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Meine beste Freundin ist akut suizidgefährdet

Jolanda

Neues Mitglied
Hallo zusammen,

ich hoffe es geht euch gut. Ich habe schon einiges zu dem oben genannten Thema gegoogelt und auch schon mal vor einiger Zeit mit einem Psychotherapeuten darüber gesprochen, aber so richtig hilfreich waren die bisherigen Antworten nicht.

Meine beste Freundin ist wie ich Mitte 40. Sie hat seit vielen Jahren/Jahrzehnten psychische Probleme und war aber noch nie in Behandlung (bis auf einen sehr enttäuschenden Besuch bei einem Psychiater, der ihr mehr oder weniger sagte, es sei doch alles nicht so schlimm).

Meiner unprofessionellen Meinung nach hat sie eine chronische Depression. Sie hat keinerlei Hoffnung mehr, dass es irgendwann besser wird. Sie ist nicht verheiratet, hat keine Kinder und keine romantische Beziehung. Sie hat eine sehr enge Bindung zu ihrer Familie. Sie wissen zwar, dass es ihr nicht gut geht und sie lässt auch oft mal so Hinweise fallen wie, dass sie schon ihr Testament gemacht habe und eh nicht mehr lange lebt etc. aber ihre einzige Schwester hat keinen Kopf dafür, weil sie mit ihrer eigenen Familie beschäftigt ist und ihre Eltern wissen eben (so wie ich) nicht, was sie machen sollen, da meine Freundin nun mal keine professionelle Hilfe möchte. Sie lehnt es kategorisch ab, da sie überzeugt ist, dass nichts und niemand ihr helfen können wird und es auf gar keinen Fall Hoffnung auf Besserung geben wird. Ich habe ihr schon so oft geraten, dass sie doch bitte mit ihrem Hausarzt sprechen soll oder sich an eine Beratungsstelle wenden soll, oder sich an eine*n Psychiater*in wenden soll etc., aber sie hat mir dann vorgeworfen, dass meine gut gemeinten Ratschläge es noch schlimmer machen. Seitdem sage ich nichts mehr. Sie geht ganz normal ihrer Arbeit nach bis zur körperlichen und psychischen Erschöpfung und wird dort total ausgenutzt. Da sie keine Kinder hat, glaubt man, dass sie dann bis zur Erschöpfung ackern kann und sie ist jeden Tag ca. 14 Stunden ausser Haus für die Arbeit und hat nahezu nie Urlaub. Ich denke eine Entlastung diesbezüglich wäre schon mal sehr hilfreich, aber auch das scheint nicht möglich. Eine Mutter-Kind-Kur kann sie ja schon mal nicht bekommen und für kinderlose Singles werden nun mal keine Kuren gezahlt wenn sie nicht gerade körperlich schwer krank sind. Teilzeit Arbeit kann sie sich schlichtweg nicht leisten.

Akut mache ich mir jetzt Sorgen, weil plötzlich ihre Oma gestorben ist, die ihr sehr viel bedeutet hat. Zwar war sie alt und es war abzusehen, dass es nicht mehr ewig gut gehen würde, aber die Oma war doch noch relativ fit und ist jetzt innerhalb weniger Tage überraschend gestorben. Meine Freundin hat mir dann geschrieben, dass sie jetzt echt nicht mehr will und es alles keinen Sinn mehr hat. Der Psychotherapeut damals meinte, dass ich in so einem Fall nichts machen könne. Jeder entscheidet über sein oder ihr Leben und wenn sie das wirklich vorhat, kann sie niemand daran hindern. Aber wenn sie sich echt was antun sollte und ich weiss davon und mache nichts. Das geht doch nicht. Ich muss doch was machen, aber was?

Ich stehe mit der Mama meiner Freundin heimlich in Kontakt. Aber wir reduzieren den Kontakt auf das Minimale, weil wir meine Freundin natürlich nicht hintergehen wollen und sie würde ausrasten, wenn sie das wüsste und sich erst recht hintergangen fühlen. Aber ich überlege ob ich ihr nicht schreiben soll, dass meine Freundin, also ihre Tochter, gerade sehr akut selbstmordgefährdet ist. Und wenn meine Freundin dann nun mal sauer ist und notfalls den Kontakt mit mir abbricht, aber bevor sie sich was antut. Vielleicht kann die Mutter sie bewegen, sich doch Hilfe zu suchen. Ich bin leider auch nicht vor Ort, die Mutter aber schon.

Sonst könnte ich vielleicht bei der Telefonseelsorge anrufen, aber was sollen die mir schon sagen. Wenn sie mit konkreten Plänen droht, würde ich natürlich den Rettungsdienst rufen. Aber im Moment fühle ich mich absolut machtlos und irgendwie schuldig, weil ich nichts mache. Am Liebsten würde ich den psychiatrischen Notdienst rufen, der sie einweist, aber dafür sind ihre Drohungen zu vage und sie kann sowieso nicht gegen ihren Willen behandelt werden, da sie trotz allem im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte ist. Dass ich jederzeit für sie da bin usw. habe ich ihr natürlich immer wieder versichert.

Was meint ihr dazu? Habt ihr noch irgendwelche Ideen, was ich tun könnte?

Ganz lieben Dank vorab und herzliche Grüße
Jolanda
 

Holunderzweig

Aktives Mitglied
Hi liebe Jolanda..

Deine Freundin hat sicher auch ein biologisches Problem, das auf ihre Psyche einwirkt. Wie du beschreibst, hat sie sicher viele Mängel, die natürlich dazu führen, dass sie lieber das Leben beendet, als noch weiter so leben zu müssen.
Lachen kann von einer Minute auf die andere den Botenstoffhaushalt wieder etwas regulieren, oder lange genug urlauben, sich ausruhen können, verwöhnt werden, sich berühren lassen durch Massagen, Umarmungen, länger dauernde Hingabe und Zeit für Ausklagen und sich beweinen dürfen so richtig, das alles wäre nötig, hat sie aber nicht.
Natur kann auch viel bewirken, gehts, dass du sie überlisten kannst für Spaziergänge, meist wehren sich schwer Depressive gegen alles, was helfen würde, sie wollen ja nicht mehr hoch, sie wollen weg, daher ist sicher sehr schwer auf jemanden einzureden, das würde sicher nicht helfen. Aber austricksen hilft schon, das habe ich schon oft so gemacht, mit guten Erfolgen. Reden...eingehen aufs Klagen, mitgehen mit dem Klagen, es anhören, dann Zug um Zug das Gespräch umlenken...an etwas denken lassen, das gut ist und war- wie zum Beispiel virtuell einen Umzug andenken, wo wäre dieser wohl am Nettesten...? Sie muss dann aus dem "Schwächezentrum" in dem sie sich gedanklich befindet aussteigen und an einen Ort denken, an dem sie gerne wäre, zugleich schaltet dann die Hirnaktivität wo anders. Es wird ausgestiegen praktisch aus dem Areal, wo sie nur mehr Wände sieht. Sich etwas vorstellen, verbunden mit Gefühlen ( ja das wäre schön..) das hat große mentale Kraft.
Kurz und knapp, etwas Liebevolles denken lassen, das kann mehr helfen, als ein Medikament. Das IST praktisch ein Medikament, das ihr fehlt. Vielleicht hilft ihr ein kleines Kätzchen? Ein süßer kleiner Hund? Fange sie geschickt ein und lass sie etwas sehen, spüren, das sie schon lange nicht mehr hatte. Geh vorsichtig vor, lenke sie ab, im wahrsten Sinn des Wortes. Sie bräuchte Trödeln, Ferien mit jemand Lieben, sei es bloß für eine gute Stunde zwischendurch immer wieder neben ihr sein und nichts weiter. Nähe, ausreichend lange macht auch viel aus. Wenigstens zwanzig Minuten zusammen verbringen, nur so, ohne etwas zu wollen, ruhig, lieb beisammensein, das kann auch kein Medikament ersetzen, was das bewirkt. Da kann man über Banales sprechen, um das gehts nicht, es geht um die erlebte Nähe.
 

Holunderzweig

Aktives Mitglied
Wenn man so überlegt, wieso wird da so ein Tabu draus gemacht, wenn es um Suizid geht? Es wird angedeutet, es wird also eh schon beim Namen genannt, wieso holt man den dann nicht sofort her und redet offen darüber, wie man auch über andere Vorhaben normal spricht? Ohne Weh und Ach und Geklage fragen, was los ist, zusammen überlegen, was man statt Umbringen sonst noch tun könnte, das nicht so radikal ist. Kündigen vielleicht? Umziehen? Wegen Burn-Out zum Arzt gehen und sich mindestens ein halbes Jahr kurieren lassen? Andere machen das doch auch. Ich habe eine Verwandte, die war ein ganzes Jahr out of order, der konnten mal alle den Buckel runter rutschen, sie konnte nicht mehr und hat das Richtige gemacht, sich nicht weiter geärgert, gehetzt und genötigt, sie hat sich Ruhe verschrieben und eine Auszeit. Deine Freundin ist mehr wie fällig, sie will sogar schon sterben, so schlimm gehts ihr, worauf wartet sie noch? Ab in den Krankenstand. Lieber sollen die anderen leiden, als sie weiter. Sie ist nicht der Avom Dienst... übrigens, wütend machen ist auch schon austeigen aus Resignation. Das ist ein kraftvoller Zustand, wenn man wirklich wütend ist, vielleicht kannst du sie dazu provozieren?
Ich war auch schwer depressiv, kam in eine schlimme Krise, nachher begann ich eine Therapie, die Therapeutin war mir sehr ärgerlich und ich spürte Zorn auf sie, das war echt Hilfe, ich war auf einmal aus dem Gröbsten heraus, nahm mein Leben wieder selbst in die Hand, beendete die Therapie und pfiff drauf, das war eigentlich ein Umschwung, diese Frau löste den aus, nicht gewollt, aber es half.
Wieso gehst du heimlich vor mit dem Thema? Rede mit ihr darüber, ganz normal und ehrlich und aufrecht, ohne dieses Gefühlsgetue, nüchtern, klar wahr. Mein Leben wurde wieder schön und nett, auch wenn ich das stellenweise schwer bezweifelte. Viele, die sich mal abdrehen wollten sagen das im Nachhinein- gut war, dass ich das übertaucht habe.
Eigentlich bräuchte deine Freundin nur ein anderes Leben, aber auf die Idee kommt sie nicht, dass sie kündigen müsste, statt sterben. Frag sie mal aus, wieso sie das nicht so überlegt. Der Depressive ist abgeschnitten von guten Ideen. Das liegt in der Natur der Sache. Wenn ich mich in Depressionszuständen befinde, dann kenne ich viele Wege, um aus diesen auszusteigen.
 

Piepel

Aktives Mitglied
Hallo Jolanda.
in eigener Sache habe ich damals Struktur gesucht und diese beim Arbeiten gefunden. Je mehr desto besser, denn so war eine Art Druck dahinter, wie es morgen weiter geht.
Meine Depression sagte mir ausdrücklich, dass niemand helfen kann. Wie bei ihr auch.

Folgendes habe ich erlebt:
Ich hatte einen finalen Zeitpunkt fixiert, den ich wegen Weihnachten und Familie dann noch mal auf Januar aufgeschoben habe.
Als dann klar war, dass alles ein Ende hat, war ich glücklich und befreit.
Leute in meiner Umgebung hätten es so wahr genommen, als hätte ich es überstanden.
Ich habe mich regelrecht darauf gefreut es zu beenden und hatte auch keine Angst dabei.
Etwas unsicher war ich schon, aber das war beherrschbar.

Im Hintergrund schwebte die Angst mit, dass diese Befreiung aufhört, wenn ich den Termin erneut verschiebe, aber das wollte ich um jeden Preis vermeiden, selbst wenn es die eigene Existenz kostet.

Ich wag zu bezweifeln ob Du ihr helfen kannst, denn das hält sie selber nicht für möglich. Sonst würde sie Dich ansprechen.
Sollte sie von gleich auf morgen fröhlich werden, so stimmt da gewaltig was nicht und es könnte darauf hin deuten, dass sie eine endgültige Lösung gefunden hat.


Wie ging es weiter?
Meine eigene Depression hat sich nach dem Vorfall geändert.
Ich hatte ein zweites Leben, das man so führen kann wie vorher oder anders.
Zu verlieren habe ich nie mehr etwas und bin reich beschenkt.
Konsequent habe ich den einfachen Rat meines Hausarztes umgesetzt: "weg mit Schaden".
Mit jeder Art von Schaden. Das wars.

Parallel habe ich eine Art Hass auf die Depression entwickelt.
Sie zu bekämpfen ist oberste Priorität. Arbeit, Freunde, jegliches andere ist zweitrangig, wenn es auftritt. Bereits kleinste Anzeichen von Traurigkeit prüfe ich, ob sie gerechtfertigt sind, ob ein Dritter es auch so empfinden muss.
Nicht kann.

Komme ich zu dem Ergebnis, dass der Gedanke unangebracht ist, so ordne ich den Gedanken als fake-gedanken der Krankheit zu und weise mich selber an, dass ich den Gedanken nicht weiter zu verfolgen habe.

Die Depression werde ich nie mehr los, meinte mein Arzt, sie ist aber beherrschbar und verblasst.

Das lange Training hat dazu geführt, dass ich nur noch eine Art Gefahrenbewusstsein benötige und diese Lebens-Zusatz-Kontrolle für so normal halte wie ein Eingeborener, der aufmerksam Krokodile vermeidet oder wie einer, der Leitplanken auf der Autobahn montiert und weit aufmerksamer sein muss als jemand im Büro.

Vielleicht hat Dir der Einblick etwas geholfen.
Wenn Du meinst etwas vermitteln zu müssen, könntest Du behutsam Beispiele einer solchen (eigenen) Selbstkontrolle einflechten, also Problem und Lösung.
Damit berichtest Du in der ich-Form, die sie Deinem Leben zuordnet und sich auf sich nicht beziehen kann.

Vielleicht kommt sie aber dann darauf, dass es bei ihr auch gehen könnte.
 
Zuletzt bearbeitet:

Marisol

Aktives Mitglied
Meiner unprofessionellen Meinung nach hat sie eine chronische Depression. Sie hat keinerlei Hoffnung mehr, dass es irgendwann besser wird. Sie ist nicht verheiratet, hat keine Kinder und keine romantische Beziehung.
Eine Frau kann auch ohne das alles ein gutes Leben leben. Und es ist nicht spielentscheidend, wie DU ihre Lage einschätzt.
da meine Freundin nun mal keine professionelle Hilfe möchte. Sie lehnt es kategorisch ab,
Das würde ich ernst nehmen. Sie ist Mitte 40 und darf das für sich entscheiden.
Ich habe ihr schon so oft geraten, dass sie doch bitte mit ihrem Hausarzt sprechen soll oder sich an eine Beratungsstelle wenden soll, oder sich an eine*n Psychiater*in wenden soll etc., aber sie hat mir dann vorgeworfen, dass meine gut gemeinten Ratschläge es noch schlimmer machen
Dann lass es. Unternehmt Schönes zusammen, geht vielleicht gemeinsam einem Hobby nach. Aber bedränge sie nicht weiter.
Sie geht ganz normal ihrer Arbeit nach bis zur körperlichen und psychischen Erschöpfung und wird dort total ausgenutzt
Das ist ebenfalls ihre Entscheidung. Du bist nicht ihr Vormund/Betreuer. Zudem verleiht eine Arbeitsstelle Struktur und Sinn.
Akut mache ich mir jetzt Sorgen, weil plötzlich ihre Oma gestorben ist, die ihr sehr viel bedeutet hat.
Wenn man Mitte 40 ist, sterben Omas. Das ist traurig, aber normal.
Aber wenn sie sich echt was antun sollte und ich weiss davon und mache nichts. Das geht doch nicht. Ich muss doch was machen, aber was?
Du verlierst sie. So, wie du dich aufspielst, bist du ihr keine Freundin.
Ich stehe mit der Mama meiner Freundin heimlich in Kontakt. Aber wir reduzieren den Kontakt auf das Minimale, weil wir meine Freundin natürlich nicht hintergehen wollen und sie würde ausrasten, wenn sie das wüsste und sich erst recht hintergangen fühlen.
Vertrauensbruch.
Bei mir wärst du als Freundin raus.
Das beste wäre, die arme Frau einfach mal in Ruhe zu lassen.
Aber im Moment fühle ich mich absolut machtlos und irgendwie schuldig, weil ich nichts mache.
Schuldig solltest du dich höchstens fühlen, weil du sie hintergehst.
Du glaubst doch nicht im Ernst, dass du einen ernsthaft geplanten Suizid wirst verhindern können? Warum sollte sie wegen dir KEINEN Suizid begehen? Damit du dich besser fühlst? Nochmal mein Vorschlag: Unternehmt Gutes zusammen. Hör auf, sie zu bedrängen. Hör auf, dich einzumischen.
 

cucaracha

Urgestein
Wenn sie akut suizid gefährdet ist, dann würde ich mit ihrer Mutter darüber reden.

Suizid ist eine häufige Todesursache, mehr als Verkehrsunfälle.

Eine Therapie bei einem sympathischen Therapeuten, Genogramm arbeit und Familienaufstellung helfen oft Menschen tatsächlich in psychischen Krisen.

Wenn sie sich nicht helfen lassen will, nach aussen hin perfekt sein möchte und an ihrer Verdrängungswelt festkrallt
kann man nix machen.

Ja ...etwas Positives zusammen unternehmen kann helfen.
 

Sarnade

Aktives Mitglied
Wende dich an den Sozialpsychiatrischen Dienst des örtlich zuständigen Gesundheitsamts und schildere diene Beobachtungen. Mehr kannst du nicht tun. Wenn sie sich außerstande sehen einzugreifen, kann dir dennoch hinterher niemand einen Vorwurf machen. Sie waren dann ja informiert.
 

_Phoenix2_

Aktives Mitglied
Ich würde mir ihr darüber sprechen, dass Selbstmordgedanken nicht immer von psychischen Problemen ausgelöst sein müssen. Es können auch körperliche Ursachen wie Schilddrüsenunterfunktion vorliegen.

Das macht es für sie vielleicht einfacher, sich einem Fachmann anvertrauen.
 

Traulicht

Aktives Mitglied
Vorab: Ich finde es ganz toll von dir, daß du ihr eine so gute Freundin bist! Es wäre schön, wenn es mehr Menschen wie dich gäbe, die nicht wegschauen und helfen wollen (y)
Sie lehnt es kategorisch ab, da sie überzeugt ist, dass nichts und niemand ihr helfen können wird und es auf gar keinen Fall Hoffnung auf Besserung geben wird. Ich habe ihr schon so oft geraten, dass sie doch bitte mit ihrem Hausarzt sprechen soll oder sich an eine Beratungsstelle wenden soll, oder sich an eine*n Psychiater*in wenden soll etc., aber sie hat mir dann vorgeworfen, dass meine gut gemeinten Ratschläge es noch schlimmer machen.
Eine Depression ist eine chronische und unsichtbare Krankheit. Beide Faktoren sind wichtig um das Problem dahinter zu verstehen. Chronisch bedeutet, daß sie sehr lange besteht, teilweise auch ein Leben lang. Unsichtbar, da es den Patienten ja nicht auf die Stirn geschrieben steht, daß sie krank sind. Vor diesen beiden Gesichtspunkten aus wird jetzt auch klar, warum sich das Umfeld bisweilen schwer tut im Umgang mit dieser Erkrankung (und natürlich auch anderen Erkrankungen, auf die diese zwei Punkte zutreffen.).
Es ist schwer sich in das Gegenüber einfühlen zu können, wenn man nicht selbst Betroffen ist/war oder keine spezielle Ausbildung hat.
Vor diesem Hintergrund kann ich nachvollziehen, daß deine gutgemeinten Ratschläge sie belasten. Für sie mag es so klingen, als wäre sie selber schuld oder trüge eine Verantwortung dafür, daß es ihr noch nicht besser geht. Auch wenn du das natürlich nicht damit sagen möchtest.
Es ist wichtig zu betonen, daß die verschiedenen Therapieoptionen es verbessern KÖNNEN, nicht MÜSSEN. Jeder Mensch ist anders. Manche sprechen sehr gut auf Therapie A an, andere auf Therapie B und für wieder andere gibt es noch keine adäquate Behandlung. Das ist leider so.

Hast du deine Freundin schon einmal gefragt, was sie sich wünscht? Welche Vorstellungen sie hat? Was ihr eine Freude bereiten könnte? Manchmal können Kleinigkeiten viel bewegen und zu einer erhöhten Lebensqualität beitragen.
Meine beste Freundin ist wie ich Mitte 40. Sie hat seit vielen Jahren/Jahrzehnten psychische Probleme und war aber noch nie in Behandlung (bis auf einen sehr enttäuschenden Besuch bei einem Psychiater, der ihr mehr oder weniger sagte, es sei doch alles nicht so schlimm).
Die Erfahrung nicht ernst genommen zu werden, ist für viele Patienten ein Vertrauensbruch. Rückzug ist häufig die Folge. Es ist erschütternd, daß sie solche Erfahrungen machen mußte. Dennoch kann es hilfreich sein, Ausschau nach einem anderen Arzt zu halten. Das kostet aber viel Kraft und Mut...
Meine Freundin hat mir dann geschrieben, dass sie jetzt echt nicht mehr will und es alles keinen Sinn mehr hat. Der Psychotherapeut damals meinte, dass ich in so einem Fall nichts machen könne.
Warum ist er dann Psychotherapeut geworden? Es gibt für solche Fälle standardisierte Protokolle, an denen sich selbst Laien orientieren können. Diese Maßnahmen setzen aber voraus, daß der Patient mitwirken will. Sie beruhen u.a. auf Gesprächstechniken.
Beim ersten Link ganz besonders der 4. Unterpunkt:
https://www.psychologie.ch/materialien-zur-suizidpraevention
Selbstverständlich kann niemand einen wildentschlossenen Menschen davon abhalten, sich etwas anzutun, es sei denn diese Person befindet sich in Verwahrung... Aber jetzt ist durchaus noch die Zeit für Interventionen, Gespräche und Hoffnung.
Eine Mutter-Kind-Kur kann sie ja schon mal nicht bekommen und für kinderlose Singles werden nun mal keine Kuren gezahlt wenn sie nicht gerade körperlich schwer krank sind.
Doch, deine Freundin kann eine spezielle Kur für psychisch Erkrankte machen. Dort könnte sie unter Anderem sich mit Betroffenen austauschen und neue Wege kennenlernen mit ihrer Krankheit umzugehen.
Ich würde sie auch das lesen lassen, was @Piepel geschrieben hat.
Viele Menschen erleben es als befreiend, wenn sie auf Augenhöhe mit anderen Betroffenen reden können. Endlich ist der Druck von außen weg, das Gegenüber weiß, wie schwierig es sein kann, weiß, daß nicht alle Tipps aus der Apothekenrundschau und Co. funktionieren oder unter Umständen vielleicht sogar schädlich sind. Gerade Ärzten fehlt es hierbei oft an Fingerspitzengefühl. Da wird das Schema F noch zu stark verfolgt. Dabei ist gerade bei chronischen Erkrankungen eine individualisierte Therapie zielführender.

Je nachdem, wie gut die Beziehung deiner Freundin zu ihrer Mutter ist, würde ich der Mutter sagen, daß ihre Tochter sich momentan in einem Tief befindet. Das entspricht der Wahrheit und sollte von ihrer Mutter erst einmal als Sensibilisierung verstanden werden. Sie könnte zum Beispiel zu ihr gehen und sagen: "Ich habe gemerkt, daß du dich seit dem Tode deiner Großmutter zurückgezogen hast. Möchtest du, daß wir darüber sprechen? Oder möchtest du, daß wir zu ihrem Grab fahren?"
Solche offenen, aber dennoch konkreten Gesprächsangebote und die Option etwas physisch zu unternehmen können mehr helfen als ein "Ich habe gehört, daß du über Selbstmord nachdenkst. Du solltest dich einweisen lassen."

Bei der ganzen Sache solltest du aber auch nie vergessen, daß dich keine Schuld trifft und du wirklich alles getan hast, was man tun kann. Dir und deiner Freundin alles Gute 💛
 
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