Thixotropie
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Hallo liebes Forum.
Meine über alles geliebte Mama ist am Freitag nach langer, quälender Krankheit und mutigem Kampf verstorben. Diese Worte klingen für mich noch total unreal. Sie hatte nicht gelitten, da sie davor im (Wach)koma lag.
Ich hatte vor diesem Moment mein ganzes Leben lang Angst, da ich sie gesund gar nicht kenne und mich schon recht früh damit auseinandergesetzt habe, dass sie wohl nicht so alt werden wird wie andere Mamas. Ich habe das Schlimmste befürchtet, wenn ich von ihrem Tod erfahren würde, ich dachte, ich würde zusammenbrechen und mir das Leben nehmen wollen.
Erstmal ein wenig zu ihren letzten Lebenswochen. Seit ca. 2 Jahren hat sich ihre Krankheit sehr verschlechtert. Sie ist vor diesen 2 Jahren dem Tod schon einmal ganz knapp davongekommen, hat sich tapfer wieder ins Leben gekämpft, wurde allerdings beatmet und war 24 Stunden am Tag ans Bett gefesselt. Diese Zeit, und auch ihr Lebenskampf zuvor hat sehr an mir genagt. Ich konnte nachts nicht schlafen, telefonierte fast 5 mal am Tag mit den Ärzten/Schwestern um mich zu vergewissern, dass es ihr gut geht oder zumindest nichts verschlechtert hat. Danach ging es ja wieder etwas aufwärts. Aber auch da lebte ich in ständiger Angst, da es ihr in regelmäßigen Abständen immer mal für kurze Zeit schlechter ging. Ich bin selbst innerlich fast durchgedreht, wenn sie auch nur eine leichte Erkältung hatte.
Durch ständige Entzündungen im Körper (sie hatte auch einen Krankenhauskeim), bekam sie fast durchgehend Antibiotika, die irgendwann nicht mehr halfen und meine Mama dadurch epileptische Anfälle bekam. Erst so ca. alle 4-5 Monate einen, dann jeden Monat und die Abstände wurden immer kürzer. Bis ihre geistige Verfassung irgendwann auch abnahm. In den letzten 5 Wochen konnte man kaum noch mit ihr kommunizieren, sie hat nur noch geschlafen, nichts mehr gegessen. Wohl hatte sie seitdem immer mal wieder innerliche epileptische Anfälle, die man nicht bemerkte. Vor 3 Wochen kam sie dann ins Krankenhaus, nachdem sie auf Ansprache gar nicht mehr reagierte und auch nicht mehr zu wecken war. Im Krankenhaus stellte man einen Status epilepticus fest, den man selbst mit höchstdosierten Medikamenten nicht durchbrechen konnte. Sie war also in einer Art Wachkoma, wurde künstlich ernährt, beatmet, hatte den ganzen Körper voll mit Infusionen und öffnete nur auf Schmerzreize mal kurz die Augen. Oft liefen ihr Tränen aus den geschlossenen Augen. Mir hat das so sehr wehgetan und ich habe geahnt, dass sie einfach nicht mehr kann. Die Zeit über, die sie im Krankenhaus war, ging es mir sehr schlecht. Habe mich ständig gesorgt, gehofft, dass es ihr bald wieder besser geht. Am Donnerstag bekamen wir dann die Information, der epileptische Anfall sei durchbrochen, sie könne zurück ins Pflegeheim. Man könne uns aber nicht versprechen, ob sie jemals wieder aufwacht. Einen Tag später, am Freitag an dem sie wieder verlegt werden sollte, kippte am Morgen plötzlich ihr Kreislauf. Die Sauerstoffsättigung war und blieb zu niedrig, man konnte sie nicht mehr stabilisieren und ihr Herz hörte einfach auf zu schlagen.
Der erste Anruf vom Krankenhaus kam um 8 Uhr morgens, dass sie sie wohl doch noch übers Wochenende beobachten müssen. Der Zweite dann um 12, dass wir vorbeikommen sollen, da meine Mama wohl versterben wird. Nur 10 Minuten später der Letzte, dass sie alles versucht hätten, aber ihr leider nicht mehr helfen konnten. Nach diesem Anruf fing ich fürchterlich an zu weinen, wollte es nicht wahrhaben, war innerlich jedoch erstaunlich ruhig geworden. Als ich meine Mama nochmal anschaute, als sie tot war, weinte ich die ganze Zeit an ihrem Sterbebett. Doch als ich am Abend wieder zuhause war, beruhigte ich mich sehr schnell. Es war alles so unwirklich, ich habe jedoch verstanden, dass sie nun wirklich nicht mehr da ist. Für mich war es wie: "Sie hat es nun endlich geschafft. Sie muss nicht mehr leiden." Auch die letzten Tage konnte ich nicht mehr weinen. Ich bin sehr gefasst und versuche alle Gedanken zu verdrängen. Das Gespräch beim Bestatter verlief sachlich und ich hatte nicht das Gefühl, jederzeit in Traurigkeit ausbrechen zu können. Das gibt mir sehr zu denken. Meine Mama war der wichtigste Mensch in meinem Leben, ist es auch immer noch. Aber für mich ist sie immer noch da. Ich fühle nicht ihren Tod, sondern ihre Befreiung von den Qualen, und dass sie trotzdem immer an meiner Seite bleibt.
Kennt das jemand mit der fehlenden Traurigkeit? Kann es sein, dass es einfach nur Erleichterung ist, dass sie nicht mehr leiden muss?
PS: Da ich sowieso schon ein Thema eröffnet habe, füge ich die Frage noch mit ein. Und zwar gäbe es die Möglichkeit, dass ich meine Mama am Freitag vor der Beerdigung im Sarg nochmal sehen kann. Sie ist dann jedoch schon eine Woche lang tot. Der Sarg bleibt bei der Bestattung geschlossen, allerdings kann ich sie davor nochmal sehen, wenn ich es wünsche. Ich war jedoch eine halbe Stunde nach ihrem Tod, und auch ein zweites Mal zwei Stunden später noch einmal für ca. eine Stunde bei ihr. Ich weiß nicht, wie sich ihr Körper in der Woche verändert hat. Soll ich sie noch einmal anschauen? Mich noch einmal von ihr verabschieden? Oder würdet ihr sie so in Erinnerung behalten wollen, wie kurz nach dem Tod, als sie noch fast friedlich schlafend aussah?
Vielen Dank schon im Voraus für Eure Mühe, den Text zu lesen. Das liegt mir alles sehr am Herzen.
Liebe Grüße
Meine über alles geliebte Mama ist am Freitag nach langer, quälender Krankheit und mutigem Kampf verstorben. Diese Worte klingen für mich noch total unreal. Sie hatte nicht gelitten, da sie davor im (Wach)koma lag.
Ich hatte vor diesem Moment mein ganzes Leben lang Angst, da ich sie gesund gar nicht kenne und mich schon recht früh damit auseinandergesetzt habe, dass sie wohl nicht so alt werden wird wie andere Mamas. Ich habe das Schlimmste befürchtet, wenn ich von ihrem Tod erfahren würde, ich dachte, ich würde zusammenbrechen und mir das Leben nehmen wollen.
Erstmal ein wenig zu ihren letzten Lebenswochen. Seit ca. 2 Jahren hat sich ihre Krankheit sehr verschlechtert. Sie ist vor diesen 2 Jahren dem Tod schon einmal ganz knapp davongekommen, hat sich tapfer wieder ins Leben gekämpft, wurde allerdings beatmet und war 24 Stunden am Tag ans Bett gefesselt. Diese Zeit, und auch ihr Lebenskampf zuvor hat sehr an mir genagt. Ich konnte nachts nicht schlafen, telefonierte fast 5 mal am Tag mit den Ärzten/Schwestern um mich zu vergewissern, dass es ihr gut geht oder zumindest nichts verschlechtert hat. Danach ging es ja wieder etwas aufwärts. Aber auch da lebte ich in ständiger Angst, da es ihr in regelmäßigen Abständen immer mal für kurze Zeit schlechter ging. Ich bin selbst innerlich fast durchgedreht, wenn sie auch nur eine leichte Erkältung hatte.
Durch ständige Entzündungen im Körper (sie hatte auch einen Krankenhauskeim), bekam sie fast durchgehend Antibiotika, die irgendwann nicht mehr halfen und meine Mama dadurch epileptische Anfälle bekam. Erst so ca. alle 4-5 Monate einen, dann jeden Monat und die Abstände wurden immer kürzer. Bis ihre geistige Verfassung irgendwann auch abnahm. In den letzten 5 Wochen konnte man kaum noch mit ihr kommunizieren, sie hat nur noch geschlafen, nichts mehr gegessen. Wohl hatte sie seitdem immer mal wieder innerliche epileptische Anfälle, die man nicht bemerkte. Vor 3 Wochen kam sie dann ins Krankenhaus, nachdem sie auf Ansprache gar nicht mehr reagierte und auch nicht mehr zu wecken war. Im Krankenhaus stellte man einen Status epilepticus fest, den man selbst mit höchstdosierten Medikamenten nicht durchbrechen konnte. Sie war also in einer Art Wachkoma, wurde künstlich ernährt, beatmet, hatte den ganzen Körper voll mit Infusionen und öffnete nur auf Schmerzreize mal kurz die Augen. Oft liefen ihr Tränen aus den geschlossenen Augen. Mir hat das so sehr wehgetan und ich habe geahnt, dass sie einfach nicht mehr kann. Die Zeit über, die sie im Krankenhaus war, ging es mir sehr schlecht. Habe mich ständig gesorgt, gehofft, dass es ihr bald wieder besser geht. Am Donnerstag bekamen wir dann die Information, der epileptische Anfall sei durchbrochen, sie könne zurück ins Pflegeheim. Man könne uns aber nicht versprechen, ob sie jemals wieder aufwacht. Einen Tag später, am Freitag an dem sie wieder verlegt werden sollte, kippte am Morgen plötzlich ihr Kreislauf. Die Sauerstoffsättigung war und blieb zu niedrig, man konnte sie nicht mehr stabilisieren und ihr Herz hörte einfach auf zu schlagen.
Der erste Anruf vom Krankenhaus kam um 8 Uhr morgens, dass sie sie wohl doch noch übers Wochenende beobachten müssen. Der Zweite dann um 12, dass wir vorbeikommen sollen, da meine Mama wohl versterben wird. Nur 10 Minuten später der Letzte, dass sie alles versucht hätten, aber ihr leider nicht mehr helfen konnten. Nach diesem Anruf fing ich fürchterlich an zu weinen, wollte es nicht wahrhaben, war innerlich jedoch erstaunlich ruhig geworden. Als ich meine Mama nochmal anschaute, als sie tot war, weinte ich die ganze Zeit an ihrem Sterbebett. Doch als ich am Abend wieder zuhause war, beruhigte ich mich sehr schnell. Es war alles so unwirklich, ich habe jedoch verstanden, dass sie nun wirklich nicht mehr da ist. Für mich war es wie: "Sie hat es nun endlich geschafft. Sie muss nicht mehr leiden." Auch die letzten Tage konnte ich nicht mehr weinen. Ich bin sehr gefasst und versuche alle Gedanken zu verdrängen. Das Gespräch beim Bestatter verlief sachlich und ich hatte nicht das Gefühl, jederzeit in Traurigkeit ausbrechen zu können. Das gibt mir sehr zu denken. Meine Mama war der wichtigste Mensch in meinem Leben, ist es auch immer noch. Aber für mich ist sie immer noch da. Ich fühle nicht ihren Tod, sondern ihre Befreiung von den Qualen, und dass sie trotzdem immer an meiner Seite bleibt.
Kennt das jemand mit der fehlenden Traurigkeit? Kann es sein, dass es einfach nur Erleichterung ist, dass sie nicht mehr leiden muss?
PS: Da ich sowieso schon ein Thema eröffnet habe, füge ich die Frage noch mit ein. Und zwar gäbe es die Möglichkeit, dass ich meine Mama am Freitag vor der Beerdigung im Sarg nochmal sehen kann. Sie ist dann jedoch schon eine Woche lang tot. Der Sarg bleibt bei der Bestattung geschlossen, allerdings kann ich sie davor nochmal sehen, wenn ich es wünsche. Ich war jedoch eine halbe Stunde nach ihrem Tod, und auch ein zweites Mal zwei Stunden später noch einmal für ca. eine Stunde bei ihr. Ich weiß nicht, wie sich ihr Körper in der Woche verändert hat. Soll ich sie noch einmal anschauen? Mich noch einmal von ihr verabschieden? Oder würdet ihr sie so in Erinnerung behalten wollen, wie kurz nach dem Tod, als sie noch fast friedlich schlafend aussah?
Vielen Dank schon im Voraus für Eure Mühe, den Text zu lesen. Das liegt mir alles sehr am Herzen.
Liebe Grüße