Hi Jay,
bei deinem Beitrag habe ich als erstes gedacht, dass du vielleicht jemand bist, der stark somatisierst, sprich du reagierst mit körperlichen Symptomen auf etwas, was deine Psyche anspricht. Solche Symptome sind ja dafür da, um Spannung abzubauen und um insbesondere dir ein Zeichen zu geben, dass etwas dich beunruhigt, dich aufregt, dir Sorgen bereitet, dich beschäftigt und/oder dich traurig macht.
Ich bin eigentlich nicht der Typ, der jedem bei jedem Problem zu ner Therapie rät, zumal es eine der normalsten Sachen der Welt ist, Trauersymptome zu zeigen. Allerdings hast du gesagt, dass es 11 Jahre her ist, dass dein bester Freund verstorben ist. Normalerweise werden bei Trauer (die verarbeitet ist/wird) die Gefühle diesbezüglich schwächer, man kann besser damit umgehen. Wenn du sie allerdings nie verarbeitet hast, sprich, mit jemandem wirklich drüber sprechen konntest, können sie auch nicht besser werden, dann werden sie nur auf die Reservebank geschoben, bis du dran erinnert wirst.
Offensichtlich ist es gerade soweit. Die häufige Beschäftigung mit einem Thema kann alte Wunden schnell wieder aufrreißen, besonders, wenn sie nie richtig verheilt sind. Die Symptome, die du beschrieben hast (Zittern, Atemprobleme, Angst) deuten sehr stark auf Angst hin. Häufig ist es auch so, dass diese Angst auftritt, wenn jemand, den man sehr liebt/mag verstirbt. Weil man sich ohnmächtig fühlt und sehr starke Verlustgefühle aushalten muss. Einen Menschen zu verlieren, der einem sehr wichtig war (besonders durch den Tod), ist meist ein traumatisches Erlebnis. Wenn dieses nicht verarbeitet wird, ensteht manchmal eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Eins der Symptome dieser sind Flashbacks. Sprich: Man erlebt die Gefühle von damals genauso intensiv, vielleicht auch mit Bildern, ohne diesen Herr zu werden. Man fühlt sich also genauso ohnmächtig wie damals und kann nichts tun (weder für den anderen, noch für sich selbst).
Ich will hiermit auf keinen Fall sagen, dass du eine PTBS hast oder so in irgendeiner Weise krank bist. Deine Beschreibung erinnerte mich daran, was mit Menschen passiert, die diese Flashbacks haben. Ob du eine Therapie machen solltest, kann ich dir auch nicht sagen.
Ob du eine Therapie machen oder dir anderweitig Hilfe suchen solltest, hängt davon ab, wie sehr dich diese Situationen belasten und einschränken und inwieweit du sie loswerden willst. Mir hilft es in solchen Situationen sehr, wenn ich mir bewusst mache, dass die erlebte Angst keine reale Angst mehr ist, sondern aus der Vergangenheit stammt und nichts - oder wenig - mit meiner aktuellen Situation zu tun hat, fast, wie ein Foto, das man betrachtet und das man mit bestimmten ERinnerungen verbindet. Dass ich dieses "Foto", aus der Vergangenheit auch mit Abstand betrachten kann. Und wenn es mir zu nah ist, kann ich mir vostellen, ich würde es weiter weg von mir halten, damit es kleiner wird und damit weniger intensiv.
Vielleicht hilft dir sowas auch. Ich selbst habe noch nie jemanden, der mir sehr nahe stand, durch den Tod verloren, aber eine sehr gute Freundin vor mir, hat vor drei Jahren ihren Bruder verloren. Sie leidet noch sehr unter seinem Tod, zumal er erst 19 Jahre alt war. Ich weiß ungefähr, wie sie sich fühlt. Beim Lesen deines Textes musste ich sehr an sie denken. Ich würde ich auch gerne helfen. Zumal ich weiß, wie sehr es sie belastet, wenn jemand den Tod oder ein verwandtes Thema anspricht - sie reagiert dann ähnlich wie du. Ich würde ihr gerne helfen, aber viel bringt meine Hilfe offensichtlich nicht. Ich wünsche dir, dass du bald besser mit dem Tod deines Freundes klarkommst und nicht mehr so darunter leiden musst. Fühl dich gedrückt, wenn du magst. Du bist nicht allein. Hoffe, du findest bald Hilfe oder - wenn du das nicht magst - du kannst dir bald allein helfen, kommst besser klar.
Mollenew