Um auf das eigentliche Thema zurückzukommen... @UnbekannterPhysiker
Ich studiere selbst und ich habe eigentlich schon alles Mögliche erlebt. Ich gehöre leider auch zu der Kein-wirkliches-Ziel-aber-wird-schon-irgendwie-Generation - und man fällt immer wieder damit auf die Schnauze.
Mein Studium habe ich vor Corona angefangen an einer Hochschule. Ich glaube, da geht alles ein bisschen anders zu als an einer sehr anonymen Universität.
An meiner Hochschule (ich studiere etwas Juristisches) fing alles wie in einer Schule an, obwohl einem immer wieder eingetrichtert wird, das Hochschule keine Schule sei. Aber trotzdem wurden wir wie Schüler behandelt. Wir hatten Pflichtveranstaltungen, "Kennenlern-Veranstaltungen", mussten bei Vorträgen da sein und unterschreiben. Wenn einer mal nicht kam, wurde er direkt am nächsten Tag gefragt, wieso er nicht gekommen ist. Es gab die erhobenen Zeigefinger, wenn jemand zu spät zu einer Vorlesung kam. Man wird per Mail an jeden Mist mind. 3 Mal erinnert und bekommt immer noch eine Verlängerung, wenn man höflich fragt. Das erinnert mich alles an Schule.
Das Problem im Studium ist nur, dass dir niemand vorgibt, wie du was zu machen hast. Es gibt nur Ratschläge, die du annehmen kannst. Du musst selbst irgendwie wissen, was du wie machen musst. Im ersten Semester mussten wir eine wissenschaftliche Hausarbeit (ein Rechtsgutachten) schreiben und ich hatte keine Ahnung, was das ist. Wir haben eine kryptische Anleitung bekommen, die ich natürlich auch nicht verstanden habe und dann hieß es: Abgabe bis zum X.
Natürlich ist es jetzt vorteilhaft, viele Kontakte zu anderen zu haben. Nach anfänglichen Schwierigkeiten hat es dann geklappt und man wusste langsam, wie er der Hase läuft.
Aber die Vorlesungen an sich haben mir oft nicht gefallen. Immer hieß es "Man muss methodisch arbeiten", dir sagt aber keiner, was das genau heißt. Es heißt immer, man soll "wissenschaftlich arbeiten", aber keiner zeigt dir genau, wie das geht. Und so bleibt es halt dabei. Du machst immer das, was du sonst auch gemacht hast und wurstelst dich halt durch.
Es gab Module, da hat man einfach ein Skript bekommen und der Lehrer hat das abgelesen. Wie in der Schule, nur, dass man den Stoff, den man können musste, bereits am Anfang bereitgestellt bekam.
Oft hatte ich Vorlesungen, da habe ich nicht wirklich verstanden, wie das alles funktioniert: zum Beispiel Steuern. Profs haben oft kein Verständnis dafür, wenn man es selbst auf Anhieb nicht versteht, weil ja alles sehr logisch und klar ist. Oft werden Dinge nur oberflächlich erklärt.
Irgendeiner hat oben geschrieben, Studierende wären nicht besonders eigenständig und müssten lernen, sich alles selbst beizubringen. Da frage ich mich, wieso ich als Wirtschaftsjurist irgendwie 3 Steuer-Module haben muss? Es gibt einen extra Studiengang dafür. Und du musst das, was jemand studiert hat, mal in ein paar Wochen können und am Ende eine Klausur auf einem hohen Niveau schreiben. Die Durchfallquote kann man sich ja denken.
Im Gegensatz dazu gibt es aber nur 1 Modul Zivilprozessrecht, so beiläufig am Ende des Studiums noch reingequetscht, was für uns viel wichtiger wäre. Der Vorlesungsplan wurde in den Jahren, in denen ich studiert habe, oft verändert, weil es irgendwie wenig Sinn ergeben hat und Vorlesungen seltsam aufgeteilt waren.
Ich kam oft an einen Punkt, wo ich mich gefragt habe, was ich eigentlich hier tue. Wieso mache ich das? Da bin ich in eine tiefe Depression reingeschlittert und habe sehr viel Zeit vergeudet mit Grübeln.
Jetzt im Nachhinein ärgere ich mich, dass ich nicht zumindest auf Prüfungen gelernt habe und die Zeit genutzt habe, um mich auf Vorlesungen vorzubereiten. Ich habe viel Zeit verschwendet mit unnötigem Zeug, denn man kriegt sich auch wieder ein. Es geht nicht für immer so weiter.
Corona ist so bisschen Fluch und Segen. Segen, weil ich dadurch viele Vorteile hatte. Oft wurden Prüfungsleistungen heruntergesetzt oder man hat Kompromisse gefunden, die uns die Vorlesungen erleichtert haben. Fluch, weil man viel leichter in eine Lethargie reinkommt und nur noch vom Computer abhängig ist. Ich hatte viele Probleme damit, diverse wissenschaftliche Arbeiten zu bearbeiten, weil man nicht einfach in die Bibliothek gehen konnte. Die wurde einfach dichtgemacht.
Ja, es stimmt schon, dass es sich Studenten einfach machen wollen, sich nicht anstrengen, nicht richtig suchen, auch nicht wirklich wissenschaftlich an das Studium rangehen und denken, man müsse nur alles auswendig lernen. Aber oft hatte ich das Gefühl, dass es so auch kommuniziert wurde.
Wenn ich etwas nicht verstehe und der Prof, der mir das Thema näherbringen soll, das auch nicht für nötig hält, es mir beizubringen (wir hatten einen Prof, der hat einfach nur 1 h sich hingesetzt, nur um auftretende Fragen zu beantworten und ist dann wieder wochenlang verschwunden)... dann wird das halt auch nichts auf Dauer.