Anzeige(1)

  • Liebe Forenteilnehmer,

    Im Sinne einer respektvollen Forenkultur, werden die Moderatoren künftig noch stärker darauf achten, dass ein freundlicher Umgangston untereinander eingehalten wird. Unpassende Off-Topic Beiträge, Verunglimpfungen oder subtile bzw. direkte Provokationen und Unterstellungen oder abwertende Aussagen gegenüber Nutzern haben hier keinen Platz und werden nicht toleriert.

Ich schaffe es nicht, mich von den Erwartungen anderer zu lösen – wie geht ihr damit um?

BennyPenny

Aktives Mitglied
Hallo allerseits,
ich bin 22 Jahre alt und habe vor ein paar Tagen meine minderwertige Bachelorarbeit abgegeben, aber dfür gibt es bereits einem Thread.
Ich bin an einem Punkt in meinem Leben, an dem ich sehr stark spüre, wie sehr mich die Erwartungen anderer (insbesondere Eltern) beeinflussen und ich habe null Ahnung, wie ich damit umgehen soll.
Ich bin neurodivers (ASD) und habe schon mein ganzes Leben ein großes Interesse an der Eisenbahn. In letzter Zeit ist das wieder stärker geworden, und so befinde ich mich abends einfach an einem kleinem Bahnhof und spüre den Fahrtwind der mit 160 km/h fahrenden Schnellzüge. Fühlt sich toll an. Meine Eltern wissen natürlich davon nicht Bescheid, es ist ja eh ,,anormal".
Meine Mutter will mich von diesem Thema fernhalten, weil es zu viel ins Autismus-Klischee passt.
Ich ziehe Dinge im Leben meist einfach durch, auch wenn sie eine Belastung für mich dastellen. Seit dem dritten Semester bin ich mental orgendwie raus, aber die Frage nach dem Abbruch stellte sich nie. Ich habe das Gefühl, dass ich alles im Leben durchziehen muss, sonst ist es Zeitverschwendung oder eine Lücke im Lebenslauf. Das macht mir enormen Druck, wenn ich an den Master denke.
Ich merke, dass ich oft nicht weiß, was ich selbst wirklich will. Ich kenne meine eigenen Bedürfnisse oder Wünsche nicht. Dinge, die mir als Kind Freude bereitet haben, kann ich kaum mehr benennen. Ich funktioniere einfach nur. Und gleichzeitig vergleiche ich mich ständig mit anderen Menschen, die motiviert sind, ihr Ding machen, gute Leistungen bringen, was mir weiterhin zusetzt.
Ich möchte lernen, mehr bei mir selbst zu bleiben. Aber ich hab meine Ahnung, wie das geht.
Wie kann man sich von äußeren Erwartungen lösen, wenn man es nie gelernt hat, sich selbst zu vertrauen?
Hat jemand von euch ähnliche Erfahrungen gemacht hat und kann mir einen Impuls geben?
 
Ich würde sagen... warte erstmal das Ergebnis deiner Bachelorarbeit ab. Dein Leben, deine Verantwortung, du musst damit Leben, was du daraus machst, nicht andere. Vielleicht ist das ein Ansatzpunkt, dir klarzumachen, mit welcher Entscheidung du Leben könntest, wenn du und nur du die Verantwortung dafür trägst, was darin passiert. Du wirst in die Entscheidungsfähigkeit hineinwachsen. Versuch dir trotz des ganzen Stresses, und den fordernden Menschen auch mal Zeit für dich zu gönnen, wo du darüber sinnieren kannst was du möchtest.

Wenn es dir zusetzt dich mit anderen zu vergleichen, versuch es zu lassen.
 
Ich merke, dass ich oft nicht weiß, was ich selbst wirklich will. Ich kenne meine eigenen Bedürfnisse oder Wünsche nicht. Dinge, die mir als Kind Freude bereitet haben, kann ich kaum mehr benennen. Ich funktioniere einfach nur.

Wenn du dich nicht einfach gedanklich entscheiden kannst was deine Bedürfnisse und Wünsche sind, dann probiere dich aus. Von klein bis groß. Wenn du willst auch mit Hilfe. Oder wie du das halt siehst...
 
Ich bin neurodivers (ASD) und habe schon mein ganzes Leben ein großes Interesse an der Eisenbahn. In letzter Zeit ist das wieder stärker geworden, und so befinde ich mich abends einfach an einem kleinem Bahnhof und spüre den Fahrtwind der mit 160 km/h fahrenden Schnellzüge. Fühlt sich toll an. Meine Eltern wissen natürlich davon nicht Bescheid, es ist ja eh ,,anormal".
Meine Mutter will mich von diesem Thema fernhalten, weil es zu viel ins Autismus-Klischee passt.

Das ist doch ein wunderbares Beispiel. Du interessierst dich für Züge. Das kannst du ja wahrnehmen, dass das aus dir selbst kommt.

Was deine Mutter davon hält, ist egal. Du bist erwachsen und darfst dich für Züge begeistern, auch wenn deine Mutter das doof findet.
 
Ich möchte lernen, mehr bei mir selbst zu bleiben. Aber ich hab meine Ahnung, wie das geht.
Wie kann man sich von äußeren Erwartungen lösen, wenn man es nie gelernt hat, sich selbst zu vertrauen?
Genau das zu lernen,dir selbst zu vertrauen.
Fange mit kleinen Entscheidungen an.
Hört in dich rein,was du selber möchtest und entscheide,egal was andere raten.
Vielleicht hilft es dir ,dir vorher auszumalen was das Schlimmste wäre,was passieren könnte.Könntest du die Konsequenzen einer Fehlentscheidung tragen?

Ist es schlimm,wenn andere Leute,deine Eltern oder andere,deine Vorlieben nicht verstehen oder teilen?
Du lebst dein Leben, gestalte es so ,wie es für dich am Besten ist!
 
Dieses Gefühl kenne ich, aber es bekundet das Interesse der anderen an dir. Du bist deinen Eltern nicht egal und sie wollen letztendlich nur sicherstellen daß es dir gut geht und du zurecht kommst.
Lass dich nicht "einschüchtern" von anderen, mach dein Ding so wie du es dir vorstellst. Wenn etwas nicht funktioniert, probiere was neues aus.

Es wird immer Leute geben die deine Entscheidungen nicht nachvollziehen können. Aber das ist deren Sache. Du lebst dein Leben und nur du bist für dich verantwortlich.

Du kannst andere, zb deine Eltern, um Rat fragen, was du daraus machst, ist dir überlassen.

Zum Thema Züge, Eisenbahn. Du bist nicht allein mit deinem Interesse. Vielleicht wäre es gut wenn du dich mit anderen zusammen schließt die sich ebenfalls dafür interessieren.
Vielleicht ist es auch eine Möglichkeit für dich sich beruflich dafür zu entscheiden. Und selbst wenn es ein Hobby ist, alles super.

Versuche dir den Druck rauszunehmen. Die Gedankenspirale zu durchbrechen in dem du dich bewusst ablenkst.
 
Weißt du, während ich deinen Beitrag gelesen habe, ist mir eine Sache nicht mehr aus dem Kopf gegangen: Warum bist du nicht Lokführer*in geworden? Das meine ich nicht als Provokation, sondern als ernst gemeinte Frage. Denn alles, was du schreibst, klingt danach, dass das genau deins wäre.

Und vielleicht liegt in dieser Frage auch schon die Antwort auf dein eigentliches Problem. Du bist offenbar jahrelang vor dir selbst weggerannt. Hast dich den Erwartungen anderer angepasst, so sehr, dass du heute nicht mehr weißt, was du wirklich willst. Du funktionierst. Du vergleichst dich. Du kämpfst mit dir selbst und gegen dein eigenes Naturell. Kein Wunder, dass da keine Freude mehr aufkommt.
Ich glaube, du musst dir gar nicht mehr Motivation oder Selbstvertrauen einreden. Du musst eher damit aufhören, dich ständig zu verleugnen. Du darfst Dinge gut finden, die andere für komisch oder klischeehaft halten. Du darfst begeistert sein. Du darfst dein Leben so gestalten, dass es für dich funktioniert und nicht für ein imaginiertes Publikum oder deine Eltern.

Also nochmal: Warum eigentlich nicht Lokführer*in? Oder irgendwas, was sich für dich nach Heimat anfühlt, statt nach Bewerbungsgespräch? Vielleicht fängt der Weg zu dir selbst ja genau dort an - an einem kleinen Bahnhof bei 160 km/h Fahrtwind.
 
hallo BennyPenny,
ich sehe hier zwei Ebenen: Einerseits wissenschaftliche Erwartungen.
Andererseits persönliche Erwartungen
Erstere lassen sich nicht relativieren. Entweder du genügst den Anforderungen oder nicht. Die einzige Hilfe in diesem Bereich könnte gegebenenfalls ein Nachteilsausgleich aufgrund einer Schwerbehinderung sein. Aber das ist meines Wissens nur bei Klausuren ein Thema.

Von persönlichen Erwartungen im privaten Bereich kann man sich gegebenenfalls abgrenzen. Das geht mit Achtsamkeit. Suche eine für dich erfüllende Beschäftigung und konzentriere dich in deinem Tun ganz darauf. Es ist dabei wichtig, dich geistig nicht auf das Äußere zu konzentrieren. Wer zu viel im Außen ist, verliert sich selbst. Es ist also wichtig, mit sich selbst wieder in Verbindung zu treten.
Dabei könnten dich eventuell YouTube Videos unterstützen, die auf das Thema Selbstfürsorge eingehen. Ich könnte da Pet Anthony nennen.
 
Ich merke, dass ich oft nicht weiß, was ich selbst wirklich will. Ich kenne meine eigenen Bedürfnisse oder Wünsche nicht.

Dabei könnte dir vielleicht eine Therapieform helfen, die KBT (Konzentrative Bewegungstherapie) heißt. Man kann sie (als Laie) so beschreiben, dass man dort "Übungen" macht, anhand derer man merken lernen kann, was man möchte und was nicht. Was man sich wünscht und was nicht. Was man, in einer konkreten Situation, für Bedürfnisse hat.

Ich erzähle mal ein Beispiel (betrifft: Entscheidung zwischen zwei Optionen): Der Raum ist gemütlich "eingerichtet". Es gibt Decken, Kissen, Naturmaterialien (wie z. B. getrocknete Kastanien, Äste etc.), Seile, Bälle, Murmeln, Steine, Kuscheltiere... - vieles, was mit den Sinnen erforscht werden kann, keine Stühle. Der Therapeut macht ein Angebot, sagt z. B. "Ich möchte Sie jetzt einladen, langsam im Raum herumzulaufen." (Ohne Schuhe.) Der Klient geht langsam umher. Dann schlägt der Therapeut vor, dass man sich zwei Gegenstände aussuchen soll. Einen soll man links hinlegen, einen rechts. Dann soll man zwei Meter zurück gehen und sich vorstellen, der eine Gegenstand ist die eine Option, die man entscheiden könnte, der andere Gegenstand die andere. Dann schlägt der Therapeut vor einen Schritt nach vorne zu machen, Richtung links, und dann stehen zu bleiben. Dann fragt der Therapeut, ob einem etwas aufgefallen ist. Man hat sich der Option Nummer 1 genähert. Tut das gut? Oder macht das Angst? Oder merkt man keinen Unterschied? Je näher man der Option 1 kommt, desto mehr stellt man vielleicht fest, dass etwas in einem hochkommt. Vielleicht Aufregung, Freude, Angst... etc.? Nach jedem Schritt hat man die Möglichkeit, wieder nachzufühlen, wenn man in Gedanken abdriftet, sich wieder zu erden, z. B. über Wahrnehmung der Füße, des Standes und des Bodens... So erforscht man sozusagen wie es einem selbst mit Option 1 so geht... Vielleicht sogar auch, ob man die mag, oder nicht usw. Und das macht man dann mit Option 2 auch. Dabei geht es nicht um "richtig" und "falsch" und auch nicht zwingend darum, am Ende der "Übung" eine Entscheidung treffen können. Es geht darum, wahrzunehmen, was "in einem passiert" (oder nicht), mit was das zusammenhängen könnte, was in einem passiert etc. Und so kann man über die Zeit seinen ganz eigenen Weg finden, was für einen selbst gut ist, und vielleicht nicht so gut...

Wie immer ist nicht jede Therapieform für jeden geeignet, und auch Therapeuten legen diese Therapiemethode anders aus, arbeiten mit anderen Materialien, aber eigentlich geht es im Kern darum (aus meiner Klientensicht), Erfahrungen zu machen. Und zwar sehr bewusst. Und so seinen Weg zu finden.

Ich dachte, ich schlage es dir einmal vor... Das Beispiel, wenn auch lang, habe ich deshalb dazu geschrieben, weil man, finde ich, unter KBT sonst ganz leicht eine ganz falsche Vorstellung bekommt. Auch, weil Therapeuten, die diese Methode anbieten, nicht immer unbedingt ganz genau verstanden, wie sie funktionieren soll. Ich war bei der Erfinderin der Methode, vor 30 Jahren, und dann noch mal vor ein paar Jahren aus einem ganz konkreten Grund, und habe aus dieser Erfahrung heraus erzählt. Und wünsche dir alles Gute für den Weg, dich zu "lösen".
 

Anzeige (6)

Ähnliche Themen

Anzeige (6)

Anzeige(8)

Regeln Hilfe Benutzer

Du bist keinem Raum beigetreten.

      Du bist keinem Raum beigetreten.

      Anzeige (2)

      Oben