Über die Liebe wurden ungezählte Bücher geschrieben. Die Postillen sind voll mit Beiträgen zum Thema "Liebe". Es soll Autoren geben, die ganze Bibliotheken mit diesem Thema füllen. Ob es bei den Schreibern dann im eigenen Leben funktioniert mit der Liebe, steht auf einem anderen Blatt.
Deshalb wage ich stark zu bezweifeln, ob man den Begriff "Liebe" so anspruchsvoll mit Kompetenz verknüpfen kann, so als gäbe es Liebe nur im Zusammenhang mit intellektueller Potenz. Dann sähe es mit der Liebe bei etlichen Zeitgenossen wahrlich düster aus.
Ich kann mich von einem weinenden Kind anrühren lassen und ich kann es stehenlassen, ohne den Grund für seine Traurigkeit zu erfragen. Ich kann über Liebe predigen und dennoch innerlich ein Eisblock sein.
Mechanismen der Liebe gibt es sicherlich, und es gibt wohl auch Bedingungen dafür, dass Liebe wachsen kann oder gehindert wird. Aber Liebe als intellektuelle Leistung zu deklarieren, scheint mir doch eine Verkennung. Göbbels war auf seine Weise ein Intellektueller, am Ende vergiftete er seine Kinder.
Emotional war er wohl ein Krüppel und verarmt.
Kann ich ergriffen sein von dem, was um mich herum geschieht? Regt mich auf, wenn das Unrecht mir ins Auge fällt?
Bin ich bereit, tönenden Worten menschliche Taten folgen zu lassen? Entscheide ich mich, dem Fatalismus Raum zu geben, statt selbst aktiv zu werden und wenigstens ein kleines Zeichen gegen die Kälte und die Gleichgültigkeit zu setzen?
Vielleicht sind es unsere primären Bedürfnisse nach Schutz, noch Geborgenheit und nach dem Du, die dem Verlangen nach Liebe am Ähnlichsten und auch am Aufrichtigsten gegenüber sind. Da entflammt ein anderer Mensch in mir Gefühle, rührt mich an, trifft mich ins Mark. Es gibt ganz profane Beschreibungen für solche Vorgänge, und dennoch ist es für viele, die davon erfüllt sind, fast wie ein Wunder.
Ich fürchte ein wenig, Tsunami, dass Du diesem Wundern durch eine Vielzahl spekulativer, und ich sage auch, flüchtender Auswege entgehen willst. Die Liebe begegnet dir nicht in intellektuellen Ergüssen, sie hat in der Regel ein Gesicht, ein Gesicht, das strahlen kann und weinen.
In der Liebe wachsen wir über uns hinaus. Dann macht sie uns vielleicht wirklich kompetent. Aber das ist dann wohl eine Fähigkeit, die Du nicht studieren kannst, auch nur bedingt ergründen.
Insofern wird sie immer ein Geschenk bleiben. Doch das schönste Geschenk bleibt wirkungslos, lässt Du es liegen, ohne es zu nutzen.
Die Fähigkeit Liebe zu geben korrespondiert mit der Fähigkeit, sie zu empfangen.
Das ist das Ende jeglicher Diskussion, denn dann bist Du mittendrin, lässt dich berühren, ja verzehren, entflammst.
Erklären kann das ein Mensch oft nicht, aber man sieht es ihm an, ob die Liebe ihn wirklich gepackt hat oder aber ob sie nur Gegenstand theoretischer Betrachtungen ist.
Nur mal so dazwischen gerufen von mir!
Burbacher