein und ich wurde immer verzweifelter, ich dachte ich muss es jemandem sagen sonst werde ich wahnsinnig. Und so habe ich es einer Bezugspflegerin erzählt, und obwohl sie sehr einfühlsam war und mir versprach dass es unter uns bliebe, konnte ich es einfach nicht glauben. Ich fing an schreckliche Paranoia zu schieben, dachte sie würde es so oder so im Team erzählen unter dem Vorwand "mir zu helfen". Ich schlief Tage und Nächte lang nicht bis es so schlimm wurde, dass ich überzeugt war, Mitpatienten hätten während des Gesprächs an der Tür gelauscht und wüssten alle bescheid. Alle gucken mich schräg an und denken sich "was eine Hure"... ich habe trotz Ausgangssperre die Klinik Richtung Bahnhof verlassen um mich vor einen Zug zu werfen, wurde dort von der alarmierten Polizei jedoch aufgehalten und kam auf die Geschlossene. Ich hatte eine Psychose vom feinsten.
Jetzt bin ich in einer Langzeitentwöhnungstherapie. Es gibt hier auch Traumagruppe, Ängstegruppe, Depressionsgruppe, aber nie im Leben würde ich in einer GRUPPE davon erzählen. Ich schäme mich einfach viel zu sehr, und ich vertraue auch den Therapeuten nicht wirklich, immerhin ist deren Schwerpunkt immernoch SUCHT, was mein geringeres Problem darstellt. Ich bin gedanklich ständig bei meinem Papa, er ist an Knochenkrebs erkrankt, seine Wirbelsäule wurde dadurch so aufgeweicht dass er mittlerweile auch noch Querschnittsgelähmt ist.
Ich bin innerlich total zerissen. Ich weiß dass ich ihn hassen müsste, aber ich kann es nicht. Jeden Tag in dieser Klinik frage ich mich warum ich hier die Zeit totsitze, die letzten Tage die ich mit meinem Papa verbringen könnte verschwende ich hier. Ich müsste bei ihm sein. Ich muss mit ihm über das Geschehene sprechen, es aus der Welt schaffen damit ich meinen Frieden habe wenn er nicht mehr ist weil es sonst zu spät ist. Aber gleichzeitig habe ich eine RIESEN ANGST davor. Soll ich ihm vergeben ? Er war immer für mich da und hat mir alles ermöglicht, egal was ich getan habe und in welcher Situation, ich konnte immer zu ihm und habe ihn trotz allem mehr geliebt als irgendeinen anderen Menschen auf dieser Welt. Ist das normal ?