Hallo!
Der Kontaktabbruch zur eigenen Familie ist in der Regel ein sehr harter Schnitt, der desöfteren mit sehr starken Emotionen verbunden ist. In deinem Fall möchte ich vorsichtig vermuten, dass du dich von deiner Familie gedemütigt und wenig gewürdigt fühlst.
Die Art und Weise, wie du diesen Kontaktabbruch gestalten möchtest, ist daher imho davon abhängig, inwieweit du "Brücken endgültig einreißen" möchtest.
Der stumme Rückzug ohne direkte Ansprache deiner Probleme mit deiner Familie wird meiner Ansicht nach zu einem von zwei Ausgängen führen:
Entweder die Frustration in der Beziehung zueinander ist einhellig gegenseitig, was bedeutet, dass es nach einer gewissen Zeit nicht mehr zu Kontaktversuchen kommen wird, oder aber das Unverständnis über den Kontaktabbruch wird dazu führen, dass sich Kontaktversuche intensivieren werden.
Ein Brief, den du an die Betreffenden schreibst, stellt einen klaren Schnitt dar, führt aber vermutlich zu denselben beiden möglichen Szenarien: entweder, deine Familie stimmt dir darin zu, dass Kontaktabbruch das beste ist und wird keine Versuche mehr unternehmen, Kontakt aufzunehmen, oder aber die Nachfragen nach den Gründen und das Unverständnis werden dazu führen, dass deine Familie noch intensiveren Kontakt sucht.
Im Falle des Kontaktabbruchs per Brief werden imho die Folgen lediglich schneller eintreten, sich aber nicht wesentlich von einem stillen Rückzug unterscheiden. Den einzigen "Vorteil" stellt die sich dadurch einstellende Gewissheit über den tatsächlichen Zustand der Beziehung zu deinen Verwandten dar, die aber durchaus wiederum die Frustration verstärken kann.
Dies wäre dann der Fall, wenn du eigentlich unterschwellig hoffst, dass die Einsicht in deine Probleme vonseiten deiner Verwandtschaft dazu führt, dass ein harmonischeres Miteinander entsteht, die Hoffnung, dies durch persönliche Gespräche zu erreichen aber schon aufgegeben hast.
Ich möchte dir aber raten, dir, sollte das der Fall sein, nicht zu viel zu versprechen. Eventuell wird der Brief lediglich Ratlosigkeit erzeugen, weil die Einsicht in eigenes Fehlverhalten fehlt.
Dass du sozusagen "Konsequenzen androhst" wird imho mit ziemlicher Sicherheit zu einer Reaktion deiner Verwandten führen. Wenn du darauf hoffst, um gerade jene Gewissheit zu erlangen, wie sie tatsächlich zu dir stehen, dann ist der Brief das Mittel deiner Wahl.
Allerdings möchte ich dir raten, falls du einen Kontaktabbruch erwägst, dir eine Hintertür, einen "offiziellen Kanal" offenzuhalten, eine e-mail-Adresse, die du deinen Verwandten gibst, oder indem du ihnen sagst, dass du den Kontakt abbrechen möchtest, sie dir aber noch Briefe schreiben können, wenn sie das möchten, du aber auf andere Kontaktversuche nicht reagieren wirst.
Eine solche "Hintertür" gibt deinen Verwandten nämlich ebenfalls die Gelegenheit, sich zu erklären. Sehr selten tun Menschen etwas aus reiner Bosheit, sehr oft aber etwas boshaftes aus Frustration heraus. Indem du ihnen die Möglichkeit lässt, ihre eigenen Ansichten zu erklären (ohne darauf reagieren zu müssen), kannst du dir vielleicht selbst ein klareres Bild von eurer Beziehung zueinander machen und warum sie Kränkungen deinerseits mit ihren Worten und Handlungen in Kauf genommen, oder sogar gezielt verursacht haben.
Ein klareres Bild von eurer Beziehung wiederum kann dir in zweierlei Hinsicht hilfreich sein: dich entweder mit deiner Vergangenheit objektiver auseinanderzusetzen, ohne zu deiner Familie zurückzukehren, um Distanz zum Geschehen zu finden und negative Emotionen durch Erklärung der Umstände mehr und mehr in den Hintergrund zu drängen, oder alternativ irgendwann den Weg zurück zu deiner Verwandtschaft zu finden und eure Beziehung auf ein anderes, gleichberechtigteres Fundament zu stellen.
Viel Glück!
Nagelring