Das Verbiegen...
es macht schon einen Unterschied, ob ich ein störendes Verhalten oder eine dumme Angewohnheit dem anderen zuliebe ablege oder ob ich richtige, zu mir gehörige Wesenszüge verändere - das geht nämlich nicht ohne Schaden und ohne Groll.
Beispiel:
die berühmte Zahnpastatube zumachen oder öfter Geschirr spülen oder nicht mehr so laut Musik hören - okay, das ändert nichts an meiner Substanz.
Aber: sich wegen des anderen für Fussball oder Opernmusik interessieren sollen, oder den Kleidungsstil völlig umändern, oder mit Fleischessen aufhören (oder anfangen) oder im Bett Sachen machen, die einem nicht liegen, oder seine mir unsympathischen Freunde bewirten, oder den geliebten Beruf oder Hobbies aufgeben... das ist für mich Verbiegen.
@CC;
In den meisten Dingen bin ich einer Meinung mit Dir, was den Begriff Liebe betrifft. Aber in Punkto "Verbiegen" verstehe ich etwas anderes.
Verbiegen bedeutet für mich, dem anderen zuliebe Dinge tun, die absolut meinem Naturell widersprechen. Ein ganz krasses Beispiel hierfür wäre, mit meiner Einstellung zu den Menschen, zu Toleranz, Freiheit und Gerechtigkeit in eine rechtsextremistische Partei einzutreten. Das wäre undenkbar.
Aber mich mit den Hobbies des anderen, mit denen ich bisher überhaupt nichts am Hut hatte, die ich vielleicht überhaupt nicht leiden kann, zu befassen, um sie kennenzulernen, das gehört für mich unbedingt dazu. Wie soll ich sonst den Partner verstehen, wenn ich nicht zumindest das, was er liebt und womit er seine Freizeit verbringen möchte, kenenlerne.
Ich habe mich meinem Partner zuliebe mit Fussball, Wrestling und Boxen beschäftigt. Kenne heute die Regeln, konnte mit ihm über seine Hobbies sprechen und ab und zu mit ihm zusammen vor dem Fernseher erleben. Ich musste sie nicht lieben lernen, aber mich damit beschäftigen. Und ehrlich gesagt, solange wir zusammen waren, hat es mir sogar Spaß gemacht.
Was mir keinen Spaß machte war, dass ich mit meinen Hobbies immer alleine war. Da hat mir ganz gewaltig was gefehlt.
Ich denke Du und Marcus habt den Begriff Liebe am besten beschrieben.
Aber im realen Leben hat die Liebe noch sehr vielfältige Gesichter.
Wirklich bedingungslos, ohne eine Gegenleistung zu erwarten, kann wahrscheinlich in der Realität nur die Liebe der Eltern zu ihren Kindern sein, egal wie oft sie auf die Probe gestellt und mit Füßen getreten wird.
Das, was wir unter dem Begriff wahre Liebe verstehen, ist wohl so, wie Marcus es beschreibt: Es ist die Seelenverwandschaft, es ist der Gegenpol ohne den ich nicht als Ganzes vollkommen bin, weil eine Hälfte einfach fehlt. Und zwar nicht irgendeine Hälfte, sondern genau die, die all das ergänzt, was beim anderen zwar auch vorhanden, aber nicht im Bewusstsein ist. Um es bewusst werden zu lassen und als abgerundetes Ganzes existieren zu können, brauchen wir den Gegenpol genauso, wie er uns braucht. Ich denke, diesen Idealfall gibt es unter Tausenden 1x.
Wie heißt es so schön? Gleich und gleich gesellt sich gern. Das stimmt, denn es ist herrrlich bequem und bedeutet keine Herausforderung - und ist auch schön langweilig auf Dauer.
Aber Gegensätze ziehen sich an? Warum wohl? Weil es eine Herausforderung darstellt, alles, was man selbst nicht verkörpert, kennen zu lernen, um seinen Horizont zu erweitern und reifer zu werden. Aber dafür reichen oft Jahre nicht aus, die gegenteiligen Prinzipien in sein eigenes Leben zu integrieren und dadurch ein Gleichgewicht herzustellen. Man nähert sich mit Sicherheit im Laufe der Zeit einander an, sofern beide bereit sind vom anderen zu lernen, aber um wirklich als Paar EINS zu werden, braucht es sicher mehrere Leben, wie Marcus schon schrieb.
Zwischen Verliebtheit und Liebe ist für mich ein enormer Unterschied: Verliebtheit ist egoistisch, sie will besitzen, sie erhebt den Alleinanspruch.
Liebe will niemals besitzen, sondern hat immer das Wohlbefinden beider Partner in einem ausgewogenen Verhältnis im Auge. Selbst, wenn ich mich für den anderen völlig aufopfere, so tue ich es, weil auch ich mich dabei wohlfühle. Im Großen und Ganzen dürfte die "wahre" Liebe, die wir Normalsterbliche in einem Leben erreichen können, immer auch egoistische Züge haben, d.h. ich kann den anderen solange lieben, solange es mir selbst dabei auch gut geht, ich mich in dieser Liebe ebenfalls wohlfühle. Außgenommen die Liebe der Eltern zu ihren Kindern und umgekehrt. Die ist, jedenfalls oder hoffentlich in den meisten Fällen wirklich selbstlos.
Eifersucht und Liebe passen absolut nicht zusammen. Denn Eifersucht bedingt Besitz. Man hat Angst einen Besitz zu verlieren. Liebe aber kann man nicht besitzen.
Ich bin zwar eine ziemliche Egoistin, aber dennoch ist mein Leben geprägt von der Liebe zu den Menschen mit oder ohne ihre Macken.
In diesem Sinne
einen ganz lieben Gruß
Euer Luiserl