Hallo,
Ich weiß nicht recht, wie ich das hier anfangen soll. Kurz zu meiner Person: ich bin 21, weiblich und bin blind - ich kann also gar nichts sehen. Diese Behinderung habe ich bereits seit meiner Geburt und damit prinzipiell auch kein Problem, ich kenne es ja nicht anders und meistere mein Leben auch recht gut. Ich habe die letzten 8 Jahre in einem Internat für Blinde und Sehbeeinträchtigte Menschen gelebt, war also nur höchstens alle 2 Wochen, wenn nicht sogar weniger oft, bei meiner Familie daheim. In dieser Zeit habe ich mich irgendwie sehr stark von meiner Familie entfremdet. Das fiel mir zumeist in den Ferien auf und im letzten Jahr, da ich wegen Corona und dem Lockdown nach meinem Abitur erstmal fast 6 Monate am Stück daheim war. Es beginnt schon damit, dass ich z.B. in der Küche kaum etwas selbst erledigen kann, weil unsere Küchengeräte (Herd, Spülmaschine, Backofen, Mikrowelle) über Touchscreens zu bedienen sind und ich durch das Fehlen von taktilen Knöpfen diese Geräte schlicht und einfach nicht bedienen kann. Ich kann mir also nicht mal eben etwas kochen/warm machen etc. Bin also irgendwie immer von anderen abhängig und muss immer fragen, wenn ich irgendetwas will. Das gibt mir das Gefühl, anderen eine Last zu sein, weil ich es ja eigentlich allein könnte. In unserem Kühlschrank finde ich auch nichts, weil darin einfach keine Ordnung herrscht und teilweise auch vergammelte Sachen dabei sind, weshalb ich auch bissl Angst habe mir dort Essen zu nehmen und nicht zu merken, dass es vielleicht vergammelt oder so sein könnte. Wenn ich diese Probleme anspreche, geben mir meine Eltern zwar recht, ändern aber am Ende überhaupt nichts. Wenn ich dann das Thema wieder anspreche wird nur gesagt, dass gerade einfach keine Zeit dazu ist und man sich irgendwann schon etwas einfallen lässt. Dann kommt mir halt direkt der Gedanke: Wenn keine Zeit dazu ist, mir das Leben hier in diesem Haus etwas zu erleichtern, dann ist ja auch irgendwie grad keine Zeit für mich... und das macht mich ein bisschen traurig. Ich bin schließlich auch ein Mitglied dieser Familie. Mit solchen Dingen werde ich dann meistens abgespeist und weiß nicht, was ich dann noch weiter sagen soll. Auch bei Familienfeiern fühle ich mich dann irgendwie ziemlich deplatziert. Die meisten reden zwar anfangs mit mir, aber nach dem üblichen Smalltalk wissen weder ich noch mein Gesprächspartner irgendetwas zu sagen und das Gespräch verläuft dann irgendwie. Die Familienmitglieder, die in etwa in meinem Alter sind sind dann meistens an ihren Handys und schauen sich gemeinsam irgendwelche Bilder oder Videos an. Da weiß ich dann auch nicht, wie ich mich da einbringen soll. Ich habe einfach das Gefühl, nicht mit einbezogen zu werden. Meine Mutter sagt oft, dass sie sich wünscht, dass ich später einmal einen Mann finde, mit dem ich auch Kinder bekommen kann und eben eine Familie habe. Das verletzt mich immer sehr, weil ich homosexuell bin und eben genau weiß, dass das so nicht passieren wird. Ja, ich will auch eine Familie haben, aber eben mit einer Frau an meiner Seite. Meine Mutter ist jedoch leider der Meinung, das gehe schon irgendwann wieder vorbei, wenn ich nur den richtigen finde. Natürlich will ein Teil von mir auch ihren Erwartungen entsprechen, aber der andere Teil in mir weiß ja, dass ich mich nur selbst damit unglücklich machen würde. Ich bin auch eher introvertiert, habe wenig Freunde und so. Meine Schwester ist da genau das Gegenteil: Sie hat viele Freunde, einen Freund, mit dem sie sich später auch Kinder vorstellen kann, geht oft feiern etc. Ich bin da eher der Bücherwurm, bin viel in meinem Zimmer allein und lese und ziehe mich auch ziemlich in mich selbst zurück. Wenn meine Familie dann mal zusammen isst wird halt viel über meine Schwester gesprochen - Mit wem sie so rumhängt, was das neueste Dorfgespräch ist, was ihr Freund so macht und so weiter. Ich sitze dann meist still dabei und kann nichts dazu sagen. Ich kenne kaum jemanden aus unserem Dorf mehr richtig, weil ich da ja auch nicht zur Schule gegangen bin und so. Ich fühle mich dann irgendwie, als wäre da eine unsichtbare Mauer zwischen mir und "den Anderen". Als hätte mich die Zeit im Internat einfach ein Stück aus ihrer Welt rausgedrängt und ich gehöre einfach nicht mehr richtig dazu. Klar, ich liebe meine Familie - und ich weiß, dass sie mich auch lieben. Aber irgendwie sehe ich mich nicht mehr als ein Teil des Ganzen, fühle mich dort auch nicht richtig zuhause und weiß nicht wirklich, wo ich eigentlich hingehöre. Ich gehe ab September wieder zurück in mein altes Internat um dort eine Ausbildung zu machen. Wenn wir uns dann weniger sehen, wird sich die Situation auch wieder entzerren, glaube ich. Trotzdem finde ich das alles irgendwie schade.
Ok, entschuldigt den langen Text, aber ich musste das mal irgendwo und irgendwie loswerden. Ich erwarte jetzt auch keine Lösungsvorschläge und Allheilmittel... Ich wollte nur einfach mal andere an meiner Situation teilhaben lassen und hoffe, das hier ist der richtige Ort dafür - schließlich bin ich noch neu hier. Auf jeden Fall danke fürs Lesen und euch/dir noch einen schönen Tag.
Gruß,
Ciri.
Ich weiß nicht recht, wie ich das hier anfangen soll. Kurz zu meiner Person: ich bin 21, weiblich und bin blind - ich kann also gar nichts sehen. Diese Behinderung habe ich bereits seit meiner Geburt und damit prinzipiell auch kein Problem, ich kenne es ja nicht anders und meistere mein Leben auch recht gut. Ich habe die letzten 8 Jahre in einem Internat für Blinde und Sehbeeinträchtigte Menschen gelebt, war also nur höchstens alle 2 Wochen, wenn nicht sogar weniger oft, bei meiner Familie daheim. In dieser Zeit habe ich mich irgendwie sehr stark von meiner Familie entfremdet. Das fiel mir zumeist in den Ferien auf und im letzten Jahr, da ich wegen Corona und dem Lockdown nach meinem Abitur erstmal fast 6 Monate am Stück daheim war. Es beginnt schon damit, dass ich z.B. in der Küche kaum etwas selbst erledigen kann, weil unsere Küchengeräte (Herd, Spülmaschine, Backofen, Mikrowelle) über Touchscreens zu bedienen sind und ich durch das Fehlen von taktilen Knöpfen diese Geräte schlicht und einfach nicht bedienen kann. Ich kann mir also nicht mal eben etwas kochen/warm machen etc. Bin also irgendwie immer von anderen abhängig und muss immer fragen, wenn ich irgendetwas will. Das gibt mir das Gefühl, anderen eine Last zu sein, weil ich es ja eigentlich allein könnte. In unserem Kühlschrank finde ich auch nichts, weil darin einfach keine Ordnung herrscht und teilweise auch vergammelte Sachen dabei sind, weshalb ich auch bissl Angst habe mir dort Essen zu nehmen und nicht zu merken, dass es vielleicht vergammelt oder so sein könnte. Wenn ich diese Probleme anspreche, geben mir meine Eltern zwar recht, ändern aber am Ende überhaupt nichts. Wenn ich dann das Thema wieder anspreche wird nur gesagt, dass gerade einfach keine Zeit dazu ist und man sich irgendwann schon etwas einfallen lässt. Dann kommt mir halt direkt der Gedanke: Wenn keine Zeit dazu ist, mir das Leben hier in diesem Haus etwas zu erleichtern, dann ist ja auch irgendwie grad keine Zeit für mich... und das macht mich ein bisschen traurig. Ich bin schließlich auch ein Mitglied dieser Familie. Mit solchen Dingen werde ich dann meistens abgespeist und weiß nicht, was ich dann noch weiter sagen soll. Auch bei Familienfeiern fühle ich mich dann irgendwie ziemlich deplatziert. Die meisten reden zwar anfangs mit mir, aber nach dem üblichen Smalltalk wissen weder ich noch mein Gesprächspartner irgendetwas zu sagen und das Gespräch verläuft dann irgendwie. Die Familienmitglieder, die in etwa in meinem Alter sind sind dann meistens an ihren Handys und schauen sich gemeinsam irgendwelche Bilder oder Videos an. Da weiß ich dann auch nicht, wie ich mich da einbringen soll. Ich habe einfach das Gefühl, nicht mit einbezogen zu werden. Meine Mutter sagt oft, dass sie sich wünscht, dass ich später einmal einen Mann finde, mit dem ich auch Kinder bekommen kann und eben eine Familie habe. Das verletzt mich immer sehr, weil ich homosexuell bin und eben genau weiß, dass das so nicht passieren wird. Ja, ich will auch eine Familie haben, aber eben mit einer Frau an meiner Seite. Meine Mutter ist jedoch leider der Meinung, das gehe schon irgendwann wieder vorbei, wenn ich nur den richtigen finde. Natürlich will ein Teil von mir auch ihren Erwartungen entsprechen, aber der andere Teil in mir weiß ja, dass ich mich nur selbst damit unglücklich machen würde. Ich bin auch eher introvertiert, habe wenig Freunde und so. Meine Schwester ist da genau das Gegenteil: Sie hat viele Freunde, einen Freund, mit dem sie sich später auch Kinder vorstellen kann, geht oft feiern etc. Ich bin da eher der Bücherwurm, bin viel in meinem Zimmer allein und lese und ziehe mich auch ziemlich in mich selbst zurück. Wenn meine Familie dann mal zusammen isst wird halt viel über meine Schwester gesprochen - Mit wem sie so rumhängt, was das neueste Dorfgespräch ist, was ihr Freund so macht und so weiter. Ich sitze dann meist still dabei und kann nichts dazu sagen. Ich kenne kaum jemanden aus unserem Dorf mehr richtig, weil ich da ja auch nicht zur Schule gegangen bin und so. Ich fühle mich dann irgendwie, als wäre da eine unsichtbare Mauer zwischen mir und "den Anderen". Als hätte mich die Zeit im Internat einfach ein Stück aus ihrer Welt rausgedrängt und ich gehöre einfach nicht mehr richtig dazu. Klar, ich liebe meine Familie - und ich weiß, dass sie mich auch lieben. Aber irgendwie sehe ich mich nicht mehr als ein Teil des Ganzen, fühle mich dort auch nicht richtig zuhause und weiß nicht wirklich, wo ich eigentlich hingehöre. Ich gehe ab September wieder zurück in mein altes Internat um dort eine Ausbildung zu machen. Wenn wir uns dann weniger sehen, wird sich die Situation auch wieder entzerren, glaube ich. Trotzdem finde ich das alles irgendwie schade.
Ok, entschuldigt den langen Text, aber ich musste das mal irgendwo und irgendwie loswerden. Ich erwarte jetzt auch keine Lösungsvorschläge und Allheilmittel... Ich wollte nur einfach mal andere an meiner Situation teilhaben lassen und hoffe, das hier ist der richtige Ort dafür - schließlich bin ich noch neu hier. Auf jeden Fall danke fürs Lesen und euch/dir noch einen schönen Tag.
Gruß,
Ciri.